Schwarz-Weiß Malerei beim Schreiben

Sheila McLane, 29.06.2004
  Aus gegebenen Anlass stellt sich mir nun folgende Frage:

Wie vermeidet Autor beim Erzählen von stattgefundenen Vorgängen den Vorwurf der 'Schwarz-Weiß'-Malerei?
Dem Bedienen von Klischees?
Was ist eine Schwarz-WEiß Malerei beim Schreiben?
Soll man schreckliche Dinge beschönigen?
Oder versuchen, für unverständliche/unfassbare/unentschuldbare Handlungen-Vorgänge Verständnis und Entschuldigungen zu finden? Zu konstruieren?
So ganz nach dem Motto: Der Arme, wenn er nicht das und das erlebt hätte, hätte er nicht so und so gehandelt. In Wirklichkeit ist ja der Täter das Opfer.
Also, wie geht ihr damit in euren Geschichte um?
Bin gespannt auf eure Antworten

liebe Grüße
Sheila
   
 
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Antworten einfaltenPascal & Lies Sheila McLane
06.07.2004 - 19:05:55
 Nun muss ich dazu auch noch meinen Senf dazu tun.

Natürlich soll der Held Ecken, Kanten, Schwächen etc. haben. Perfekte Helden a la Jerry Cotton oder James Bond finde ich persönlich ätzend.

Natürlich kann ein Mörder/Kinderschänder (um mal bei diesem Beispiel zu bleiben) ein Katzennarr sein und bei Winnetou III in Tränen ausbrechen.

Und natürlich werde ich beim Schreiben erwähnen, dass der Held absolut gerne mal einen über den Durst trinkt und in diesem Zustand alles anbaggert, was bei drei nicht auf den Bäumen ist. Aber eben nur 'erwähnen'. Ich möchte keine Entschuldigungen finden, warum jemand sich an Kindern vergreift oder seine Frau krankenhausreif prügelt und auch nicht, warum jemand nicht so viel Selbstkontrolle hat, um rechtzeitig mit dem Alkohol aufzuhören, wenn er die ersten Anzeichen seiner Grenzen spürt. Meiner Meinung nach sollte Jeder/Leser selbst seine Schlüsse ziehen, warum derjenige so und so gepolt ist und nicht anders. Ich bin kein Psychologe (möchte ich auch gar nicht sein). Ich bin ein fauler Mensch und daher für die einfachste und praktischste Lösung. Diese Lösung heißt für mich: Das und das ist die (fiktionale) Tatsache, daraus entwickelt sich diese Situation und das ist die (meine/Autors) Lösung.

Meine Frage zielte eigentlich auf eine andere Sache ab. Man/frau/ihr schreibt z. B. einen Roman der im Milieu oder in den Slums spielt oder der Prota ist Neger in Kapstadt oder Sklave in vorbürgerkriegslichen Zeiten in den USA. Nun ist doch der Prota diversen Anfeindungen/Vorurteilen der übrigen Bevölkerung ausgesetzt. Wobei die Ursachen dieser Anfeindungen/Vorurteilen wohl kaum realistisch begründ- und greifbar sind. Es ist eben zu diesen Zeiten/in diesem Umfeld so. Basta. Es ist nicht meine Aufgabe als Romanautor zu klären, warum in dieser Zeit Plantagenbesitzer in Sklaven nur stupide Arbeitstiere sahen, warum es sadistischen Offizieren Spaß machte, scharfe Hunde auf Indianer zu hetzen oder Priester taufunwillige Andersgläubige bestialisch verstümmelten. Meine Aufgabe als fiktionaler Romanautor ist (soweit meine Überlegungen inzwischen) einen spannenden, fesselnden und (soweit mein persönlicher Anspruch) einen möglichst gutrecherchierten Roman zu schreiben. Darin kann durchaus eine Wandlung des Prota/Anto in die entgegengesetzte Richtung stattfinden (die ich natürlich erklären und begründen MUSS). Aber ich bin nicht dafür zuständig, die allgemeinen Vorurteilen der Umgebung dieser Zeit zu erklären und zu begründen.

Wie gesagt, das ist jetzt nach einigen Diskussionen und Überlegungen mit Freunden und Kollegen mein persönliches Ergebnis.

