Rund ums Thema Gewalt

0, 27.09.2006
  Mi meinen beiden Geschichten Cinema Dictatore und Wer tötete Hiroshima habe ich in letzter Zeit versucht, das Thema Gewalt und Krieg zu behandeln und hinterfragen.
Gerne würde ich hier eine kleine Diskussion dazu anreißen.
Albert Einstein hat mal gesagt, dass sich die Welt keine weiteren Kriege mehr leisten dürfe und sie sich nur dadurch retten könne, wenn auf jedwede kriegerische Handlung verzichtet wird (egal aus welchen Beweggründen heraus). Er hielt es für machbar, Krieg abzuschaffen, glaubt Ihr, das ist möglich? Ist es eurer Meinung überhaupt wünschenswert oder denkt ihr, es gibt Kriege, die gerechtfertig, ja sogar notwendig sind?

Gewalt ist eine zwiespältige Sache. Zum einen wird sie von der Gesellschaft abgelehnt, gleichzeitig wird sie aber auch heroisiert, wir lassen uns von ihr berieseln, unterhalten, amüsieren. Wir schauen Actionfilme, die Gewalt heroisieren, Splatterfilme, die durch den Härtegrad von der gezeigten Brutalität gar auszeichnen, Bücher die mit Gewaltdarstellung arbeiten und über Spiele, in denen wir auf immer realistischere Weise Massenmorde höchstpersönlich veranstalten können.
Ich selber habe mich da immer hin und her gerissen gefühlt. Ich kann nicht abstreiten, dass Gewalt eine gewisse Faszination ausübt. Mit der abenteuerlichen Gewalt bin ich im Film groß geworden. Action und Abenteuerfilme, wenn man lacht, wenn Bruce Willis mit trockenem Spruch auf den Lippen einem Gegner die Nase ins Gehirn hochschlägt. The Crow mit seiner tragisch-düsteren Gotikästhetik, wo ein lebender Toter seine Peiniger aufsucht und tötet. Vor etwa einem Jahr las ich American Psycho. Ich kannte bereits den sehr guten Film und las erst danach von dem Buch, das ja so schrecklich brutal sein sollte. Ich konnte mir diese Brutalität nicht so recht vorstellen. Ein Buch, das man überfliegen kann, dann auch noch eine reinfiktive Geschichte, wo man ja weiß, es ist nur erfunden. Dann las ich das Buch und schon bei der ersten Mordszene wurde mir übel und ich hätte den Protagonisten wie auch den Autoren am liebsten höchstpersönlich für diese Unmenschlichkeit geohrfeigt. Ich las das Buch durch und es war für mich eine persönliche Konfrontation mit dem Thema Gewalt und wie ich mit ihr umgehe. Heute kann ich nicht sagen, ob ich das Buch gut oder schlecht fände. Irgendwie lässt es sich für mich nicht in diesen Maßstäben einordnen. Es ist auf alle Fälle beeindruckend und nachhaltig. In mir hat es einen positiven Prozess ausgelöst.
Letztens zappte ich kurz in die Erstausstrahlung von Kill Bill hinein (gilt als brutaler Kultfilm) und ich entdeckte zu meiner glücklichen Überraschung, dass ich noch nicht ganz verroht bin, mir war er viel zu brutal und ich zappte angewidert weg.

Was bedeutet für Euch Gewalt? In der Kunst – im eigenen Leben? Wann ist etwas gewaltverherrlichend? Was kann sie in euch auslösen? Glaubt ihr mehr an Martin Luther King und Gandhi oder mehr an Clinton und Bush?
Kennt ihr solche Zerrissenheit in euch selber beim Thema Gewalt? Wie geht ihr mit der Gewalt in euren Geschichten um?
So, genug getextet (sorry für das Gedankendurcheinander). Vielleicht gibt’s ja ne kleine Diskussion – wäre schön. Sonst ignorierts einfach…

Liebe Grüsse der MöchtegernGewaltForschungsSachbearbeiter-Auswertungsbeauftragter-fürInnereAngelegenheiten-ImForumsbereich
   
 
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Antworten einfaltentja... Christian Stotmeister
06.10.2006 - 10:46:13
 Ganz nüchtern betrachtet gehört Gewalt zum Alltag eines jeden Lebewesens in der Welt. In Pflanzen- und Tierwelt gilt das Gesetz des Stärkeren, der Starke überlebt und der Schwache muss der Gewalt weichen.
Hier würde ich nun zwei verschiedene Sorten von Gewalt anführen.
1. Gewalt genutzt um zu Überleben, bsp. durch das töten eines anderen Tieres um damit sich selbst oder das Rudel oder wen auch immer zu ernähren.
2. Gewalt um zu dominieren. Seine Rangstellung zu behaupten, ein Revier oder Weibchen für sich zu beanspruchen usw...

