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Des Teufels Papagei

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© Thomas Schwarz   
   
Des Teufels Papagei

Es war einmal ein einsamer alter Mann, der hieß Jonathan. Dem war sein Weib gestorben und die Kinder lang ausgezogen, ihr eigenes Leben irgendwo in der weiten Welt zu leben. Einmal ging er zum Markt um einzukaufen und hoffte, jemanden zu einem Schwatz zu treffen. Nahe beim Stadtbrunnen stand ein Kerl mit einer schwarzen Augenbinde und vor ihm ein großer Vogelkäfig, darin saß ein Papagei der in allen Farben schimmerte und so schön war , daß es allen die vorbei gingen den Atem verschlug. Zwei wachsame, neugierige Äuglein guckten die Bewunderer keck an. Auch Jonathan stand vor dem Käfig, freute sich über den Anblick und hatte doch tiefes Mitleid mit dem Vogel, der so allein in seinem Gefängnis saß und von allen angestarrt wurde. „Tritt näher“!, forderte ihn der Kerl lächelnd auf. Er gehörte zu einer umherziehenden Theatertruppe, die bald hierhin, bald dorthin zog und ihre Stücke in Städten und Dörfern zum besten gab. Er musterte den Alten mit prüfendem Blick . „Du siehst aus wie ein guter Mensch der nach dem Paradiese strebt.“ „Was willst du von mir?“, fragte Jonathan überrascht und fühlte sich ertappt. „Mein Freund hier sah dich; wir erkennen die Menschen“, redete der Schausteller freundlich und nickte mit dem Kopf in Richtung des Papagei. „Da drin sitzt in Wahrheit ein Heiliger, den der Satan in einen Papagei verwandelte weil er die Menschen den Weg ins Himmelreich lehrte. . Er soll dir gehören.“ „Wie viel willst du für ihn?“, fragte der Alte. „Was hast du bei dir?“ „Vier Taler, aber ich muss noch Gemüse und Fleisch kaufen.“ „Er ist Dein für vier Taler, mit Käfig.“ Schweren Herzens lehnte der Alte ab und ging weiter. „Wie traurig“, hörte er ihn hinter sich seufzen, „dann muss ich ihn heute noch im Brunnen ersaufen.“ Bestürzt drehte er sich um. „Was sprichst du da?“ “ Der Schausteller hob hilflos die Arme, „mein Freund befahl mir mich dir zu geben und keinem anderen und so du wolltest ihn nicht, soll ich ihn töten. Der alte Jonathan kämpfte im Herzen mit sich. Das Schicksal des Tieres tat ihm weh und so wechselten die vier Taler den Besitzer. Fleisch und Gemüse würde es in den nächsten Tagen nicht geben , doch das Leben eines Heiligen zu retten war´s allemal wert, noch dazu würde dieser hohe Gast nun Glanz, Weisheit und nicht zuletzt Farbe und Abwechslung in seine Hütte bringen. So dachte er während er mit dem Käfig und dem Papagei nach Hause zurückkehrte.
Dort angekommen, stellte er den Käfig auf den Tisch, setzte sich und schaute ihn lange an. „Es mag am schlechten Licht im Zimmer liegen“, dachte er. Das Gefieder schien ganz stumpf und glanzlos im Gegensatz zur Pracht, die er draußen im Glanz der Sonne gehabt hatte. „Wie schön, Gesellschaft zu haben“, sprach er den Vogel an, der ihn mit schief angelegtem Kopf musterte. Du sollst Jakob heißen. Kannst du deinen Namen sagen?“ Doch kein Laut drang aus dem Käfig. Er blickte das Tier an und es schien, als ob dieses jedes Wort mithörte. „Ich will ihm die Käfigtüre öffnen“, entschloss er sich und sogleich kam der Jakob heraus geklettert, plusterte und schüttelte sich wohlig. Jonathan kramte in den Schränken und fand einige Walnüsse und Haselnüsse versteckt. Er legte sie vorsichtig auf den Käfig um ihn nicht zu erschrecken.
Rums! Anstatt der Nüsse, schnappte der kräftige Schnabel nach dem linken Daumen, hieb ihn ab und tat ihn unter seine Krallen, während von der Hand des Alten das Blut tropfte und er ohnmächtig wurde. Als er wieder zu sich kam, war das Blut getrocknet und der Daumen lag am Boden. Der Schreck und Schock hatte seinen Verstand getrübt und ihm den Schmerz genommen. Schließlich machte der Papagei den blutverschmierten Schnabel auf und begann zu krächzen:

