... für Leser und Schreiber.  

Glück im Unglück

43
43 Stimmen
   
© Andreas Tröbs   
   
Mukhtar sah mit Entsetzen, was Amina und die anderen Katzen angerichtet hatten:
„Nein, die teure, unersetzliche, kostbare Chinesische Vase, nun ist sie entzwei!“
Mukhtar war, durch dieses Katzen-Fiasko, schnell aus seinem Traum in die Gegenwart zurückgebracht wurden. Er jammerte laut und hem-mungslos:
„Oh, beim Scheitan, ihr treuloses Pack, ihr Söhne und Töchter der Gosse, ihr bärtigen Schwanzträger, was habt ihr angerichtet? Die Chinesische Vase ist entzwei! Die Alte wird mir alle Schuld geben und euch in Schutz nehmen! Oh, ihr fellgesichtigen Unglückstiere…!“
Er hielt die Augen geschlossen und verfiel in ein hemmungsloses Schluchzen! Alle Wünsche und Träume waren plötzlich wie ausgelöscht! Er hämmerte sich in seiner Verzweiflung mit den Fäusten gegen die Stirn. Dicke Tränen kullerten über sein Gesicht. Langsam öffneten sich seine Augen. Er zog geräuschvoll die Nase hoch, wischte sich die Tränen ab und sah staunend auf das Ergebnis von dem Malheur!
„Oh, was für Schätze sind denn hier zum Vorschein gekommen!
Hey, beim Barte des Propheten, was ist denn das?
Bei meinem Buckel, Pantoffeln?
Wie schön die sind!
Wenn das kein Wink Allahs ist, mich auf diesen Pantoffeln aus dem Staube zu machen.
Und ein Stöckchen!
Bah, mit einem so wunderschön verzierten Knauf!
Ah, das ist ja ein Löwenkopf!
Wie schwer der ist?
Ist der etwa aus Gold?
Sind das hier nicht Edelsteine?
Wenn ich das Stöckchen zum Basar trage, füllt es meine Reisebörse!“
Mukhtar raufte sich die Haare, schaute sich ein letztes Mal in der Wohnung um, fasste schnell einen Entschluss und rief freudig erregt:
„Bei Allah, so schnell kann es gehen! Adieu, Ihr mäusefangenden Bett-vorleger!
Da hörte er plötzlich eine unbekannte, schnurrende Stimme: „Halt ein Mukhtar, nicht so schnell! Höre gut zu! Ich bin Amina deine Lieb-lingskatze!“
Mukhtar, dem die Ereignisse bei der Alten immer seltsamer anmuteten, verblüffte sich: „Amina? Du kannst ja sprechen! Hey, bei allen Katzen- und Mäuseschwänzen, das gibt es doch gar nicht!“
Amina strich laut schnurrend durch seine Beine, richtete sich dann auf und legte ihre Vorderpfötchen gegen seine Schienbeine: „Und ob! Pass jetzt auf! Du hast zwei wunderbare Zauberdinge gefunden. Pantoffeln zum Schnelllaufen und ein Stöckchen zum Gold finden! Schlüpfe in die Pantoffeln, schlage ihre Stulpen hoch und staune über die Dinge, die dann geschehen! Und vergiss nicht das Stöckchen mitzunehmen!“ Sie schnurrte erneut sanft, fuhr sich mit ihrer kleinen Zunge dreimal durchs Fell und fuhr sanft fort: „Du bist zwar ein kleiner Träumer, aber so habe ich dich kennen und lieben gelernt! Du warst immer gerecht und gut zu uns. Darum soll dein buckliges Dasein beendet sein, wenn du ein Weib triffst, das dich so liebt, wie dich Gott geschaffen hat. Dieses Wunder braucht seine Zeit und wird nicht gleich nach der ersten Begegnung mit deiner Liebsten in Erfüllung gehen! Sie muss sich bewähren, eure Liebe, erst dann sollst du erlöst sein und mit deinem Weib eine glückliche und sorglose Zeit haben. All unsere Gaben sollen dir Belohnung sein! Zürne uns also nicht mehr wegen der Chinesischen Vase! Wisse: Sie war nur Mittel zum Zweck! Also Adieu, behalte deine schnurrenden und samtpfötigen Freunde, behalte deine Freundin Amina immer in guter Erinnerung…!“
 

http://www.webstories.cc 27.04.2024 - 23:17:55