... für Leser und Schreiber.  

Fortsetzungsgeschichte Geburt einer Vision

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© Thomas Woehlke   
   
David Jericho ließ den Blick über die Gebirgslandschaft zu seinen Füßen schweifen. Über ihm lag dunkelblau der Himmel, gesprenkelt mit kleinen Nadelpunkten, die aus der Ewigkeit herausragten. Zum greifen nahe, und doch unendlich fern. Als Kontrast dazu lag das staubige orangefarbene Wüstengebirge darunter. Weit in der Ferne sah er einen blau-grauen Meeresarm, wo vor dreißig Jahren noch ein küstennahes Tal gewesen war. Er stand auf der Zwischenebene einer Metallgitterleiter. Um ihn herum standen einige Beobachtungskuppeln, mit denen man den Sternenhimmel absuchte. Einige Kilometer weiter oben in den Bergen war ein gigantisches Radioteleskop, mit dem der Weltraum nach Radioquellen abgesucht wurde. Dieses Teleskop war nicht das einzige seiner Art. Sie standen auf der ganzen Welt, und ihre Daten wurden gesammelt, mit riesigen Computern so verrechnet, daß man sie mathematisch zu einen einzigen überriesigen Teleskop zusammenbaute. Eines dieser Computerzentren, war der Turm auf dem David gerade stand und eine Zigarettenpause machte. David war der Leiter seiner Forschungswarte. Sie nannten es Projekt S.E.T.I. Ihre Aufgabe war es, die Flut von Radio- und sonstigen Quellen nach Zeichen extraterristischer Intelligenz zu durchsuchen. David Jericho glaubte nicht so recht, daran daß sie je etwas finden würden, aber die Aufgabe fiel in seine speziellen Interessengebiete: Astronomie und Informatik. Außerdem hatte er hier einen der heiß begehrten Posten bei einer Bundesbehörde der Vereinigten Staaten, die sich alles, was irgendwie mit Luft- und vor allem Raumfahrt unter den Nagel gerissen hatte. Solch ein Job war in diesen Krisenzeiten Gold wert. Vor allem, wenn man Physiker war. Denn seinerzeit war ein Physiker in der Regel Diplom-Arbeitslos. Er sah nach unten zwischen die Kuppeln. Dort stand ein elektrooptisches Geodimeter. Man hatte den Bau weiterer Kabelschächte genemigt.

Und nun begann man mit den Vermessungsarbeiten. Diese Geodimeter waren elektrooptische Geräte auf Laserbasis. Und sie waren fürchterlich teuer. Allein der zughörige Spezialspiegel kostete soviel wie ein kleines Auto. Die Geräte waren zur Zeit die Genauesten, die es für die Landvermessung gab. Er schmunzelte. Mit der Landvermessung hatte die Geschichte der Geometrie begonnen, und damit die Geschichte der Mathematik überhaupt. Landvermessung heißt auf griechisch Geometrie. Er schmunzelte noch einmal, und sein Blick glitt noch einmal über den Geodimeter. Die Geometrie war in den letzten Jahren ziemlich auf den Kopf gestellt worden - durch die hartnäckigen Attacken der Chaostheoretiker. Aber auf die Eigenschaften dieses Lasers war für alle Zeiten Verlaß: Seine Lichtgeschwindigkeit war absolut konstant. Man nimmt an, Materie könne diese Grenze nicht überschreiten.

