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Tiger, Pinguin und Fliege

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© Renate Neff   
   
Der Tiger und der Pinguin
sich niemals kennenlernen.
Der Eine herrscht in Indien
Der Andre mit den Kinderchen
Lebt froh in Südpolfernen.

Die freche Fliege dachte sich:
Ich will die Welt bereisen.
Ins warme Indien zieht es mich,
Dem starken Tiger möchte ich
Ehr’ und Referenz erweisen.

Die Fliege kam in Indien an,
und folgt des Tigers Duft.
Ganz erschöpft setzt sie sich dann
Auf dessen Nase – Mannomann –,
Der warnend seine Tatze lupft

Und grimmig faucht: „Du kitzelst mich!“
Die Fliege summte ganz erschreckt
„Tu mir nichts, ich warne dich,
Aus Old Europe komme ich!“
Stolz sie ihre Flügel reckt.

„Dich zu sehen, kam ich her.
Respekt sollst du mir zollen!“
Der Tiger aber gähnte sehr:
„Stör’ meine Ruhe nicht noch mehr,
Du hast hier nichts zu wollen!“

Beleidigt war die Fliege ganz,
Verkannt und voll Empörung
Bei solcher tiefen Ignoranz
Verlor der Tiger sehr an Glanz
Und sie ihre Verehrung.

Die Fliege dacht’ nicht lange nach,
Macht auf sich nach Kalkutta.
Dort macht ein Küchenduft sie schwach,
Flog direkt ihrer Nase nach
In die Kombüse auf nem Kutter.

Dort lebte sie in Saus und Braus
Konnt’ sich am Schellfisch laben
Fand im Müll den besten Schmaus,
Konkurrierte mit der Maus
Und auch den Küchenschaben.

Das Schiff legt ab zur großen Fahrt
Zum Wal in die Antarktis.
Die Fliege hat nach ihrer Art
Gelegt viel’ Eier im Salat.
Die Maden futtern gratis.

Kaum war das Schiff am Ziel der Reis’
Packeis sperrt die Walfangspur.
Die starken Wanten knackten leis’
Furchterregend kracht das Eis,
Schneesturm durch die Luken fuhr.

Das Schiff, es barst, ’s war sein Ruin,
Die Flieg’ träumt’ grad von Braten....
Treu sorgt die Mutter Pinguin
und füttert ihre Kinderchen
Mit der Fliege und den Maden....
 

http://www.webstories.cc 18.05.2024 - 16:58:11