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Cladosporium sphaerospermum

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© Ron Holiday   
   
Liebe Webstories Leser und Schreiber,

wer gerne Pilze ist, sollte jetzt besser nicht weiterlesen, da es nachfolgend unappetitlich werden könnte. Anscheinend reicht es nicht aus, dass nach dem Tschernobyl Reaktorunfall unsere Speisepilze in Südbayern (Umland von München plus Teile der Alpen; Semmel-Stoppelpilze, Rotbraune Pilze …. etc.) mit Cäsium-137 angereichert sind, nun kommt auch noch ein Vampir-Pilz hinzu, der sich nach radioaktiver Strahlung geradezu gierig ausstreckt.


Der sagenhafte, muffig bis erdig riechende Schimmelpilz Cladosporium sphaerospermum (sphaero = Kugel; spermum = Keimzelle) wurde 1882 nC vom Mykologen Albertus Giulio Ottone Penzig (15.03.1856 nC bis 06.03.1929 nC) erstmals beschrieben.

Er gehört zur Gattung (*1) Cladosporium, welche eine dunkle Pigmentierung (dematiaceous) hat. Diese Pigmentierung bildet u. a. einen Schutz vor UV-Strahlung und auch anderen Umwelteinflüssen, welche dem Pilz gefährlich werden könnten.
Cladosporium sphaerospermum hat ein langsames Wachstum und führt seine Reproduktion/ Vermehrung mittels Bildung von Sporen (Konidien) durch.
Man kann ihn in vielen weltweiten Biotopen vorfinden.
Am liebsten gedeiht er jedoch in feuchtwarmen Klimagebieten (bei ca. 25°C), wobei es ihm anscheinend egal ist, ob er im Freien oder in geschlossenen Räumen lebt.
Kommen empfindliche Menschen diesem Allergene-Pilz zu nahe, kann dieser allergische Reaktionen triggern. Hierzu gehören Atemwegsprobleme, wie z. B. Asthma. Einige seiner taxonomischen Stämme produzieren gesundheitsschädliche Mykotoxine.
Man sollte sich also besser von diesem fern halten und definitiv gehört er auch nicht in ein Pilzragout!

Cladosporium sphaerospermum hat die Fähigkeit, auch in extremen Umgebungen zu überleben. Es gibt Forschungen, welche untersuchen, ob dieser deswegen auch zum Abbau von Giftstoffen in der Umwelt (Bioremediation) geeignet ist.
Bei einer Kontrolle in den Kraftwerksblöcken von Tschernobyl (1986 Explosion) entdeckte man 1991 nC diesen Pilz in Block 4 des AKW.
1997 nC untersuchte die Biologin Nelli Zhdanova diese radiotropen Pilze noch genauer, da sich diese in der Kraftwerksruine in Form von schwarzen Pilzfäden an Wänden und Decken breit machten. Der Pilz hatte es sich in einer äußerst stark radioaktiv kontaminierten Zone gemütlich gemacht. Man geht davon aus, dass dieser sich an die dortige hohe Radioaktivität flexibel angepasst hat. Im Gegensatz zu unseren Speisepilzen, welche zurzeit auch noch teilweise Tschernobyl geschädigt sind, scheint dieser die Radioaktivität aber nicht in erster Linie zu speichern, sondern er nutzt deren Energie zum Wachsen und Gedeihen (Radiosynthese). Sein Melanin (Pigment; gelblich bis schwarzer Farbstoff) transformiert anscheinend radioaktive ionisierende Strahlung in chemische Energie (vgl. Photosynthese). Man hat in den hoch verseuchten Bereichen des Tschernobyl-Reaktors festgestellt, dass dieser umso besser wächst, umso mehr seine Umgebung verseucht ist. Er (bzw. seine Pilzhyphen) soll sogar in Richtung der höchsten Strahlungs-Kontamination ausgerichtet wachsen (Radiotropismus), gerade so, wie ein Baum seine Wurzeln gierig nach Wasser ausstreckt.
Diese Eigenschaft könnte für Probleme bei atomaren Endlagerungs-Fragen und auch im Bereich der Raumfahrt (kosmische Strahlung) nützlich sein, wenn man in der Lage wäre den Pilz gesteuert und zielgerecht einzusetzen. Die NASA soll entsprechende Forschungen schon betreiben. Angeblich kann das Pilzwunder radioaktives heißes Grafit zersetzen. Im Bereich der Krebsforschung könnte man ein weiteres Einsatzgebiet finden. Es wird überlegt, ob man seine Biomasse nicht auch selbst als Brennstoff verwenden könnte.
Auf der ISS (Internationale Raumstation) züchtet man diesen, um ihn weiter auf Nützlichkeit hin erforschen zu können. Es gibt Überlegungen, ob man diesen bei einer Reise zum Mars nicht als biologischen Außen- oder Innenschutzschirm gegen die gefährliche kosmische Strahlung verwenden kann. Vielleicht eignet er sich sogar dazu, die in ein zukünftiges Mars-Raumschiff eingedrungene Radioaktivität wie ein Schwamm wieder aufzusaugen?