„Ei, was bin ich nett, verzeih mir, wenn ich war zu keck,
Bitte nimm´ s zu Herzen und ertrage doch die Schmerzen
Damit du würdig wirst zu empfangen
Den Schlüssel um schließlich ins Himmelreiche zu gelangen
Auf schmerzvollem Pfad der Liebe …
Welcher ist´s egal was man getan
Sie ist uns niemals gram
Unendlich im Vergeben
Lässt sie uns leben und
Nur für andere sorgen
Vom einen bis zum andern Morgen
Stets helfen und beschützen nur
Niemals fragen
Wird’ s mir auch was nützen
Oh du undankbarer Gnom
Du erhälst gewisslich deinen Lohn
Die Ehrlichkeit schafft unendliches Vertrauen
Jawohl, darauf lässt´s sich gewisslich bauen
Wobei
Der Weisheit letzter Schluss
Erschließt sich manchem erst
Durch schmerzlichen Verlust


Atemlos hörte der Jonathan diese ersten Worte und nahm sich was er da gehört hatte, sehr zu Herzen. Wahrhaftig sprach da eine Heiligkeit aus dem Tier, dessen unschuldige Augen ihn rührten, so daß er nicht einen Moment an Vergeltung dachte. „Ich kann mit neun Fingern leben“, dachte er bei sich und lachte, denn so heißt es ja im Volksmund „Lachen ist die beste Medizin“.
Am nächsten Morgen ging er in seinen Garten mit dem Jakob auf den Schultern und setzte ihn auf den unteren Ast eines Apfelbaumes. Von dort schaute der dem Alten zu, wie er Kartoffeln und Rüben aus der Erde zog. Jonathan freute sich auf den Abend da er eine leckere Suppe aus dem Gemüse zubereiten wollte. Er holte aus dem Schuppen eine Kiste um die Sachen hineinzulegen. Der Papagei unterdessen war von seinem Ast heruntergekommen, hüpfte durch´ s Gras und saß bei den Rüben als der Alte zurückkehrte. „Du willst mir bestimmt helfen“, redete er freundlich zu dem Papagei der den Kopf schief gelegt hatte. Er griff nach den Rüben um sie in die Kiste zu legen –Schnapp – da war der rechte Daumen ab – wieder erlöste eine Ohnmacht den Leidenden und nahm den Schmerz fort. Als er zu sich kam, saß der Papagei auf seinem Schoß, blickte ihn tröstend an und krächzte freundlich:

Die Liebe hat Acht,
Sie bewacht
Und wenn sie ´s auch manchmal übertreibt
So erkennst du mit der Zeit
Wie gut sie´s wirklich meint
Keineswegs ist sie dein Feind
Und wenn du ´s ihr vergibst
Und nicht so viel darüber klagst und sprichst
Erkennst du bald dass im Vergeben
Der Schlüssel liegt zum ew´gen Segen

Wieder wähnte er die Heiligkeit aus dem schönen Vogel sprechen und lehren gehört zu haben während sein Blut an der rechten Hand langsam trocknete. „Ich kann auch mit acht Fingern leben“, dachte er bei sich und schalt sich noch selbst, daß er über den Verlust des zweiten Daumens traurig war.
Es war etwas schwierig die Suppe am Abend zu löffeln, doch der Alte hatte sich bereits damit abgefunden.
Die Tage vergingen und beide hatten Freude aneinander. Der Jakob unterhielt den alten Jonathan mit lustigen Kapriolen. Besonders gern kletterte er an einem Seil hoch bis unter die Decke um sich darauf genüsslich und kopfüber herunter rutschen zu lassen. Morgens öffnete er mit lautem Geklapper die Türen des Geschirrschrankes, zog eine Kaffeetasse mit dem Schnabel am Henkel heraus und flog mit ihr zum Tisch wo er sie behutsam ablegte. Sein Besitzer war gerührt darüber und erinnerte sich an seine Frau die ihm Morgen für Morgen die Kaffeetasse brachte.
Es geschah, dass die Wasservorräte zur Neige gingen und Jonathan sammelte Tonkrüge um sie am Brunnen aufzufüllen. Er stellte sie auf seinen Handleiterwagen, der Papagei setzte sich auf den Rand und gemeinsam ging´s zum nächsten Brunnen. Niemand war dort und der Alte konnte sogleich mit dem Schöpfen beginnen. Wie er nun den Eimer am Seil in die Tiefe senken und das Wasser hochholen wollte, flog der Papagei plötzlich auf und hing sich ans Seil um seine Späße zu treiben und daran herunter zu rutschen doch die Hände des Alten hielten sich daran fest. SCHNAPP, da war der linke Zeigefinger ab und hing im blutverschmierten Schnabel des Jakob. Vor Schreck fiel der Jonathan in Ohnmacht und lag vor dem Brunnen wo man ihn fand, verarztete und nach Hause brachte. Der Jakob saß derweil brav und stumm auf dem Handleiterwagen.

