... für Leser und Schreiber.  

Der schwarze Triebwagen - Ein Bahnmärchen

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© Andreas Kretschmann   
   
Es war Samstag kurz vor Mitternacht, als Nadine, Sören und Tobias von ihrem Streifzug durch die Clubszene Berlins nach hause wollten. Für Nadine und Sören war es ein netter Abend, die beiden waren schließlich seit drei Wochen Zusammen, doch für Tobias war der Abend ein echter griff ins Klo. Die Frauen, die ihn interessierten wollten nichts von ihm und wenn mal eine was von ihm wollte, war es nicht die Richtige. Neidisch schielte Tobias zu Nadine und Sören rüber, die beiden verstanden sich prima – schön wenn der Topf seinen Deckel findet. So trotteten sie über den Alex in Richtung U-Bahnhof, Sören hatte mitbekommen dass der Abend für Tobias nicht so gut gelaufen war und vorgeschlagen, bei Ihm noch ein wenig an der Spielkonsole zu zocken. Tobias war das nur recht, vielleicht könnte er bei einer kleinen virtuellen Schlacht auf andere Gedanken kommen, Gedanken die sich nicht um Einsamkeit drehen. Es war schon blöd, als Technik- und Eisenbahnfreak fand man nicht so leicht die passende Frau.

Es ging auf null Uhr zu als sie die Treppen zum Bahnsteig der U-Bahnlinie 5 herunter kamen. Die Anzeige für die Abfahrtszeit des nächsten Zuges zählte runter, noch 17 Minuten bis der Zug kam. 17 lange Minuten, dann würden sie noch einmal fast 30 Minuten bis nach Hellersdorf fahren, danach noch ein kurzer Fußweg bis zu Sörens Wohnung und dort könnte er Sören und Nadine zeigen, dass er in Luftkampfsimulationen mehr drauf hat als auf der Tanzfläche. Die Zeit lief so träge wie dicker Bienenhonig, so kam es Tobias vor. Sören und Nadine schien das nicht aufzufallen, die beiden waren mit sich beschäftigt. „Ein Glück dass Ihr keine Zahnspangen tragt.“ Meinte Tobias. Nadine mußte kichern, „Du siehst zu viele Teenie – Filme!“ meinte sie. Es waren noch 12 Minuten, „ein sechstel einer Stunde“ dachte Tobias nebenbei. Dann sah er Licht aus dem Tunnel kommen, wo ihr Zug in 12 Minuten herkommen würde. Leises rattern eines sich nähernden Zuges war zu hören, was auf der U5 nicht sehr oft der Fall war, schließlich fuhren hier fast nur noch ausschließlich Drehstromzüge der Serie H. Die machten mit ihrer Leistungselektronik immer einen Krach, dass man dachte, man stünde in einem Sägewerk.

Nun verließ ein Zug den Tunnel, ein schwarzer Triebwagen vom Typ D, soviel konnte Tobias an der Form des Zuges erkennen. Der schwarze Lack glänzte wie bei einer Staatskarosse und war unterhalb des Fenster und der Dachkante mit silbernen Zierleisten dekoriert. „Wow, das ist krass!“ Rief er verwundert. Nadine und Sören schauten ihn ebenso verwundert an, worauf er nur in die Richtung des einfahrenden Zuges zeigte. Die Beiden drehten sich um und waren erstaunt über das, was sie sahen.

„Ein Leichenwagen?“ Fragte Nadine. „Du siehst zu viele Horrorfilme!“ Revanchierte sich Tobias bei ihr für die Äußerung mit den Teenie – Filmen vor ein paar Minuten und fügte hinzu: „Haben Diplomaten eigene U-Bahnzüge?“ Sören meinte, dass er keine Hoheitszeichen erkennen könne und es sich daher nicht um ein Fahrzeug eines Diplomaten handeln könne.

Der Zug verringerte sein Tempo und kam mit der ersten Tür genau vor den drei fassungslosen Personen zum stehen. Mit einem kurzen zischen wurden die Einstiegstüren freigegeben, kurz darauf ging das Licht im Fahrgastraum an. Tobias stellte fest, dass der Zug von außen, mit Ausnahme der Farbe wie ein Zug des Typs D aussah, aber der Innenraum sich deutlich vom Interieur normaler Typ-D-Züge unterschied. Die Täfelung der Wände war in hellem Buchenholz gehalten, nicht wie normalerweise in dunkler Mahagoni-Optik. Die Haltestangen waren nicht aus Aluminium, wie normalerweise sondern aus Messing. Die Sitzpolster waren auch anders, normalerweise hat die D - Serie Schaumgummisitze, welche mit grünem Kunstleder überzogen sind, doch die Sitze dieses Zuges hatten Bezüge aus dunkelbraunem Leder. „Sieht so ein Leichenwagen aus?“ Fragte er Nadine, worauf sie den Kopf schüttelte.

