... für Leser und Schreiber.  

CONFLIKT FLUSS

16
16 Stimmen
   
© Jürgen Hellweg   
   
Hier in meinem Bett ist es kalt, auch weil ich allein bin. Durch das geschlossene Fenster höre ich den Gigolo,
mit seinem röchelnden Fiat, wie er immer wieder das Gaspedal mit seinem Bleifuß bearbeitet.
Die Nacht ist durchsichtig, und Schweiß klatscht unter deren Kleidung. Jetzt stehe ich für einen Moment im Garten. Lichter blasen vorbei, im Rasen strauchelt ein Maulwurf. Die anderen Zimmer sind Kahl. Keiner ist da.
Ich friere.

...hinten in der Ecke raschelt es...

Habe mir die Tennisschuhe angezogen und warte auf den nächsten Morgen. Wie spät mag es sein? Fingerkrümel liegen überall herum, draußen regnet es nicht.

...an der Küchentür raschelt es auch noch...

Ich halte es nicht mehr aus. Wo bin ich schon in den Zimmern? Schlendere durch die Stadt, die mir vulgär ihre Schaufenster entgegenstreckt, sogar mitten in der Nacht.
Wie einsam ist die eine Hand ohne die andere?
Dort schleifen sie einen Bettler weg, womöglich zum Güterbahnhof, um ihm sein gutes Herz zu rauben. Bin dann später auch an diesem fließend, unreinen Ort...
aufgewühlte Erde...
Der Morgen begleitet mich zu den Türmen, wo man es hören kann, das Schlagen der Uhr.
Die Nacht ist nicht zu Ende.

...anderen Ecke raschelt es deutlich...sind es Kleintiere, die da mit ihren Körpern wackeln...

Hunger ergeht mich in diesem Moment...nein Danke, bitte nicht schlagen...
Ich lege mich auf das kalte Bettlaken und dämmere vor mich hin. Dann stehe ich wieder auf. Soll es doch Dunkel bleiben. Was ist das auf einmal für eine rasende Müdigkeit?

...Rascheln kommte aus der Ecke...mit ihren Körpern wackeln...

Ich liege auf dem Fußboden, und die Müdigkeit läuft mir am Hals herunter, tropft leise in den Abfluß. Also
will ich aus dem Haus, wieder in die Stadt. Habe ich eben etwas gegessen? Rutsche aus, auf der Katzenscheisse der letzten Wochen.
Elektrisch sprühe ich mein Übergebenes in die Toilette.

...in der anderen Ecke raschelt es im Rhythmus des Regenschauers...

Der Himmel weint...höre mich schreien...Schlüssel klirren...die Handhabung der höheren Waffe ist mir unbekannt...aber es dämmert jetzt...

...anderen Ecke raschelt es immer noch...

Langsam schlurfe ich aus dem Haus. Und laufe wieder zum Güterbahnhof. Hier ist es jetzt ruhig. Und weiter wandere ich durch ein schäumendes Moor, und komme auch an dem Grab des unbekannten Soldaten vorbei...leise summen siebenhundert Kardinäle ihre Gebete.

Ich beantrage den Ausschluß der Öffentlichkeit...während meine Freunde...in der anderen Ecke...sind es Kleintiere, die mit ihren...
liquidiert werden...Trauma, als ob sie...Schlüssel klirren...

Bin ich jetzt schon wieder hungrig oder habe ich Durst?
Voller Freude bemerke ich, das meine Frau wieder da ist. Mir ist es egal, wo sie die letzte Nacht verbracht hat. Hatte schon Angst vor den schrecklichen Wörtern, die sie mir an den Kopf werfen könnte.
In der dieser Nacht war Pascale nicht zu Hause, und in den Nächten da vor, war ich weg gewesen. Und ich scheue auch vor häuslicher Gewalt nicht zurück.
Doch wenig später liegen wir uns in den Armen und Beinen, und ficken bis zum späten Abend. Dann, die letzte Ladung Stoff rieselt an ihren Schenkeln herunter, läuft sie wieder weg...ist sie verschwunden...und eine neue, nicht zu Ende gehende Nacht bricht herein.

...anderen Ecke raschelt es immer noch...

Wieder werde ich nicht müde, und masturbiere bis zum gequälten Ausatmen.
Dauernd würge ich, beim Anblick meines Gesichts im Spiegel, und bekomme gar nicht mehr mit, wie es hell und wieder dunkel wird...schon ist es wieder Nacht...
Überraschenderweise liegt Pascale neben mir. Fingerfertig krault sie mir die Hoden. Ich bin Geil, und will meinen Schwanz tief in meine Frau schieben.
Kaum haben wir uns vereinigt, schreit die Katze nach warmer Milch.

...dahinten raschelt es...

Ich verschlucke mich am Frühstücks Kaffee. Krampfhaft versuche ich, den Furz einzuhalten. Sie mag diese lauten Ausdünstungen nicht. Wieder spaziere ich aus dem Haus, mal sehen, was am Güterbahnhof so läuft.
In der Straßenbahn bricht der Furz dann krachend hervor.
Ziellos, und ohne jegliche Illusionen, trinke ich mich durch die verschiedensten Bars der Stadt, und habe keine Ahnung, wann und wo mich die Polizei aufgegriffen hat.
Bei dem Wort Zuhause wird mir übel, und einer der Beamten kann gerade noch ausweichen. Schlüssel Klirren.

Ein lautes Kreischen und Stöhnen vernehme ich aus dem Schlafzimmer. Pascale kniet auf allen Vieren, mit ruckartigen Bewegungen steht hinter ihr...den Gigolo,
wie er mit seinem Bleifuß das Gaspedal bearbeitet...
Sie lächelt wollüstig...grinst mich an...und meint beiläufig:"Guten Abend Liebling. Ich habe einen Spiegel vor das Rattenloch geschoben."
 

http://www.webstories.cc 03.05.2024 - 06:37:01