Die meisten Gewalttaten innerhalb der menschlichen Gesellschaft sind auf ähnliche Motive zurück zu führen.
In der Schule wird geprügelt/gelästert um sich zu beweisen oder andere abzugrenzen, im Job wird gemobbt, der Ehemann schlägt seine Frau, ne Gang will ihr Gebiet vergrößern, Nord Korea besitzt Atomwaffen...
Der Wunsch zu dominieren ist ein wichtiger Aspekt unserer Gesellschaft - immerhin würde sonst alles im Stillstand enden.

Jedoch kommen bei uns Menschen weitere Gewaltformen hinzu die nirgends sonst anzutreffen sind. Gewalt um der Gewalt willen sowie Gewalt aus Spaß. Pedophilie, zu filmen wie man irgendwen aus der Schule mal tierisch mit dem Kopf gegen die Wand donnert,...

Die Frage ist nicht "Wie können wir Gewalt und Kriege verhindern?" sondern eher, "Wie gehen wir selber damit um?" oder "Woher kommt diese Gewalt eigentlich?"
Wie reagieren wir selber auf Mobbing, Stalker, Schläge vom Ehegatten, wenn uns jemand täglich das Geld fürs Mittagessen klaut, in unsere Wohnung einbricht usw.
Was ist für uns selbst der Ausweg? Die Actionhelden würden den Bösewicht einfach vermöbeln oder mit einem Lächeln über den Jordan pusten, aber was tun wir selber? Schlagen wir zurück und werden selber gewalttätig und schüren die Gewaltspirale an? Wenden wir uns an eine höhere Gewalt damit diese uns beschützt indem sie Gewalt auf die Peiniger ausübt? Ertragen wirs einfach und lassen uns ewig dominieren?
Für jeden mag die Antwort eine andere sein, bleibt noch die wichtigste Frage - "Woher kommt die Gewalt?"
Meiner Meinung nach aus a) Hass b) Ignoranz c)mangelndem Mitgefühl.
Wie kommt es dass ein Schüler irgendeinen Mitschüler schwer verletzt, sich dabei filmt und cool fühlt? Und mehr noch, wieso sind solcherlei Filme so beliebt? Woher kommt diese Verachtung menschlichen Lebens? Die Abgestumpftheit gegenüber dem Schmerz anderer? Das ist doch die Frage.
Man kann keinen Menschen verletzen oder töten den man respektiert, liebt oder Mitleid mit ihm hat.
Schwinden diese Eigenschaften zusehends? Oder beginnt die Maskerede der zivilisierten Welt einfach mehr und mehr zu bröckeln um zu zeigen was wir wirklich sind?`

Ich weiß es nicht. Ich weiß nur ich hab für mich meinen Frieden gefunden. Ich habe meine Dosis Adrenalin und Gewalt beim Training vieler Kampfsportarten erhalten und dabei viele Freund und keine Feinde gefunden. Ich muss kein immerstarker Actionheld sein, kann verzeihen und Probleme mit Worten lösen die nicht verletzen.
Ich glaube ich habe meinen Weg gefunden, einen unscheinbaren, ruhigen Weg um mit Gewalt und allen Menschen umzugehen.
antworten
Antworten einfaltenhm... Holmes
04.10.2006 - 16:58:33
 Doch, Kriege wird es immer geben, ohne Krieg funktionieren wir Menschen nicht. In gewisser Weise sehe ich das so wie Agent Smith in Matrix, wir sind ein Virus, der sich ausbreitet. Nur sind einige von aggressiver und fressen andere Viren auf. Für Menschen gab es selten ein "Du und Ich", meist war da ein "oder" dazwischen.

Gewalt gehört für mich zum Leben dazu. Ich renne in jeden Splatter, Horrorfilm, Thriller, alles was ich da finde guck ich mir an. Natürlich, auch romantisches, lustiges, seichtes, aber heutzutage ist es schwer, etwas gewaltfreies zu finden. "Kill Bill" zum Beispiel ist für mich Kunst. Sie, Beatrix Kiddo, schlägt Köpfe ab und reißt Augen aus, ja. Aber die Art wie sie das tut ist für mich das entscheidende. Foltern doch die Asiaten meist besser als die Amerikaner. Also im Film wohlgemerkt, in Guantanamo haben sie ja bewiesen, was sie können [und nein, davon bin ich nicht begeistert. Ich rede hier ausschließlich von Filmen.]
Es gab eine Zeit, da dachte ich, ich sei abgestumpft. Ich machte mir Sorgen, wäre am liebsten zum Schulpsychologen gegangen. Dann landete durch einen wirklich ungewollten Zufall ein Video auf meinem Rechner. Ich sah es mir an, neugierig, was das da wohl sei. Es war nur mit einer Nummer benannt. Es war das Video der Hinrichtung von Nick Berg, wenn das noch jemandem was sagt. Ich habe irgendwann die Augen geschlossen, unfähig mich zu bewegen, ich wollte es nicht sehen, nicht diesen Schrei hören. Danach war eine sehr lange Zeit lang alles brutale, blutige absolut tabu. Keine Filme, keine Nachrichten, ich dachte jedesmal, ich müsse mich übergeben. Aber ich war dankbar. Ich konnte doch noch Film und Realität auseinanderhalten.

