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5 Seiten

Es war im Herbst. --- Teil I

Romane/Serien · Herbst/Halloween · Romantisches
Sie hatte ihn zu sich eingeladen. Es war Herbst. Der Regen würde bald kommen, aber noch waren es erst verfärbte Blätter und der gewisse Geruch, der uns den Herbst erahnen ließ.
Er ist mit dem Wagen angereist, parkte vor ihrem Haus, stieg aus und lehnte sich so an das Auto, sodass er das Haus in Ruhe betrachten konnte.
Hier wohnt sie also, das ist ihre Heimat, dachte er bei sich.
Er blickte die Straße hinab, über die Zäune der Nachbarn, auf den Briefkasten, der ihren Zaun schmückte. Er sah hinauf auf die Fenster.
Welches wohl ihr Fenster sein mag? Steht sie vielleicht gerade an einem und hat ihn bereits entdeckt? Ob sie schon heute schon des öfteren hinaus gesehen hat?
Er war nervös und doch fühlte er sich gut, wohl. Die Luft strich ihm in den Nacken. Er war sehr sensibel im Augenblick. Alles nahm er verschärft wahr. Hier wohnt sie also, sagte er sich immer wieder. Er konnte nicht aufhören dies zu denken. Sich vorzustellen wie sie durch den Hof ging, hinüber zum Zaun, das kleine Türchen öffnete und in eine Richtung einschlug. Ihre Haare würden bei dem Wind sicherlich mit einzelnen Strähnen mit wehen.
Er wusste, sie ist wunderschön. Aber gesehen hatte er sie noch nicht. Zumindest nicht leibhaftig. Nur auf Bildern, die sie künstlerisch aufwertete. Sie war wunderschön. Er glaubte, er habe noch nie eine schönere Frau gesehen. Sie hatte blaue Augen. Eigentlich möchte er das nicht. Aber er konnte sich nicht helfen. Es war magisch. Sie zog ihn an. Und er wusste auch, dass es nicht nur ihre dichten schwarzen Haare waren, oder ihre weiße porzellanartige Haut. Es war mehr ihre Art, die ihn so einnahm. Ihre Einzigartigkeit.
Zurückhaltend, schüchtern, klug und ein ihr feines Gefühl für die kleinen Dinge im Leben. Sie würde sich niemals selbst loben. Sie würde nicht wissen was sie antworten soll, wenn jemand ihr ein Kompliment machen würde. Sie würde mit ihm an den Strand gehen und schweigen. Sie würde ihm verstohlen mustern und auch wenn sie ihn gerne öfter ansehen wollen würde, würde sie es nicht tun. Aber er wollte. Er wollte sie sehen.
Er blickte zum Haus. Und er konnte sich nicht bewegen. Er blickte es nur an und dachte an sie.
Und er konnte es nicht fassen, dass er da war. Er hatte schon oft darüber nachgedacht, wie es wohl sein würde. Ob sich dieses Gefühl, das sie bisher hatten, sich auch hier, von gegenüber zu gegenüber verselbstständigen würde. Er war gekommen ohne jegliche Erwartungen. Er wollte sie nur sehen.
Er drehte sich um und öffnete die Hintertür des Wagens, um seinen Rucksack raus zu holen. Den Rest würde er später holen, wenn sie immer noch einverstanden wäre, das er bei ihr schläft.
Und als er grad die Tür zuwarf, und zum Haus blickte, sprang die Eingangstür auf und er blickte wie gebannt hin, als ein heller großer Hund heraus sprang.
Und da erschien sie. Klein wie sie war. Ihre Haare nach hinten zusammen gesteckt auf einem dunklen Schal liegend, in einer legeren Jeans und einem lockeren T-Shirt, trug sie Hausschuhe und schaute etwas verlegen und schüchtern zu ihm rüber und lächelte, als sie merkte, dass es er wohl sein müsste, den sie erwartet hatte.
Er stand noch immer an der gleichen Stelle und lächelte zurück und hob eine Hand zum Gruße. Langsam ging er über die Straße. Sie blieb am Eingang ihres Hauses stehen und schaute ihm zu, wie er das kleine Tor öffnete, sich von ihrem Hund beschnuppern ließ, ihm über den Kopf strich, ihm zuredete. Sie beobachte alles was er tat, musterte ihn. Jeden Schritt, den er tat um die Distanz zwischen ihnen zu verringern. Und als er vor ihr stand, sagte er mit einem leichten Lächeln „Hallo Knopf.“ und hielt ihr einen kleinen Strauß Gänseblümchen hin. Es hatte etwas vertrautes.
