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Das Nichts und das Etwas

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©  Siebensteins Traum   
   
Außerhalb des Universums ist nichts. Zumindest nichts, womit ein menschlicher Verstand etwas anfangen könnte. Dort gibt es weder Höhe, Breite oder Länge, geschweige denn so etwas wie Zeit.
Könnte man denn wenigstens den Rand des Universums irgendwie wahrnehmen? Wie könnte der Übergang von Etwas zu einem Nichts wohl aussehen?
Unvorstellbar. Denn Nichts kann nicht aussehen. Sogar das „nicht aussehen“ ist ein Zustand, der das Sehen, der also Etwas beinhaltet. Demnach gibt es so etwas wie Sehen im Nichts gar nicht, weshalb diese Zuschreibung offenkundig falsch sein muss. Doch welche Zuschreibung wäre dann die Richtige?
Im Nichts gibt es weder was zu sehen noch das Sehen selbst. Dort gibt es ganz einfach Nichts. Auch kein Vakuum, wie etwa im Weltraum. Denn ein Vakuum stellt Raum und Zeit zur Verfügung, ist also nicht Nichts, sondern Vakuum plus Raum und Zeit.
Sollte man irgendwie zum Rande des Universums gelangen können, ergibt sich die interessante Frage eigentlich schon, ob man das Nichts mit Etwas füllen könnte. Denn sobald man das Nichts mit Etwas gefüllt hat, ist es nicht mehr Nichts und auch kein gefülltes Nichts, sondern Etwas. Demnach ist dies unmöglich.
Das Universum muss endlich sein, was gut ist. Das macht es für uns Menschen Erfassbar. Unfassbar könnte das sein, was außerhalb des Universums liegt. Könnte?
Ja, denn kein Mensch kann wissen, wie es dort tatsächlich aussieht, ob es dort überhaupt irgendwie aussieht und falls ja oder falls nein, welche Konsequenzen dies für irgendwas hat. Das ist in etwa so, wie es sich auch für uns mit dem Quantenuniversum verhält, bei dem es sich um ein geschlossenes System handelt. Dort gibt es ganz eigene Gesetze, die mit unseren allseits vertrauten Naturgesetzen in unserem eigenen geschlossenen Universum, zumindest in einem gewissen Sinne geschlossen, nicht mehr viel gemein haben. Es könnte sein, dass das System – wenn man das Nichts überhaupt als solches betrachten könnte -, das außerhalb unseres Universums liegt, nach ganz eigenen Gesetzen und Regeln funktioniert, die so unvorstellbar für uns sind, wie es sich auch mit dem Quantenuniversum verhält.
Ist aber so etwas wie Nichts überhaupt möglich?
Bleiben wir zunächst bei dem, was man diesbezüglich mit Sicherheit sagen kann. Denn worüber man nicht sprechen kann, darüber soll man schweigen. Das wusste schon Ludwig Wittgenstein, wahrscheinlich der bedeutendste Philosoph des 20. Jahrhunderts.
Das Wort Nichts stellt eine Negation dar weshalb es beinhaltet, dass es Etwas geben muss. Denn ohne Etwas kann es auch das Nichts nicht geben und umgekehrt. Demnach stellt das Nichts das Gegenteil von Etwas dar.
Wie könnte man nun aber das Wort Etwas definieren?
Vielleicht als Materie. Dann wäre das Nichts so etwas wie Antimaterie.
Vielleicht auch als Raum und Zeit. Dann wäre das Nichts zumindest kein Raum und keine Zeit.
Das Nichts stellt demnach nichts anderes dar, als ein abstrakter Begriff, mit dem man versucht, etwas Undenkbares für uns denkbar oder auch operativ zu machen. Daraus folgt, dass sich ohne einen direkten Zusammenhang zu Etwas das Nichts nicht denken lässt.
Somit löst sich das Problem eigentlich schon auf. Denn weil sich das Wort Nichts gerade nicht auf einen sich selbst enthaltenen Gehalt bezieht, sondern auf Etwas, das außerhalb von ihm liegt, wird mit der Verwendung des Begriffs Nichts die Frage völlig offen gelassen, ob und falls ja was das Nichts selbst enthält. Das Einzige, was man über es sagen kann, ist, dass es nicht den gleichen Gehalt hat, wie das Etwas. Denn man verwendet es nur, weil das Wort Nichts das Etwas, mit dem man sich auch weiter befassen kann, für unseren Verstand ein wenig begreifbarer macht, bzw. es ihm Grenzen und auch Konturen zu verleihen vermag. Allerdings um den Preis, dass es selbst in die absolute Unbegreifbarkeit verschoben wird, in einen Bereich also, der außerhalb des Fassbaren liegt, weshalb man oft gar nicht erst damit anfängt, sich mit ihm zu beschäftigen, weil einem solch ein Vorgehen als völlig sinnlos erscheinen muss.
Ändert man nun aber das Bezugssystem bzw. die Art und Weise, mit der man die einzelnen Komponenten zueinander in Beziehung setzt, kann es durchaus geschehen, dass man durch diese Änderung aus dem vorherigen Nichts plötzlich ein Etwas gemacht hat, das dann auch zu begreifen ist.
Deshalb könnte man vielleicht durchaus auch folgendes sagen: das postulierte Etwas und das postulierte Nichts stehen symbiotisch zueinander und machen erst zusammengenommen das aus, was man mit einem Wort wie Wirklichkeit umschreiben könnte. Daraus folgt aber auch, dass das, was wir unter Wirklichkeit verstehen, keine feststehende Größe sein kann sondern viel mehr von dem verwendeten Bezugssystem abhängig ist, weshalb es stets als relativ angesehen werden muss.
 

http://www.webstories.cc 03.05.2024 - 01:52:50