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A N N E X:
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(*1) Exkurs zum Begriff der „Gattung“:

Die Klassifikationshierarchie / Taxonomie der Biologie sieht bezüglich der Tiere und Pflanzen wie folgt aus:

01. Reich (Höchste Klassifizierungsebene)

01.1 Animalia (Tiere)
01.2 Plantae (Pflanzen)
01.3 Fungi (Pilze)
01.4 Protista
01.5 Monera



02. Stamm

Animalia (Tierreich) besteht aus 35 Stämmen (z. B. Porifera (Schwämme), Arthropoda (Gliederfüßer), Chordatiere ….. etc.).

02.1 Unterstamm (Wirbeltiere)



03. Klasse

03.1 Animalia (Tierreich) gliedert sich in 108 Klassen aus (z. B. Reptila, Mammalia, Säugetiere … etc).

Klasse Pflanzen/Pilze: Dothideomyceten (hierzu gehört auch der Pilz Cladosporium sphaerospermum)



04. Ordnung

Ordnung (mehrere verwandte Familien). Ca. 26 Ordnungen gibt es in der Säugetierklasse (z. B. Raubtiere, Primaten).

04.1 Unterordnung (z. B. Trockennasenaffen)

04.1.1 Teilordnung (z. B. Catarrhini: Altweltaffen)



05. Familie

Verschiedene Gattungen mit Gemeinsamkeiten (z. B. Carnivora, Canidae (Hundeartige), Felidae (Katzenartige), Ursidae (Bärenartige), Hominidea (Menschenaffen) …… etc.). In der Taxonomie wird manchmal auch eine zusätzliche Kategorie (oberhalb der Kategorie Familie (05) namens „Überfamilie“ erwähnt (z. B. Hominoidea, Menschenartige)

05.1 Unterfamilie (z. B. Homininae)

05.1.1 Tribus (Hominini); Kategorie zwischen Unterfamilie (05.1) und Gattung (06).

Familie Pflanzen/Pilze: Davidiellaceae (hierzu gehört auch der Pilz Cladosporium sphaerospermum)



06. Gattung (*1)

Gruppen ähnlicher Arten. Monotypisch (nur eine Art) oder polytypisch (mehr als nur eine Art). Z. B. Gattung Panthera/Großkatzen: Tiger, Löwen. Gattung: Homo (Mensch) …..).

Gattung Pflanzen/Pilze: Cladosporium (hierzu gehört auch der Pilz Cladosporium sphaerospermum)


07. Art

Unterste Ebene der Hierarchie, welche Organismen umfasst, welche sich bezüglich ihrer Gestalt, Form und Fortpflanzungsmerkmalen ähneln. Hierzu gehört der Homo sapiens, also wir alle. Es kann zusätzlich zu einer Art (07) Unterarten (auch Rassen, Subspezies genannt) geben.

07.1 Unterarten

Art Pflanzen/Pilze: Pilz Cladosporium sphaerospermum


08. Rasse

Der Begriff „Rasse“ ist eine problematische Bezeichnung für eine Populationsgruppe innerhalb einer Art (07) mit leicht unterschiedlichen Genbestand und unterschiedlichen phänotypischen Merkmalen (z. B. das Aussehen). Der Begriff wurde in der Vergangenheit und wird auch in der Gegenwart weltweit vielfältig unwissenschaftlich missbräuchlich verwendet. Innerhalb der gesamten Weltbevölkerung wird dieser Begriff von jedem anscheinend so verwendet, wie es demjenigen Verwender gerade in den Kram passt. Es besteht eine diesbezügliche totale Begriffsverwirrung, welche dazu führt, dass diskutierende Menschen oft ständig diesbezüglich aneinander vorbeireden. Es gibt durchaus Stimmen, die bezweifeln, dass der Begriff der Rasse innerhalb der o. g. Taxonomie überhaupt legitim ist und besser im Bereich des Homo sapiens durch den Begriff Subspezies ersetzt werden sollte, da keine eindeutige Unterteilung in Rassen möglich sei. Die Menschen auf der Erde lassen sich über ihr Genom (Summe des genetischen Materials) kaum unterscheiden und deswegen ist es fraglich, ob man z. B. den Begriff Homo sapiens weiter auf splittern sollte. Der weltweite Genomvergleich zwischen Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft ergibt eine Übereinstimmung von 99,9 Prozent. Die Grundintelligenz ist auf unserer Erde unter allen Menschen, egal wie diese aussehen oder woher diese kommen, gleich verteilt.
 

http://www.webstories.cc 06.12.2025 - 04:26:03