Ein Mann in mittlerem Alter betrat den Fahrgastraum vom Führerstand aus, schob die Einstiegstür auf, welche den drei immer noch fassungslosen Nachtschwärmern am nächsten war und meinte: „Willkommen, Ihr werdet erwartet.“ Alle drei zogen fast zeitgleich die Augenbrauen hoch und fragten wie ein Sprechchor: „Erwartet? Der Mann lächelte und nickte. „Ja, mein Auftrag lautet hier an diesem Bahnsteig drei Fahrgäste heute zwischen 0:00 und 0:10 aufzunehmen.“ Die drei schauten sich auf dem Bahnsteig um, sie waren die einzigen Fahrgäste auf dem Bahnsteig. Tobias fragte, noch leicht ungläubig: „Fahrgäste, für welches Reiseziel?“ „Für die Reise, von der Du immer geträumt hast, Tobias!“ sagte der Mann mit breitem Grinsen. Tobias war verwundert und fragte. „Kennen wir uns etwa?“ Der Mann lachte laut und meinte: „Nein, aber ich kenne Dich. Du träumst davon, Deine Faszination für die Bahn mit Deinen Freunden zu teilen aber es fehlen Dir die richtigen Argumente um sie zu überzeugen.“ Es stimmte, Tobias hatte schon öfter seinen Freunden von den Geheimnissen der Bahn vorgeschwärmt, den Geschichten über die Vergangenheit der Bahn, den Zukunftsvisionen über die U-Bahn, die er in Technikdokumentationen sah und von der Zeit als die Eisenbahn noch so pünktlich war, dass man nach ihr die Uhr stellen konnte. Doch stets hatte er den Eindruck, dass er sie damit nur langweilte.

„Was kostet den die Fahrt?“ Wollte er wissen. „Ihr habt doch bestimmt ´ne Monatskarte.“ Meinte der Mann. Die Drei nickten. „Dann ist ja alles in Ordnung, dieser Zug fährt zum Normaltarif.“ Sagte er. Tobias drehte sich zu Nadine und Sören um und meinte: „Die Spielkonsole läuft uns ja nicht weg, aber wer weiß ob wir diesen Zug jemals wiedersehen.“ Nadine schaute Sören an, er nickte. „Wenn Du meinst, es scheint Dir etwas zu bedeuten. Also los!“ Sagte sie. Die drei stiegen ein. „Bitte macht es Euch bequem. Ich bin Walter, Euer Chauffeur auf dieser Reise.“ Meinte der Mann bevor er sich in den Führerstand zurückzog. Die Drei setzten sich auf die dunkelbraunen Ledersitze, welche äußerst bequem und nicht im Entferntesten vergleichbar mit normalen U-Bahnsitzen waren, eher mit einer bequemen Couch. Die Türen Schlossen sich und der Zug beschleunigte.

„Ziemlich gute Beschleunigung.“ Meinte Sören. Tobias stimmte ihm zu, der Zug beschleunigte kraftvoll doch nicht zu ruckartig, die Beschleunigung nahm sanft aber stetig zu. Nadine schaute aus dem Fenster und meinte erstaunt: „Gibt es hier eine Abzweigung, diese Strecke habe ich noch nie zuvor gesehen.“ Auch das stimmte, die Strecke sah anders aus als die normalen U-Bahnstrecken es gab kein zweites Gleis neben dem, auf dem der Zug fuhr und die Tunnelwände sahen aus, als waren sie aus einem dunkelblauen Material worin in regelmäßigen Abständen helle weiße Lampen eingelassen waren. „Nein, diese Strecke ist mir auch nicht bekannt.“ Meinte Tobias, während er feststellte dass die Beschleunigung immer noch andauerte. Dann fügte er hinzu: „Wie schnell wir wohl sind, seit drei Minuten beschleunigen wir aber nichts fühlt sich an, als würden wir schnell fahren.“ Sie schauten sich an, Sören meinte schließlich: „Es soll doch die Reise sein, von der Du immer geträumt hast. Vielleicht muss es auf solchen Reisen merkwürdig zugehen, ich weiß ja schließlich nicht was Du so träumst.“

Im nächsten Moment ertönte Walters Stimme aus den Lautsprechern: „Nächster Halt, der letzte Bahnhof vieler, – zu vieler Züge.“ Tobias schaute seine Freunde mit fragendem Gesicht an, Sören zuckte mit den Schultern und Nadine schaute etwas blass aus, sie frage leise: „Der letzte Bahnhof?!“ Tobias grübelte, wofür der Name des nächsten Halts stehen mochte. Langsam flaute die Beschleunigung ab und kehrte sich um, der Zug bremste jetzt. „Ist Euch eigentlich aufgefallen, dass wir von Beschleunigung direkt zum Bremsen übergegangen sind?“ Fragte Sören. Es stimmte, der Zug hatte von der Abfahrt bis gerade eben beschleunigt und mit dem Ende der Beschleunigungsphase begann er auch schon zu bremsen.