Als er erwachte, war die linke Hand dick verbunden, das Federvieh saß am Fußende des Bettes und blickte treuherzig auf den Verwundeten. Bevor der etwas sagen konnte, säuselte es aus dem heiligen Jakob:

Ein Brunnen
Die nie versiegenden Wasser der Liebe
Spülen fort ohne Unterlass
Die bitteren Wurzeln und bösen Triebe
aus denen wachsen Zorn und Hass
Wer isst vom Kräutlein der Rachsucht
Führt Kriege
Denk daran du armes Sünderlein
Wasch eiligst deine schmutz´ge Seele rein
Damit du gehst gereinigt in den Himmel ein.

Der Schock und der Schmerz hatten sein Denken betäubt und dennoch versuchte er, beeindruckt über die Weisheit des edlen Tieres den tieferen Sinn des Gesagten zu verstehen.
„Ich kann auch mit sieben Fingern leben.“ So sprach er zu sich und schalt sich überdies einen Narren, da Gedanken des Zornes in ihm aufgestiegen waren.

Es wurde Winter, die Tage kürzer, die Nächte länger. Der alte Jonathan und der verwunschene Jakob saßen in der Wohnung und vertrieben sich die Zeit. Das Vieh putzte ausgiebig sein Federkleid während sein Besitzer das innere der Hütte putzte
Eines Abends saß der Alte im Sessel. Das Feuer im Kamin brannte, knisterte und verbreitete eine wohlige Wärme die ihn zum Einschlafen brachte. Der Papagei saß auf auf seinem Käfig und ihm war als sähe er Funken vom Kamin auf den Jonathan überspringen. Eilig kam er herüber geflogen, setzte sich auf die Stuhllehne und zupfte heftig am Hemd des Alten, der aber schnarchte nur. So wollte der Vogel ihn wecken und haute mit seinem Schnabel in die herabhängende Hand ….SCHNAPP, da war rechten Zeigefinger ab.
Der Alte glaubte aus einem bösen Traum zu erwachen in dem ihm ein Schwert in die Hand fuhr und als er das Blut an seiner Hand hinablaufen sah und erkannte, daß sein zweiter Zeigefinger im Schnabel des Papagei hing, wurde ihm schwindlig und er fiel in eine gnädige Ohnmacht aus der er Stunden später durch das muntere unverdrossene Gekrächze des Vogels erwachte. Der tanzte auf seinem Käfig herum und gab diese Worte zum Besten:

Ich wollte ihn doch nur wecken
Keines Falles ihn erschrecken
Ich wollte die Funken hindern
Zu Flammen zu werden
Die meinen Herrn verzehrten
Will er mir denn gar nicht dankbar sein
Und mich verklagen wegen seines Fingerleins
Danke vielmehr dem der mich gesandt zu dir
Denn nur durch mich
Bist du noch hier

„Sechs Finger sind immer noch besser als tot sein“, pflichtete ihm Jonathan bei und schalt sich wiederum einen Sünder, da Gedanken des Zorns ihn befallen hatten und bald war er wieder voller Dankbarkeit über seinen klugen Mitbewohner, der ihn ohne Unterlass den Weg ins Himmelreich lehrte.

