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A Cure for the New Nihilism

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©  Eure Erben   
   
Die Welt, in der wir leben, ist eine ohne absolute Werte. Das schafft die Notwendigkeit, sich selbst Werte zu schaffen, und die Schwierigkeit, die es bedeutet, darin Erfüllung zu finden. Dennoch ist es unabdingbar, denn Leben erfordert Handlung und Handlung ein Ziel; wer immer meint, ohne Werte leben zu können, ohne Bedeutung, ohne Erfüllung, der irrt. Zu leben, ohne zu streben, ist widersprüchlich in sich; wer es versucht, hat sich nicht nur gegen das Leben entschieden, sondern verleugnet diese Entscheidung zusätzlich vor sich, womit er einen Widerspruch aufwirft, der ihn zugrunde richten wird.
Wer keine Ziele hat, von denen er überzeugt ist, der kann keinen Erfolg kennen, der ihn selbst überzeugt, der zerstört sein Selbstwertgefühl und damit sein Leben. Alles, was ihm offen bleibt, ist ein Leben als second-hander, und er wird darin vielleicht andere täuschen können, und vielleicht sogar sich selbst, auf rationaler Ebene und solange er abgelenkt ist, aber er wird es dennoch wissen, er wird es fühlen und er wird es verstehen, wenn er unausweichlich darüber nachdenken muss.

Die Schwäche des Menschen, und hauptsächlich die des Menschen geringen Selbstwertgefühls, ist eine grundlegene Erwartungshaltung gegen die Welt. Liebe ohne Tugend, Tugend ohne Werte; Glück ohne Erfolg, Erfolg ohne Ziele, Ziele ohne Selbst; der Mensch neigt dazu, gerade gegen Werte den Anspruch zu erheben, sie müssten absolut sein, i.e. von einem höheren, einem absoluten Wesen vorgegeben, sei es Gott, sei es der Staat, sei es die eine oder andere Form der Gemeinschaft, allgemein gesprochen. Der enttäuschte Mensch nun, der klagt, keine Werte zu kennen, die etwas bedeuten, erklärt, es fehle ihm an Gemeinschaft, an Zugehörigkeit, an Verbundenheit, an einem Ort, wo er dazu gehören kann. Er will nicht recht haben, er will nicht selbst verantwortlich sein, er will, dass jemand anderes das für ihn übernimmt. Jemand anderes soll ihm Werte vorschreiben, die etwas bedeuten - bedeuten, für wen? Blank out.

Erwachsen werden bedeutet, reif genug zu sein, sich selbst eigenverantwortlich gegen die Welt zu behaupten, und sich damit vor sich selbst zu beweisen. Doch wer Eigenverantwortung, wer das Alleinsein, wer das Leben fürchtet, der ist nicht erwachsen. Traurigerweise lehrt heute niemand mehr, weder die eigenen Eltern, noch die Gesellschaft, noch der Staat, die Heranwachsenden, was Eigenverantwortung ist, schon seit Generationen nicht. Die Folge: Unfähigkeit, Werte zu definieren; Unfähigkeit, Bedeutung zu finden; geringes Selbstwertgefühl, Krankheit, Tod; Nihilismus, und daraus erwachsend Hedonismus, Tribalismus, Kollektivismus, das Gefühl, eines Rechtes enteignet zu sein, und weiter: Radikalisierung, Depression, eine Reihe weiterer psychologischer Bedrücken, die man lose in einen existenzialistischen Depressionsbegriff fassen könnte, Hass, Verzweiflung, Verbitterung, Selbstverlust, Frustration, die Unfähigkeit, zu lieben (und erst recht: geliebt zu werden) und ein allgemeines gesellschaftliches Konzept der Ablenkung vom eigenen Leid, etc, etc.

Die interessante Stufe hierbei ist der Nihilismus. Nietzsche beschreibt den Nihilismus als eine notwendige, aber an sich pathologische Stufe in der Entwicklung des Menschen. Er differenziert in passiven und aktiven Nihilismus:

Der passive Nihilist resigniert. Er erkennt die Wertlosigkeit der Welt und seiner selbst nach absoluten Maßstäben, und daran zerbricht er. Es findet kein weiteres Wachstum am Selbst statt, sondern nur an Abwehrmechanismen, Stagnation, Regression, und der Versuch, diese Leere mit weltlichem Vergnügen zu füllen - und sich vom Scheitern dieses Versuchs abzulenken.

Der aktive Nihilist ist stärker. Er erkennt, dass nicht nur die Welt und sein Leben, absolut gesprochen, wertfrei sind, sondern auch, dass das selbe auch auf weltliches Vergnügen appliziert, dass dieses sogar subjektiv wertlos ist. Befreit von dieser Last, wie Atlas, wenn er die Welt abgeworfen hat, kann er nun aufrecht stehen, aufrecht und stolz, kann frei atmen und sieht.

Das Fazit, das hieraus jetzt zu ziehen ist, ist ein Lebensentwurf, basierend auf einer Ethik der Verantwortung, Vor sich selbst und vor anderen. Der Mensch muss Erfolg haben, um sich das Gefühl zu verdienen, ein Anrecht auf Erfolg, auf Glück, auf Sinnesfreude und Genuss, auf Liebe usw. zu haben. Er muss Erfolg haben in einem Streben, dass ihm selbst etwas bedeutet. Er muss sich eine Last suchen, die so groß ist, dass er sich sicher sein kann, dass er sich gut und integer fühlen wird, wenn er sie bezwungen hat, und anfangen, sie zu schultern - und er wird merken, dass allein schon das regelmäßige Arbeiten an dieser Last, der regelmäßige Kampf mit sich selbst und der Welt, ihn besser fühlen macht, auf der Ebene, auf die es ankommt.

Bedeutung ist Verantwortung. Wir brauchen Bedeutung - oder wir verzweifeln, und zwar existenziell. Wir brauchen Bedeutung und wir brauchen Verantwortung, und zwar Verantwortung vor uns selbst.

Ein Kritikpunkt, der mir an dieser Stelle oft begegnet, ist "Aber es ist doch nicht meine Schuld, dass..."
Das ist falsch. Solange es irgendetwas gibt, dass du hättest anders machen können, dass etwas hätte ändern können, dass etwas hätte verbessern können, bist du verantwortlich. Natürlich formen die Umstände unser Leben - aber nicht allein. In jedem Moment deines Lebens hast du die Wahl, nach Verantwortung zu greifen und etwas zu verbessern - oder es bleiben zu lassen. Du kannst der Herr deines Schicksals werden - oder dich wahllos von der Welt irgendwo hin treiben lassen.
"Aber es ist so schwer, sich zu ändern, die Welt zu ändern..."
Natürlich ist es schwer. Das ist der Grund, warum es sich lohnt, es zu tun.
 

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