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5 Seiten

Eine Stunde meines Lebens

Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten
Ich bin eine Mutter von vier Kindern. Daniel ist 19 und arbeitet seit kurzem, Patrick ist 17 und macht eine Lehre, Rosanna ist 12 und steckt voll in der Pubertät und mein kleiner Domschi ist gerade 7 geworden. Er geht voller Stolz in die erste Klasse.
Ich möchte heute davon erzählen, wie es uns armen Müttern oft ergeht.
Ich hoffe, diese kleine Geschichte zaubert ein wissendes Lächeln auf Ihre Gesichter. Dann hat sie ihren Zweck erfüllt.

Uff, meine Nerven. Ich sag euch, wenn meine Kids früh aus dem Haus sind, dann bin ich erst mal geschafft.
Ist das denn zuviel verlangt, einen fröhlichen Start in den Tag zu haben? Nein, nein, auf keinen Fall, es ist immer dasselbe.
Ich fahre beim ersten Weckerklingeln aus dem Bett hoch, stürze in die Küche, noch bevor ich auf der To war, um Frühstück zu machen. Natürlich koche ich auch Kaffee, auf den ich mich am frühen Morgen besonders freue. Schnell hüpfe ich ins Bad, begnüge mich mit einer Katzenwäsche und zum Haare kämmen, komm ich sowieso nicht, was bei mir zwecks Lockenpracht niemanden auffällt. Ich seh immer zerzaust aus, sagt man mir jedenfalls öfters.
Während mein Kaffee läuft, springe ich in Daniels Zimmer rufe ihn ein munteres „Guten Morgen mein Sohn.“, zu und ernte ein müdes Gähnen. Heimlich schiele ich zu Patricks Bett, ob er auch nicht verschlafen hat. Klar ist er weg, auf ihn ist Verlass.
Mit Missmut öffne ich 10 Sekunden später die Zimmertür von Rosanna. Derselbe Schweinestall wie in Danis und Patricks Zimmer erwartet mich. Überall liegen Klamotten auf den Fußboden verstreut, die ich erst mühsam gewaschen und gebügelt habe. Ich wundere mich immer wieder, wie Kinder sich da noch zurechtfinden. Trotz meines Missmutes reiße ich mich zusammen und rufe auch ihr ein fröhliches „Guten Morgen, mein Schätzchen, bereite dich aufs Aufstehen vor.“, zu. Ein aggressiv gemurmeltes „Ja, gleich!“ schallt zurück. Dann Funkstille. Sie hat sich keinen Millimeter bewegt und schläft schon wieder friedlich vor sich hin. Nun gut, ich wecke sie ja immer zwanzig Minuten bevor sie wirklich raus muss, denn sonst geht gar nichts bei ihr.
Leise öffne ich Domschis Zimmertür und flüstere: “Hallo, guten Morgen, mein Mäuschen, Du musst aufstehen, die Schule ruft.“ Zwei verschlafene Augen blinzeln mich von oben her an (er hat ein Hochbett), zwei Ärmchen strecken sich aus und ich bekomme meinen wohlverdienten Guten-Morgen-Bussi. Er steigt auf meine Schultern und ich schleppe 25 Kilo ins Wohnzimmer, was ich aber gerne tue, weil er der einzige ist, der Morgens keinen Streß macht. Ich setze ihn auf der Sessellehne ab.
Zurück geht’s in die Küche. Auf dem Weg dorthin sage ich Daniel noch mal, dass er aufstehen muss. Dasselbe Spiel mit Rosanna. Bei Daniel hab ich schon Licht angemacht, was meinen Herrn Sohn überhaupt nicht passt.
Ein kurzer Blick zur Kaffeemaschine sagt mir, dass mein Kaffee natürlich nicht fertig ist. Das dauert wieder ewig. Also zurück ins Wohnzimmer, mit Domschis Frühstück. Der hat sich derweil versteckt, wie jeden Morgen und ich soll ihn suchen. Er liegt immer unter meiner Bettdecke (zwecks Platzmangel schlafe ich im Wohnzimmer auf einer Schlafcouch), aber ihn gleich zu finden macht ja keinen Spaß. Ich muss mir wieder etwas einfallen lassen, ihn verbal zu suchen, denn er kann ja nichts sehen und will hören, wie ich suche. Allmählich gehen mir die Einfälle aus und ich wiederhole mich immer öfters. Heute musste ich einen großen Knüppel holen, um den Geist, der sich in meinem Bett bewegte, zu vertreiben. Lächerlich, aber er findets gut. Naja, kein Kommentar. Ich lächle, als ob mir dieses Spiel Spaß machen würde. Er setzt sich dafür widerspruchslos hin und frühstückt. Alleine, denn ich muss zu Daniel und Rosanna. Bei ihr mache ich nun Licht, nachdem ich Daniel noch einmal auf die Uhrzeit hingewiesen habe. Auweia, Licht, das kann meine Tochter am frühen Morgen gar nicht vertragen. Ärgerlich pflaumt sie mich an, ich soll das Licht gefälligst wieder ausmachen, sie wollte gerade aufstehen. Ich tus also, und was passiert? Friedliche Stille und schon schläft sie wieder. Verdammt.
