... für Leser und Schreiber.  

Die Lutz von Detmold Chroniken: Der dunkle Wald

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© Peter Keulertz   
   
Früh am Morgen: Alles schweigt. Unsere Helden schlafen noch. Eine alte und weise Eule schreitet mit stolzen Schritten einen Baum entlang. Lutz öffnet träge seine müden tapferen Augen und schreit aus Leibeskräften, um die Schmerzen der Müdigkeit zu vertreiben, die mit nassen, kalten Händen das Herz umnebelt. Auch der lustige Hirsch reckt sich und verlässt das Nachtlager. "Seit 12 Tagen sind wir nun unterwegs, wohin wird uns unsere Reise noch führen?", flüstert er in den Wind, während er eine kleine Holzfigur schnitzt.
Da wurde es heller Tag.
Müde stützt sich Lutz auf sein Schwert. Schnurrbart!, kam es ihm in den Sinn. Ein Schnurrbart wäre eine feine Sache! Doch wie so oft machte ihm sein Gehirn einen Strich durch die Rechnung. Seitdem er den weißen Dachs getötet hatte, hatte er diese Visionen. Schnurrbart! Lutz spie verächtlich aus und kritzelte schnell ein Gedicht in den Sand. Auch die anderen Helden waren unterdessen wach. Slobe saß mit trübem Blick auf einem Baumstumpf, Lederstrumpf spielte Karten mit Coco, dem Wunderpferd.
Es begann zu regnen.
"Sinnlos, dieses Leben ist sinnlos" murmelte der lustige Hirsch. - "Männer, wir ziehen weiter!" kreischte Lutz mit zittriger Stimme. Und so machten sich unsere Helden auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft.

Sie kamen an einen dichten Wald. Drohend ragten die Wipfel der Nadelhölzer in den wolkenverhangenen Himmel. "Das ist der dunkle Zauberwald!" schrie Lutz die anderen an. "Hier lebt der finstre Fürst Herr Paschulke. Er züchtet das Todesgetreide, von dem sich die abscheulichen Stabheuschrecken, Kreaturen aus Blut und Schlick, ernähren." Als Slobe das hörte, fiel er tot um. Die anderen erstarrten in frostigem Schweigen. Der Wind heulte und der Regen peitschte unseren Helden umherliegende Papierschnipsel ins Gesicht. "Umweltverschmutzung!", dachte Lutz und der Schmerz darüber ließ ihn zusammenzucken. "Da Vinci" schrie er. "Da Vinci, wo bist du denn hier?" Da erschien aus dem Dickicht ein kleines, samtblaues Männlein mit einer kecken Mütze auf dem vorwitzig aber doch etwas lose auf dem dünnen Hals schwankenden Kopf. "Du riefest mich!", lachte und gluckste es vergnügt. Er hatte einen überdimensionalen Fuß, den er aufklappen konnte, aber dafür keine Nase. "Ich bin da Vinci, der Schwanentöter!", gluckste das Männchen und sprang aufgeregt von einem Bein auf das andere.
Lutz begriff.

Aber er schwieg.

Doch dann!
Lederstrumpf brach das Schweigen: Mit heiserer Stimme begann er einen alten Witz zu erzählen...doch niemand lachte. Niemand. Eine einsame Träne lief dem Männlein über das Gesicht. Mittlerweile war es Nacht geworden und alle legten sich schlafen. Wollte ich euch nun, liebe Leser, das berichten, was dann in jener Nacht geschah, so würde ich dies mit Buchstaben tun, die wohl kaum einen Sinn ergeben. Daher nur ein Wort: Musik! Mit einem lauten Knall brach der neue Tag an. Das samtblaue Männlein hatte sich am frühen Morgen erschossen. Lutz schrie aus Leibeskräften: "In den Wald! Folgt mir!", und damit sprang er über einen umgestürzten Baumstamm und verschwand im Dickickt. Lederstrumpf beobachtete eine einsame Seifenblase und schulterte seine goldene Flinte. Dann sprang er mit einem Satz seinem Anführer hinterher.
 

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