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21 Seiten

Cheyenne - Geschichte einer Prinzessin

Romane/Serien · Romantisches
Die ersten Sonnenstrahlen fielen in mein Zimmer und kitzelten mich an der Nase. Ich liebte es, dass mein Zimmer nach Osten ausgerichtet war. So wurde ich jeden Morgen von der Sonne geweckt. Ich sah zum Fenster hinaus und hörte schon die Pferde auf der Koppel galoppieren. Aber irgendwas war anders an diesem Morgen. Normalerweise rumorte meine Mum um diese Uhrzeit schon in der Küche und mein Vater befand sich schon in seinem kleinen Laden auf unserem Hof. Doch an diesem Morgen herrschte Totenstille. Ich zuckte mit den Schultern. Heute konnte mir nichts die Laune verderben. Denn heute hatten die Sommerferien begonnen. Ich sprang voller Energie aus dem Bett und wäre fast auf meinen Kater getreten, der es sich wieder mal vor meinem Bett bequem gemacht hatte. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich auf ihn herunter, doch er gähnte nur ausgiebig und würdigte mich keines Blickes.

Ich polterte die alte Holztreppe in unserem alten Landhaus hinunter. Genau in diesem Augenblick trat meine Mum mit ihrem Einkaufskorb ins Haus. Anscheinend war sie schon früh am Morgen in dem kleinen Städtchen gewesen, in dem wir wohnten. „Cheyenne!“, rief sie vorwurfsvoll. „Du sollst doch nicht immer die Treppe so herunterpoltern! Irgendwann bricht sie noch unter dir zusammen!“, schimpfte sie im Scherz. Ich weiß gar nicht, wie oft Mum mir das schon gesagt hatte und wie oft ich es trotzdem wieder gemacht hatte. Die Treppe hatte es jedenfalls überlebt. Ich fiel meiner Mum um den Hals: „Ich wünsche dir auch eine wunderschönen gute Morgen!“ Lachend betraten wir zusammen die Küche, wo unsere Haushälterin Mia schon fleißig herumwerkelte. Sie war 22 Jahre alt und eine südländische Schönheit. Meiner Meinung nach war sie in unserem Haushalt total fehl am Platz. Sie sollte auf den Laufstegen von Mailand, Paris und London zu Hause sein, aber nicht hier. Mit ihrer super Figur, ihrem langen schwarzen Haar und ihrem dunklen Teint war sie genau das, wovon jeder Mann träumte. Als sie meine Mum und mich die Küche betreten sah, knickste sie. „Guten Morgen, Mylady! Guten Morgen, Prinzessin!“ Ich verdrehte die Augen, aber Mum grüßte zurück. Es hatte durchaus eine Grund, dass Mia meine Mum mit „Mylady“ und mich „Prinzessin“ ansprach. Meine Eltern waren Lord John Smith und Lady Sarah Smith. Somit war ich also Princess Cheyenne Smith. Wir lebten außerhalb eines kleine Städtchens. Auf unserem Hof gab es Pferde und Hunde. Ich hatte ein eigenes Pferd mit dem Namen Annie, das ich über alles liebte.

"Dir auch eine guten Morgen, Mia! Hast du meine Mum gesehen?“ Ich lief an Mia vorbei an den Küchentisch. Dort standen die besten Croissants Englands auf dem Tisch und warten darauf, gegessen zu werden. Ich betete, dass Mia mich nicht bemerkte. Aber sie war so sehr mit meiner Mutter beschäftigt, dass ich unbesorgt sein konnte. „Prinzessin!“ Ha, dachte ich. Mia hatte ihre Augen eben doch überall. „Du sollst doch nicht immer vor dem Frühstück schon alle Croissants aufessen!“ Mit einem unschuldigen Augenaufschlag sah ich Mia an. „Aber die sind doch so gut und außerdem sind genug da!“ Ich lief zu Tür. „Ach ja, Mia!“, ich drehte mich noch einmal um. „Wie oft hab ich dir schon gesagt, dass ich einfach nur Cheyenne und keine Prinzessin bin?“ Damit verließ ich die Küche und lief wieder nach oben.

Ich stand vor meinem Kleiderschrank und dem üblichen Problem: Was sollte ich anziehen? In Slip, BH und einem Handtuch um die Haare stand ich vor dem Schrank und starrte hinein, als würde ich hoffen, er würde mich von selbst einkleiden... Ich überlegte. Heute wollte ich mit meiner Freundin Kate schwimmen gehen. So wählte ich einen Bikini und darüber Shorts und ein rotes Neckholdertop aus. Zufrieden mit mir, warf ich noch einen letzen Blick in den Spiegel, wickelte die Haare aus und ließ sie feucht auf die Schultern fallen. Und erneut polterte ich die Holztreppe hinunter...

"Guten Morgen, Dad!“ Ich hauchte meinem Dad einen Kuss auf die Wange, als ich in die Küche zum Frühstück kam. „Guten Morgen, Mum!“ Auch sie bekam ihren Kuss. Als ich endlich auf meinem Platz saß, begann ich mir erneut ein Croissant zu buttern. Da fiel mir ein, dass meine Mum bereits am frühen Morgen in der kleine Stadt gewesen war. Natürlich interessierte mich brennend, was sie dort gemacht hatte. „Mum, was hast du heute früh eigentlich in der Stadt gemacht?“, fragte ich gerade heraus. Mum sah kurz Dad an und dann wieder ihr Brötchen, bevor sie mir Antwort gab. „Ich... ähm, habe nur was besorgt!“ OK, das hieß wohl, dass ich keine weiteren Fragen stellen sollte. Also Themawechsel. „Wo ist eigentlich Lynn?“, versuchte ich das noch nicht stattgefundene Gespräch wieder aufzunehmen. Lynn war meine vier Jahre älterer Schwester. Ich liebte sie sehr. Sie war Schwester und Freundin zugleich. Manchmal saßen wir stundenlang zusammen und redeten. Ich war sehr froh, dass ich sie hatte. „ Lynn ist draußen bei den Pferden. Sie ist heute schon ziemlich früh ausgeritten.“ Ah, das traf sich gut, ich wollte auch ausreiten. Ich schnappte mir noch ein Croissant, rief ein „Ciao“ in den Raum und war verschwunden.

"Guten Morgen, meine Schöne!“, begrüßte ich meine Fuchsstute Annie, die schon erwartungsvoll den Kopf aus der Box streckte. Ich führte sie am Halfter aus der Box und putzte sie gründlich. Ich liebte die Zeit mit Annie. Wenn ich bei ihr war, konnte ich so richtig abspannen. Nachdem ich Annie gesattelt und aufgezäumt hatte, ritt ich sie auf dem Zirkel warm, bevor ich vom Hof ritt. Als ich gerade durch das Hoftor reiten wollte, kam mir Lynn entgegen. Schon von Weitem konnte ich ihr trauriges Gesicht erkenne. Seit einem Jahr hatte ich sie nicht mehr richtig und frei lachen sehen. Ihr damaliger Freund war bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Lynn machte sich immer noch Vorwürfe, dass es ihre Schuld gewesen sei, obwohl sie damals gar nicht dabei war. Lynn hing sehr an ihrem Freund und hatte ihn noch immer nicht losgelassen. Dies war mit Sicherheit auch einer der Gründe, weshalb sie seit einem Jahr keine Freund mehr gehabt hatte. Ich brachte Annie neben Lynn zum Stehen und beugte mich zu ihr hinunter. „Guten Morgen!“ Ich umarmte Lynn. Lynn sah zu mir auf. Sie streichelte Annies feuerrote Mähne. „Guten Morgen!“, grüßte sie zurück. „Viel Spaß bei deinem Ausritt und grüß Kate von mir!“ Ich trieb Annie an und wie ein Schwarm roter Funken flog sie über die Felder.