„Wenn die Bremsphase genau so lange dauert wie die Beschleunigungsphase, dann... Nein unmöglich! In sechs Minuten, niemals!“ Meinte Tobias. „Was meinst Du?“ Fragte Nadine. „Den Gravitytrain.“ Platzte Sören dazwischen. „Mein Englisch ist nicht so gut, aber heißt das nicht Gravitationszug?“ Fragte Nadine weiter mit verwundertem Gesichtsausdruck. Tobias nickte und begann zu erklären: „Wenn man einen Tunnel durch die Erde graben würde, mitten durch. Dann würde die Gravitation, also die Schwerkraft den Zug abwärts ziehen. Er würde dann immer schneller, bis er den Mittelpunkt der Erde erreicht hätte, dann würde die Gravitation ihn wieder abbremsen.“ Nadine fuhr dazwischen: „Halt mal, jetzt gehen die Pferde mit Dir durch. Im Erdkern ist es doch heiß, verdammt heiß!“ Tobias fuhr fort: „Ich weiß, aber man müsste den Tunnel ja nicht direkt durch den Kern bohren, selbst wenn man dran vorbei bohrt, kürzt man erheblich ab, im Gegensatz zum Weg auf der Oberfläche. Aber in nur sechs Minuten wäre das nicht zu schaffen, nicht mit der Beschleunigung, die wir gefühlt haben.“
Der Zug erreichte einen Bahnhof mit Wänden aus schwarzem Granit, dessen Decke von massiven Säulen aus weißem Marmor getragen wurde. Sie war reich geschmückt mit Symbolen und Bildern aus dem Eisenbahnbereich. Die Türen wurden freigegeben und die Stimme von Walter war wieder zu hören. „Wir haben hier Aufenthalt damit Ihr Euch umsehen könnt und vielleicht herausfindet, was es mit diesem Bahnhof auf sich hat.“
Als sie ausstiegen, war deutlich zu sehen, dass Nadine etwas erleichtert schien, als wäre ihr ein gewaltiger Stein vom Herzen gefallen. „Du sahst vorhin so blass aus, als Du den Bahnhofsnamen gehört hast.“ Meinte Tobias. Nadine sah ihn an, sie hatte Tränen in den Augen. Dann sagte sie leise: „Der letzte Bahnhof, die letzte Reise, das letzte Kapitel, das sind alles Synonyme für eines, den Tot. Aber das hier sieht nicht aus wie ein Friedhof oder etwas in der Art.“ Tobias legte ihr die Hand auf die Schulter und tröstete sie. „Ich habe nie von einer Reise in den Tot geträumt, daran würde ich mich erinnern aber irgend etwas sagt mir dass dies hier etwas mit Zügen zu tun hat. Was hat Walter noch mal gesagt? Der letzte Bahnhof vieler – zu vieler Züge. Lass mal sehen, was wir hier entdecken.“

Sie gingen zwischen den wuchtigen Marmorsäulen hindurch zu einer breiten Treppe, diese bestand ebenfalls aus weißem Marmor. Oben angekommen fanden sie sich in einem riesigen Saal wieder, und abermals klang es wie ein Sprechchor, als ein lang gezogenes „Wow“ ihre Lippen verließ. An den Seiten des Saals standen in großen Nischen Lokomotiven, ganze Züge und Triebwagen. Davor standen Messingtafeln in die jeweils ein Datum und ein Ort eingraviert war. Staunend gingen sie von Nische zu Nische. Sören tapste hinter Nadine und Tobias hinterher, er wusste nicht wo er hinschauen sollte. Nadine zog Tobias am Ärmel und sagte: „Sieh Dir Sören an, wie ein Kind im Spielzeugladen. Ob er sich auch fragt, was die Daten und Orte auf den Tafeln wohl bedeuten?“ Tobias lächelte, sonst hatte Nadine nie so über Sören geredet, er war schließlich ihr Lebensmittelpunkt. Doch sie hatte Recht, Sören stand die Faszination ins Gesicht geschrieben.
Dann kamen sie zu einer Nische in der ein Zug mit einer gewaltigen Dampflok stand. Tobias erkannte sie, es war eine Lok der Baureihe 01, die Maschine „01 1516“ Auf der Messingtafel vor dem Zug stand eingraviert „27. November 1977 – Bahnhof Bitterfeld“. Tobias schoss ein Gedanke durch den Kopf: „Bitterfeld, eine „01“, was hatte im sein Vater einmal darüber erzählt?“ Dann fiel es ihm ein, in Bitterfeld gab es mal ein großes Eisenbahnunglück, zu einem Kesselzerknall, eine 01 war bei der Einfahrt in den Bahnhof explodiert. Sollte das diese Lok gewesen sein, aber wie war das möglich, wo sie doch hier vor ihnen stand. „Mal sehen, ob wir hier Internet haben.“ Sagte er und zog sein Handy aus der Tasche, doch er hatte keinen Empfang. „Wäre ja auch zu einfach. Habt Ihr ein Netz?“ Fragte er, Sören und Nadine schauten auf ihre Handys und schüttelten die Köpfe. „Alles Okay? Du siehst so blass aus.“ Fragte Nadine. „Ich bin mir nicht sicher, hier gehen seltsame Dinge vor sich, aber das haben wir ja schon vorhin im Zug gemerkt.“ Antwortete er.

Sören sagte die ganze Zeit nichts, er war immer noch fasziniert von den Zügen. Sie erreichten den hinteren Teil des Saals, hier standen Züge mit Elektrolokomotiven, einzelne Elektrolokomotiven und Elektrotriebwagen. „Dieser Bereich steht wohl die modernere Epoche.“ Meldete sich Sören zu Wort. „Scheint so.“ Entgegnete ihm Nadine. Tobias sagte nichts, die 01 und der Bahnhof Bitterfeld gingen ihm nicht aus dem Kopf.

