Die Mondblume |
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© Francis Dille
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Weit, weit entfernt von unserem Sonnensystem, irgendwo in einer anderen fremden Galaxie hinter der Milchstraße, gibt es einen bewohnten Planeten namens Torania. Torania leuchtet im Weltall, aufgrund seiner endlos blühenden Wälder und Wiesen, wie ein gigantisch strahlender grüner Ball, der mit unzähligen bläulich schimmernden Flecken übersäht ist. Auf diesem Waldplaneten gibt es keine Ozeane, wie bei uns auf der Erde, dafür aber Millionen von Seen, in denen exotische Fische sich tummeln.
Die Toranianer sind ein friedvolles Volk – ihre Haut ist grün, ihre Augen sind groß und blau, die Ohren spitz und ihre Nasen ähneln einem Trichter. Die weiblichen Toranianerinen haben besonders hübsche trichterförmige Nasen und dazu lange Wimpern an ihren Augenliedern, die ihre Weiblichkeit unterstreichen. Eine wirklich außergewöhnlich hübsche trichterförmige Nase und lange, nach oben gebogene Wimpern hat die junge Xeandrine.
Xeandrine hatte einen Freund und war so sehr in ihn verliebt und Xeandro in Sie, dass beide sich dazu eines Tages entschlossen, zu heiraten. Xeandro aber wusste, wollte er mit seiner Geliebten den Bund fürs Leben besiegeln so musste er dem toranianischen Gesetz Folge leisten und die Bedingung erfüllen, die einzigartige Mondblume zu finden und der Braut traditionell bei der Vermählung zu überreichen.
Es floss zwar Wasser und es wuchsen genügend Bäume, doch es spross keine einzige Blume auf Torania und deswegen waren Blumen das kostbarste Geschenk, welches man einer Toranianerin schenken konnte. Eines Tages nahm Xeandro seine Verlobte Xeandrine an die Hand und sprach bei ihrem Vater vor.
“Vater meiner Verlobten, gewähre mir die Hochzeit mit deiner Tochter und ich werde dein Sohn.“
“Xeandro,“ sprach der Vater, “ mein zukünftiger Sohn du weist, nur wenn du die einzigartige im Universum blühende Mondblume innerhalb sieben Tage meiner Tochter überreichst, kann Sie deine Frau werden. Diese Blume blüht nur auf den höchsten Bergen und strahlt mit ihrer wunderschönen weißen Pracht, sodass jede Toranianerin sich entzückt und dir immer eine gute Frau sein wird. Finde und schenke sie meiner Tochter und Sie soll dein werden. Aber bedenke, es bleiben dir grad einmal sieben Tage, diese Mondblume zu finden, um sie meiner Tochter pünktlich zur Hochzeit zu schenken.“
Sofort setzte sich Xeandro in sein UFO, schoss wie eine Rakete aus der Atmosphäre hinaus in das endlos schwarze Weltall, brauste aus seinem heimatlichen Sonnensystem und durchquerte die ganze Milchstraße. Er landete auf jedem Mond und hielt dabei Ausschau nach dieser seltenen, wunderschönen Blume. Mit Lichtgeschwindigkeit raste er an Sonnen vorbei, überholte Meteore und durchstreifte tollkühn Asteroidenfelder und betrachtete dabei die schönsten Planeten. Das kleine Alien landete auf jeden Trabanten eines Planeten, doch statt dieser Blume fand er nur Sand, Gestein und tiefe Krater. Sichtlich besorgt blätterte er in seinem Sternenbuch und kratzte sich dabei an seiner grünen Stirn.
2.
“Wo bitte schön soll ich bloß anfangen zu suchen?“ Sprach er vor sich hin.
“Es gibt doch abertausende Planeten und nochmal so viel Monde im Universum.“
Xeandro schloss seine Augen, kreiste mit seinem Finger auf der Karte herum und tippte einfach blind auf einem Punkt der Karte, den er dann sofort ansteuerte. Er erhoffte sich so das richtige Sternensystem zu finden, indem er sich auf seine Intuition verließ. Doch leider war dies auch nicht das richtige Sonnensystem, welches er diesmal ansteuerte, denn wieder fand er auf allen Trabanten nur harte Steine, hohe Berge und jede Menge tiefe Krater. Er durchkreuzte mittlerweile jedes Sternensystem, das in seinem Buch aufgelistet war und landete auf jedem Mond, doch nirgends fand er die Mondblume.
“Das Universum ist so unendlich groß, wie soll ich da jemals diesen einen richtigen Mond finden, auf dem sie blüht? Vielleicht finde ich diese seltene Mondblume nie,“ sagte er schließlich verzweifelt.