Im leichten Trab ritt ich am Seeufer entlang. Mein Blick schweifte über den Strand und ich hielt Ausschau nach Kate. Wir hatten uns für ein Uhr verabredet. Mein langes braunes Haar wippte im Takt von Annies Schritten. Ah, dort war Kate. Ich bremste Annie und sprang neben Kate in den Sand. „Na endlich“, seufzte Kate, „ ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr.“ Sie trug einen weißen Bikini, der hervorragend zu ihrer sonnengebräunten Haut passte. An den Wassertropfen auf ihrem Körper erkannte ich, dass sie bereite Schwimmen gewesen war. „Wie ist das Wasser?“ Ich streifte mir Shorts und Top ab. Im ersten Moment überlief mich ein wohliger Schauer, doch gleich hatte ich mich an die nicht ganz so warme Seeluft gewöhnt. „Angenehm!“, rief Kate ausgelassen und rannte ins Wasser...

Von fern hörte ich die Kirchturmuhr fünf schlagen. Kate und ich befanden uns auf einer kleinen Insel in der Mitte des Sees. „So ein Mist!“, fluchte ich. Bereits seit einer halben Stunde sollte ich eigentlich wieder zu Hause sein. Kate sah mich an und wusste was los war. Mittlerweile kannte sie mich gut genug, um zu wissen, dass ich es nie schaffte pünktlich zu Hause zu sein. Mit großen, kräftigen Zügen schwammen wir zurück zum Ufer. Dort angekommen zog ich einfach meine Klamotten über meinen nassen Bikini. Kate tat es mir gleich. Ich lief zu Annie und stieg auf. „Komm rauf, Kate. Ich nehm dich mit!“ Mit meiner Hilfe kletterte Kate hinter mir auf Annies Rücken. In Windeseile galoppierte ich am Seeufer entlang. Nach kurzer Zeit hatten wir den Strand hinter uns gelassen und standen vor Kates Haus. Kate sprang geschickt von Annies Rücken und strich sich ihr pechschwarzes Haar aus dem Gesicht. „Danke schön fürs Mitnehmen und viel Spaß heute Abend!“ Den konnte ich gebrauchen. Wir waren auf ein Bankett eingeladen. Aus jahrelanger Erfahrung wusste ich, dass die immer totlangweilig war. Der einzige Lichtblick auf solchen Veranstaltungen war Tinka. Sie war eine sehr gute Freundin und Leidensgenossin von mir. Kate stand an der obersten Stufe der Treppe. Sie sah mich an. „Weißt du, was ich an dir bewundere, Cheyenne?“ Überrascht schüttelte ich den Kopf. „Du könntest alles haben, was du wolltest. Das verdankst du deinem Adelstitel. Wenn du wolltest, hättest du die Macht, uns aus diesem Haus zu vertreiben. Aber das tust du nicht. Es ist bestimmt ein schönes Gefühl zu wissen, die Macht zu haben, anderen helfen zu können, so wie du es tust...“ Nach dieser kleinen Rede machte Kate auf dem Absatz kehrt und verschwand im Haus. Nachdenklich ritt ich nach Hause.

"Cheyenne?“, rief meine Mum, als ich das Haus betrat. „Wo warst du denn? Jetzt beeil dich! Wir müssen in einer halben Stunde los!“ „Ja, ist gut!“, rief ich zurück und eilte die Treppe hinauf. Wenn ich eines gelernt hatte, war es, dass Prinzessinen nie rennen- sie eilen. In Höchstgeschwindigkeit war ich geduscht und hatte etwas einigermaßen annehmbares aus meinen Haaren gebastelt. Ich flitzte in mein Zimmer, zog mein rotes Ballkleid aus dem Schrank und versuchte es anzuziehen, ohne die Frisur zu zerstören. Was ich auch ziemlich gut schaffte. Kaum stand ich vor der Haustüre fuhr unser Chauffeur auch schon die Limousine vor. Na bitte, hatte irgendjemand daran gezweifelt, dass ich es rechtzeitig schaffen würde?

"Lord und Lady Smith mit Töchtern Princess Lynn und Princess Cheyenne!“ Vor meiner Mum und meinem Dad betrat ich mit Lynn zusammen den Ballsaal. Wie ich das hasste. In diesem Augenblick war die gesamte Aufmerksamkeit auf uns gerichtet. Lynn und ich knicksten vor der Gastgeberin und wurden vom Herr des Hauses mit Handkuss begrüßt. Wir wurden von einem der zahlreichen Diener zu unserem Tisch geführt. Ich setzte mich und sah mich um. Der Großteil der Gäste bestand aus Greisen, die sich krampfhaft an ihrem Stock festhielten, um nicht umzufallen. „Cheyenne!“ Gott sei Dank, da war Tinka. Vor lauter Freude, sie zu sehen, fiel ich ihr um den Hals, was dieser Veranstaltung in keinster Weise gerecht wurde. „Hallo Tinka“, begrüßte ich sie, nachdem ich von ihr abgelassen hatte, „ bin ich froh, dich zu sehen. Ohne dich wäre es hier sonst staubtrocken!“ Tinka und ich lachten. Wir tanzten den ganzen Abend und flirteten mit den jungen Prinzen. Ziemlich spät am Abend öffnete sich noch mal das große Flügelportal. Es wurde still im Saal, nur die Musik dudelte leise vor sich hin. In der Tür erschien eine Frau mit langen schwarzen Locken und südländischem Aussehen. Ihr weißes Kleid hob sich von ihrer sonnengebräunten Haut ab. Selbstbewusst schritt- nein, sie schwebte in die Mitte des Saals, wo sie vom Gastgeber empfangen wurde. Langsam kehrten die anderen Gäste aus ihrer Trance zurück. Es wurde wieder Klatsch und Tratsch über die europäischen Königshäuser ausgetauscht und darüber spekuliert, wessen Tochter Prinz William heiraten wird. So bemerkte niemand außer Tinka und mir den süßen Prinzen, der nach dieser „Zigeunerprinzessin“ des Saal betrat. Sein kurzes braunes Haar war aufgestellt und aus seine unergründlichen tiefgrünen Augen sprühte Abenteuerlust. Es war gleich um mich geschehen. Den restlichen Abend versuchte ich vergebens einen Tanz mit ihm zu ergattern. Jedes Mal hing eine andere Schönheit an seinem Arm, gegen die ich nun wirklich keine Chance hatte. Gegen Mitternacht erinnerten sich Lady und Lord Smith daran, dass sie ja auch noch zwei Töchter hatten. Nach einer schnellen Verabschiedung von Tinka saß ich wieder in unserer Luxuskarosse. Irgendwas fehlte mir, dass wusste ich, ich wusste nur nicht was. Als wir auf unserem Hof ankamen, wusste ich es. Meine Handtasche fehlte! „Mum!“, rief ich müde. „Meine Handtasche! Ich hab sie vergessen!“ „Ja, Schatz. Gleich morgen holen wir sie...“, sagte meine Mum erschöpft. Na toll... Aber was soll’s. Ich schlurfte in mein Zimmer, zog mich um und lies mich völlig erschöpft in mein Bett fallen.

Das Bellen unseres Hundes Santos weckte mich am nächste Morgen. Ich blinzelte in die Sonne und schoss die Augen wieder. Dieser süße Typ vom gestern ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich glaub, ich hatte mich wirklich in ihn verliebt. OK, verliebt war vielleicht übertrieben. Ich kannte ihn doch gar nicht, aber... naja halt! Ich öffnete die Augen wieder, stand auf und streckte mich ausgiebig. Warum war das alles so kompliziert? Ich ging langsam zum Frühstück nach unten. „Guten Morgen, Cheyenne!“, grüßte Mia mich, als ich in die Küche trat. „Morgen“, murmelte ich. „Schlecht geschlafen?“ „Nein, überhaupt nicht. Ich habe nur gerade überlegt, wie ich so schnell wie möglich wieder an meine Handtasche komme...“, murmelte ich weiter. „Ach ja, eure- deine Handtasche!“, schien Mia etwas einzufallen. „Da war vorhin so ein süßer Typ hier, der hat irgendwas von einer Handtasche gesagt.“ Mein Gesicht hellte sich auf. Mias Geschmack war ja nicht schlecht und das Wort „Handtasche“ noch dazu war genial. „Ja, und weiter?“, fragte ich aufgeregt. „Er hat gemeint, er würde später wieder kommen, er möchte dir die Handtasche selbst geben.“, meinte Mia und lächelte über meine Aufregung. Äußerlich blieb ich cool, aber innerlich jubelte ich. Ein süßer Typ UND meine Handtasche! Heute musste mein Glückstag sein!

