... für Leser und Schreiber.  

Das Geheimnis des glänzenden Bootes Teil 1

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©  Sommertänzerin   
   
Ich entdeckte Bild mit den Booten im Hafen.
Es erinnerte mich an jenes Bild, welches ich neulich beim Chinesen gesehen hatte. Ja, dieses wunderschöne, doch auch rätselhafte Bild.
Ich wollte etwas darüber schreiben, weil es mir so sehr gefallen hat, doch ich vergaß es im Eifer des Alltags. Nun ist es wieder im Kopf...

Eine chinesische Landschaft - so lebhaft, als sei ich selbst dort gewesen. Bin ich dort gewesen? Vor langer langer Zeit?

Die Erinnerungen sind wieder da und die Reise kann beginnen...

*

Es war Spätsommer. Die Fischer luden die vollen Netze in ihre Kähne um den Fang ins nahe gelegene Fischerdorf zu bringen. Die Frauen waren auf den Feldern, kümmerten sich um den Reisanbau, hängten Leinen und Tücher auf die Stangen und wischten sich gelegentlich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Die Kopftücher, die vor der Hitze der Nachmittagssonne schützen sollten, verhüllten die dunklen Haarprachten. Hier und da fielen ein paar Haarsträhnen in die Gesichter der hübschen Frauen.
Auf der einen Seite wirkten sie so grazil und zart, wie sie sich so bewegten, doch das nur objektiv.
Die Arbeit auf dem Feld war die reinste Knochenarbeit.
Bald sollte der Abend kommen und tauchte das Land in ein tiefes orangenes Rot.
Diese abendliche Stille, die sich verbreitete - vermischt mit der unendlich schönen Idylle dieses Landes – ein einzigartiges Schauspiel. Vereinzelt sah man einen Schwarm Vögel, sich flüchtig vom Boden erhebend. Flatternde schnelle Bewegungen, Geräusche von Flügelschlägen. Stille. Später stimmte das Zirpen der Grillen ein. Jetzt war sie da, die Nacht.
Sie breitete ihre Dunkelheit aus und liess das Land in einen tiefen Schlaf fallen.
Die Menschen ruhten, um Kräfte für den anstehenden nächsten Tag zu sammeln.
Fast alles Lebende schien sich regungslos der Nacht anzuvertrauen. Doch nicht nur der große Kauz auf der Mangolie wachte mit seinen funkelnden Bernstein farbigen Augen…
Auch die Gefahren erwachten und schlichen langsam aus ihrem Versteck, wie der weiße Dampf aus den tiefen Mooren. Auch der kleine Chow lin Xing lag wach in seinem Bett. Er war erst fünf und der Sohn von einem Fischer. Seine kindlichen Träumereien und Phantasien von Abenteuern und märchenhaften Gestalten hielten ihn oft lange wach. Wenn er nicht schlafen konnte, dann beobachtete er die Schattenspiele der Bäume, die spielerische Bilder auf den Leinenvorhang seines Fensters zauberten, wenn vereinzelte Lichter der Nachbarhäuser dieses ermöglichten. Das sanfte Rauschen der Bäume ließen ihn dann irgendwann einschlafen, obgleich es oftmals ein unruhiger Schlaf war, denn er hatte ein feines Gehör und ebenfalls ein Gespür für Gefahren. Diese Nacht sollte sich eine große graue Wolke über die Familie ziehen...
 

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