Sie lächelte schüchtern, doch offen und sagte „Oh, was zu essen. Das trifft sich gut. Hallo Mister.“ Und in ihre Stimme hatte einen süßen Ton, weich und klar.
Es war nicht seine Art, dass ihm die Worte fehlten und abermals hatte er das Gefühl, was er nun auch dazu sagen würde, wäre absolut blöd. „Nicht so laut, sie können dich hören.“
„Nun bist du da“, sagte sie und rief ihren Hund heran. „Lass uns rein gehen. Schön das du gekommen bist.“ Sie meinte es ehrlich. In ihrer schlichten Art. Sie war keines der Mädchen, die er bisher kannte. Die sich wahrscheinlich freudestrahlend auf ihn stürzen würde, ihn umarmen und mit einer Singsangstimme immer wieder betonen würde, wie toll es sei, dass er vorbei kommt, dass sie sich endlich kennenlernen, und ihn mit ins Haus zerren würde.
Als sie hinein gingen, war er in einem gemischten Gefühlschaos. Auf einer Seite war es für ihn, als würde er ein Heiligtum betreten, eine ehrfürchtige Stätte, und alles nur, weil sie hier wohnte. Aber auf der anderen Seite ermahnte er sich, sich mal wieder zu beruhigen. Sie wollte ja auch, dass er da war. Im Grunde gab es keinen Grund sie so hoch hinauf zu setzen und wie ein kleiner Junge unbeholfen und trottelig rumzustammeln. Er wusste, das könnte alles versauen. Er wusste nicht, ob sie das schrecklichen finden würde. Er wusste aber, er würde es schrecklich finden.
Es war sehr unangenehm für ihn, sich in Gefühlsebenen zu begeben, in denen andere Macht über ihn hatten. In der das Gefühl Macht über ihn hatte. In der sie ihn vielleicht abweisen könnte und ihn das unendlich treffen würde. Und selbst wenn er oft so selbstsicher auftrat, fehlte ihm jegliche Selbstsicherheit bei ihr. Und das hasste er sehr.
Sein Leben war nicht immer einfach gewesen, besonders was das Gefühlsleben anging und sich fallen lassen. Er mochte in diesem Fall die Kontrolle. Hätte er diese nicht gehabt, wäre er vielleicht heute nicht mehr hier, wenn es ganz schlimm gekommen wäre. Seine Kindheit war geprägt aus einem emotionalen Spiel zwischen seiner Mutter und ihm, in dem er immer den Kürzeren zog.
Er war einfach überfordert und doch konnte er nicht gehen. Sie zog ihn an. Er studierte jede ihrer Bewegungen, wie sie ging, ihr Haar zu Seite strich, mit dem Hund redete, wie sie die Schuhe auszog und in Socken weiter ging.
„Magst du vielleicht was trinken? Ich hab ganz leckeren Tee da, den macht meine Mutter immer selbst, mit Pfefferminze und so, aus unserem Garten.“ Und sie verschwand in der Küche.
Und wie er nachging, wusste er, er wollte keinen Tee, aber er würde ihn nehmen. Weil sie sich diese Mühe macht und weil es jener Tee ist, den sie so sehr liebt. Er kam sich albern vor. „Ja, gerne“, sagte er ruhig, als er in die sonnendurchflutete Küche trat.
Es war schön hier. Es roch gut. Hölzern alles. Als wären hier viele Geschichten, in all den kleinen Dingen, die er sehen konnte. Und da stand sie, mit dem alten Wasserkocher. Sie machte ihm Wasser heiß. Er stand da, lehnte sich an die Küchentheke und schaute hinaus in den Garten. Schön war es. Etwas verwildert. Er mochte es. „Sind wir alleine?“, fragte er und sah ihr nun zu, wie sie den selbstgemachten Tee in einen Beutel füllte und zwei Tassen bereit stellte.