In den Ferien wollte ich mit Annie an einem Turnier teilnehmen und trainierte deshalb hart mit ihr. Heute ritt ich sie im Zirkel warm. Ich trabte, galoppierte und trabte wieder. Plötzlich stoppte Annie und legte die Ohren an. „Hey, meine Gute, was ist los?“ Suchend sah ich mich um und entdeckte den Grund für Annies Misstrauen. Am Rande des Reitplatzes stand eine Junge, vielleicht so alt wie Lynn. Ich ritt zum Zaun und schwang mich aus dem Sattel. „Hey“, grüßte er, „bist du Cheyenne?“ „Ja. Warum?“ Dieser Junge kam mir bekannt vor, sehr bekannt sogar. Ich wusste nur nicht woher ich ihn kannte. Aber er gefiel mir. Diese unendlich grünen Augen und diese Haare, so süße aufgestellt... „Hier ist deine Handtasche. Du hast sie gestern im Schloss vergessen!“ Ach ja, jetzt wusste ich es wieder. Der süße Typ war bestimmt vom Servicepersonal des Schlosses. Ich bedankte mich und wir redeten noch eine Weile über Annie, doch dann verabschiedete er sich. Ich schwang mich wieder in den Sattel und trainierte weiter. Ärgerlich darüber, dass ich diesen Jungen nicht nach seiner Handynummer gefragt hatte, trieb ich Annie so arg an, dass sie sich aufbäumte und mich fast zu Boden warf.

Ich saß vor meinem PC und chattete mit Tinka. Wir lästerten über Jungs und mir fiel das mit meiner Handtasche ein. Als ich das Tinka erzählte, meinte sie: „Das ist ja wie bei Aschenputtel...“ Ich hätte wetten können, dass Tinka vor ihrem Computer saß und ich sich hineinkicherte. Da es schon ziemlich spät war, verabredete ich mich noch für die nächste Woche mit Tinka und loggte mich aus. Eine Weile saß ich noch da und starrte auf den schwarzen Bildschirm, als mein Handy mich in die Realität zurückholte. Der Display blinkte und zeigte die Worte „Unbekannter Teilnehmer ruft an“. Gespannt drückte ich auf den Hörer. „Hier ist Cheyenne!“ „Hallo, ähm... sorry, wenn ich dich störe, aber...“ „Wer ist denn da überhaupt?“, unterbrach ich die männliche Stimme am anderen Ende der Leitung. „Hier ist Alex. Ich habe dir heute Mittag deine Tasche zurückgebracht.“ Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer. „Hättest du... ich meine, ich habe dich heute reiten sehen und wollte dich fragen...“, er holte tief Luft, „ob du vielleicht mal mit mir ausreiten möchtest?“ Aus dem kleine Hüpfer wurde ein großer Hüpfer. „Ähm, ja klar, warum nicht?“ „OK! Dann schlaf schön!“, verabschiedete sich Alex. Alex... Dieser Name! Jubelnd über diese... naja, Verabredung, tanzte ich in meinem Zimmer herum.

"Cheyenne! Steh auf! Wir müssen los!“, rief meine Mum am nächsten Morgen vom Fuß der Treppe. Los? Wohin? Verwirrung pur und das schon am frühen Morgen. Mühsam quälte ich mich aus dem Bett und nach einer schnellen Dusche schlüpfte ich in meine Klamotten. Ich hatte zwar keine Ahnung was eigentlich los war, saß aber zehn Minuten später total gespannt in userem Auto. Nach etwa einer Stunde Fahrt hielten wir vor einem prunkvollen Schloss, dessen Fassade mir so imponierte, dass ich mich kaum traute aus dem Auto zu steigen. Woraus leider nichts wurde, weil meine Mum schon ungeduldig vor der Autotüre wartete und mit einer Einkaufstasche herumfuchtelte.

"Mum, was machen wir hier?“, fragte ich neugierig. Ich befand mich in einem der „Gemächer“ des Schlosses und zog ein wunderschönes Kleid an, das meine Mum aus der Einkauftasche gezaubert hatte. Das Kleid war himmelblau, schulterfrei, ärmellos und passend zu dem Kleid gab es lange Handschuhe. Es war ein Traum! „Mum!“, rief ich noch mal hinter der Stellwand hervor. „Erstens: Was machen wir hier? Zweitens: Wo hast du das Kleid her?“ „Cheyenne, red nicht so viel, zieh dich um!“, meckerte Mum. „Das Kleid hab ich neulich in der Stadt gekauft!“ Aha, das wollte sie mir nicht sagen. Aber mich wurmte es, dass sie mich ausgerechnet heute hierher schleppen musste. Heute, wo Alex kommen wollte...

Ich saß im bombastischen Saal des Schlosses, wo ich von den ganzen vergoldeten Verzierung geblendet wurde. Irgendwann öffnete sich die große Holztüre am anderen Ende des Raumes. Ich stand auf, lief zur Mitte des Saals und sah verlegen zu Boden. Irgendein Lord, seine Frau und deren Sohn traten ein. Der Junge begrüßte mich mit einem Handkuss und ich knickste vor dem Lord und der Lady. Der Junge war groß und hatte irgendetwas skeptisches Gesicht. Er war nicht viel älter als ich, aber durch seine ordentliche Frisur und seine aufrechte Haltung wirkten seine Züge viel erwachsener. Die Lady musterte mich abschätzend. Was wollten die von mir? „Du und Cliff, ihr seit ein schönes Paar.“, meinte die Lady, als ich neben ihrem Sohn stand. „Ihr werdet euch jetzt wohl öfter sehen?“ Wie? Öfter sehen? OK, Cliff sah nicht schlecht aus und war mit Sicherheit total nett, aber öfter treffen? Lieber nicht... Nach ein bisschen Smalltalk war ich froh, mich verabschieden zu können.

"Mum, was sollte das denn bitte schön?“, rief ich ärgerlich nach vorne zum Beifahrersitz, als ich mich hinten im Auto umzog. Ich bekam keine Antwort, aber ich sah das traurige Gesicht meiner Mutter und wusste, dass es etwas war, das ihr sehr missfiel.

"Schade, dass du nicht da warst. Hätte mich sehr gefreut. Alex“, zeigte mir mein Handy die SMS von Alex an. Mist, fluchte ich innerlich. Ich saß auf der Treppe vor unserer Haustüre und war den Tränen nahe, weil ich ihn verpasst hatte. Plötzlich hörte ich donnerndes Hufgetrappel und sah auf. Alex! Er schwang sich aus dem Sattel, setzte sich neben mich und sah mich an. Ich starrte gerade aus, doch irgendwann bemerkte ich seinen Blick und drehte den Kopf in seien Richtung. Und sah ihm direkt in die Augen. Himmel, waren die grün. So grün, dass es schon fast nicht mehr schön war. „Was?“, fragte ich lachend. Ich stand auf und drehte mich im Kreis. Es war genial! Schönes Wetter, Alex und ein Ausritt am Strand. Alex stand grinsend auf und sah mich kopfschüttelnd an. „Du bist schon komisch.“, meinte er, immer noch grinsend. War das jetzt ein Kompliment? Egal... Unser Stallmeister Harry brachte mir Annie. Ich stieg auf und preschte vom Hof, ohne auf Alex zu achten, der immer noch verwundert auf der Treppe stand.

