Der Kunstraub |
30 Stimmen |
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| © RenĂ© Oberholzer
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Wir schreiben das Jahr 2025, es ist ein gewöhnlicher Sonntagnachmittag im November. In der Kunstakademie Überlingen findet im Rahmen eines Festes der Künste eine Lesung eines ergrauten Schweizer Autors zum Thema "Kunst" statt. Alle Besucherinnen und Besucher haben sich um den Autor herumgeschart und hören seinen Worten zu. Nur ein Besucher hat sich in einem Hinterraum unsichtbar gemacht, verschwindet in dem Moment, in dem der Autor diesen Text liest, still ins Obergeschoss, um dort 3 Bilder in einem professionellen Coup zu stehlen. Obwohl der Dichter in Echtzeit auf den Diebstahl aufmerksam macht, schenken die Zuhörerinnen und Zuhörer seinen Worten keinen Glauben, hören weiterhin interessiert und einem Schmunzeln in den Mundwinkeln zu. Derweil hängt der Dieb 3 teure Bilder einer Dozentin ab, verpackt sie in grosse Plastiksäcke, öffnet ein Seitenfenster und lässt die Säcke an zwei Seilen vorsichtig die Aussenwand hinuntergleiten. Das Ende der Seile wirft er draussen auf den Boden. Dann schliesst er das Fenster, steigt auf leisen Sohlen die Treppe hinunter, mischt sich kurz unters zuhörende Publikum, bevor er sich nach hinten zum Ausgang bewegt. Das Publikum glaubt dem Autor nicht, schaut nicht nach hinten, sondern glaubt, dass das alles nur ein Bluff und eine Geschichte sei.
Nach der Lesung wird eine Dozentin in ihr Arbeitszimmer emporsteigen und feststellen, dass tatsächlich 3 wertvolle Bilder gestohlen worden sind. Sie wird sich an die Geschichte des Autors erinnern, wird die anderen Dozentinnen zusammenrufen, um zu beraten, was zu tun sei. Sie wird die Polizei kontaktieren, den Diebstahl melden und sich gleichzeitig fragen, warum der Dichter den Diebstahl vorausgesehen hatte. Steckt er allenfalls mit dem Dieb unter einer Decke? Die Polizei wird dem Dieb nicht auf die Spur kommen, da sie nach einem Mann suchen wird und nicht nach einer Frau, die den Diebstahl tatsächlich begangen haben wird. Nach seiner Lesung wird der Schweizer Autor aufstehen, sich beim Publikum bedanken für deren Aufmerksamkeit und kurz auf die Toilette gehen. Dort wird er sein Handy hervornehmen und ein whatsapp schreiben mit den Worten: "Ist alles glatt gelaufen?" Er wird warten, bis ein gelber Daumen auf seinem Display erscheinen wird, und sich dann wieder unter die Gäste des Festes der Künste mischen. Man wird ihm keine Komplizenschaft zum Diebstahl nachweisen können, da die Diebin, ohne Spuren zu hinterlassen, sich schon längst in Richtung Polen nach Swinemünde abgesetzt haben wird. Sie wird die Autokennzeichennummer Oase 234 567 tragen, das sage ich jetzt so, natürlich stimmt das nicht. Die Polizei soll auch noch etwas zu tun haben. Das ist die Geschichte, die sich an einem Novembertag in der Kunstakademie Überlingen zugetragen haben wird.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und Ihr begründetes Misstrauen, dass diese Geschichte nur eine Geschichte sein könnte. Ähm, wo ist die Toilette, bitte? |
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06.12.2025 - 02:34:30 |
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