„Ja, das sind wir. Meine Eltern sind weg für ein paar Tage. Du brauchst keine Angst haben.“, und ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. So kannte er sie kaum. Oft war sie viel zu müde um zu scherzen. Auch zum reden hatte sie oft keine Lust. Manchmal verstand er nicht, wieso sie ihn so anzog. Vielleicht weil sie das Wesentliche sagte? Aber er fragte sich immer, ob das auch stimmte. Aber es war eine Frage, wie alle anderen unerklärbaren Fragen, die mit ihr zu tun hatten. Er hatte nie eine Antwort. Und das war seinem Herz auch egal, was der Verstand ihm sagte. Lange genug hatte er auf den Verstand gehört und alles vor sich hingeschoben.
Er wollte sie. Er wollte sie sehr. Es war einfach so. Er konnte es nicht ändern.
Auch das war neu für ihn. Jemanden so sehr zu wollen, dass es eine Ohnmacht ist, mit der er leben muss. Aber es war keine Art von körperlichen Wollen, um eine Art körperliches Bedürfnis zu befriedigen. Es war eine andere Art. Sie aufzusaugen, aber nicht gierig und unbeholfen.
Sondern, sie zu studieren, mit Lippen, Händen und Augen. Sie nah zu haben. Und es würde auch reichen, wenn er sie nur ansehen dürfe, Zeit mit ihr teilen. Er wusste nicht, ob er das lange ertragen könnte. Das alles war neu für ihn. Er musterte sie, wie sie geschickt mit ihren Händen arbeitete. Ein wenig nervös erschienen sie ihm. Aber es entrann ihm ein Lächeln. „Hast du vielleicht eine Vase?“, fragte er als er die auf der Arbeitplatte liegenden Blümchen aufhob, die er ihr noch vor 30 Minuten an einem Straßenrand gepflückt hatte. „Oh so eine Kleine? Hm, da muss ich schauen. Ich glaub so eine Kleine wird sich nicht finden lassen. Aber ein Glas wird’s auch tun.“ Sie öffnete einen Küchenschrank und holte ein kleines einfaches Glas heraus und reichte es ihm. Er füllte Wasser hinein und gab den Blumen ihr kleines Bad.
Das Wasser kochte. „Hast du gut hergefunden?“, fragte sie ihn, ohne die Augen von den Tassen zu nehmen, in die sie das heiße Wasser goss. „Ja doch, war okay. Schöne Gegend ist das hier. Gefällt mir wirklich sehr. Etwas ländlich und man merkte sofort dass es der Norden ist. Natürlich ist es auch viel frischer als bei mir.“ „Im Sommer wird es aber auch manchmal so richtig warm. Kannst du wirklich glauben.“, lächelte sie ihn an, während sie sich umdrehte und an die Arbeitsplatte lehnte und ihn ansah. Er erwiderte den Blick aber nicht allzu lange und lies die Augen interessiert durch die Küche wandern. Der Hund hatte sich verkrümelt, dafür aber schlich gerade eine dunkle Katze in die Küche. „Oh, er wird sicherlich Hunger haben.“ Sie ging an die Kommode, die in der Ecke stand und holte ein wenig Trockenfutter heraus. „ Ja komm mal her mein Guter“, sagte mit einer Sanftheit in der Stimme, die von viel Liebe zeugte. Der Kater trat mit einer Arroganz auf, mit der er aber signalisierte, dass zwischen ihm und ihr ein besonderes Band bestand. Es wirkte natürlich und vertraut.
Noah nahm seine Tasse die ruhig vor sich hin dampfte und setzte sich an den Küchentisch, der von 3 Stühlen eingespannt direkt am Fenster zum Garten stand. Das Licht flutete von da aus in die Küche. Er fühlte sich vom Licht eingenommen und der Dampf der Tasse wirkte fast geisterhaft tanzend über der Tasse. Er mochte es, hier zu sitzen. Dieser Moment war heimisch, während er zusah, wie Sarah ihr Haar zurück strich, das in Strähnen hinunter hing, als sie ihren Kater fütterte.
Er war also endlich bei ihr.
 
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Kommentare  

Sehr süß geschrieben. Voller Gefühl und dichter Atmosphäre. Leider hast du ein Paar Fehlerchen drin. Stört aber nicht allzu sehr. Schöne zarte Geschichte.

Petra (07.05.2010)

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