Nach kurzer Zeit hatte Alex mich eingeholt. Lange ritten wir schweigend nebeneinander her. Irgendwann unterbrach Alex die Stille: „Sag mal, Cheyenne, hast du eigentlich einen Freund?“ Verwundert über diese Frage, schüttelte ich stumm den Kopf. Wir waren am Strand angekommen und banden die Pferde an einem Baum an. In England ist es um diese Zeit ziemlich kühl, vor allem am Strand wehte ein eisiger Wind, obwohl es mitten im Sommer war. Ich zog meine Jacke fester um mich. Nachdem wir eine Weile gelaufen waren, kamen wir in einer windgeschützten Bucht an und wir ließen uns in den Sand fallen.. Mittlerweile war es dunkel geworden. Alex und ich sahen uns den Sternenhimmel an, als Alex auf einmal meine Hand nahm und sie leicht drückte. Eine Welle wohliger Wärme durchflutete mich. Er drehte seine Kopf zur Seite und lächelte mich an. Es war ein wunderschönes Gefühl, ihn neben mir zu wissen und nur das Rauschen des Meere und ab und du das Kreischen der Möwen zu hören.

Die Sonne schien in mein Zimmer. Als ich auf die Uhr sah, erschrak ich. Es war schon halb elf. Ich blieb trotzdem liegen und dachte über den gestrigen Abend nach. Erst gegen Mitternacht waren wir nach Hause geritten und hielten und die ganze Zeit an den Händen. Zum Abschied hatte er mir eine Kuss auf die Wange gehaucht. Ich war regelrecht nach oben in mein Zimmer geschwebt und hatte wie auf Wolken geschlafen. Aber was nützte mir jetzt das Träumen? Seufzend stand ich auf und streckte mich. Da meldete sich mein Magen. Ich hatte seit gestern Mittag nichts mehr gegessen. Also stapfte ich die Treppe hinunter und betrat die leere Küche. Hatten die einfach ohne mich gefrühstückt. Was soll’s, dachte ich, schnappte mir en Brötchen und lief nach draußen, um die Post zu holen. Ich war freudig überrascht, als ich Lynn eng umschlungen mir irgendeinem mir fremden Jungen vom Hof schlendern sah. So glücklich hatte ich sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Inzwischen hatte ich die Post aus dem Briefkasten geangelt. Zwischen lauter Rechnungen und Schreiben von Pächtern befand sich ein Brief der an mich adressiert war. An meinem Brötchen kauend lief ich nach drinnen, setzte mich hin und begann zu lesen:
„Hey meine Kleine,
wie geht’s dir? Mir geht es gut! Ich
glaube, hier würde es die gefallen.
Keine Schule, strahlender Sonnen-
schein und das jeden Tag. Für die
Kinder hier ist das allerdings
nicht so schön. Viele hier leiden
an schlimmen Krankheiten, wie dem
„Grauen Star“. Aber jetzt Thema-
wechsel. Ich weiß nicht, ob Mum
und Dad es dir schon gesagt haben,
aber ich werden heiraten! Sie ist
eine Masaifrau und heißt Marie.
Ich werde bald nach England kommen.
Ich freue mich schon!
Grüße an die anderen!
Bis bald,
Greg“
Greg wird heiraten? Das war ja genial! Greg war mein Bruder und arbeitete in Afrika für „Ärzte ohne Grenzen“. Er war zwar erst 27, aber trotzdem hatte er sein Studium schon abgeschlossen und war seit drei Jahren in Afrika. Ich wollte jetzt auf der Stelle jemandem erzählen, dass Greg heiratete! Aber wem? War ja keiner da. Mist...

Ich saß an meinem PC und chattete wieder mal mit Tinka. Tinka wollte alles über mich und Alex wissen. Dabei waren wir gar nicht zusammen. Schade eigentlich... Gerade als ich meine Mails abrief, bekam ich eine SMS von IHM! „Heute Abend um 9 in unserer Bucht?“ Mehr stand da nicht, doch ich verstand sofort. Happy, wie ich war, teilte ich die neusten Entwicklungen sofort Tinka mit. Tinka freute sich mit mir und komplementierte mich aus dem Chat, damit ich mich für den Abend „vorbereiten“ konnte. Immerhin war es schon kurz nach sieben.
Kurz vor neun, als ich schon auf Annies Rücken saß, rief meine Mum mich zurück: „Sattel Annie ab und komm rein! Ich habe total vergessen, dass wir eine Einladung zu einem Dinner haben!“ „Nein, Mum!“, rief ich. „Das kannst du mir nicht antun! Nicht heute Abend!“ Doch, dass konnte sie. Ich sattelte also Annie ab und zog mich um. Dann ging alles so schnell, dass ich nicht mal Zeit hatte Alex noch eine SMS zu schreiben.

Wütend knallte ich meine Zimmertür hinter mir zu. Dieses Abendessen war der reinste Witz gewesen. Nicht mal Tinka war dort. Und dafür hatte ich das Date mit Alex sausen lassen müssen! Ich nahm meint Handy zur Hand und las: „3 Anrufe in Abwesenheit“ und „ 1 Mitteilung empfangen“. Die drei Anrufe waren von Alex, genauso wie die SMS: „Sorry, dass ich nicht zur Bucht gekommen bin, aber ich war verhindert. Sei mir bitte nicht böse! Hoffentlich bis bald! Alex“ Na gut, wenigsten etwas. Alex war auch nicht dort gewesen. Schnell simste ich „Nein, bin dir nicht böse. Hatte auch keine Zeit! Schlaf schön! Cheyenne“ zurück und schlüpfte dann unter die Dusche, um meine Wut wegzuspülen...

Ich hatte ein Handtuch um meine Haare gewickelt und saß an meinem Schreibtisch und schrieb noch Tagebuch. „Klick“. Zuerst hatte ich dieses Geräusch gar nicht wahrgenommen, doch jetzt ging das schon 10 Minuten so. Es kam von Richtung Fenster. Leicht genervt erhob ich mich, schlich zum Fenster und öffnete es. „Au!“, rief ich, nachdem ich den Kopf nach draußen gestreckt hatte. Mich hatte irgendwas kleines, spitzes getroffen. Unten im Hof entdeckte ich ein Gestalt, die sich bei näherem Hinsehen als Alex entpuppte. „Alex!“, rief ich leise. „Was machst du denn hier?“ Alex ließ die Steinchen, die er noch in der Hand hielt, fallen und rief: „Ich wollte meine Prinzessin noch mal sehen!“ Wie süß! schnell zog ich mir was über und lief leise nach unten, damit meine Eltern nicht auf mich aufmerksam wurden. Unten im Hof stand Alex und grinste. Er starrte auf meinen Kopf und ich bemerkte, dass ich noch das Handtuch um meine Haare gewickelt hatte. „Ist das jetzt der neue Schmuck zukünftiger Königinnen?“, zog Alex mich auf. Ich verzog das Gesicht und nahm das Handtuch ab. Mein feuchtes Haar fiel mir auf die Schultern. „Komm mit!“, flüsterte Alex, nahm meine Hand und zog mich hinter sich her. Ich hatte keine Ahnung, was er vorhatte, aber ich vertraute ihm.

Wir saßen am Ufer des Sees, in warme Decken gewickelt und eng aneinander gekuschelt. Es war Vollmond und hin und wieder rief irgendwo ein Käuzchen. „Alex“, flüsterte ich, „können wir heute Nacht hier übernachten? Ich möchte nicht nach Hause...“ „Cheyenne, du wirst Ärger bekommen!“, flüsterte Alex zurück, klang aber nicht wirklich ernst. Ich nahm das als ein Ja und kuschelte mich enger an ihn.

Am nächsten Morgen wurde ich vom Gezwitscher der Vögel geweckt. Ich rieb mir die Augen und sah auf meine Armbanduhr. „Mist!“, fluchte ich leise, weil ich Alex nicht wecken wollte. Es war bereits halb acht. In spätestens einer halben Stunde würde Mum in mein Zimmer kommen, um mich zu wecken, obwohl Ferien waren. Und sie würde einen Anfall bekommen, wenn ich nicht selig schlafend in meinem Bettchen lag. So schwer es mir fiel, ich musste gehen. Alex schlief noch wie ein Engel, also gab ich ihm einen Kuss und rannte im Laufschritt mit fliegendem Haar nach Hause.