Mein Kaffee ist gleich fertig, was für ein Glück, Aber ich habe noch Zeit, Domschis Klamotten rauszusuchen und sie ins Wohnzimmer zu bringen. Ich leg sie auf die Couch und mein kleinster erwartet, dass ich ihn noch einmal suche. Er liegt bis obenhin zugedeckt unter der Bettdecke. Sein Frühstück hat er zur Hälfte gegessen. Besser als gar nichts. Ich sage ihm, dass ich für solche Spielchen jetzt keine Zeit mehr habe und er ins Bad soll, um sich zu waschen und Zähne zu putzen. Vorher muss er mir noch schnell sagen, was er zur Schule mitnehmen will. Cornflakes sind angesagt.
Auf dem Rückweg zur Küche erinnere ich Dani und Rosi ans Aufstehen. Welch Wunder, Daniel scheint dazu bereit zu sein, ein Bein von ihm hängt schon aus dem Bett. Ein gutes Zeichen.
Rosanna ist zugedeckt bis über beide Ohren. Sie rührt sich nicht und auf meine Hinweise, wie spät es schon ist, kommt keine Reaktion. Na, warte, Fräulein.
Erst mal in die Küche. Ich suche eine Schüssel mit Deckel, die auch in die Schultasche passt und vor allem nicht zerbrechlich ist. Ärgere mich darüber, dass ich gestern Abend nicht mehr abgewaschen habe und das dann alles machen muss. Zum meinem Unglück gabs gestern auch noch Spaghetti und ich habe die Teller natürlich nicht eingeweicht. Egal, hab wichtigeres zu tun. Ich mache die Cornflakes fertig, stöpsel den Deckel drauf, drehe alles auf den Kopf und die ganze Milch läuft raus. Shit. Ich krame weiter, finde aber nichts passendes für die Cornflakes. Ab ins Wohnzimmer, Domschi fragen, ob es auch Cornflakes ohne Milch sein können, sind ja schließlich Zimties, die er sehr gerne isst. Er will, gottseidank.
Also wieder in die Küche, vorher in Danis Zimmer und welch Wunder, er steht vorm Bett, verschlafen zwar, aber er steht. Gut, um ihn brauch ich mich nicht mehr kümmern. Nur Mist, dass Domschi grade das Bad besetzt. Gleich gibt’s Ärger.
„Rosannchen, steh auf.!“, rufe ich fröhlich. „Ja, gleich.“, schreit sie unfreundlich zurück.
Ich mache Domschis Brotzeit und verstaue sie gleich im Schulkoffer.
So, nun mein Kaffee. Die nächsten 5 Minuten gehören mir, komme, was da wolle. Deckel auf die Thermoskanne, denn sonst bekäme ich hier nur kalten Kaffee. Ab ins Wohnzimmer.
Schnell mal an den PC. Peter ist mit seinem Namen in AOL angemeldet. Ich klicke auf Namen wechseln, sehe, Rosanna hat 5mal Post und freue mich. Schnell den Namen wechseln und zu Rosanna gehen. „Du hast 5mal Post“, sage ich, “und ich bin schon unter deinem Namen on.“ Schnell verschwinde ich ins Wohnzimmer und setze mich an den PC. 2 Sekunden später steht meine Tochter vor mir, natürlich im Nachthemd, aber sie ist hoch, hihi. Die Mails, die sie hat, sind Sexmails, aber sie haben ihren Zweck erfüllt. Manchmal greife ich auch zu unerlaubten Mitteln und schreibe ihr schnell eine Mail, in der dann nur „Guten Morgen“ oder etwas Ähnliches steht. Hauptsache, sie hat Post.
Domschi ist mit Zähneputzen fertig. Er zieht sich an. Rosanna verschwindet wieder in ihr Zimmer und dreht die Musik auf. Volle Kanne natürlich, obwohl ich ihr schon mindestens 111789978863453536mal gesagt habe, dass hier noch andere Leute wohnen, die ihre Musik vielleicht nicht so toll finden, wie sie, vor allem nicht zu so früher Stunde. Ist mir zur Zeit egal, ich will einen Kaffee. Habe natürlich meinen Topf vergessen und eiere zurück in die Küche. Auf dem Weg dorthin öffne ich die Tür meiner Tochter und sag ihr, dass sie gefälligst leiser drehen soll, was sie auch widerspruchslos macht.