Es war bereits der fünfte Tag angebrochen, seitdem er Torania verlassen hatte und betätigte nun traurig einen Knopf, der ein holographisches Bild seine Xeandrine auf dem Armaturenbrett seines Cockpits projizierte. Sehnsüchtig betrachtete er ihr dreidimensionales Bild und erfreute sich daran, wie sie für ihn tanzte, ihn anschaute und dabei verführerisch mit ihren langen Wimpern zwinkerte.
“Ach,“ seufzte er, “Xeandrine du hast wirklich die schönste Nase und längste Wimpern im ganzen Universum.“
Dann nahm der kleine Außerirdische mit leicht gesenktem Kopf und halb geschlossenen Augenliedern den Flug wieder auf und hoffte insgeheim, diese Mondblume doch noch irgendwie rechtzeitig zu beschaffen.
Als der sechste Tag anbrach, näherte Xeandro sich einer Sonne und schaltete, um die Geschwindigkeit zu drosseln, die Umkehrschubwerke ein, damit er sie sich genauer betrachten konnte. Er vermisste so sehr den Anblick der Sonne, wenn sie abends zwischen den Wäldern an einem nah gelegenen See verschwand, die er so oft mit seiner geliebten Xeandrine im Grass liegend beobachtete und beide dabei ihre gemeinsame Zukunft auf Torania besprachen. Er seufzte. Plötzlich überholte ihn ein großer Komet, der einen meilenweiten Schweif hinter sich herzog, und um haaresbreite beinahe sein UFO zerstörte. Weil er vom Kummer, die Mondblume vielleicht nicht rechtzeitig zu finden und von Sehnsucht nach seiner Verlobten so geplagt war, missachtete er seinen Kalkulationscomputer, der ihn vor dem heraneilenden Kometen längst warnte. Xeandro erschrak und dies lies ihn wütend werden, dann folgte er ihn und lieferte sich mit dem fliegenden Schweifstern ein erbitterndes Wettrennen. Aber als er endlich begriff, dass dieser Komet unmöglich einzuholen war, schaltete er sofort die Umkehrschubwerke wieder ein und beobachtete, wie er mit seinem leuchtendem Schweif in der Dunkelheit verschwand. Auf Torania pflegte man genauso wie bei uns auf der Erde, Kometen einen Namen zu geben. Einen Augenblick überlegte Xeandro und kratzte sich dabei stirnrunzelnd am Kopf.
“Welchen Namen geb ich dir bloß? Er muss sich am besten außerirdisch anhören, wie aus einer anderen Welt,“ sprach er vor sich her und schnippte sogleich mit zwei seiner vier Fingern, wobei die großen Augenlieder wie Jalousien hochschnellten und seine blauen Augen dabei glänzten.
3.
“Ich hab`s,“ rief er freudig, “ich nenne dich einfach…Schumacher11.“
Als der Komet Schumacher11 nun endgültig im schwarzen Weltall verschwand, bemerkte Xeandro, dass er sich in einem völlig unbekannten Sonnensystem befand. Mit gedrosselter Geschwindigkeit steuerte er einen leuchtenden blauen Planeten an, der ihn sehr an Torania erinnerte, nur das dieser eben in einem strahlenden Blau mit weißen Feldern strahlte.
Xeandro landete sanft auf dessen Mond und betrat in seinem Weltraumanzug den weichen, sandigen Boden. Begeistert beobachtete er den blauen Planeten mit seinen weis schimmernden Kontinenten und genoss dabei diese himmlische Stille. Xeandro kletterte eilig einen Berg hinauf, um diese Aussicht des ihm völlig fremden Planeten genauer zu beobachten. Dann holte er ein Fernglas aus seiner Tasche und schaute damit auf den strahlenden, gigantischen Ball. Begeistert stellte er fest, dass dieser Planet bewohnt war und er beobachtete die Lebewesen. Er sah die Ozeane und die Kontinenten mit ihren Bergen und zoomte ganz nah heran um alles genau untersuchen zu können. Plötzlich entdeckte er auf einer Bergspitze Blumen, die genauso aussahen, wie Xeandrines Vater sie beschrieben hatte. Xeandros Augen wurden größer und da seine Zeit nun fast abgelaufen war, hatte er eine geniale Idee.