Unser Hof lag noch still, als ich nach Hause kam. Ich lief gleich zu Annie in den Stall. Freudig wieherte ich mir entgegen, legte aber gleich die Ohren an. „Hey, Annie“, flüsterte ich und ging langsam auf sie zu, „ was ist denn los?“ Ich streichelte ihr über die Schnauze. Normalerweise war Annie nicht so misstrauisch. Hinter mir hörte ich Schritte, drehte mich aber nicht um, weil ich Mum oder Dad vermutete und rief fröhlich: „Guten Morgen!“ Ich bekam den Gruß erwidert, allerdings von einer tiefen, unbekannten Stimme. Ich spürte noch den beißenden Geruch von Chloroform in der Nase...

Langsam wachte ich aus meiner tiefen Ohnmacht auf. Ich lag auf einem Himmelbett mit weinrotem Baldachin, in einem rosa Kleid, dass ich nicht kannte. Angst überkam mich. Wo war ich? Was sollte ich hier? Wie bin ich hierher gekommen? Tausend Fragen, auf die ich keine Antwort hatte, schossen mir durch den Kopf. Mir stiegen die Tränen in die Augen. Vor wenigen Stunden lag ich noch glücklich mit Alex am Ufer des Sees und jetzt war ich hier. Keine Ahnung, wo ich war und was ich hier sollte . Abgeschnitten von der Außenwelt. Ich ging im Zimmer umher. Die Tür! Warum war ich nicht auf die Idee gekommen, sie zu öffnen? Ich rüttelte am Türknauf - und tatsächlich: sie ging auf! Jubelnd lief ich auf den Gang hinaus und sah mich um. Ich hörte Stimmen. Schnell versteckte ich mich hinter einem Vorhang. Musste ja nicht jeder wissen, dass ich hier rumlief. Die Stimmen kamen näher. Vorsichtig blinzelte ich hinter dem Vorhang hervor. Alex! Er war hier! Er musste mir helfen! Er unterhielt sich mit einem Jungen in seinem Alter, der eine Wagen vor sich herschob. Ich trat hinter dem Vorhang hervor und warf mich Alex in die Arme. „Alex“, schluchzte ich, „du musst mir helfen!“ Er drückte mich fest an sich, als er merkte, dass ich weinte. „Was ist los? Cheyenne, was machst du hier überhaupt?“, fragte er, über irgendwas aufgebracht, strich mir aber gleichzeitig sanft übers Haar. Ich holte tief Luft, um mich zu beruhigen. Dann fing ich an, Alex alles zu erzählen. Der Junge, der Alex begleitet hatte, war bereits verschwunden. Als ich geendet hatte, war Alex total wütend. Ich hatte keine Ahnung weshalb und auf wen. Auf jeden Fall rannte er auf einmal los und lief mich einfach stehen. Was sollte das denn jetzt? Er machte mir Angst. ganz allein stand ich jetzt in dem spärlich beleuchteten Gang. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass es draußen schon dunkel wurde. Na toll, dachte ich. Tagsüber machten sich mein Eltern keine Sorgen um mich, weil ich meistens den ganzen Tag unterwegs war. Ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen machten, also musste ich so schnell wie möglich hier raus. Eine Weile irrte ich durch das Schloss. Ich wollte schon erschöpf aufgeben, als ich endlich das Portal aus altem Eichenholz entdeckte. Ich zog und rüttelte, aber es rührte sich nichts. In Tränen aufgelöst ließ ich mich auf den Boden sinken. Warum musste das alles passieren? Ich legte den Kopf auf meine angezogenen Knie und blickte zur Seite. Ich erschrak, als ich Alex erkannte. Er hatte sich unbemerkt neben mich gesetzt und die Arme um mich gelegt. Abermals wurde ich von Schluchzern geschüttelt. Es war gut, Alex neben mir zu wissen. Doch Alex stand auf. „Nein“, flüsterte ich schwach, „nein, bleib hier! Lass mich nicht allein!“ „Cheyenne, so gerne ich dich bei mir habe, du musst gehen!“, meinte Alex mit fester Stimme. Er machte sich an einem Schränckchen, das neben der Türe in die Wand eingelassen war, zu schaffen. „Du musst jetzt gehen!“, wiederholte Alex und schloss die Türe auf. Seufzend erhob ich mich. Zum Abschied wollte ich ihn küssen, aber er schob mich grob von sich weg. Verlegen schaute ich zu Boden und merkte, dass ich immer noch das rosa Kleid anhatte. „Behalt es!“, meinte Alex mit etwas zittriger Stimme, als hätte er meine Gedanken erraten. Er hielt mir die Tür auf, wie um zu verdeutlichen, dass er nicht mehr mit mir reden wollte.

Nach einer halben Stunde Fußmarsch kam ich wütend zu hause an. Warum tat Alex mir das an? Ich meine, erst macht er mir Hoffnungen und dann ließ er mich einfach so stehen. Im wahrsten Sinne des Wortes. „Hey, Mum!“, rief ich in die Küche, damit sie wusste, dass ich wieder zu Hause war, stapfte die Treppe nach oben in mein Zimmer, warf mich auf mein Bett und versuchte, die ganze Wut aus mir rauszuheulen. „Piep! Piep!“, kündigte mein Handy eine SMS an. Blödes Ding! War bestimmt eh nur von Tinka. Ich wollte es gar nicht wissen. Ausgelaugt stand ich auf und schälte mich aus diesem doofen rosa Kleid. Dann warf ich mich wieder auf mein Bett und schlief unter Tränen ein.

"Hey, Cheyenne!“ Ich wurde sanft an der Schulter geschüttelt. Beleidigt - aus welchem Grund auch immer - drehte ich mich zur Wand und wollte weiterschlafen. Es war Tinka, die auf meinem Bett saß und versuchte mich wach zu bekommen. Anscheinend hatte sie bemerkt, dass etwas mit mir nicht stimmte. War ja auch nicht schwer zu übersehen. Sie legte sich zu mir und nahm mich in den Arm. „Was ist los mit dir?“ Mir kamen die Erinnerungen an gestern Abend hoch und ich schüttelte unter Tränen den Kopf. „Nichts“, flüsterte ich heiser. Tinka setzte sich wieder auf: „Cheyenne, warum erzählst du es mir nicht? Ich dachte, ich bin deine beste Freundin...“ Ich drehte mich zu ihr um. Meine Augen waren vom vielen Weinen ganz aufgequollen. „Tinka, du bist meine beste Freundin und wirst es immer bleiben.“, seufzte ich. „Also gut...“ Und es sprudelte nur so aus mir heraus, froh, es mir von der Seele reden zu können. „Also, dass hätte ich nicht von Alex gedacht. Dabei war er so nett!“, rief Tinka entsetzt aus. „Ich meine, ich kenne ihn nicht, aber trotzdem...“ Ich seufzte abermals: „Was willst du machen?“ Dann fiel mir etwas ein. „Was machst du eigentlich hier?“ „Ich wollte mich mit dir für dieses Bankett heute Abend hübsch machen, aber so wie die Situation jetzt ist...“, erklärte Tinka. „Nichts da! Wir gehen da hin! Ich lasse mich von Alex nicht so runterziehen!“, rief ich laut. Tinka schaute mich überrascht an und meinte: „Super! Das ist meine alte Cheyenne!“