Kurz vor dem Ende des Saals kamen sie an eine Nische in der ein dunkelblauer Elektrotriebwagen mit Panoramafenstern stand. „491 001-4“ war auf dem Nummernschild zu lesen und auf der Messingtafel vor dem Zug stand: „12. Dezember 1995 – Garmisch Partenkirchen“. „Was denn, es gibt noch einen?!“ Fragte Sören ungläubig. Langsam drehte sich Tobias zu seinen Freunden um, er war kreidebleich. Jetzt hatte er Gewissheit, die 01 im vorderen Teil des Saals war tatsächlich diejenige welche in Bitterfeld explodiert war. Und der Triebwagen vor dem sie gerade Standen war der sogenannte „Gläserne“ welcher bei einem Frontalzusammenstoß zerstört wurde, am 12. Dezember 1995 in Garmisch Partenkirchen. „Nein, es gab nur den einen, nur 491 001-4!“ Sagte Tobias mit ernster Miene. „Was ist los? Jetzt siehst Du aus, als hättest Du einen Geist gesehen.“ Meinte Nadine. „Schaut Euch nur um, der Ganze Saal hier ist voll von Geistern. Dies sind alles Züge, die bei einem Unglück zerstört wurden und auf den Messingtafeln steht wann und wo das Unglück war.“ Nadine schaute ihn an und sagte: „Ein Eisenbahnfriedhof? Das ist der letzte Bahnhof vieler Züge...“ Erneut sprachen alle Drei wie im Chor „Zu vieler Züge!“ Plötzlich ertönte ein Gong, gefolgt von einer Lautsprecherdurchsage: „Werte Fahrgäste, am Bahnsteig steht Ihr Zug nun für Sie zu Abfahrt bereit.“
Nadine und Sören schauten sich an, dann schauten sie Tobias an. Er war zu Tränen gerührt als er ihnen erzählte, dass er sich immer gewünscht hat, es müsste ein Denkmal für jeden in einem Unglück zerstörten Zug geben um an die Opfer zu erinnern und zu mahnen, dass die selben Fehler nicht noch einmal gemacht werden dürfen. Nadine und Sören nahmen ihn in die Mitte und geleiteten ihn zum Bahnsteig. Sören machte sich auch Vorwürfe, hatte er dies alles hier doch für ein Museum gehalten, eine Ausstellung und jetzt stellte sich heraus dass sie in einer Art Mausoleum waren. Er schaute zu Nadine rüber und sagte: „Du hattest Recht mit dem, was Du vorhin sagtest, Du weist schon, das mit dem Friedhof und er letzten Reise.“ Nadine erschrak. „Du hast es gehört?“ Fragte sie. „Klar, habe ich es gehört aber ich habe mich nicht getraut etwas zu sagen. Weist Du, das schlimme ist, dass ich auch so etwas gedacht habe und froh war dass Du es ausgesprochen hast.“ Nadine war erleichtert, Sören hielt sie nicht für verrückt, abergläubisch oder sentimental.

Als sie zum Bahnsteig kamen erwartete sie Walter schon. „Ich wusste, Du würdest es erkennen Tobias.“ Sagte er lächelnd und fügte hinzu: „Das alles hier stammt von Dir, von Deinen Wünschen und Träumen.“ Tobias schaute leicht irritiert und fragte: „Von mir, meinen Wünschen und Träumen?“ Walter nickte. „Aber wie?!“ Fragte Tobias. Walte holte tief Luft und begann zu erzählen: „Du muss wissen, dass jeder, der mit einer größeren Menge Metall zu tun hat eine Art magnetische Prägung auf dem Metall hinterlässt.“ Nadine unterbrach Walter: „Eine Magnetische Prägung? Magnetisiert er das Metall etwa wie ein Kassettenrecorder das Band in der Kassette?“ Walter nickte und setzte seine Erklärung fort: „Genau wie der Rekorder das Magnetband. In unserem Gehirn gibt es eine Region, die man den Hypothalamus nennt und von dort aus werden sämtliche Takte unseres Körpers gesteuert, wie zum Beispiel der Herzschlag. Also der Hypothalamus ist praktisch unser Taktgeber und man hat festgestellt dass er mit einer Frequenz von etwa 7,83 Hertz arbeitet. Überraschenderweise ist diese Frequenz auch genau die Eigenresonanzfrequenz des Erdmagnetfeldes.“ Walter machte eine Pause, als ob er ahnte, dass gleich eine weitere Frage kommt. Sie kam von Tobias: „Soll das heißen, wir senden alle mit 7,83 Hertz auf der Eigenresonanzfrequenz des Erdmagnetfeldes? Das würde ja bedeuten, dass wir über das Erdmagnetfeld alle miteinander verbunden sind und die Eigenresonanz des Erdmagnetfeldes somit die Frequenz der Trägerwelle unserer drahtlosen Verbindung ist.“ Walter zog die linke Augenbraue hoch und sagte weise: „Das hast Du gesagt. Ich bin nur der Chauffeur.“ Tobias wusste nicht ob dies ein Bestätigen oder ein Bestreiten war, er wollte gerade fragen, was Walter damit gemeint hatte als Sören plötzlich rief: „Hey Leute, der Zug – er verändert sich!“

