... für Leser und Schreiber.  

Herbstgedanken

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© Bernhard Brüllmückel   
   
Es ist wieder soweit. Das Jahr neigt sich langsam seinem Ende zu. Wie ein Leben, das still dahinfließt und schließlich versiegt. Ich steh wieder draußen auf dem Feld unter der alten Eiche, die schon so lange vor mir hier stand und die dem Wind noch Geschichten erzählen wird, wenn ich längst zu Staub zerfallen bin.
Unter mir sehe ich die umgepflügten Felder liegen. Ihre Erde, naß und schwer, liegt wie ein seltsamer Traum auf meiner Seele. Langsam zieht der Nebel vom See herauf und beginnt gnädig alles einzuhüllen. Lange stehe ich unter der Eiche und sehe zu ihren sich verfärbenden Blättern auf. Die Eicheln fallen im sanften Wind, der schon bald zum tosenden Sturm werden wird. Doch das Land weiß davon noch nichts.
Und die alte Eiche steht schweigend und hält all ihre Geheimnisse fest.
Ich setze mich ins feuchte Gras und beginne zu weinen. So wie jedes Jahr um diese Zeit. Die Eiche weiß warum ich weine. Jahr um Jahr klagte ich ihr mein Leid. Doch Du die Du alles für mich warst, Du kommst nicht mehr zurück.
Der Herbst hat Dich einst in mein Leben geworfen und er hat Dich wieder mit sich fort genommen.
Oft war ich zu dieser Zeit mit Dir hier unter der Eiche. Sie hat Dich behütet und beschützt. Doch vor dem Unausweichlichen konnte sie Dich nicht beschützen.
Und so sitze ich nun, da sich das Laub verfärbt und das Land langsam in seinen Schlaf verfällt, unter der alten Eiche und träume mich in lange vergessene Zeiten zurück.
 

http://www.webstories.cc 02.05.2024 - 20:13:01