Als wir am Abend aus unserer Limousine stiegen, wehte ein kühler Wind. Ich schloss mein Jäckchen fester um mich und lief die Auffahrt nach oben auf das große Portal zu. Drinnen war es sehr angenehm. Die Kronleuchter sendeten ein warmes Licht aus und die Temperatur war angenehm. Tinka trat neben mir in den großen Saal und zupfte sich die Blätter von dem Satinstoff ihres Kleides. „Dieser blöde Wind!“, schimpfte sie dabei. Wir mischten uns unauffällig in die Menge, die wie immer zum größten Teil aus alten Greisen bestand, die sich auf ihren Stöckchen abstützen und geziert ihren Sekt schlürften. Eine Weile sahen Tinka und ich noch dem Kommen der Lords, Ladies, Prinzessinnen und Prinzen. Da nichts wirklich Nennenswertes dabei war, schnappte ich mir den nächstbesten Typen, der noch ohne Stock in der Lage war sich aufrecht zu halten und zerrte ihn auf die Tanzfläche. Frusttanzen, nannte Tinka das, als sie mich zwischenzeitlich mal abgefangen hatte. Das nächste Lied war ziemlich langsam, weshalb ich kein Lust hatte, darauf zu tanzen. Tinka und ich holten uns etwas zu trinken und setzten uns an einen der runden Tische. Plötzlich stieß Tinka mich in die Seite und deutete mit dem Kopf in Richtung Buffet. „Schau mal“, meinte sie, „ unser südländischer Prinz.“ Ich sah in die Richtung, in die Tinka deutete und hätte mich fast an meinem Wasser verschluckt. Ich hustete und keuchte und als ich wieder zu Luft kam, krächzte ich: „Tinka, das ist Alex!“ Und zwar nicht vom Dienstpersonal, wie ich bisher gedacht hatte, sondern ein richtiger Prinz. An seinem Arm hing - und das versetzte mir einen Stich ins Herz - die „Zigeunerprinzessin“. Das Mädchen sah noch hübscher aus als das letzte mal. Ihre Haut war noch brauner und das schwarze Haar fiel ihr lockig auf die Schultern. Mit ihrem schulterfreien Kleid, das einen aufgebauschten Rock hatte, und ihren käferschwarzen Augen sah sie richtig verwegen hatten. Hübsch verwegen. Ich konnte Alex verstehen, dass er lieber mit diesem Mädchen zusammen war als mit mir. Traurig starrte ich auf das Glas Wasser, das ich immer noch in der Hand hielt. „Cheyenne“, wisperte Tinka, „in an deiner Stelle würde mich schleunigst verziehen!“ Ich sah Tinka an und folgte ihrem Blick. Oh no! Alex kam auf uns zu und er sah ziemlich ernst aus. „Tinka“, flehte ich, „lass dir irgendeine Ausrede einfallen. Irgendwas! Bitte!“ Ich sprang von meinem Stuhl und verdrückte mich auf den Balkon. Ich atmete die kalte Nachtluft ein, um einen klaren Kopf zu bekommen. Warum wollte Alex mit mir reden? Er war doch derjenige gewesen, der mich weggeschickt hatte. Hoffentlich konnte Tinka ihm das ausreden. Mit Alex zu reden war das letzte, was ich jetzt wollte. Er hatte mich verletzt. Selbst wenn ich ihm verzeihen sollte, es würde nie mehr so werden, wie es gewesen war. Nie mehr Strandritte, nie mehr zusammen den klaren Sternenhimmel beobachten. Ich hörte, wie sich die Türe des Balkons öffnete und jemand heraustrat. Bitte nicht Alex!, flehte ich stumm. Lass es bitte nicht Alex sein. Die Person trat hinter mich und legte mir die Hände auf die Schultern. „Cheyenne“, flüsterte Alex. „Du brauchst nicht mit mir zu reden. Hör mir einfach nur zu!“ OK, dachte ich mir. Warum nicht? „Gestern... das ist irgendwie dumm gelaufen. Ich wollte dich einfach so schnell wie möglich aus dem Schloss bringen!“ Warum? Ich sprach diese Frage nicht laut aus, sondern lauschte einfach Alex’ Stimme. „Ich war ziemlich erstaunt, als ich dich in... in diesem Kleid durch die Gänge laufen sah.“, fuhr er fort. „Das Kleid gehörte meiner Mum. Sie ist vor zwei Jahren bei einem Reitunfall gestorben...“ Warum erzählte er mir das? Es gefiel mir nicht, so weit in sein Leben einzudringen. Er redete weiter: „ Auf jeden Fall wurde ich sauer. Ich meine, du sahst wunderschön aus und erinnertest mich an meine Mutter. Aber die Tatsache, wie du in unser Schloss gekommen warst, missfiel mir.“ Bitte vergleich mich nicht mit deiner Mutter!“, flehte ich stumm. Das hatte ich nicht verdient. „Mein Vater hatte dich morgens im Pferdestall überfallen und dich zu uns ins Schloss geschleppt. Er trinkt und weiß nicht, was er macht. Ich wollte dich aus dem Schloss bekommen, bevor er dir was tut. Als ich wegrannte, wollte ich mit meinem Vater reden.“ Mir liefen Tränen über die Wangen. Also lag Alex doch etwas an mir. „Versteh mich bitte, Cheyenne!“, flüsterte er. Ich drehte mich um und wisperte: „Warum sollte ich dich verstehen? Und warum erzählst du mir das erst jetzt? Du weißt wo wir wohnen und wir haben ein Telefon. Außerem hast du deine Zigeunerprinzessin!“ Alex sah erstaunt aus. „Du solltest mich verstehen, weil ich dich mag. Sehr sogar!“, fing er an meine Fragen zu beantworten. „Ich hatte dir gestern eine SMS geschrieben, in der ich dich um ein Treffen gebeten hatte, weil ich dir alles erklären wollte. Gestern Abend war es schon zu spät, um dich zu besuchen und euch anrufen wollte ich nicht. Und die Zigeunerprinzessin“, schloss Alex, „ist meine Cousine. Mein Vater will mich mit ihr verheiraten...“ Stimmt, eine SMS hatte ich bekommen, aber da war ich so fertig, dass ich sie nicht lesen wollte und es stimmte auch, dass meine Eltern es nicht mochten, wenn spät abends das Telefon klingelte. Ich war hin- und hergerissen zwischen den Gefühlen für und der Wut auf Alex. Die Wut in mir ebbte langsam ab.Es hatte sich alles geklärt, aber ich kam mir trotzdem ungerecht behandelt vor. Keiner von uns beiden sagte jetzt ein Wort. Alex stand neben mir an der Brüstung und starrte in die Nacht. Vom Saal drang Musik heraus, ganz leise, aber man konnte sie hören. Alex nahm meine Hand und fasste mich an der Taille. Wir standen auf der großen, freien Fläche des Balkons und auf einmal begann Alex zu tanzen. Drinnen sah ich Tinka, die ziemlich verwundert drein sah. Aber irgendwie war nicht alles wie vorher. „Cheyenne?“ „Hmm?“, flüsterte ich geistesabwesend. „Ich muss...nein, ich will dir etwas sagen!“, flüsterte Alex ernst. „Ich habe mich in dich verliebt!“ Das war zu viel für mich. Ich brach in Tränen aus und verließ fluchtartig den Balkon, den Saal, riss Tinka und meine Eltern mit mir und flüchtete mich in die Limousine.

Die ganze Fahrt über sprach ich kein Wort, es versuchte aber auch keiner, mich anzusprechen. Ich hatte mich wieder beruhigt. Der Abend war zu viel gewesen. Es wäre so schön geworden, hätte Alex mir nicht gesagt, dass er mich liebt. Wenigstens war er sich seiner Gefühle sicher. ICH wusste nicht, ob ich Alex nur als Kumpel oder als festen Freund wollte. In Gedanken versunken bemerkte ich nicht, dass wir vor der Villa von Tinkas Eltern hielten. „Ciao, Süße!“, verabschiedete ich mich, legte mich auf den soeben frei gewordenen Sitz und begann wieder zu weinen...

Die nächsten Tage verbrachte ich viel Zeit mit Annie. Ich trainierte hart für das Turnier am Wochenende. Zirkel, ganze Bahnen, Ecken ausreiten, Voltigieren, Dressurreiten. Zum Glück war schönes Wetter und so konnte ich den Reitplatz im Freien benutzen. Manchmal kamen kleine Kinder aus dem Dorf, die Annie reiten wollten. Ich hatte nichts dagegen, weil ich mir so eine Kleinigkeit dazu verdienen konnte. Oft vergaß ich darüber meinen Kummer um Alex. Aber ganz konnte ich seine Worte nicht vergessen. „Ich habe mich in dich verliebt!“, hatte er gesagt. Meine Gedanken waren weit abgeschweift, aber mittlerweile waren die Knirpse verschwunden. Ich beschloss, Annie und mir eine Auszeit zu gönnen. Ich zäumte und sattelte sie, schwang mich in den Sattel und trabte vom Hof. Gerade als ich das Tor hinter mir schloss, sah ich Alex in die Richtung unseres Hofes laufen. Nein, dachte ich. Alex hatte mich entdeckt. Ich sah ihn an und fasste meinen Entschluss. Ich trieb Annie an und galoppierte davon.

