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Vier grausige Sonette

Poetisches · Amüsantes/Satirisches
Ein paradontitischer Gentleman


So lieblich schmeckt sein Odem; oh so frisch
Und locker hängt das Zahnfleisch ihm im Gaumen
Wie ein Kompott aus weich zerkochten Pflaumen -
Ein leichter Nachgeschmack von Blut und Fisch.

Die Backenzähnchen sitzen sämtlich lose,
Und seine Zunge sauget heimlich leis’ -
Ganz wie bei einem alten Mümmelgreis -
Belutscht sich nuckelnd die Paradontose.

Doch ist sein Gaumen auch ein blut’ger Schwamm,
So hindert es ihn nicht an dem Genuß
Des Angenehmen; und er darf nicht schwächeln.

Auch schmatzt er auf die Hand von der Madame
Noch recht galant gar manch verschmutzten Kuß.
Um seine Lippen spielt ein weiches Lächeln.




Die Glatze


Sie ringt verschwiegen, still, auf lichten Höhen.
Nicht mit dem Schwert, nein - mit dem edlen Glanze
Ihrer Erscheinung geht sie nun auf’s Ganze
Und will die schütt’ren Haare ihm verwehen.

Schon schimmert seine Kopfhaut rosa, nackt.
Schon ist sie durch. Jetzt bleckt sie ihre Zähne.
Pro forma zeigt sich noch manch dünne Strähne -
Darunter glänzt es fettig und gelackt.

Jedoch das soll ihn weiter nicht bewegen,
Denn im Konzerte oder auch im Zoo
Da ist sein steifer Hut ein wahrer Segen.

Nur aus dem Spiegel in dem stillen Klo
Da strahlt es ihm gar wunderlich entgegen -
Ein eleganter, zarter Babypo.




Fusspilz


Hier liegt er, fiebernd, fast bereits im Koma,
Und eine leise Wolke fauler Gase
Umwabert giftig launisch seine Nase
Mit einem süsslich käsigen Aroma.

Da plötzlich reckt sich seine Hand zum Fuss,
Durchzittert seine Zehen jähes Zucken.
Sich Kratzen schmeckt dem zähen Jucken
Wie eine pralle Frucht dem Tantalus.

Und dann mit scharfen Krallen wie von Katzen
Zerschabt er sich die Schuppen unter Johlen.
Er stolpert fort und jault noch wie im Wahn.

Und auch sein Maul, das schneidet dumme Fratzen.
Was uns verbleibt von den verschwitzten Sohlen,
Das ist zerrieb’ner Fungus - Parmesan.




Der Untote


Wo Egel gierig ekle Säfte saugen -
Sieh’, welch ein süchtig klebriges Gewürm -
Verglüht im Tümpel giftiges Gestirn.
Es glimmt ein grauser Mond in Unkenaugen.

Und nachts am Sumpf im faulen Fieberschein,
In feuchten Grüften modernd klamm gefangen,
Von schimmelndem Geflechte sanft behangen,
Verweset leise käsiges Gebein.

Es muß um jenen Sumpf geduckt ein Wesen schleichen:
In dunklem Traume, der sich selbst verdaut,
Kann es sich dennoch niemals selbst entweichen.

Welch Unhold, dem es vor sich selber graut!
Und in dem Tümpel, in dem gräulich bleichen,
Da hab’ mein Spiegelbild ich nie erschaut.




Rolf-Peter Wille
 
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Kommentare  

Einfach köstlich, hihi!

doska (02.02.2009)

Bravo Andre! Dies sollte ich als "Inhaltsangabe" an den Anfang setzen.

Rolf-Peter (10.12.2002)

Es lächelt zahnlos seine Fratze
es glänzt ganz helle seine Glatze
auch wenn er sich am Fuße schabt
sich immer noch am Leben labt.
Im vierten Reime der Geselle
das nicht mehr kann, ihm fehlt die Pelle!


Andre (09.12.2002)

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