Liebe Grüße
Sheila
antworten
Antworten einfalten@Sheila Lies
06.07.2004 - 22:36:16
 Und die Sicht ist richtig.

Ich habe eine Story geschrieben, die *Hass* heisst und Hass mit jeder Pore beschreibt.
Und dann kommt so ein Vollkretin des Weges und sagt allen Ernstes, der Mann sei doch ebensowenig nur böse gewesen, wie jeder andere Mitmensch auch, ich aber hätte ihn nur böse gezeichnet.
Da kriegt man als Autor das Gefühl, man müsste einen solchen blödsinnigen Kommentar stillschweigend übergehen, weil dieser Leser nicht nur alles vorgekaut haben will, sondern auch gar nicht begriffen hat, was er ,warum, gelesen hat.
Nicht nur das, es kommt tatsächlich die Forderung, das lese sich aber weitaus besser, wenn ich dem Antagonisten etwas mehr Menschlichkeit verleihe.
Auf die Idee, dass dann die Story nicht mal mehr ihren Namen verdiente, ist der Knallfrosch gar nicht gekommen.
Sein zartes Gemüt wollte softweiches lesen und der Einfall, dazu hätte er sich dann eine andere Geschichte aussuchen müssen, der kam ihm auch nicht.
Mein lieber Herr Gesangverein, man hats zuweilen schon mit kompletten
Schwachköpfen zu tun.

Gruß Lies
antworten
Antworten einfaltenlogisch Pascal Gut
07.07.2004 - 19:24:55
 @Sheila:Da habe ich gar nichts dagegen einzuwenden.
Als Autor muss man sich ja auf ein Spektrum einschränken, um das sich die Geschichte dreht und dem man dann gerecht wird.

@Lies: wir sind da möglicherweise verschiedener Meinung. Ich denke oft ist es sehr viel schwieriger und härter, wenn man Menschen die "schlechtes" tun bzw. taten auch von "positiven" Seiten beleuchtet. Dass kann meiner Meinung nach sehr viel irritierender sein. Es ist sehr einfach etwas zu lesen, wo gut böse, falsch- richtig, klar getrennt sind.
Da gab es den Film LIE, wo es um die Beziehung zwischen einem Pädophilen und einem Jungen ging. Das für mich damals irritierende wie auch Erschreckende war, wie die Figur des Pädophilen erst sehr unsympathisch plötzlich immer sympathischer gezeichnet wurde -eben gegen jedes Klische. Und das ist schwer verdaulich. Ebenso geht es dabei nicht darum, irgendjemanden zu entschuldigen oder zu schützen, vielmehr halt einfach hinter ein Klische -eine Fassade zu sehen. Selbst ein Kinderschänder hat möglw. eine Mutter für die er unglaublich selbstlos sorgt. Das entschuldigt nichts. Schreckliche Verbrechen bleiben schrecklich. Doch man kommt nie einer Wahrheit nahe, wenn man nicht alle Seiten beachtet.
Aber alles nur meine Meinung, hoffe hab nicht zu sehr geklugscheissert.

gruss pascal
antworten
Antworten einfaltenNein haste nicht Lies
07.07.2004 - 19:38:37
 geklugscheissert meine ich LOL

Ich denke, Du solltest, um zu verstehen was ich meine, mal eben für drei Minuten rüber in meine Autorensparte gehen und die Geschichte 'Hass' lesen.
Dann weisst Du vielleicht was ich meine.
Wären da die guten Seiten des Antagonisten auch nur erkennbar gewesen, wäre es zu dem Verhalten der beiden Protagonisten nie gekommen und zum Titel der Story auch nicht.