David Jericho stand oft hier oben. Er sah nach ganz weit hinten. Zwischen den Bergen am Horizont war ein Meeresausläufer. konnte sich erinnern, daß es einmal ein Tal gewesen war, als David noch ein Kind war. Es war beängstigend, wie weit die Klimakatasstophe um sich griff. Ganze Städte waren zu Inseln geworden oder gar versunken. In Europa machte sich eine Eiszeit breit, weil der Golfstrom aufgehört hatte zu strömen. Und das alles, weil das durch Menschen freigesetzte CO2 den zentralen Stoffwechsel-Kreislauf des Lebens auf diesem Planeten aus dem Gleichlauf bringt. Vom Ozonloch ganz zu schweigen. Und der Papst küßte immer noch Flughafen-Rollbahnen anstatt Frauen und predigte in dritte-Welt-Ländern: ,,Seid fruchtbar und mehret euch.'' Es gab bereits mehrere politisch motivierte Attentate auf ,,Gottes Stellvertreter'', der ganz klar auf Weltuntergang pokerte. Er als Oberhaupt des Gotttesvolk würde dabei wohl gut wegkommen. Eines war David völlig klar: Sie mußten hier weg, von diesem untergehenden Erdball, zumindestens einige von ihnen. Vielleicht ahnte der Papst, das das Leben von Grund an auf Expansion angelegt war. Doch obwohl das Universum grenzenlos war, war das Leben durch seine Expansion hier und jetzt an seine Grenzen gekommen. Und diese Grenzen schienen unüberwindbar, durch die Gleichungen eines gewissen Albert E. Die Nichtüberwindbarkeit der Lichtgeschwindigkeit hielt sie hier auf diesem Planeten gefangen. David Jericho sah noch einmal auf den elektroptischen Geodimeter zwischen den weißen Beobachtungskuppeln.

Plötzlich erschütterte das extrem laute Schrillen einer Sirene seine Gedanken. Jemand hatte einen CODE-ONE ausgelöst.CODE-ONE war die höchste Alarmstufe falls innerhalbdes Projekt S.E.T.I. etwas gefunden werden sollte, daß den Verdacht einer intelligenten Quelle erzeugt. Es konnte kein Probealarm sein - sonst hätte David ihn genehmigen müssen. Er rannte schneller als seine 100m-Lebensbestzeit die Treppe hoch. Diese Alarmstufe war etwas extrem ernstzunehmendes. Beispielsweise wäre im Fall einer möglichen Invasion sofort das weiße Haus und das Pentagon detailiert zu informieren, denn der Alarm lößte im Pentagon sofort DEFCON III aus. Auf jeden Fall mußte er jetzt kühlen Kopf bewaren, und als Leiter des Projekts verantwortlich handeln und vor allem alles unter Kontrolle behalten. Von den ganz wenigen CODE-ONEs, die er bisher erlebt hatte, gab es nur einen, der kein Probealarm war - Diesen!

Er öffnete die Tür zum Terminalraum. Hier herrschte rege Aufregung. Um das Hauptterminal stand eine kleine Menschentraube. David wühlte sich durch. ,,Lagebericht!'', befahl er. Der wissenschaftliche Offizier am Bildschirm meldete: ,,Die Quelle liegt in einem Sonnensystem mit gleichem galaktischen Radius, wie das unserige! Zwei- und vierzig Lichjahre von uns entfehrnt! Alle notwendigen physikalische Eigenschaften zur Entwicklung von Leben sind vorhanden! Wir erhalten seit einigen Minuten gewöhnliche elektromagnetische Wellen im Radiobereich mit Modulationen, die auf Erzeugung durch intellignente Lebensform schließen lassen!'' Er zeigte auf den Lautsprecher, aus dem immer wieder ein unverkennbares Signal kam, das allen Anwesenden eine Gänsehaut bescherte:
,,Dreimal kurz, dreimal lang, dreimal kurz - S.O.S.'' sagte einer der Umstehenden.
,,Fehlerquellen?'' fragte David.
,,So gut wie ausgeschlossen! Wir haben bereits das ganze Program zur Fehleranalyse mehrfach durchlaufen lassen - Es sieht so aus, daß wir einen echten CODE-ONE haben!''

David setzte sich auf einen Stuhl, lockerte die Kravatte, atmete tief durch und goß sich einen Kaffee ein. ,,Naja, darauf haben wir ja alle lange gewartet.'' sagte er. In Gedanken veloren, sprach jemand:
,,Hört sich irgendwie an, wie eine militärische Notrufboje von den Marines.''
,,Aber die Quelle liegt zwei- und vierzig Lichtjahre von uns entfernt.'', kam zur Antwort.
,,Das heißt, das Signal wäre vor zwei- und vierzig Jahren ausgelöst worden.'', retournierte der erste.

