... für Leser und Schreiber.  

Bleib so wie du bist

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12 Stimmen
   
© Korbinian Schreiberling   
   
Die Fortzestzund von "Nimm dich so wie du bist". Ich hoffe sie gefällt euch:


Er war nicht sonderlich beliebt. Er hatte keine Freunde und er würde auch keine kriegen, da niemand ihn beachtete. John war 12 Jahre alt, nicht sonderlich groß, hatte strähnige braune Haare, war ein bisschen mollig und sehr schüchtern. Er war so ein Junge, der es schwer in der Schule hatte. Er wurde von den anderen Jungs gemobbt und die Mädchen würdigten ihn keines Blickes. Alles in allem war John ein sehr trauriger Junge. Er war nicht gut in der Schule. Er war meist zu faul. Er dachte sich: Wieso sollte ich irgendetwas tun? Ohne Freunde ist das Leben sinnlos. Da kann ich genauso gut Computer spielen. John spielte nicht so Spiele wie: Killerspiele oder World of Warcraft, nein, er spielte solche Spiele die jeder normale Mensch spielt. Er war auch ganz normal. Er wusste nicht, was er machen sollte, dass die anderen ihn wenigsten in Ruhe ließen. Er hatte sich schon mit der Welt abgefunden. Seine Mutter fragte jeden Tag: „Und? Wie war es denn in der Schule?“ „Ganz gut, Mama. Ich hab beim Fußball spielen drei Tore geschossen.“ Es war immer gelogen. John wollte nur seine Mutter nicht enttäuschen. „Seine schlechten Noten warf er seit ein paar Tagen in den Papierkorb. Er legte sich einfach in das Krankenzimmer, bis die jeweilige Stunde vorbei war. Die Hälfte seiner Bücher waren auch schon weg. Seine Klassenkameraden hatten einmal seinen Schulranzen über einer Pfütze ausgeleert. Seitdem sagte John jede Stunde, dass er seine Bücher vergessen hatte. Lange kann das ja nicht mehr gut gehen, denkt sich John immer. Aber was soll er machen? Wenn es mal so ist. Eines Tages, als John auf dem Weg zur Schule war, sah er eine alte Frau an der Bushaltestelle stehen. Er stellte sich neben sie, denn er mochte alte Menschen sehr gerne. Er fragte sie: „Hallo, wo wollen sie denn hin?“ „Ich muss in die Stadt um für meinen Enkel einzukaufen, “ sagte die alte Frau „Der besucht mich nämlich für ein paar Tage, da muss ich ja etwas zu Essen im Haus haben. Wieso fragst du, kleiner Mann?“ John antwortete: „ Weil sie so traurig ausgesehen haben und da wollte ich fragen, ob ich etwas für sie tun kann.“ „ Nein, mein Junge. Es sieht eher so aus, als müsste ich dir helfen. Ich werde etwas für dich tun, wenn du mir beim Taschen tragen hilfst.“ John wollte sowieso nicht in die Schule. Er konnte noch nicht einmal das Wort ausstehen. Also sagte er zu. Schweigend gingen die zwei nebeneinander her, bis sie am Markt angekommen waren. Die Frau kaufte rötliche Äpfel, gelbe Bananen, grünen Salat, braune Nüsse und vieles mehr. John bemerkte aber, dass kein Stück Fleisch dabei war. Darum fragte er die alte Frau, die sich als Mrs. Dumb herausstellte: „Wieso haben sie eigentlich kein Fleisch eigekauft?“ „Na Ich bin überzeugte Vegetarierin und solange ich noch hier bin, muss mein Enkel eben auf Fleisch verzichten!“ Sie sagte das in so einem Ton, dass John sich nicht traute noch etwas zu fragen. Zehn Minuten später waren sie auch schon bei ihrem Haus angelangt. Es war ein schönes altes Haus, wie man in alten Filmen oft sehen kann. Efeu krankte sich über die Hausfassade und um die großen Fenster, die vermutlich viel Licht hereinließen. Eine einladende Haustür führte ins Hausinnere. Drinnen sah es nicht anders aus. Alte Möbel und handgemalte Bilder standen und hangen überall herum. Nicht, dass es John nicht gefallen hätte. Nein, er fand es wunderbar in diesem Haus. Er hätte sich nichts mehr gewünscht, als in so einem Haus zu wohnen. Wie, als hätte Mrs. Dumb seine Gedanken gehört, sagte sie: „Dir gefällt es also hier. Manchmal denke ich mein Enkel kommt nur wegen diesem Haus hierher.