Es stimmte, der Zug veränderte tatsächlich seine Form. Die fast flache Front mit den runden Kanten, welche sie mit der Seite verbanden wurde plötzlich spitz wie ein Pfeil. Auch die Seite des Zuges änderte sich, das Profil des Zuges wurde runder, er sah jetzt viel futuristischer aus, wie aus einem Science-Fiction-Film, nur die Farbe war gleich geblieben – ein dunkles glänzendes Schwarz. Tobias zeigte auf den Zug, Walter drehte sich um und sagte: „Ja, die Vorbereitungen für die nächste Etappe unserer Reise sind abgeschlossen, wir sollten losfahren. Die Vergangenheit kennt Ihr ja nun und auch die Gegenwart kanntet Ihr schon vor dem Beginn unserer Reise. “ Jeder der Drei wusste was es außer Vergangenheit und Gegenwart noch gab, doch niemand sprach es aus. Es war zu abwegig. Andererseits, wie realistisch war es schon, dass ein Zug die Form veränderte um sich an die Gegebenheiten der nächsten Reiseetappe anzupassen oder dass es ein Mausoleum für die in Unfällen zerstörten Züge gab.

„Was hattest Du noch für Wünsche oder Träume?“ Fragte Nadine. „Ich ahne etwas und es ist nicht der Gravitytrain, über den wir vorhin gesprochen haben.“ Meinte Tobias, er hoffte insgeheim dass er Recht hatte, doch nach dem er gesehen hatte, welche Form der Zug angenommen hatte war er sicher. Es war der Zug, den er mal in einer Dokumentation über Verkehrsmittel der Zukunft gesehen hatte. Schon bald würden seine Freunde das Wort U‑Bahn ganz neu definieren und anerkennen, dass aus der Schweiz nicht nur Schokolade, Käse und Uhren kommen, sondern auch revolutionäre Ideen für neue Verkehrssysteme.

Sie stiegen wieder in den Zug, der auch innen eine sichtbare Veränderung durchgemacht hatte. Die Sitze waren jetzt nicht mehr längst sondern quer zu Fahrtrichtung angeordnet. Alle Sitze waren in Fahrtrichtung ausgerichtet und hatten Vierpunktgurte. Tobias platzte fast vor Vorfreude, das sah alles schon danach aus, was er als nächstes Reiseziel vermutet hatte. Aus den Lautsprechern war wieder Walters Stimme zu hören: „Bitte nehmt Platz, schnallt Euch an und stellt das Rauchen ein.“ Die drei Freunde schmunzelten, keiner von ihnen rauchte. Nachdem sie sich in ihren Sitzen fest gezurrt hatten, war auf der Wand über der Tür zum Führerstand eine Leuchtschrift mit einer Art Countdown zu sehen.

Nadine sah zu Tobias rüber und fragte: „Du, wenn jeder Mensch auf metallischen Objekten eine magnetische Prägung hinterlässt, heißt das, dass auch Das Personal und die Passagiere in einem Zug ihre Prägung hinterlassen?“ Tobias überlegte einen Moment, alles sprach dafür. In einem Zug gab es jede Menge Metall das magnetisiert werden konnte. Schließlich sagte er: „Ja, ganz bestimmt.“ Sören hatte einen Einwand, er meinte dass ein Zug doch so was wie ein faradayscher Käfig sei und dass die Menschen darin vom Erdmagnetfeld abgeschirmt wären. Tobias meinte dazu: „Das ist richtig, doch das menschliche Gehirn produziert selbst auch ein Magnetfeld, durch die Hirnströme.“ Und Nadine fügte hinzu: „Jeder von Strom durchflossene Leiter produziert ein Magnetfeld.“ Tobias nickte zustimmend. Dann sagte er nachdenklich: „Wenn nun bei einem Zugunglück die Menschen im Zug ums Leben kommen und ihre Hirnströme verlöschen, bleibt wahrscheinlich im Metall des Zuges ein Rest ihrer magnetischen Prägung zurück.“ Sören war noch skeptisch, er entgegnete: „Ja gut, nehmen wir mal an, dass die magnetischen Restsignaturen oder Prägungen der Passagiere und des Personals im Metall des Zuges verbleiben, irgendwann werden doch die Trümmer verschrottet und eingeschmolzen. Was wird dann aus den Prägungen?“ Tobias entgegnete ihm: „Ich habe mal gehört, dass Informationen, egal welcher Art nicht verloren gehen. Vermutlich werden die Restsignaturen, wie Du es nennst durch das Einschmelzen aus dem Metall gelöst und gehen auf das Erdmagnetfeld über.“ Nadine hielt den Kopf schräg und fragte: „Sind die Restsignaturen so etwas wie die Seelen der Opfer eines Zugunglücks?“ Tobias zuckte mit den Schultern, er wollte Nadine nichts falsches erzählen. Da meldete sich Sören erneut zu Wort:
„Wow, Moment mal Ihr Zwei! Ihr wollt doch jetzt nicht etwa über Geisterzüge reden? Das die Seelen der Menschen vielleicht im Metall der Zugwracks eine Zeit lang verbleiben, mag sein. Aber was ist mit dem Zug, es gibt doch Legenden in denen beschrieben wird, wie Geisterzüge nachts über Strecken fahren. Haben Maschinen überhaupt eine Seele?“ Tobias erzählte ihm: „Schon beim Bau eines Zuges sind Menschen in der Nähe des Metalls aus dem der Zug später entsteht und die haben natürlich auch Hirnströme, die sich als Magnetische Prägung auf das Metall übertragen. Vielleicht formieren sich die magnetischen Prägungen der am Bau des Zuges beteiligten Arbeiter zu einer Seele, der Seele des Zuges.“ Tiefes schweigen war die Antwort auf diese Vermutung.