Davids Blick wurde glasig. Er begann nachdenken. Assoziationketten bahnten sich ihren Weg durch sein Denken. Er erinnerte sich an das Gefühl, wie seine gesamte Weltsicht in Frage gestellt wurde, als er erfuhr, daß seine Eltern nur seine Pflegeeltern waren. Er nahm damals das Erbe seiner Mutter entgegen, und erfuhr seltsame Dinge über seinen leiblichen Vater. Davids Vater und sein Studienkollege hatten anscheinend an einem gefährlichen Experiment für überlichtschnelle Raumfahrt teilgenommen und sind nie wiedergekommen - vor ziemlich genau zwei-und vierzig Jahren. Er dachte an den ganzen Krempel den sein Vater seiner Mutter und seine Mutter ihm jetzt hinterlassen hatte, Diese seltsamen Sachen, die jetzt bei ihm in der Abstellkammer eingeschlossen lagen. Er hatte den ganzen Kram für Akademikerspinnerei gehalten. Nie für bare Münze genommen. ,Aber - was ist nur, wenn es doch stimmt? WAS IST, WENN ES STIMMT???'
Er fragte sich nun, wöfür er nur das Stidendium von der NASA erhalten hatte, bei seiner höchstens durchschnittlichen Begabung. Schweigegeld? Entschädigung? Wenn ja - wofür? Das Mosaik in seinem Kopf wurde dichter. Sein Gesicht gefror. Er stand auf und starrte auf den Bildschirm. Dann flüsterte er laut:

,,Oh mein Gott - Sie haben es geschafft!!!''


Am Anfang schuf Gott Raum und Zeit. Und Er schuf sie in vier Dimensionen. Die drei Dimensionen des Raumes verband er untrennbar die eine Dimension der Zeit. Er sah Raum und Zeit, und das Kontinuum war öd und leer. Und der Windhauch seines Atems stürmte wie ein gewaltiger Sturm durch die Leere. Und Gott sprach: "Es werde Licht!" Und es ward Licht. Vom diesem Punkt der Zeitachse strömte mit milliardenfacher Lichtgeschwindigkeit in Richtung Zukunft und in alle Richtungen des Raumes gewaltige Mengen von Energie, die sich in Materie verwandelte wie Wasserdampf zu Eiskristallen. Mit der Enstehung von Materie krümmte sich die ganze Raumzeit in Richtung Verhangenheit und Zukunft. Die Raumkrümmung und die strömende Materie traten einander in Wechselwirkung und erzeugten ein Schwerkraftfeld von unglaublicher Schönheit. Gewaltige Föntänen von Gravitationswellen und Energieausbrüchen ertrahlten in unglaublichen und gewaltigen wasserfallartiger Lichtkaskaden sich rasend schnell verwandelnden fraktalen Strukturen, dessen Schönheit so gewaltig ist, das allein Gott in der Lage war diese Herrlichkeit zu ertragen, ohne wahnsinnig zu werden. Und aus den vielen Mustern in den Gravitationsfeldern erwuchs entlang der Zeitachse mitten im Materie-Raumkrümmung-Feedback eine gigantisch grosse, grellbunte und erstrahlende Form einer vierdimensionalen Mandelbrotmenge. Dann plötzlich mit einem gewaltigen Ruck wurde diese Grenze überwunden und die Matrie breitete sich explosionsartig in den weiten Raum aus, wie eine überriesige Feuerwerksrakete. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Und Gott nannte das Licht Tag und die dunkle Leere nannte Er Nacht.


Schweißgebadet wurde David Jericho mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen. Er hatte wieder diesen abgedrehten Traum gehabt, bei dem er der Entstehung des Universums beigewohnt hatte. Er hatte das gesamte Universum gesehen - von außen! Benommen sah er auf den Wecker: 3:59 Uhr. Ein weiser Spruch kam ihn in den Sinn: ,,In der Mitte der Nacht liegt der Beginn eines neuen Tages.'' Er hatte wirklich keine Lust mehr auf alle diese aufwühlenden Träume. Jetzt konnte er ein bißchen Wirklichkeit vertragen. Er nahm sich neue Unterwäsche aus dem Schrank, und ging unter die Dusche. Zuerst duschte er heiß, um seinen Körper intensiv zu spüren. Dann kalt. Er erlebte seine Haut und seine Muskeln besonders stark. Er lebte. Es erschien ihm unwirklich, aber er hatte die Gewißheit, daß sein Vater lebte, wenn auch irrsinnig weit weg. Weiter in Gedanken an seinen Vater trocknete er seine krebsrote Haut, nahm sich einen Kaffee und ging mit dem Schlüssel zurAbstellkammer.
Er öffnete die Tür, um zum ersten Mal die Hinterlassenschaft seiner Eltern durchzusehen. Zwischen allerlei Büchern, Videos und Tonträgern fand er ein primitives Laptop. Als er es aufklappte und einschaltete fand er ein Dokment, dass sich automatisch öffnete und David begann zu lesen:

,,Tom Jericho, Erster Eintrag. Heute.

... Seit frühester Kindheit war alles immer irgendwie ein großer Traum. Aber nur ein Traum eben. Es gab Zeiten in denen es lebensnotwendig war meine Träume tief in einem Berg aus Angst zu vergraben, um in meiner barbarischen Umwelt zu überleben. Es gab dann aber Zeiten in denen ich lernte: ,,Verträume nicht dein Leben - lebe deine Träume!'' Spätestens seit der surrealistischen Elektronikmusik von Pink Floyd und Tangerine Dream gewannen Träume größere Bedeutung für mich. Neben dem harten Überlebenskampft sind mir jenseits aller Vernunft Träume immer wichtiger geworden.

Träume.

Aber richtig angefangen, Ernst zu werden, hatte es kurz vor dem Abitur. Wir genossen eine Einführung in die Relativitätstheorie. Anhand der Gleichungsstruktur der Raum- und Zeitdillatation wollte unser Lehrer uns die Unmöglichkeit der Überlichtgeschwindigkeit verdeutlichen. Alles stand und fiel mit einer Wurzel, die bei Überlichtgeschwindigkeit negativ wurde. Ich meinte nur so aus Spaß, ob er es schon einmal mit komplexen Zahlen versucht hätte. Ich hätte nie geahnt, ihn damit dermaßen aus der Fassung zu bringen. Seine Atemnot und Gesichtsentgleisung waren sehr anregend. An diesem Tag wurde der Traum zur Besessenheit.

Heute haben wir das Problem mit den komplexen Zahlen gelöst, weil es in Wirklichkeit Quarternionen sind, also vierdimensionale komplexe Zahlen mit drei imaginären Achsen.

Merkwürdigerweise stießen wir bei der Konstruktion der Mandelbrotmenge auf eine Loch in der Zahlentheorie: Die sonst gewaltige Rechenzeit für die Millionen von Multiplekationen verringerte sich durch ein algebraisches Phänomen auf eine Rechnenzeit, die heutige Supercomputer mühelos bewältigen können. Tja, und dann noch die Sache mit der Wurzel ... dort kommt im Zusammenhang mit Quarternionen auf eine ganz andere Bedeutung der Gleichung. Was bleibt ist aber das Problem mit der Lichtgeschwindigkeit: Dort finden wir eine gewaltige Polstelle im Raumzeitkontinuum. Aber nach unseren Erkenntnissen ist sie eine gewaltige Symmetrieachse, die irgendwo senkrecht auf der Symmentrieachse steht, die sich zwischen unendlich vielen schwarzen Löchern und der einen Singularität erstreckt, aus der alle Materie im Unversum ihrem Ursprung hat.

Mit den Quarternionen müssen wir aber noch einmal vollständig bei Null anfangen. Also: Was ist ein Ort im Raumzeit-Kontinuum? Was ist Bewegung. Was ist Geschwindigkeit, Beschleunigung, und Weg? Was ist Masse und was ist Impuls. Was ist Kraft und Energie? Welche Systematik verbirgt sich hinter all den Relationen, wenn man unsere Algebraischen Strukturen zugrunde legt? Und vor allem: Welche Geometrie haben Raumzeitkrümmungen. Wir haben innerhalb des Ereignis-Horizontes der schwarzen Löcher und der grossen Anfangs-Krümmung nummerisch geforscht. Das bei einer rückgekoppelten Diffrentialgleichung mit Quarternionen fraktale Strukturen auftreten würden, hatten wir schon geahnt. Aber als dann auf dem Bildschirm plötzlich eine Mandelbrotmenge aufstrahlte hat uns dann zutiefst geschockt. Das also verbirgt sich hinter diesem größten mathematischen Rätsel seit der Entdeckung der reellen Zahlen im antiken Griechenland. Was aber viel spannender ist: Wir fanden eine Art Algorithmus mit dem man ein Massebehaftetes Objekt durch das Raum-Zeit Kontinuum um die Polstelle der Lichtgeschwindigkeit herum auf die andere Seite bringen konnte. Dort, wo es sich mit millionenfacher Lichtgeschwindigkeit bewegen kann. Bleibt nur noch das Problem mit der Navigation. Und: uns fehlt ein fähiger Ingenier, der daraus eine Maschine baut...