Gruß Lies
antworten
Antworten einfaltenhab sie gelesen. Pascal
07.07.2004 - 20:18:04
 Hab ich gerade gemacht Lies. Und ich find die Geschichte Super. Ich meine du hast dich entschieden, was und v.a. aus welcher Perspektive du erzählst. Und das ist auch überhaupt nicht schwarz-weiss. Im Gegenteil du urteilst in der Geschichte ja nicht. Zum anderen ist es ja auch eine Platzfrage. Eine Kurzgeschichte kann nicht soviele Blickwinkel wie zB. ein Roman beleuchten.

gruss pascal
antworten
Antworten einfalten@Pascal Lies
07.07.2004 - 22:23:40
 Das sehe ich auch so. Das ist eine Geschichte, die von einem absoluten menschlichen Monster erzählt. Wenn dann ein Leser säuselt, der habe doch sicher auch gute Seiten gehabt, die man erwähnen müsse, dann verzweifele ich an der Intelligenz solcher Leute.
Diese Geschichte wäre keine geworden, wenn der Text dahingehend ausgeweitet worden wäre.
Autoren mit etwas Erfahrung wissen das auch.

Gruß Lies
antworten
Antworten einfalten Pascal Gut
06.07.2004 - 10:25:55
 Meiner Meinung sollte ein Autor nie einen Leser mit einer gewissen Moralvorstellung zu erziehen versuchen. Ansonsten glaube ich, geht es darum einfach deinen Figuren gerecht zu werden. Wenn der Mörder ein "Arsch" ist, ist er ein Arsch, aber selbst der hat wahrscheinlich irgendwo symphatische oder Gute Seiten )weil es eben nicht nur ein gut-böse/ schwarz weiss gibt).
Genau so der Held der Geschichte, ist er einfach nur ein perfekter Typ in schimmernder Rüstung, oder eben ein Mensch mit Ecken und Kanten. Ich hab gestern gerade MysticRiver auf DVD gesehen, ich glaube, der ist ein gutes Beispiel. Da gibt es keine einzige Figur, die man wirklich als Helden oder durch und durch sympathische Figur bezeichnen könnte. Ich glaube bei "NichtSchwarz-Weiss" geht es einfach um eine gewisse Zurückhaltung und Neutralität des Autors. Als Leser will ich mir eigene Meinungen bilden und nicht die ganze Zeit die des Autors herauslesen.

gruss pascal
antworten
Antworten einfaltenDas sehe ich anders Lies
06.07.2004 - 10:42:35
 Ein Beispiel.
Es soll eine Episode aus dem Leben eines Schuftes gezeigt werden.

Es mag durchaus sein, dass der ansonsten Katzen streichelt, aber menschlich ist er dennoch ein absolutes Monstrum.

Wenn dann der Leser meint, so bitterböse wie er da geschildert wird, könne er unmöglich sein, denn jeder habe doch irgendwo gute Seiten, dann ist die Bemerkung reiner Blödsinn.

a) Es geht um eine Episode und um grundsätzlich übles Verhalten.

2) Das dann abzumildern hieße, dem Leser sein möglicherweise empfindliches Gemüt zu kitzeln und dazu ist ein Autor nicht da.
Der berichtet und wenn es Übles zu berichten gibt und nur das, dann muss er das auch tun.

Wir sind ja in einer Geschichte nicht vor Gericht, wo sogar ein Kinderschänder mildernde Umstände kriegt.Da ist jemand durch und durch übel und das muss dann auch genau so da stehen.

Gruß Lies
antworten
Antworten einfaltenKleines Problem... Stefan Steinmetz
30.06.2004 - 00:46:30
 Hi Sheila, bei der Übertragung von Ärztin Teil 2 muss was schiefgegangen sein. Es landete nur ein Ding mit zwei Sätzen im Geschichten-Freischalt-Forum. Bitte schicke die Geschichte noch mal neu ein, ja?antworten
Antworten einfaltenKommt drauf an... Freiheit
29.06.2004 - 21:36:49
 ...was und wo man schreibt. In der Presse würde ich abwechslungshalber mal wieder gerne etwas Objektives lesen. Außer vielleicht in Kommentaren hiesiger Chefredakteure.

Was das Schreiben von Romanen (et cetera) angeht, muss man ja zuweilen auch die Umstände/Begebenheiten etwas an die Hauptperson anpassen, damit man zumindest ein wenig mitfühlen/mitdenken/nachvollziehen kann. Schreibt man in einem Krimi ein Kapitel aus Sicht des Mörders, kann man wohl kaum durchscheinen lassen, dass Mord eigentlich ganz gemein ist. Andersrum beim Opfer. Schreibt man nun ein ganzes Buch über Täter oder Opfer, wirkt das vielleicht schon ein bisschen Schwarz-Weiß-Malerisch, aber irgendwo ist es auch notwendig.
Andererseits sind Radikale bzw. Extreme meist mehr oder weniger bedenklich.