Als der Zähler für den Countdown die Null erreicht hatte fuhr der Zug sanft los, sanft jedoch kraftvoller als bei der vorherigen Etappe der Reise. Sören konnte seine Begeisterung nicht verbergen und meinte anerkennend: „Fühlt sich an wie in einem Sportwagen, nur bequemer.“ Wieder fuhren sie durch den Tunnel mit den dunkelblauen Wänden und den Lichtquellen in regelmäßigen Abständen. Doch diesmal schien es als würden sie dichter hintereinander folgen, das lag wohl an der Wahnsinns-Geschwindigkeit mit der sie fuhren. „Das ist ja wie im Freizeitpark!“ Jubelte Nadine und Sören fügte hinzu: „Nur dass Du hier keine Kotztüten brauchst, weil es keine Loopings gibt.“ Schließlich fuhren sie so schnell, dass in jeder Sekunde vier Lichter am Fenster vorbei flitzten, dann setzte wieder der Bremsvorgang ein. Aus dem Lautsprecher ertönte Walters Stimme: „Nächster Halt: Zürich – Metro-Station“ Tobias rief freudig: „Ja Freunde, jetzt bekommt Ihr was zu staunen!“

Abermals erreichte der Zug einen Bahnhof, diesmal einen mit Silbernen Kacheln. In regelmäßigen Abständen waren große rote Tafeln auf denen ein weißes Kreuz zu sehen war. Im waagerechten Balken des Kreuzes stand in roten Buchstaben „SwissMetro“ wobei das M genau in der Mitte des Kreuzes war. Zwischen dem Zug und dem Bahnsteig war eine Glasfront mit Türen, der Zug hielt genau so an, dass seine Türen und die in der Glasfront auf gleicher Höhe waren. Dann öffneten sich beide Türen. Walter war inzwischen auch auf dem Bahnsteig und meinte:
„Hier gibt es drei Bahnsteige, der unterste ist unserer. Der mittlere ist der für die internationalen Routen und der obere für die nationalen Routen. Schaut Euch nur um. Wenn Ihr bereit seid, können wir wieder Abreisen.“ Sören schaute Tobias verwundert an und meinte: „Eine U-Bahn für nationale und internationale Verbindungen? Das ist schon ziemlich genial, wenn die Tunnel auch noch schnurgerade sind, dann ist es wohl nicht mehr zu übertreffen“ Nadine räusperte sich: „Wetten dass?“ Fragte sie Sören herausfordernd. Sören stutzte, überlegte einen Moment und sagte dann: „Ich komm nicht drauf, was könnte besser sein als zwei Punkte mit schnurgeraden Tunnelröhren zu verbinden?“ Tobias war begeistert, wusste Nadine etwas über die SwissMetro? Nadine verschränkte die Arme vor dem Körper und sagte zu Sören: „Schnurgerade Röhren sind gewiss schon der Hammer aber schnurgerade Vakuumröhren sind noch besser. Dort gibt es keinen Luftwiderstand.“ Sören lächelte anerkennend und meinte: „Deshalb die Türen zwischen Zug und Bahnsteig, das ganze funktioniert so ähnlich wie eine Rohrpost. Nur dass hier der Zug nicht von einem Überdruck hinter ihm angetrieben wird sondern elektrisch.“ Tobias nickte und ergänzte: „Ja, das ganze System ist eine Mischung aus Vakuumröhren und Magnetschwebebahn.“ Sören war beeindruckt, nicht nur von dem Verkehrssystem, was er gerade kennengelernt hatte, sondern auch von Nadines technischem Wissen. Er hätte nicht gedacht, dass seine Freundin sich für Technik interessieren, ja diese sogar verstehen würde.

„Wollen wir nur über die SwissMetro diskutieren oder wollen wir uns hier auch umsehen?“ Meinte Tobias. Also gingen sie zu den Rolltreppen. Sören stellte fest, dass die SwissMetro ja eine erhebliche Konkurrenz zu Inlandsflügen sein könnte und war nur ein wenig verwundert zu erfahren, dass dies der eigentliche Zweck dieses Verkehrssystems sei. Auf dem Mittleren Bahnsteig, der Ebene für den Internationalen Verkehr betrachteten sie das Streckennetz, welches auf einem großen Plan zu sehen war. Die Strecken verbanden die Hauptstädte Europas und von jeder Hauptstadt gingen die Nationalen Strecken zu den Metropolen und anderen Zielen ab. „Was meint Ihr, in Welchem Jahr wird dies hier alles möglich sein?“ Fragte Sören. „Schwer zu sagen, das kommt auf die Entwicklung der Technik an. Meinte Nadine und Tobias ergänzte: „Und auf den Willen Reformen im Verkehrswesen auch anzustoßen und umzusetzen.“ Der nationale Bahnsteig war ebenso beeindruckend wie der internationale, auch dort hing ein Plan für das Liniennetz hier jedoch war das nationale Netz zwischen den Kantonen deutlich hervorgehoben.