Davids Wecker klingelte siebenmal, bevor dieser den Oldiesender einschaltete. Es war Zeit sich auf den Weg zur Arbeit zu machen, denn heute würde es viel Ärger geben. Er hatte seinen Vorgesetzten bei der Regierung einen CODE-ONE zu vertreten. Der CODE-ONE hatte immerhin DEFCON III ausgelöst. Warscheinlich würden der Präsident und der Verteidigungsminister auf der Bildfläche erscheinen. Er schaltete den tragbaren Computer aus, und verstaute alles in der Abstellkammer, dessen Tür er sehr sorgfältig verschloß. Er war nun sehr neugierig geworden. Er hoffte, daß er in den nächsten Wochen und Monaten dazu kam, sich alles noch viel genauer anzusehen. Hoffentlich ...

Draußen flogen ein paar Schmetterlinge vorbei, als er den Schlüsssel im Schloß herum drehte, und im Radiowecker ein gewisser David Gilmour sang: ,,To martyr yourself to caution/ Is not going to help at all / because there´ll be no safety in numbers/ when the Right One walks out of the door... ''

Die erste Nacht dämmerte heran. Tom Jericho und Holger Bowman stöhnten, daß sie ausgerechnet in der Savanne des unbekannten Planeten notlanden mußten. Die Sonne war ein riesiger ovaler Ball aus rotglühender Lava. Es war ihre erste Nacht auf dem Planet, den sie ,,Eden'' genannt hatten. Sie würden sich einiges einfallen lassen müssen, um hier zu überleben. Die Notrufsonde in der Umlaufbahn würde in frühestens zweiundvierzig Jahren Hilfe herbeilhohlen. Und ob diese jemals kommen würde, bezweifelten sie beide. Schliesslich war alles anders gelaufen als geplant und vorausberechnet. Für die NASA müsste das Projekt als gescheitert gelten. Und was passiert, wenn die NASA und die Regierung 42 Jahre später merkten, dass sie einen Fehler gemacht haben, konnten sie sich denken. In Zeiten der Dogmatik wurde ein Kopernicus ermordet und ein Galilei zum schweigen gebracht.

Irgendwann war die Erschöpfung stärker als die Aufregung. und sie fielen in tiefen Schlaf. Tom Jericho träumte seine Version von Erschaffung des Universums. Sie erwachten mit der Morgendämmerung. Das Morgenlicht war atemberaubend. Atemberaubend war auch, das nach einigen Sekunden des Schlafs-aus-den-Augen-Reibens die Erkenntnis kam, daß man zwei-undvierzig Lichtjahre von der gestrigen Morgendämmerung entfernt war. Mit einer Gänsehaut betrachteten sie die rotgelbe Sonne, wie sie über Eden aufging. Holger fand es stilvoll, ,,Set the Controls for the Heart of the Sun'' von Pink Floyd aufzulegen. Mit einem Mal riß Tom ihn aus seinen Träumen. ,,Oh Mein Gott was ist denn DAS?'' rief er. Holger sah hin. Auf einer Stelle, die gestern noch leer war, waren fünf Steine angeordnet, die irgendwie wie ein primitiver Tisch aussahen. Auf dem Tisch lag ein Tierschädel und ein paar anderer Knochen. Das Ganze sah aus wie ein Altar. Mit einer Grabestimme, die Tom das Blut gefrieren ließ, flüsterte Holger:

,,Wir sind nicht allein!'' Dann Schweigen.

