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Zwei Grabtexte

Amüsantes/Satirisches · Experimentelles
1.

Da sind wir also wieder. Haben uns auf unterschiedlichen Wegen durchs Leben gelebt und liegen hier nun doch nebeneinander. Übrigens in der selben Erde. Das wird Dich sicherlich ärgern, aber mich freut es. Das letzte Mal haben wir uns vor einem Café gesehen. Das bedeutet, ich habe Dich gesehen und Du wolltest mich nicht sehen.
Vielleicht hab ich Dir grad nicht gepasst oder so. Du mit den schicken Frauen, Deinem großen Auto und diesem Anzug. Da war Dir Dein alter Schulkamerad mit den langen Haaren sicher peinlich. Ich hab Dir noch kurz zugesehen wie Du irgendwas bestellt hast und hab dann weiter die Mülleimer nach Flaschen durchstöbert.
Jetzt aber sind wir, wie damals, Nachbarn und ich bekomme viel öfter Besuch als Du.
Mein Grab ist viel schöner bepflanzt worden. Dir hat man eine immergrüne Hecke neben den protzigen Grabstein gelegt und wenn mal jemand kommt dann nur zu Feiertagen. An Deinem Geburtstag, den hab ich nicht vergessen, bleiben die zwei Gehplatten vor Dir leer.
Bei Deiner Beerdigung war der gesamte Friedhof voller Menschen mit Anteilnahme, aber Du hast sicher, wie auch ich gespürt, dass davon sehr wenig aufrichtig war. Aufrichtig war die Liebe zu Deinem Geld. Aufrichtig waren auch ein paar Tränen. Doch viele wurden hervorgezwungen und versickerten ohne Deine Seele zu erreichen. Früher mag ich Dir leid getan haben. Heute tust Du mir leid. Ruhe in Frieden oder hab Friede in der Ruhe. Davon hast Du leider genug: Ruhe.

2.

Frühstück ist fertig.

Frau Heil?

Ja?

Haben Sie eben mit sich selbst gesprochen?

Wie meinen?

Frühstück?

Ja, ich hab Frühstück gemacht.

Für wen? Aus was? Wozu? Tote essen doch nichts.

Tote hängen aber an Ritualen!

Das stimmt, aber wen rufen Sie denn da?

Die Lebenden.

Iregndwelche?

Nein, meine.

Ihre Kinder?

Ja.

Wie früher also?

Ja, wie früher.

Aber sie kommen ja nicht.

In meiner Erinnerung schon und wenn ich es laut rufe, steige ich in meine
Kopfzeitmaschine und erlebe es noch einmal.

Dazu benötigt man sicher Fantasie.

Oder ein gutes Gedächtnis.

Recht haben Sie.

Dann will ich auch nichts gesagt haben.

Kein Problem.
 
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Kommentare  

Hallo Robert!
das waren ja weniger düstere Grabtexte :)
und wie ein leider inzwischen verstorbener finnischer Sänger mal sang: "man kann das Leben nicht überleben", also wird der Sensenmann uns alle früher oder später erwischen ...

amüsant aber ein wenig kurz. der erste Teil hat mir übrigens besser gefallen, obwohl ich noch gerne gewusst hätte, warum der penner mehr Besuch bekommt - kommen seine "Kollegen" oder wer?

schöne Grüße,
Heidi StN


Heidi StN (19.06.2007)

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