Der Mensch scheint Gewalt zu brauchen, das Gefühl der Macht über andere, das Leiden.
Gibt ja auch genug sexuelle Dinge, die damit zu tun.
So seltsam es klingt, Gewalt ist für mich etwas Urmenschliches, was man uns nicht austreiben kann.
antworten
Antworten einfaltenMeine Meinung:
28.09.2006 - 12:18:16
 Es wird keine Kriege mehr geben, wenn es keine
Menschen mehr gibt, da bin ich ziemlich sicher. Die
Fähigkeit zur Gewalt steckt, mal mehr oder mal
weniger, in jedem von uns, und schon ein kleiner Funke
reicht manchmal aus, um das Pulverfaß zu entzünden.
Ich halte den Menschen für das brutalste und
erbarmungsloseste Raubtier auf diesem Planeten, und
je älter ich werde, desto mehr bin ich davon überzeugt.
Kriege, Grausamkeit, Gewalt, Mord und Totschlag, das
alles halte ich völlig sinnlos, aber so lange wir hier sind
und uns immer breiter machen, wird es das immer
geben.
Was ich in deiner Einführung fast amüsant finde, ist in
diesem Zusammenhang das Wort "Unmenschlichkeit".
Was ist denn eigentlich unmenschlich? Ist es nicht so,
daß gerade das Verhalten, das wir als unmenschlich
bezeichnen, sehr menschlich ist? Denn nur der Mensch
kann sich in dieser Welt etwas ausdenken wie dem
anderen bei lebendigem Leibe die Fingernägel
auszureißen, ihn auf eine Streckbank zu spannen oder
in eine eiserne Jungfrau zu stecken, Bomben auf Städte
zu werfen oder eben auch mit Menschen beladene
Passagierflugzeuge mit voller Absicht in Hochäuser zu
steuern. Das ist menschlich, nicht unmenschlich, auch
wenn wir diese Begriffe gewöhnlich anders verwenden.
Kein anderes Lebewesen würde so planvoll vorgehen,
und kein Tier ist meiner Meinung nach imstande, den
Planeten zu zerstören oder sich selbst mit Stumpf und
Stiel auszurotten.

Selbst beim Tom & Jerry, Donald Duck und der ganzen
Entenhausener Mannschaft ist die Gewalt
allgegenwärtig. In jeder einzelnen South Park Folge
stirbt Kenny unter brutalen Umständen. Auf der Straße
sieht man Menschen, die ihre Hunde treten, von denen
sie dann trotzdem noch demütig umschwänzelt werden.
Mütter, denen "die Hand ausrutscht", Väter, die den
Gürtel nehmen, um ihren Kindern Regeln einzuprügeln,
Jugendliche, die sich die Fäuste ins Gesicht donnern und
um die Rolle des Platzhirsches kämpfen oder, wie
häufiger in letzter Zeit, jemandem einfach nur wehtun,
um ihm wehzutun...
Ich glaube, wir sehen Gewalt nicht ungern, zum Beispiel
in Actionfilmen oder auch Comicserien, weil es in
unserem Leben einen festen Platz dafür gibt. Wenn der
Held im Film dem Schurken die Nase einschlägt oder
jemand einen Mord begeht, dann fesselt uns das
möglicherweise, weil wir ahnen oder wissen, daß Gewalt
eine Facette unseres Charakters ist, eine Reaktion auf
bestimmte Gefühle sein kann, die in uns etwas
auslösen. Genau so, wie wir schwärmen können, wenn
das Traumpaar des Films sich endlich kriegt oder das
Kind seine Mutter wiederfindet, können wir bei einer
wüsten Kampfszene mitfiebern und brüllen "Jetzt gib
ihm endlich eins auf die Schnauze, der hats doch
verdient!"

Das bedeutet übrigens nicht, daß ich nicht auch das
Schöne, Gute wahrnehme, das hier passiert. Und
jedesmal, wenn mich Zeichen von Güte, Zuneigung,
Selbstlosigkeit und aufopferungsvoller Liebe zu Tränen
rühren, fällt mir wieder ein, daß diese krassen
Gegensätze in uns das Leben auch sehr spannend
machen.

PS: Ich habe übrigens ein riesiges Kill Bill Poster in
meinem Wohnzimmer hängen. ;-)
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