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Liebe, Sex und Partnersuche online

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© Michael Kuss   
   
Bei der Partnersuche im Internet gibt es neben Glückstreffern auch viele Nieten. Aber bei dem großen Angebot ist für alle etwas dabei. Sowohl für fatale Glücksritter wie auch für seriöse Liebeshungrige:
Was noch vor wenigen Jahren mehr oder weniger dezent per Chiffre als Bekanntschafts- oder Heiratsanzeige in der Zeitung geschaltet wurde, hat den begrenzten Rahmen zwischen Anonymität und Vermittlungsagentur längst abgelegt. Menschen auf Partnersuche treffen sich nur noch selten mit einer Rose in der Hand zum ersten Rendezvous im Café. In der Regel findet das Vorgeplänkel bereits vorher ausführlich online statt. Aber erstaunlich oft wird dabei gemogelt bis sich die Balken biegen:
Bei der Ausschmückung des persönlichen Profils nehmen es weder Männlein noch Weiblein mit der Wahrheit besonders genau. Da wird das Alter um ein paar Jährchen heruntergeschraubt, die Fotos sind auch nicht mehr die Neuesten, sondern besonders gut gelungene Schnappschüsse einer seriösen Weihnachtsfeier vor fünf und mehr Jahren. Doch unterdessen hat man ein paar Pfunde und Falten zugelegt oder das eigene Häuschen im Grünen entpuppt sich als schlichte Mietwohnung in einer Siedlung.
Aber kaum jemand scheint sich Gedanken darüber zu machen, wie man das potemkinsche Dorf beim ersten realen Zusammentreffen verteidigen und erklären soll. Es lebe das Prinzip Hoffnung!
Es gibt weder konkrete Statistiken noch wissenschaftliche Abhandlungen zum Thema Ehrlichkeit. Aber einige Erfahrungswerte deuten darauf hin, dass Frauen beim Liebeswerben per Internet zwar auch ein kleines bisschen mogeln, – meistens beim Alter, der originalen Haarfarbe und dem Gewicht – aber die größeren Lügner sind anscheinend die Männer. Die sind nämlich nicht nur treu, fürsorglich und anpassungswillig, sondern auch noch stattlich und mit den nötigen Finanz- und Sachwerten versehen. Dazu Greta, eine 52jährige heiratswillige Berlinerin, die in drei Jahren Internetsuche bereits über vierzig Kandidaten geprüft hat: "Der stattliche Banker mit Vollhaar entpuppt sich dann als kleiner Buchhalter mit Bauchansatz und Halbglatze und die angepriesene Sportlichkeit beschränkt sich auf die Sportschau im Fernsehen. Die Hälfte des angegebenen Profils muss man erst einmal wegstreichen, und bei der anderen Hälfte ist noch mal Skepsis und Überprüfung angesagt!“
Erstaunlich viele Suchende, darunter zahlreiche Frauen, sind beim Thema Partnerschaft auf dem Esoterik-Pfad gelandet. Die Liebe ist aus dem Alltag herausgehoben und zur Mystik geworden. Sex ist dabei völlig verpönt! Stattdessen werden beim Abschecken eines Partners erst Karten, Pendel, Amulette, indische Gurus und chinesische Horoskope befragt, bevor der Bewerber überhaupt in die engere Wahl genommen wird. Und wehe er passt nicht ins Klischee – dann bricht das ganze Kartenhaus zusammen und aus die Maus.
Klaus, 58 Jahre alt, aus dem Schwarzwald: "Es kommt mir vor, als wenn Frauen heute Angst vor Liebe, Sex und körperlicher Berührung hätten; stattdessen wird alles mystifiziert und mit Räucherstäbchen versehen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir als Jugendliche vor etwa 40 Jahren viel aufgeschlossener, viel direkter und weniger verklemmt waren!“
Nicht gerade verklemmt und sehr direkt kann man jene – meist jüngeren männlichen – Zeitgenossen nennen, die auf Internet-Portalen sich gezielt an ältere Frauen heranmachen. Dazu Sissi, eine attraktive und gepflegte 62jährige Münchnerin: "Meine Freundin und ich, wir können uns nicht retten vor den unverblümten Angeboten von achtzehn- bis achtundszwanzigjährigen jungen Schnöseln. Die surfen durchs Internet und baggern jede Frau über Fünfzig an. Scheinbar nach dem Motto: Wir älteren Frauen sollen froh sein, überhaupt noch was abzubekommen. Und für einen hippen Onenightstand sind die Alten gut genug!“
Dagegen ein Zwanzigjähriger, der zugibt, sich bei der Online-Suche auf ältere Frauen spezialisiert zu haben: "Für die Liebe gibt es nichts Besseres als eine ältere erfahrene Frau. Die jungen Dinger heutzutage haben doch Nichts zu bieten; das sind doch alles gepuderte Marionetten! Wer will schon eine Barby-Puppe im Bett?“
Auch über Erfolg und Misserfolg bei den zahlreichen Internetportalen existieren keine verlässlichen Statistiken. Während die Portalbetreiber ihre Seriosität und Wirkung anpreisen und von enormen Erfolgen bei vielen glücklichen Paaren sprechen, sieht das persönliche Gespräch mit Betroffenen etwas differenzierter aus: Man muss erst einmal viele Nieten aussortieren und etliche Frösche küssen, bevor man ein paar echte Perlen findet.
Trotzdem gibt es zahlreiche Glückliche, die ihr Pedant online gefunden haben; egal ob es sich um Homos, Lesben, Fetischisten, Groupies oder monogame Normalos handelt. Das Internet bietet sowohl für seriös Suchende wie auch für Glücksritter und Abstauber genügend Spielraum und sehr, sehr unterschiedliche Portale. Da gibt es eigentlich für jedes Töpfchen ein passendes Deckelchen. Man muss eben ein bisschen surfen – und sollte auf "Überraschungen"
vorbereitet sein.
Oder welche Erfahrungen habt ihr gemacht?
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(Foto: www.Herzerobern.de)
 

http://www.webstories.cc 20.04.2024 - 07:48:05