... für Leser und Schreiber.  

scherben...

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©  never.cold   
   
scherben.
um mich herum nichts als scherben.
grosse spitze, kleine stumpfe.
tausend mal vertreten liegen sie auf dem boden um mich herum.
und ich mitten drin.
ich nehme die für mich am schönsten erscheinende scherbe in die hand.
mit dem linken auge taste ich mich an der scharfen seite der scherbe entlang, dort wo sie ein mächtiger schlag von ihrem rest getrennt hat. mein rechtes auge halte ich dabei geschlossen.
es kann seine arbeit nicht verrichten. es ist ganz zugeschwollen. immer noch die scherbe in der zitternden hand, sitze ich auf dem gefliessten, kalten boden.
um mich herum scherben.
grosse kleine,spitze stumpfe. nein, so geht das nicht.
grosse stumpfe, spitze kleine.
vorsichtig berühre ich die messerscharfe klinge der scherbe. ich halte die luft an.
ein stechender schmerz lässt mein blut aus der wunde an meinem zeigefinger austreten.
blutstropfen tropfen auf den boden mit den fliesen und den scherben.
kleine und grosse.
ich überlege nicht lange. schnell und mit chirurgischer präzision lasse ich das tote glas über meine haut fahren. zarte haut, wie es der haut am handgelenk eigen ist.
ich empfinde angst. aber nur für einen kurzen augenblick.

ob ich die autoschlüssel im wagen gelassen habe?
nein, unmöglich.sie liegen neben mir.
neben mir und neben den blutverschmierten scherben.
ich höre meinen puls schlagen.
immer schneller und drängender. in meinen ohren.
jetzt höre ich ihn auch ausserhalb meines körpers. jemand klopft an die tür.
im einklang meines pochenden pulses, wird das klopfen immer schneller und eindringlicher. ich schaue immer noch auf die schlüssel.
ein jaguar.
ein sehr schöner sogar, silber, gross und vier-türig.
mein handgelenk kribbelt. die schlüssel fangen an sich zu bewegen. oder bin ich es, die sich dreht?
ich schaue nach oben an die küchendecke. etwas schwarzes, wirres versammelt sich dort.
es wird immer dunkler.
ameisen.
genau wie auf meinem schmerzenden gelenk.
hilfe.


Ich bin tot.
ich schaue nach oben in den verkarterten himmel.
das heisst ich glaube, dass ich nach oben schaue.
ich weiss nicht ob hier oben oben und unten unten ist. vielleicht ist auch oben unten und unten oben?
wo ich mich befinde?
ich weiss es nicht genau.
ich versuche die gedanken an mein zubruch gegangenes leben zu verdrängen.
dort drüben sind eintönige, graue felsen, da hinten unscheinbare schwarze sträucher.
es ist still.
totenstill.
 

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