Im weiteren Tagesverlauf gammelten sie in ihrer ,,Untertasse'' herum und hörten ihre abgedrehte Musik. Sie gingen weder jagen noch Früchte sammeln, weil sie Angst hatten, das die hiesige Biochemie nicht mit ihrer kompatibel war. Am nächsten Morgen sahen sie zum erstenmal ein Exemplar der Spezies, die ein Funken Intelligenz in sich zu tragen schien. Er sah mehr aus wie ein Affe als wie ein Mensch und er lag auf dem primitiven Altar. Holger brach zuerst das Schweigen: ,,Oh toll! Ein Menschenopfer. Dann haben sie schon mal was mit uns gemeinsam.'' sprach er zynisch. Sein Zynismus half fast immer, um das Unfaßbare in den Griff zu kriegen. So auch jetzt. Sie gingen zum Altar und hatten das Gefühl beobachtet zu werden. Sie wurden plötzlich ganz schnell als sie merkten, daß der ,,Affen''mensch moch lebte, aber verwundet war. Tom rannte wie ein Irrer zum ,,UFO'' und holte den Verbandskasten. Beide begannen die Wunden zu behandeln, und wurden nervös als der Frühmensch aufschrie, Holger redete beruhigend auf ihn ein. Der Frühmensch war Opfer einer Raubkatzenattacke geworden. Wenn er überleben würde, würde er starke Narben zurückbehalten. Und Holger und Tom gaben ihr Bestes, damit er überlebte. Denn sie hatten nur einen Gedanken: Sie wußten jetzt wie sie überleben konnten.

Sie waren nicht allein!

Nachdem sie den Frühmensch, den sie ,,Adam'' getauft hatten, soweit hinbekommen hatten, daß er über das schlimmste hinweg war, sprang er auf, lief in die Büsche und war verschwunden.

Nach ein paar Tagen gingen sie Holz sammeln, um Feuer zu machen weil sie Strom sparen mußten. Zu Beginn der zweiten Nacht hörten sie in der Dunkelheit Geräusche die zweifellos von den Frühmenschen stammten. In der dritten Nacht kam plötzlich ein Frühmensch aus den Steinen hervor. Sie erkannten sofort an seinen Narben. Es war Adam. Er war zwischen Neugier und Angst hin und hergerissen. Adam hatte deutliche Angst vor dem Feuer. Holger und Tom winkten ihn herbei. Als er nicht kam zwinkerten sich Holger und Tom zu. Tom ging auf Adam zu und nahm seinen Arm. Holger nahm einen Holzscheit aus dem Feuer, der nun wie eine Fackel aussah. Er ging auf Adam zu. Dieser kreischte laut vor Angst. Aber zum einen hielt Tom ihn fest, und zum anderen war Adam neugierig und vertraute den ,,Göttern'', die ihm das Leben gerettet hatten. Tom öffnete Adams primitive aber durchaus gebrauchsfähige Hand. Holger legte die Fackel in Adams Hand. Zuerst kreischte Adam wie am Spieß vor Angst. Aber dann folgte Schweigen. Seine Augen betrachteten das Feuer und erstrahlten vor Faszinatition. Das Leuchten in seinen Augen wurde merklich stärker. Einige Minuten verstrichen. Dann reckte er den Arm mit dem Feuer in die Höhe, drehte sich zu den Steinen und brüllte theathralisch. Man konnte den gigantischen Triumph aus seinem Schreien genau heraushören. Dann plötzlich rannte er dorthin zurück, von wo er gekommen war. Holger Bowman sagte ironisch: ,,Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein großer Schritt für die Menschheit.''

Am übernächsten Morgen lag so etwas wie ein Leopard auf dem Altar. Er war tot. Neben den Jagdverletzungen durch primitive Waffen waren deutliche Brandspuren auf seinem Fell. Neben dem Altar brannte ein Feuer, daß weder Tom noch Holger entfacht hatten. Eine halbe Stunde standen sie wortlos vor dem Altar, als Holger plötzlich sagte:
,,Wir sollten Adam einen neuen Namen geben.''
,,Welchen denn?''
,,Prometheus!''
Wie soll es weitergehen? Diese Story kannst du selber weiterschreiben.
 

http://www.webstories.cc 19.04.2024 - 15:35:25