Ich stand am Ende der Klippe. Unter mir toste das Meer. Die schäumenden Klippen. Annie, die ich an einem Baum festgebunden hatte, legte immer mehr die Ohren an, je weiter ich mich dem Ende der Klippe näherte. Der Stein bröckelte unter meinen Füßen. „Cheyenne!“ Nein, Alex, dachte ich. Bleib wo du bist! Das hatte ich anscheinend laut gesagt, denn Alex rief: „Nein, Cheyenne! Warte!“ Was dachte er, was ich jetzt tat? Stehen bleiben und darauf warten, dass er mich rettetet? Mein Leben war scheiße! Der süßeste Typ Englands gestand mir seine Liebe und ich rannte heulend davon. Ich meine, was wollte er ausgerechnet jetzt von mir? Kann er sich denn nicht vorstellen, dass ich gerne alleine sein wollte? „Bleib stehen, oder ich springe!“, rief ich, als Alex nur noch zwei Schritte von mir entfernt war. Vor meine Füßen begann die Klippe zu bröckeln. Ein großer Stein stürzte in die Tiefe und wurde vom Meer verschluckt. Unwillkürlich sprang ich zurück, stolperte, fiel hin. Sofort war Alex bei mir. Er hockte sich neben mir, fasste mich an den Schultern und küsste mich sanft. Als sich unsere Lippen voneinander lösten, schüttelte ich schwach den Kopf. „Alex“, sagte ich fest, „das geht nicht!“ Alex ließ sich seufzend nach hinten fallen: „Cheyenne, warum denn nicht? Du weißt, wie sehr ich dich mag. Und du -“ „Alex, ich mag dich auch!“, unterbrach ich ihn. „Ich glaube, ich bin auch in die verliebt. Aber... ich glaube, da gibt’s ein Problem. Ich möchte das erst klären! Nimms mir nicht über...“ Ich stand auf, lief zu Annie und band sie los. Nachdem ich mich in den Sattel geschwungen hatte, drehte ich mich noch mal zu Alex um und rief: „Danke. Danke, dass du mich da vorne weggeholt hast!“

Der Tag war noch jung und ich beschloss, dieses Problem sofort zu lösen. Meine Eltern waren nicht da und so würden sie nie von meiner Aktion erfahren. Ich fasste den Entschluss, mir ein Taxi zu leisten, da mir ein Ritt zu meinem Zielort zu lang war. Bald darauf stand ich vor einem riesigen Schloss. Entschlossen, dieses Problem zu lösen, zog ich an der altmodischen Glocke. Der Butler öffnete mit einem piepsigen „Guten Tag“. „Guten Tag“, grüßte ich zurück. „Mein Name ist Princess Cheyenne Smith und ich würde gerne mit der Lady des Hauses sprechen!“ Der Butler musterte mich skeptisch, ließ mich dann aber eintreten und beschrieb mir den Weg.

Leise klopfte ich an die Tür der Gemächer der Lady. „Herein“, bat eine sanfte Stimme. Ich atmete noch mal tief durch und öffnete dann die Tür. Die Lady saß an ihrer Kommode und bürstete sich ihr Haar. Als sie meine Schritte hörte, drehte sie sich um,, stand auf und kam auf mich zu. Ich knickste und gab der Frau die Hand. „Hallo, mein Name ist Princess Cheyenne Smith.“, stellte ich mich vor. „Ich war vor einiger Zeit mit meinen Eltern hier und -“ „Ah ja“, unterbrach mich die Lady mich und ihr hübsches Gesicht verfinsterte sich, „Sie sind das Mädchen, das meinen Sohn Cliff heiraten will...!

Verstohlen wischte ich mir die Tränen aus den Augenwinkeln. Ich saß in meinem Ohrensessel, die Beine angewinkelt und den Kopf obenauf gelegt. Lady Robins, so hatte sie sich vorgestellt, und ich hatte langen geredet und am Ende zusammen geweint. Wie ich herausgefunden hatte, waren Lady Robins’ Sohn und ich Opfer einer Vereinbarung unserer Urururgroßväter geworden. Laut dieser Vereinbarung musste das jüngste Kind der Familie Smith das jüngste Kind der Familie Robins heiraten. Zwar erst im Alter von 21 Jahren, aber das war schlimm genug. Leise spielte mein CD-Player „Time to say Good Bye“ von Andrea Boccelli. Genau das, was zu meiner momentanen Stimmung passte. Ich hätte vorhin doch springen sollen. Da fiel mir etwas ein. Heute war Greg nach England zurückgekommen und morgen war die Hochzeit mit Marie. Ich lief nach unten und wischte mir die letzten Tränen aus den Augen, als sich auch schon die Haustüre öffnete. Greg und Marie! Marie war eine Schönheit. Sie war schwarz und trug eine roten Hosenanzug, der sie noch hübscher machte. „Greg!“, jubelte ich und fiel ihm um den Hals. Er wirbelte mich herum und als er mich wieder zu Boden gleiten ließ, drückte er mich und seufzte: „Cheyenne, lass mich leben,ich möchte meine Hochzeit gerne noch erleben.“ Ich von ihm ab und wandte mich an Marie. „Hallo, ich bin Cheyenne. Freut mich, dich... Sie kennen zu lernen!“ „Das „du“ ist schon in Ordnung“, sagte Marie in perfektem Englisch, „ich bin noch nicht so alt, als dass man mich siezen müsste.“ Sie lächelte. Im Laufe des Tages wurden Marie und ich Freunde. Sie wurde eine große Hilfe für mich, auch später. Wir lachten, weinten und freuten uns zusammen.

Es war der Tag der Hochzeit. Meine Eltern hatte Haus und Hof herausgeputzt und geschmückt. Greg hatte ich den ganzen Tag noch nicht gesehen, also half ich Marie beim Anziehen des Hochzeitkleides. Marie sah wunderschön aus in dem schulterfreien, cremefarbenen Kleid mit der langen Schleppe. Ihr langes schwarzes Haar hatte Lynn zu eine kunstvollen Hochsteckfrisur zusammengebastelt, aus der einige Strähnen herausfielen. Gegen halb zehn zog auch ich mich um und ich mich um und verließ das Haus, um im Garten bei der bereits eingetroffenen Festgesellschaft Platz zu nehmen. Ich ließ meinen Blick über die Menschen schweifen und kam zu dem Schluss, dass wieder lauter alte Greise da waren und dass es, falls Tinka nicht kam, ein total langweiliger Tag werden würde. Die Musik erklang, Greg stand bereits am Altar und da kam Marie. Sie schwebte am Arm ihres Vaters nach vorne. Die Hochzeitszeremonie begann, Tränen flossen, nur mich ließ das alles ziemlich kalt. Meine ganze Wut über diesen komischen Großvater stieg wieder in mir auf. Ich war auf dieser Welt, um zu leben, wie ich es wollte und nicht, wie es irgendein schon ewig toter Mensch es mit einem anderen schon ewig toten Menschen ausgemacht hatte. Irgendwann würde auch ich in einem weißen Kleid, am Arm meines Vaters nach vorne an diesen Altar schreiten, an dem ein Mann auf mich warten würde, den ich mit keiner Faser meines Herzens liebte! Durch meine Gedanken hatte ich die Hälfte der Trauung verpasst. Greg steckte Marie gerade den Ring an und küsste sie zärtlich. Hach, war das schön... Aber wer küsste mich? Ich drehte den Kopf zur Seite und sah... Alex! Ich seufzte und dachte an Lady Robins und deren Sohn - und sie waren mir egal. Erschöpft legte ich meinen Kopf an Alex’ Schulter und ließ mich von den Klängen der Geigen hinwegtragen...