Ich schenk mir einen Kaffee ein, Domschi zieht sich an, Daniel ist im Bad und Rosi ist beschäftigt, also schnell auf meinen AOL Namen wechseln, bevor meiner Tochter noch irgendetwas einfällt, wie SMS schicken oder schnell eine Mail an einen ihrer Freunde schreiben.
Meine Schwester Karin hat geschrieben. Ich lese schnell, schiele zu Domschi, der sich immer noch anzieht und schlürfe meinen wundervollen heißen Kaffee.
Ratzfatz will ich eine Mail an sie zurückschicken, doch nach dem ersten Satz fällt Domschi ein, dass er mit mir Memory spielen will. Er hat das Spiel von der Schule und er übt damit den Buchstaben „R“, den er nicht richtig aussprechen kann, also kann ich kaum nein sagen.
Ich habe zweimal gespielt, bin echt stolz auf mich, dass ich ruhig geblieben bin.
Zurück zu meinem Kaffee, der auf dem Schreibtisch steht. In diesem Moment kommt eine neue Mail an. Sie ist für Rosi, von ihrem guten Freund Fabian. Die Mail kommt mir gerade recht, denn so krieg ich mein Trödelchen dazu, mal etwas schneller zu machen.
Ich gehe zu ihr, um ihr Bescheid zu sagen. Sie tanzt im Nachthemd zu ihrer Musik im Zimmer herum. Ich raste bald aus, bleibe aber ruhig. Ich lasse sie nicht an den Computer, bis sie angezogen ist. Domschi hat noch 10 Minuten, dann muss er gehen. Er spielt in seinem Zimmer mit seinen Autos (die ich nachher wieder aufräume).
Nach nicht einmal einer Minute steht Rosi vor mir, vollkommen angezogen. Ich wundere mich und kontrolliere sie. Ein Pulli übern Nachthemd und den Rest in die Jeans gestopft. Ich schicke sie zurück, sich erst mal richtig anziehen. Das tut sie widerwillig und als sie wiederkommt schicke ich sie gleich noch kämmen. Als sie missmutig abzieht, denke ich mir gehässig, wie gut es doch manchmal ist, dass es Mails gibt.
Rosanna kommt zurück, ging schnell, aber ich bin ja schon froh, dass sie so ordentlich aussieht.
Für Domschi wird es Zeit. Ich gehe rüber zu ihm und sage ihm, dass er sich fertig machen soll. Er geht zur Garderobe. Es dauert nicht lange, dann steht er wieder vor mir.
„Mama, die Stiefel sind alle nass.“, bekomme ich vorwurfsvoll zu hören. Klasse, denke ich mir, die einen waren gestern erst wieder trocken. Eine Woche musste ich die mit Zeitungspapier voll stopfen. Die Gummistiefel sind noch nass von vorgestern, aber er hat zum glück 2 Paar. Ich sage ihm, er soll die anderen anziehen. Er antwortet: „Aber Mama, das geht nicht, da bin ich doch gestern in Hunde…. Getreten. Die sind nicht sauber und stinken.“
Danke, dass ich das auch einmal erfahre. Sowas steht nun seit gestern bei mir in der Wohnung rum. Ich habe keine Lust, die in den verbleibenden 2 Minuten zu säubern, außerdem blockiert Daniel immer noch das Bad.
„Zieh die schwarzen Halbschuhe an.“, sag ich ihm. Nein, die will er nicht. Angeblich sind sie zu eng. Ich öffne seinen Schrank, fische ein paar uralte Turnschuhe heraus und gebe sie ihm. Voller Freude zieht er die alten Dinger an.
Erneut geht’s zur Garderobe. Mütze auf, natürlich krumm und schief, aber was solls, darauf achte ich schon lange nicht mehr. Und nun? Wo ist denn nur die Jacke? Die hat die Mama gestern in den Schrank gehängt, weil sie auf dem Fußboden rumlag. Zurück ins Zimmer, Jacke holen, ihn beim anziehen helfen, Reißverschluss zuziehen, Mütze richten, Schulkoffer drauf, Abschiedsbussi und tschüss.
Ihm fallen noch die Handschuhe ein. Die hängen noch am Boden. Ich sag ihm, die gibt’s erst morgen, dann sind sie trocken. Er geht aus der Tür und murmelt: „Dann kann ich heute wieder kein Torwart sein.“
Aha, deshalb ist er immer so dreckig!!! Nun weiß ich das auch noch.
Fünf Minuten später geht Rosi und fast kann ich aufatmen. Daniel murmelt ein leises Ciao und schon ist er auch weg.
Jetzt werde ich in aller Ruhe einen Kaffee trinken und dann das Chaos, dass 4 Kinder hinterlassen haben aufräumen.
 