“Nun gut, wenn ich die Mondblume nicht finde, dann bringe ich meiner Xeandrine eben eine mit, die so ähnlich aussieht. Das ist immerhin besser als mit leeren Händen zu ihr zurückzukehren. Dann erkennt sie wenigstens, dass ich mich wirklich um sie bemüht habe.“
Xeandro war zwar etwas traurig gestimmt aber mit leeren Händen wollte er auf gar keinen Fall zurückkehren und so steuerte er den blauen Planet an. Das Alien landete auf den Berg, wo er diese Blume entdeckte, pflückte sie vorsichtig und noch bevor ihn einer dieser fremden Lebewesen entdecken konnte, düste er mit Lichtgeschwindigkeit wieder davon, seinem Heimatplanet Torania entgegen.
Pünktlich am siebten Tage landete Xeandro vor dem Elternhaus von Xeandrine und klopfte an die Türe. Erwartungsvoll öffnete Xeandrine mit wild pochendem Herz die Tür und auch ihre Eltern schauten ihn dabei erwartungsvoll an. Ist es ihm gelungen, die überaus seltene Mondblume zu finden oder hatte er keinen Erfolg? Oder bringt er gar die falsche Blume? Dann durften sich beide nicht vermählen, so lautet nun mal das toranianische Gesetz.
“Xeandrine meine Liebste hier und im ganzen Universum. Ich flog durch die Galaxien von einem Mond zum Anderen aber nirgends fand ich diese Mondblume. Ich reiste durch die ganze Milchstraße, sogar bis zu einem fremden unbekannten Sonnensystem, das nicht mal in meinem Sternenbuch verzeichnet ist, wo ich dann auf einen Mond landete der zu einem blauen Planeten gehört. Auf diesen Planeten entdeckte ich sogar Lebewesen und auf einer Bergspitze diese Blume, die ich dir jetzt dafür schenken werde. Nehme sie bitte an, als Anerkennung meiner nicht endende Liebe zu dir, doch sei gewiss, dass ich untröstlich bin, dich niemals heiraten zu dürfen. Denn diese Blume stammt leider von einem Planeten und nicht von einem Mond.“
Xeandro überreichte ihr die Blume und kniete dabei mit gesenktem Kopf vor ihr nieder, da sprach der Vater zu ihm:
4.
“Ich gratuliere dir Xeandro, du hast die Mondblume doch tatsächlich gefunden. Nun sollst du meine Tochter zur Ehefrau nehmen, glücklich werden und uns etliche Enkelkinder schenken.“
Xeandro schaute sehr verdutzt denn wie konnte diese Blume, die er auf einem Planeten fand, eine Mondblume sein? Da klärte der Vater ihn mit einem Lächeln auf.
“Der Planet, auf dem die Blume wächst, heißt Erde. Die Erdenlinge nennen sie Edelweiß und auch sie schenken ihren Liebsten diese seltene Blume. Wir Toranianer entdeckten einst vor langer, langer Zeit diesen blauen Planet und schauten wie du, mit einem Fernglas hinab. Dabei entdeckten wir, wie du, diese Blume auf dem Gipfel des höchsten Berges. Man nannte sie Mondblume, weil sie vom Mond aus zuerst entdeckt wurde. Wir Väter waren es, die dieses Gesetz bestimmten. Nur wer seine Ausdauer und Raffinesse innerhalb sieben Tage unter Beweis stellen kann, ist auch in der Lage, sieben Jahre und weitere sieben Jahre bis hin zum letzten siebten Tage seines Lebens, ein würdiger Ehemann für unsere Töchter zu werden.“
Xeandro begriff im ersten Augenblick nicht, doch zugleich stürzte sich das außerirdische Liebespaar mit Tränen in den Augen sofort in die Arme und drückten ihre trichterförmigen Nasen wie einen Kuss zusammen. Übermutig vor Freude tanzten sie um das grüne kegelförmige Elternhaus herum. Die Mutter von Xeandrine rammte daraufhin ihren Gatten freundlich in die Bauchseite, zwinkerte liebevoll mit ihren langen Wimpern und zeigte ihm eine Glasschatulle. Darin lag ein konserviertes Edelweiß, eine Mondblume, die er ihr vor langer Zeit einmal zur Hochzeit überreichte.
In Lichtgeschwindigkeit rasten seine Erinnerungen an dieses Abenteuer durch seinen Kopf und schaute dabei sanftmutig auf das wild herumtanzende zukünftige Ehepaar.
Xeandro und Xeandrine heirateten und bekamen zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen. Der Junge wird später einmal nach einer Mondblume, genau wie sein Vater es tat suchen und das Mädchen wird eine Mondblume, genau wie ihre Mutter damals einmal bekommen.
Written by W. Francis Dille 2006 © |
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16.10.2025 - 14:22:27 |
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