“ Sie seufzte. Dann trug sie ihre Tüten in die Küche und John stand noch ein bisschen in der Diele, bevor er ihr nachfolgte. Sie arbeitete gerade an einem Kohlkopf, denn sie geschickt in kleine Stücke zerteilte. „Wie heißt du eigentlich? Ich hab dich noch gar nicht nach deinem Namen gefragt.“ „Mein Name ist John, Mrs. Dumb“, antwortete er. „Oh, das ist ja ein Zufall. Mein Enkel heißt auch John! Muss wohl ein sehr verbreiteter Name sein. Wie auch immer, willst du mitessen? Alleine schaffe ich das alles bestimmt nicht.“ Da John heute noch nichts gegessen hatte, stimmte er zu. Während des Essens schwiegen sie. Ihm wäre es lieber gewesen, der netten Dame alles zu erzählen, was im auf dem Herzen lag, aber er traute sich nicht. Nach dem Essen wollte John gehen, aber sie hielt ihn zurück. Sie sagte: „Ich weiß, was mit dir los ist. Ich weiß, was du für ein schreckliches Leben hast.“ John war erstaunt darüber, denn er hatte ihr ja nichts erzählt. „Ich möchte dir einen Tausch vorschlagen“, fuhr Mrs. Dumb fort: „ Würdest du nicht viel lieber eine sorgenlose alte Frau sein, als ein armer kleiner Junge? Ich kann es dir möglich machen, du musst es nur wollen.“ John überlegte keine Sekunde. „Natürlich will ich das, aber wie wollen sie das anstellen?“ Sie schwieg ein paar Sekunden, dann antwortete sie: „Du musst nur eine Nacht in meinem Bett schlafen, dann wirst du deine Probleme los sein.“ John willigte ohne nachzudenken ein. Er wollte nur noch aus seinem alten Leben raus. Die alte Frau zeigte ihm in der Ecke einen Fernseher, damit er sich bis zum Schlafengehen beschäftigen konnte. Während er in die Flimmerkiste schaute, dachte er angestrengt nach. Sollte er wirklich einfach aufgeben? Was würde aus seiner Mutter werden? Ob sie ihn vermissen würde? Was würde mit Mrs. Dumb passieren? Könnte er das mit seinem Gewissen vereinbaren? Er überlegt noch bis es dunkel war, dann hatte er einen Entschluss gefasst. John sagte zu ihr: „Tut mir leid Mrs. Dumb, aber ich kann das nicht tun. Man muss sich mit seinem Leben abfinden.“ „Das ist okay,“ sagte sie: „ Ich kann das verstehen, aber willst du noch einen Saft, bevor du heimgehst?“ „Das wäre nett, vielen Dank.“ John ging mit ihr in die Küche, wo die alte Dame ihm ein Glas voll mit einer trüben Flüssigkeit hinstellte. Er trank es in einem Zug aus und wollte sich umdrehen um Heim zu gehen. Plötzlich drehte sich alles um ihn herum. Er schlug mit einem dumpfen Knall auf den Küchenboden. Bevor er in Ohnmacht fiel sah er noch wie Mrs. Dumb sich mit einem verschmitzten Lächeln zu ihm runter beugte. John wachte in einem gemütlichen Bett auf und zuerst dachte er es wäre sein eigenes. Doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Es war ein sehr altes Bett in einem alten, aber wunderbaren Haus. Sie musste ihm etwas in den Saft gemischt haben. Er erschrak zutiefst, als er an sich runter schaute. John sah auf einen alten Körper um die 70. Er brauchte ein paar Minuten, bis er sich gefasst hatte. Dann nahm er etwas aus dem ebenfalls altmodischen Kleiderschrank, der mit viel Schnörkeligem verziert war. Der Junge rannte, so schnell es ihm der alte Körper erlaubte, die Treppe runter. Als John unten ankam, erschauerte er. Vor ihm stand sein Körper der hämisch lachte: „Na, aufgewacht? Endlich bin ich aus diesem alten klapprigen Körper heraußen. Du kannst dir nicht vorstellen, was das für eine Erleichterung ist.“ Mit diesen Worten stürmte Johns Körper aus der Tür und verschwand um die nächste Biegung. Er selber war noch immer ganz verdattert, sodass er sich nicht bewegen konnte. Schließlich seufzte er und ging in die Küche, um sich einen Tee zu machen. Jetzt musste er warten, bis ein ahnungsloser Jüngling vorbeikam. Wenigstens wusste er, dass Mrs. Dumb nicht viel Freude mit seinem Körper haben werden würde.

Ende
 

http://www.webstories.cc 04.05.2024 - 18:54:03