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Kommentare  

Huhu Stefan!
Die Story entstand innerhalb von 20 Minuten und da blieb mir nicht viel Zeit für Kommentare. Es ist wirklich so geschehen und ich dachte mir, jetzt schreibste das einfach mal auf.
Ein Buch hab ich auch schon geschrieben, aber das ist eher ein Thriller. Leider kann ich nur schreiben, bin aber nicht fähig dazu, mir nen Verlag zu suchen, geschwiege denn, einen Brief an die zu formulieren.

MfG

Fabie


Fabie Digger (22.08.2006)

Nun ja, vom Hocker gerissen hat es mich nicht. Es ist einfach eine Beschreibung. Aber der Witz liegt in der Sache selbst. Wer Kinder hat oder schonmal anderer Leute Kinder "leihweise" hatte (Patenkinder) erkennt sich selbst in deiner Beschreibung nur zu gut.
Ich musste beim Lesen dauernd grinsen.
Aber etwas Handlung und Dialoge hätten meiner Meinung nicht geschadet.
Diese Beschreibung könnte man auch gut als Einstieg in einer länger Geschichte oder gar einen Roman benutzen.


Stefan Steinmetz (20.08.2006)

hallo fabie, ich hoffe sehr, diese geschichte ist keine wirkliche alltagsgeschichte deiner familie. du hast das ganze ja recht amüsant aufgeschrieben, aber mir taten die kinder (außer domschi, der erst sieben ist) irgendwie leid. sooft ist deine protagonistin in ihre zimmer und hat sie genervt. da muss man ja ausrasten. weshalb überlässt du das aufstehen den drei großen nicht selbst? wenn sie dann verschlafen, sind sie selber schuld. aber ihnen derart gluckenmäßig auf den geist zu gehen. wie man merkt, zehrt das ja auch deiner protagonistin an den nerven. ich bin auf jeden fall froh, dass meine mama mich zur selbständigkeit erzogen hat. vom schreibstil her hat es mir allerdings recht gut gefallen. man konnte sich das chaos am morgen gut vorstellen und auch die einzelnen charaktere wurden lebendig geschildert.

lg nausicaä


Nausicaä (15.05.2006)

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