Einmal saß Jonathan am Tisch und verzehrte sein Mittagessen. Der Jakob hockte gegenüber auf der Lehne des anderen Stuhles und brachte seinen Herrn mit seinen Späßen wieder zum schmunzeln.
„Oh du unschuldige Kreatur“, sprach er zu ihm, „was hat dir der Satan nur getan und dennoch bringst du unsereins zum Lachen.
Der Papagei hüpfte über den Tisch, setzte sich vor den Tellerrand, legte das hübsche Köpfchen schief und schaute den Alten liebevoll an. „Wie wurde ich doch beschenkt mit so einem schönen Wesen“, dachte er bei sich und kraulte den Kopf, was der Vogel sichtlich genoss. So saßen sie beide eine Zeitlang da und vergaßen völlig die Zeit und erst als es draußen und in der Stube dunkel wurde, wollte Jonathan aufstehen um eine Kerze anzuzünden. SCHNAPP, da war der rechte kleine Finger ab und hing im blutverschmierten Schnabel des Papagei. Vom Schmerz und Schreck überwältigt, ging Jonathan wieder in einer gnädigen Ohnmacht zu Boden. Als er zu sich fand schickte die Sonne gerade die ersten Strahlen durch ´s Fenster. Er hörte leises Tapsen um ihn herum und eine quietschende Stimme ertönte nahe seinem Ohr:

Nimm dankbar an den Schmerz
Dass er erweitere dein Herz
Lass dadurch fließen Buße und viel Reue
So wird Platz geschaffen für das Neue
Gib reichlich dem von dem du´s hörst
Es ist der Heilige der es dich lehrt

Im Dorf schalt man den Jonathan einen hoffnungslosen Narren und riet ihm dem Vieh den Garaus zu machen. Doch dazu liebte er das schöne Tier viel zu sehr und schalt sich überdies einen hartherzigen Menschen weil er, wenn auch nur kurz, finstere Gedanken über seinen gefiederten heiligen Freund hegte. „Es wird auch mit fünf Fingern gehen“, tröstete er sich.

Mit drei Fingern an der linken und zwei Fingern an der rechten Hand wurde das Schreiben für den Jonathan mühevoll und er ging zu diesem und jenem Nachbarn wenn er ein Schriftstück aufsetzen musste. Die lachten ihn jedoch aus und verlangten pro Wort einen Taler und wenn es lange Worte waren, auch mal zwei. So lernte er mit viel Mühe einen Bleistift mit den zwei verbliebenen Fingern der rechten Hand zu halten und damit Worte auf Papier zu kritzeln.

Einmal geschah es; er war gerade dabei einen ausführlichen Brief an seine Schwester zu schreiben die mehrere Wochenreisen von ihm entfernt wohnte, da fiel ihm der Bleistift aus der Hand zu Boden. Wie er sich bückte um nach dem Stift zu greifen, war plötzlich der Schnabel des Papagei über der Hand und SCHNAPP, da war der rechte Mittelfinger ab. Das Tier hatte es sich zu Füßen Jonathans gemütlich gemacht und wollte daselbst nach dem Stift greifen. Wer von den beiden nun erschrockener war, lässt sich nicht genau sagen, jedenfalls umgab den Verletzten erneut die Ohnmacht und ließ ihn Stunden später wieder erwachen, diesmal durch einen erneuten, heftigen Schmerz. Der Vogel wollte seinen Herrn wecken, fuhr nach dem verbliebenen Ringfinger der rechten Hand und SCHNAPP, da war nun eben dieser ab und die Ohnmacht kehrte rasch zurück um den Unglücklichen erneut aufzunehmen.
Als er erwachte und sah, dass nunmehr kein Finger an seiner rechten Hand übrig war begann er zu weinen. „Wie soll ich nur meinen Ehering und den meiner lieben verstorbenen Frau tragen“, klagte er und schaute zum ersten Mal hasserfüllt zu dem Papagei, der zu seinen Füßen saß und an beiden abgetrennten Fingern knabberte. Die blutverschmierten Ringe lagen vor ihm auf dem Boden.