Mit freundlichen Grüßen,
Christian
antworten
Antworten einfaltenErgänzung Sheila McLane
29.06.2004 - 18:26:52
 habe gerade einem anderen Autor diese Frage mit der Schwarz-Weiß Malerei gestellt. Seine Antwort finde ich bemerkenswert und möchte sie euch nicht vorenthalten:

Schwarz-Weiß-Malerei? Warum nicht, wenn es den Tatsachen entspricht und glaubwürdig ist. An einem Punkt muss man den LeserIn abholen und wo könnte man es besser als da, was er selber kennt. Schließlich ist keiner von uns frei von Schwarz-Weiß Malerei und kennt genügend Situationen aus eigener Erfahrung, wo er Opfer/Täter von Schwarz-Weiß-Malerei geworden ist. Die Frage ist nur, wie überall im Leben, von der richtigen Dosierung ...
antworten
Antworten einfaltenkann ich nur zustimmen hexy
29.06.2004 - 18:32:27
 So ähnlich sehe ich das auch. Grade Klischees sind ja entstanden, weil die Wirklichkeit so ist. Weshalb sollte ich es dann nicht so schreiben dürfen?

Wenn es allerdings überhand nimmt, dann wird die Geschichte nur langweilig.

Grüße, hexy
antworten
Antworten einfaltenÄhnliches Lies
30.06.2004 - 17:29:37
 hat sich gerade in einem anderen Forum ereignet.
Ich hatte einen ganz und gar verdorbenen Charakter genau so gezeichnet wie er ist.
Und prompt bemerkte jemand, es gebe solche *nur Bösen* nicht, sogar jemand, der Schnecken schleimig und schrecklich finde, könne beim näheren Hinsehen durchaus erkennen, dass sie auch schön sein können.
.
Meine Story heisst *Hass*, derselbe ist also der Storyinhalt und aus diesem Hass entwickelt sich alles.
Wieso da jemand etwas derart Beklopptes als Kritik anbringen kann, bleibt mir verschlossen.
Das muss einer von der Sorte gewesen sein, die weinen, wenn ein Massenmörder eine Katze streichelt.
Zuweilen soll mans nicht für möglich halten, dass jemand auf einen solchen Quatsch auch noch eine Antwort erwartet.
Der Progtag. war nun mal zutiefst übel, also schwarz, da werde ich den Teufel tun, ihm ein paar helle Streifen zu verleihen, nur weil ein Leser, der sich für einen Lektor hält, sich das so wünscht.

Fazit, frage nicht so viel danach, was richtig und falsch ist, schreibe so, wie Du es fühlst.
Es gibt kein richtig oder falsch, sondern nur die Klärung der Frage, hat Deine Story die Leute unterhalten oder nicht.
Wenn nicht, würde ich das für das Übel halten und nicht irgendwelche literarischen Winkelzüge.


Gruß Lies
antworten
Antworten einfaltenHallo Lies, Sheila McLane
30.06.2004 - 17:36:34
 stimme persönlich deiner Ausführung zu. Zumal sich bei mir der Vorwurf der Schwarz-Weiß Malerei nicht auf einzelne Personen (im Gegenteil: der Prota, der zuerst als der Böse erscheint, stellt sich im Laufe der story als der verkannte Gute heraus und der vermeintlich Gute hat ganz dunkle Streifen) sondern eben auf die Völkerzugehörigkeit. Obwohl ich da auch versuche, einzelne Personen so und so erscheinen zu lassen ...

Liebe Grüße
Sheila

PS: Hast du schon meine Story gefunden?
antworten
Antworten einfalten@Sheila Lies
30.06.2004 - 20:55:21
 Ja ich habe sie gefunden und auf meine Festplatte geholt, ich werde sie in jedem Fall lesen.
Im Moment zerreisse ich mich allerdings, es bringt nichts, auf drei Hochzeiten gleichzeitig tanzen zu wollen, aber zuweilen kann man nichts dagegen tun.

Gruß Lies
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