„Wie klein doch die Welt ist. Je schneller die Verkehrsmittel werden, desto bedeutungsloser werden die Entfernungen zwischen den Orten.“ Meinte Sören. „Ob diese Feststellung irgendwann auch für das Sonnensystem oder gar die Galaxie zutrifft?“ Rätselte Tobias. „Die Wahrscheinlichkeit dafür ist größer als Null.“ Stellte Nadine fest. „Was?!“ Sören war eindeutig irritiert von Nadines These. Nadine erklärte ihm: „Jedes Ereignis für das die Wahrscheinlichkeit größer als Null ist, kann oder wird irgendwann eintreten.“ Sören konterte: „Das trifft doch auf alles Zu oder nicht? „Na dafür dass Dir Flügel wachsen und Du ohne Raumschiff zum Mond fliegst, würde ich die Wahrscheinlichkeit mit gleich Null beziffern, dies ist schlicht unmöglich.“ Erklärte Nadine ihm. „Also alles wofür es eine realistische Chance gibt kann oder wird irgendwann passieren?“ Fragte Sören. „Ich würde zumindest nicht dagegen wetten.“ Bekräftigte Nadine ihre vorherige Erklärung. Jetzt mischte sich Tobias in die Diskussion ein: „Kann es sein dass Du gerade eine Erweiterung von Murphys Gesetz zitiert hast Nadine?“ Nadine nickte. „Alles was schief gehen kann wird irgendwann auch schief gehen. Wenn man die Vorzeichen ändert wird daraus: Alles was gut gehen kann wird irgendwann auch gut gehen. Und da alles entweder positiv oder negativ ist, kann man dieses Gesetz auf jedes realistische Ereignis anwenden.“ Erklärte Nadine. Sören wurde nachdenklich und meinte: „Wenn ein Ereignis eine Wahrscheinlichkeit von größer als Null hat und viele Menschen denken daran oder reden darüber. Steigt dann die Wahrscheinlichkeit?“ Tobias sah ihn an und sagte: „Es ist möglich. Nehmen wir nur mal an es gibt in einem Land eine instabile politische Situation, dann kann es durchaus passieren, dass es zu einer Revolution kommt, wenn im Vorfeld genug Leute darüber reden. Das funktioniert zwar nicht bei jedem Ereignis aber es funktioniert.“

Sören schwirrte der Kopf, vorhin hatte er sich noch echt gut mit Nadine in Club amüsiert und jetzt waren sie mitten in einem Abenteuer dass aus den Wünschen und Träumen von Tobias stammte und diskutierten Wahrscheinlichkeitstheorien auf einem Bahnhof eines futuristischen Verkehrssystems. Die Wahrscheinlichkeit für diese Ereignisse mußte demzufolge größer als Null sein.

Tobias meinte schließlich: „Lasst uns zurück zu Walter gehen.“ Sie gingen also wieder zur untersten Bahnsteigebene wo Walter schon auf sie wartete. „Es wird Zeit!“ die drei schauten erst sich an, dann Walter. „Wofür?“ Fragte Nadine. „Es gibt noch ein drittes Reiseziel.“ Sie schauten Walter an. Was mochte dieses dritte Reiseziel sein? Sie hatten doch die Vergangenheit und die Zukunft gesehen und die Gegenwart kannten sie doch. Als sie in Richtung des Zuges sahen, hatte dieser erneut sein Aussehen geändert. Doch diesmal stand ein kleiner schwarz glänzender Dieseltriebwagen der Baureihe 650, ein sogenannter Regioshuttel. Vor ihnen und auch die Glasfront zwischen Bahnsteig und Zug war verschwunden.

„In die Vergangenheit?“ Fragte Tobias. „Nein, die habt Ihr ja schon gesehen und verändern wird sich die Vergangenheit nicht.“ Erklärte Walter. „Die Zukunft kann sich ändern, beeinflusst von den Entscheidungen in der Gegenwart.“ Vermutete Sören. Walter nickte. Sie stiegen in den nun viel kleineren Zug und waren sich unsicher, was sie wohl erwarten würde.

Die Drehzahl der beiden Dieselmotoren stieg an und langsam fuhr der Schienenbus los. Sie waren nun wieder im Tunnel mit den dunkelblauen Wänden und den Lichtquellen, die wie Begrenzungspfähle in regelmäßigen Abständen an der Wand angebracht waren zogen gemächlich vorbei. Sören und Nadine wunderten sich über die geringe Reisegeschwindigkeit nur Tobias schwieg, etwas schien ihn zu bedrückten. Plötzlich wurde es hell draußen, Tageslicht. Sie fuhren auf einer schlecht ausgebauten Strecke, neben der Strecke wucherte das Unkraut und auch zwischen den Schienen sah es nicht besser aus. Die Schienen waren nur noch zwei tiefe Rillen im hohen Gras. Aus dem Lautsprecher war wieder Walters Stimme zu hören: „Nächster Halt: Weitab von jeder Verkehrsanbindung.“ Sören und Nadine schauten sich an und wussten die Situation nicht zu deuten und Tobias schwieg noch immer.

