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2 Seiten

Horror-Kid

Trauriges · Kurzgeschichten
Komisch ... ich hab immer das Gefühl, dass ich nie genug zu essen kriege. Und auch sonst nicht genug. Nicht genug von irgendwas.

Ei ja ... sie haben mich in ein Jugendheim gebracht. Das Bett steht in einem riesigen Schlafsaal. Als ich wach werde am Morgen, frage ich laut in die Runde, wann es denn Frühstück gibt. Ich habe Hunger.
„Halt die Klappe, Bekloppter ... Frühstück gibt's um halb acht. Jetzt ist halb fünf ... siehst du nicht, dass hier alle noch pennen!“

Es sind nur drei Duschen im Haus, aber eine riesengroße Kantine - voll besetzt.
Breakfast-Buffet um acht. Es gibt Cerealien-Brei und auf matschigem Toast Schinken, der so zäh und faserig ist, dass ich wie auf Gummi darauf herumkaue und es nicht schaffe, ihn klein zu kriegen. Unmöglich. Meine Zähne sind nicht die besten ... ich weiß.

Sonderbar ... Kaffee darf man sich nicht selbst holen, obwohl da in der Ecke ein großer Automat steht. Nein. Eine Frau mit dem breiten Arsch eines Ackergauls - das enorme Hinterteil genau auf Augenhöhe der Sitzenden - zwängt sich zwischen den Tischen durch und serviert. Sie ist schon mindestens zehn Mal eng an mir vorbeigeschrammt, jeweils mit zirka einem Dutzend Bechern Kaffee auf ihrem Tablett. Meine auffordernden Handbewegungen, die drängenden Worte: "... auch mir eine Tasse davon, BITTE ...", sogar mein Gezupfe an ihrem Ärmel ignoriert sie, während sie den anderen schon die zweite, die dritte Tasse bringt.
"Heh, Lady, ich bin auch noch da!"
Doch für sie bin ich Luft.

Irgendwann reicht es mir.
Hoppla!
Ich boxe mit voller Wucht von unten gegen ihr Plastiktablett, dass die Kaffeehumpen hochhopsen und ihr die Brühe ins Gesicht, in den welken Ausschnitt schwappt ...
Dann kracht die ganze Chose klirrend auf die nächste Tischkante. Scherben und heißer Kaffee spritzen auf Köpfe, Brüste, Klamotten. Die Frau quiekt schrill. Dazu allgemeines Stühlepoltern. Wilde Wutschreie. Zufrieden laufe ich hinaus.

Typen rennen hinter mir her. Einer erwischt mich. Dem poliere ich die Fresse so gut, dass er staunend zu Boden geht. Ich habe Vorsprung. Mich werden die nicht kriegen. Ich bin stark. Und ich habe Hunger. Deswegen fahre ich mit dem Bus auf die grüne Wiese zu einem Supermarkt. Das muss sein. Denn in den innerstädtischen Filialen greifen sie mich gleich am Eingang und lassen mich erst gar nicht mehr hinein. Ich klaue mir also auf der grünen Wiese ein Frühstück zusammen. Ein reichliches. Und noch so verschiedenes, was ich brauche. Eine Lederjacke zum Beispiel. Ein kleines Männerparfüm. Hugo Boss.

Ei ja ... sie haben mich wieder in ein Heim gesteckt. Das Bett steht in einem großen Schlafsaal. Als ich wach werde, am Morgen um vier, frage ich in die Runde, wann es denn hier Frühstück gibt. Wieder wühlt dieser unheimliche Hunger in meinen Eingeweiden. Und wenn mir heute jemand komisch in die Quere kommt ...



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Kommentare  

John Dorian

Das ist aber keine Kritik, die mir hilft, die Geschichte zu verbessern


Irmgard Schöndorf Welch (04.11.2006)

Ich habe schon besseres gelesen!

John Dorian (03.11.2006)

Jan

Ein Horror-Kid, der in Wirklichkeit gar nicht so schlimm ist ... eher ein junger Bürgerschreck ... aber schlimm genug, dass man ihn ins Heim sperrt ... seine Gefühle wollte ich irgendwie ein bisschen rüberbringen



Danke fürs Lesen


Irmgard Schöndorf Welch (11.10.2006)

Ich finde die Story prinzipiell gut geschrieben, aber für den Titel viel zu harmlos. Hier hättest Du etwas drastischer zu Werke gehen können. Aber gern gelesen habe ich es allemal.

Jan (09.10.2006)

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