Lern doch endlich Dankbarkeit
Damit ersparst du dir Frust und Leid
Du hast immer noch drei Finger dran
Komm, ich steck dir rasch die Ringe an
Vergib nur rasch dem gefiederten Genossen
Den Weg ins Himmelreich geh weiter
unverdrossen

Der Alte lernte mit drei Fingern zufrieden und glücklich zu sein und nur ab und zu kamen Gedanken des Zorns gegenüber seinem Mitbewohner in ihm hoch und dann schalt er sich einen unwürdigen Bewerber für´s Himmelreich.
So verbrachten sie die kalte Jahreszeit und als die Tage wieder länger und wärmer wurden, da wollte der Jonathan einen Ausflug im beginnenden Frühling machen. Der Jakob machte ein Gezeter, denn er wollte auch mit. Eigentlich wollte der Alte allein wandern und ihm war, als riete ihm eine innere Stimme davon ab den Vogel mitzunehmen doch als er das klägliche Geschrei hörte, ging´s ihm durch´s Herz und der Vogel durfte sich auf seine Schulter setzen. Sie wanderten durch schattige Täler, über grüne Hügel und machten an einem Felsabhang Rast. Von dort hatte man einen herrlichen Ausblick ins Land. Der Papagei bekam Nüsse die ihm Jonathan behutsam vor den Schnabel ins Gras legte. Ebenso behutsam nahm der Vogel die Nüsse mit dem scharfen Schnabel auf, knackte sie und ließ es sich schmecken. Während sie dasaßen und der Alte sein Bier trank, bekam er ebenfalls Hunger auf die Nüsse. Da er aber mit den drei Fingern keine Nüsse öffnen konnte, griff er nach den herumliegenden Nüssen, die der Papagei fallen ließ. SCHNAPP, da war der Ringfinger der linken Hand ab und hing im Schnabel des Jakob. Vom Schmerz überwältigt sprang er hoch, rutschte aber am Abhang aus und konnte sich mit den zwei verbliebenen Fingern gerade noch an einem kleinen Vorsprung halten und so hing er nun zwischen Himmel und Erde. Der Vogel hüpfte herzu, glotzte ihn blöde an und leierte dazu:

Oh du alter Bösewicht
Wolltest etwa bestehlen mich
Nach all dem Guten
Was ich dir gab
Mit schönen Worten
Und manch gutem Rat
Wie man ins Himmelreich gelangt
Und das ist nun der Dank
Doch ich will es dir vergeben
Und dir helfen zu verweilen in diesem Leben
Du weißt´s ja,
Im Vergeben
Liegt der größte Segen

Mit dem Schnabel packte er den Mittelfinger um seinen Herrn zu halten, doch SCHNAPP, war auch der neunte Finger ab und Jonathan hing mit dem letzten Finger am Abhang. Er fühlte die Kräfte schwinden, seine Zeit war gekommen. Er schaute in die Augen des Papagei und über seine Lippen kamen die Worte:



Mein lieber Freund hör mir jetzt zu
Ich kann nicht dichten so wie Du
Meine Weisheit letzter Schluss
Gab´s mir ein was du jetzt hören musst
All dein wohlfeiles Geschwätz
Ist doch in Wahrheit nur Gekrächz
Rezitiert mit eingebild´ter Heiligkeit
Garniert mit ordentlich viel Dreistigkeit
Die Hände die dich einst nährten
Hast du zerstört dieweil sie doch dich lehrten
Man hat mich betrogen
Ich wurde belogen
Und bestohlen
Du bist kein Heiliger im Kleide eines Papagei
Doch diese deine Narretei
Wird dich kosten dein Leben
Fürwahr so heißt´s ja eben
An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen
So will ich dir dein wahres Ich benennen
Ich weiß schon wer du bist
Du stellst dich dar als Engel des Lichts
Und weißt und kannst in Wirklichkeit nichts
Die leeren Phrasen tausend mal gedroschen
Das Feuer in ihnen lang erloschen
Nur die Angst vor ewiger Höllenpein
hält die Glut noch insgeheim
Und viele gehen Dir auf den Leim
Obgleich der eine Wahre warnte
Vor falschen Lehrern und Propheten
Die gerne laut herum trompeten
So werde ich nun gehen von dieser Welt
Und fallen in Gottes offene Hand
Und auch du wirst gehen
Doch fallen in eine andere Hand
Damit du nicht länger
Raubst und stiehlst
Und zerstörst
Was in Wahrheit uns gehört

Nach diesen Worten fiel Jonathan in die Tiefe und wir wissen nicht
wer ihn dort unten fand.
Jakob, ohne seinen Herrn, verhungerte und verdurstete elendiglich.

Ende
 

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