Sören stieß Tobias sanft an und fragte ihn: „Hey Tobi, hast Du ´ne Ahnung, was das hier zu bedeuten hat?“ Tobias nickte stumm, dann sagte er: „Das hier erwartet uns, wenn sich in der Verkehrspolitik nicht grundlegend was ändert.“

Langsam bremste der Zug, ein heruntergekommener Bahnsteig mit verrosteter Dachkonstruktion in Mitten verwitterter Plattenbauten kam in Sicht. Der Zug hielt und die Türen öffneten sich. Die drei Freunde stiegen ratlos aus. „Wo sind wir?“ fragte Nadine. „Ich schau mal, ob ich ein Bahnhofsschild finde.“ Meinte Tobias. Sören und Nadine schauten sich an. Dieser Ort schien Tobias sehr zuzusetzen, Er trottete in Gedanken versunken auf der Suche nach einem Bahnhofsschild und murmelte nur: „Politiker, die haben doch keine Ahnung von der Eisenbahn?“
Dann bückte er sich und hob ein verrostetes Stück Metall auf, es war ein altes Bahnhofsschild. „Was gefunden Tobi?“ Rief ihm Nadine zu. Schweigend hob er das verrostete Schild hoch, die Farbe war zu einem großen Teil schon vom Rost zerfressen doch ein paar Fetzen der Schrift waren noch zu entziffern. Nadine versuchte es zu lesen: „Ma...hn – Ma.z.hn“ „Marzahn?!“ Rief Sören ungläubig. Tobias nickte und warf das Schild wieder dorthin wo er es gefunden hatte.

Nadine fragte verstört: „Marzahn, das Marzahn das zu Berlin gehört? Was ist hier passiert?!“ Tobias sah zu ihr rüber und sagte trocken: „Nichts, nichts mehr seit Jahren wie es aussieht.“ Sören fragte noch verstörter: „Hier fuhr doch die S-Bahn, wieso sieht es jetzt so aus?“ Tobias setzte sich auf die Reste eines alten Papierkorbs und meinte: „Städtische Verkehrsmittel sind ein Teil der Infrastruktur einer Stadt, sie gehören nicht in die Hände privater Investoren. Und die Eisenbahn gehört auch nicht in private Hände und erst recht nicht an die Börse! Los Leute, Last uns verschwinden!“

Sie waren sich einig, hier hatten sie alles sehenswerte gesehen, mehr als sie sehen wollten. Walter saß noch im Zug, er war hier nicht ausgestiegen. Diese Variation der Zukunft schien ihn genau so zu bedrücken wie Tobias. „Können wir?“ Fragte er, als die drei wieder in den Zug einstiegen. „Ja, nichts wie weg hier.“ Meinte Tobias. „Also gut, Zeit zurückzukehren, zurück nach hause“ Meinte Walter.
Bevor er in den Führerstand ging, drückte er jedem der Drei Freunde kleines Kästchen in die Hand. „Vergesst nie, was Ihr heute gesehen und erfahren habt.“ Sagte er zu ihnen bevor er in den Führerstand ging. Dann startete die beiden Dieselmotoren, schloss die Türen und fuhr los. Es ging wieder über die überwucherte Strecke und plötzlich waren sie wieder im dunkelblauen Tunnel. Die Fahrerei hatte sie alle drei müde gemacht und es dauerte nicht lange bis sie einschliefen.

Die Lautsprecherdurchsage: „Zug nach Hönow!“ weckte sie. Die drei Freunde rieben sich die Augen, sie saßen auf dem Bahnsteig der U5 auf einer Bank. Tobias schaute auf seine Uhr, sie zeigte null Uhr und fünfzehn Minuten. Er schaute zu Nadine und Sören rüber und meinte „Krasser Traum!“ Nadine meinte: „Ja ich hab auch merkwürdig geträumt.“ Und Sören, der als letzter zu sich kam meinte: „Wo ist der Zug?“ Nadine und Tobias erschraken. „Du hast auch von einem Zug geträumt?“ Meinte Nadine und Tobias sagte: „Ich auch, es war ein schwarzer Zug der seine Form veränderte und der Fahrer hieß Walter!“

Die drei sahen sich an. Sören meinte: „Okay, ich will jetzt nicht die Gesetze der Wahrscheinlichkeit anzweifeln, aber können drei Menschen wirklich das Selbe träumen?“ Dann merkte er, dass ihn was in der Hosentasche drückte, er griff hinein und holte ein kleines Kästchen hervor, Nadine und Tobias griffen jeweils in ihre Hosentasche und zogen auch ein Kästchen hervor.
Wieder schauten sich die Drei an, dann öffnete jeder sein Kästchen. Drinnen war eine kleine Taschenuhr, wie sie früher die Schaffner trugen, nur aus Messing und im Deckel war eingraviert: „Es war kein Traum! – Walter“ Auf der Unterseite der Taschenuhr war auch etwas eingraviert, dort stand: „Wir bleiben in Kontakt, auf 7.83 Hz.“ Sören, Nadine und Tobias schauten sich an und sprachen leise im Chor: „Wahnsinn!“
 

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