"Auf Wiedersehen“, ich küsste Alex noch einmal. Ich konnte und wollte mich nicht von ihm lösen! Der Tag war so schön gewesen. Wir hatten getanzt, gelacht und uns immer wieder geküsst. Ich war so glücklich gewesen und wollte nicht, dass Alex jetzt ging. Er hielt meine Hand ganz fest und küsste mich. „Ich muss!“, sagte er, ließ mich aber nicht los. Da einer den ersten Schritt machen musste, drehte ich mich um und ging ins Haus...


Acht Jahre später


"Mensch, Cheyenne! Wo bleibst du? Wir müssen los?“, keifte mein Mann durchs Haus. Ich wusste genau, dass wir es eilig hatten, aber das war mir so egal. Ich war seit einem Jahr mit diesem Monster ziemlich unglücklich verheiratet. Und langsam hatte ich keine Lust mehr am Leben. Zu Alex hatte ich auch schon lange keine Kontakt mehr. Wir hatten nach Gregs Hochzeit eine sehr schöne Zeit zusammen. Er hatte es immer wieder geschafft, mich zum Lachen zu bringen. Doch irgendwann war unsere Beziehung auseinander gegangen und wir hatten uns aus den Augen verloren. Nun hatte ich dieses Monstrum. Nichts war mir geblieben. Sogar Annie hatte man mir genommen! Nichts war mehr, wie es einmal war...

"Cheyenne!“ Dieser Typ regte mich auf! Ich holte tief Luft, setzte mein bezauberndstes Lächeln auf und öffnete die Tür. Meinem Mann verschlug es wie immer die Sprache und ich war froh, als wir endlich im Auto saßen. Eine halbe Stunde später hielten wir vor einem Schloss, das an einer Klippe gebaut worden war. Ich kannte diese Stelle. Damals als ich hier war, gab es dieses Schloss noch nicht. Ich war zu dieser Zeit kurz davor zu springen, doch Alex hatte mich gerettet. Ich seufzte, hängte mich bei meinem Mann ein und betrat das Schloss. Und schon ging es los. Jeder Frau, die an uns vorbei lief, wurde nachgepfiffen und ich wurde herumkommandiert. Cheyenne hier, Cheyenne dort. Mir langte es entgültig. Mit tränenüberströmten Gesicht rannte ich aus dem Schloss ans Ende der Klippe. Der Wind ließ mein Haar flattern, mein Kleid schmiegte sich an meinen Körper. Zaghaft machte ich einen Schritt nach vorne. Diesmal war da kein Alex, der mich hätte retten können. Und diesem Monster, das ich zum Mann hatte, würde nicht mal auffallen, dass ich nicht mehr da war. Frühestens dann, wenn keiner mehr da war, der ihm etwas zum Mittag kochte. Noch einmal stieg mein ganzes Leben vor mir auf. Es gab auch viele schöne Momente, an die ich mich gerne erinnerte. Aber so, wie es jetzt war, wollte ich nicht mehr leben! Ein letztes mal sah ich mich nach dem Schloss um. Und dann sprang ich...
 
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Kommentare  

hallo du pfirsich,
puuuh kann ich nur sagen, ganz schön lang. du beschreibst sehr gut und hast einen angenehmen schreibstil, schweifst nicht zu sehr vom thema ab, also eigtl alles super;) das ende geht mir ein bisschen zu schnell, das wirkt nach der vorher sehr ausführlich erzählten "kindheit" ein wenig lieblos.

das wort "monster" würde ich nur einmal benutzen, überhaupt würde ich dir raten, zuerst einfach die stiuation zu zeigen, ohne von der vergangenheit zu erzählen (vllt dem mann einen namen geben, dann merkt man automatisch, dass es nicht alex ist und kann sich seinen teil dazu denken), sodass der leser sich ein bild davon machen kann, und erst als sie beschließt, ihn stehen zu lassen, rausrennt und springt, ihre gedanken zu erläutern.
das soll dich jetzt aber nicht herumkommandieren;)

der mix "amüsantes" - "trauriges" ist auf jeden fall ein blickfang:D

sooich hab mir beim lesen mal was rausgefiltert was mir unklar war oder wo ich RS fehler entdeckt habe oder oder oder...

Normalerweise rumorte meine Mum um diese Uhrzeit schon in der Küche und mein Vater befand sich schon in seinem kleinen Laden auf unserem Hof.
>>> "Mum" und "Vater" harmoniert nicht so gut finde ich...;)

„Cheyenne!“, rief sie vorwurfsvoll. „Du sollst doch nicht immer die Treppe so herunterpoltern! Irgendwann bricht sie noch unter dir zusammen!“, schimpfte sie im Scherz.
>>>zwei dinge:
einmal, eigtl würdees genügen, einmal zu erwähnen, dass die mutter spricht, also könntest du theoretisch entweder das "rief sie vorwurfsvoll" oder das "schimpfte sie im Scherz" wegnehmen.
außerdem: im scherz schimpfen klingt für mich, als würde die mutter das gar nicht so meinen, du willst aber wohl eher ausdrücken, dass sie zwar schimpft, aber nciht ernsthaft wütend ist. vllt findestdu eine andere formulierung...?

"Dir auch eine guten Morgen, Mia! Hast du meine Mum gesehen?“
>>>ich hatte dass so verstanden, als sei sie mit der mutter in die küche gekommen. hö?

Da fiel mir ein, dass meine Mum bereits am frühen Morgen in der kleine Stadt gewesen war.
>>> entweder müsste es "in der kleinen Stadt" oder "in der Kleinstadt" heißen.

Ich bremste Annie und sprang neben Kate in den Sand.
>>>sagt man "ein pferd bremsen"? das klingt eher nachm auto.

„ bin ich froh, dich zu sehen.
die lerrstelle vor "bin" kann weg.

Es wurde wieder Klatsch und Tratsch über die europäischen Königshäuser ausgetauscht und darüber spekuliert, wessen Tochter Prinz William heiraten wird.
>>> ich würd "würde" schreiben, indirekte rede und außerdem ist sogar der inhalt dieser indirekten redespekulativ;)

Gegen Mitternacht erinnerten sich Lady und Lord Smith daran
>>>klingt einfach net so rund, finde ich. für mich heißt es einfach automatisch "Lord und Lady", ist aber jetzt kein weltuntergang:D

Dieser süße Typ vom gestern ging mir nicht mehr aus dem Kopf.
>>> mir ist im vorigen abschnitt überhaupt kein typ aufgefallen. vllt bin ich doof, aber beim zweiten lesen auch nicht. vllt solltest du den im abschnitt vorher etwas mehr hervorheben^^

Der Junge war groß und hatte irgendetwas skeptisches Gesicht.
>>>satz?

Eine Weile sahen Tinka und ich noch dem Kommen der Lords, Ladies, Prinzessinnen und Prinzen.
>>>irgendwo muss ein "zu" rein, von "zusehen"

„Ciao, Süße!“, verabschiedete ich mich, legte mich auf den soeben frei gewordenen Sitz und begann wieder zu weinen...
>>>das ist jetzt eher geschmacksfrage, aber wenn ich die ganze zeit am heulen bin, sage ich nicht zum abschied „Ciao, Süße!“;)

„Sie sind das Mädchen, das meinen Sohn Cliff heiraten will...!
>>>am ende wieder anführungszeichen

Im Laufe des Tages wurden Marie und ich Freunde.
>>>auch eher geschmacksfrage: jemand, den man einen tag lang kennt, soll ein freund sein?

Ein letztes mal sah ich mich nach dem Schloss um.
>>>"Mal" großgeschrieben

soar;) vllt denkst du ja in einigen fällen ähnlich und magst die flüchtigkeitsfehler verbessern. mir gefällt deine story jedenfalls so im gesamteindruck sehr gut, nur wie halt oben erwähnt könnte das ende ein bisschen mehr "genossen" werden...;)

lg darkangel


darkangel (10.08.2007)

Ziemlich suizid gefährdet ^^.
Trotzdem sehr schön.


Franz Kafka (10.08.2007)

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