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12 Seiten

Ein schmaler Grad Kapitel 25 ENDE (Historisch)

Romane/Serien · Romantisches
© Lilly
Kapitel 25

„Gun till do cheum, as gach ceàrn,
fo rionnag-iùil an dachaidh.”

(„Mögen deine Schritte, von allen Enden der Welt,
unter Führung deines Heimatsterns heim finden“)

Gälischer Segenspruch
für Reisende

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Kenneth stand vor der Mauer neben dem Tor und wusch sich gerade den Schweiß mit seinem schmutzigen Ärmel aus dem Gesicht und verschmierte den Staub auf seiner gebräunten Haut. Er stützte sich auf seine Schaufel und blickte seufzend nach oben in die unerbittlich brennende Sonne, die von keiner Wolke an ihrer Glut gehindert wurde. Er sehnte sich nach einem Kelch gefüllt mit kaltem Wasser. Er sehnte sich nach Regen und ihm wurde bewusst, dass dies ein heißer, unerbittlicher Sommer werden würde. Jetzt war sein Leben vollkommen anders, denn jetzt hatte nicht mehr der Kampf und der Schutz seines Lairds Priorität, nein – jetzt musste er Menschen ernähren, Menschen helfen und diese unzähligen vor Gefahren schützen. Das war eine Verantwortung, von der er noch immer nicht wusste, ob er dieser wirklich gewachsen war. Doch sein ehemaliger Laird und immer noch bester Freund, Seamas MacNamara, war da ganz anderer Meinung. Er wusste es wohl besser und versuchte ihm gar nicht erst auszureden, diesen Posten als Clansherren anzunehmen. Er bestärkte ihn und drohte ihm sogar ihn ungespitzt in den Boden zu rammen, wenn er es im Nachhinein doch ablehnen würde. Denn welcher Mann, mag er noch so ehrenhaft sein, bekommt ein solches Geschenk. Er war kein Vertreter, der von einem Rat erwählt wurde, er war nun der Rechtsmäßige Herr dieses Landes. Ein Land das groß, mächtig und wirklich wunderschön in der schottischen Landschaft ruhte. Auch wenn es so weit von seinem bisherigen Zuhause entfernt war.
„Herr, Reiter.“,machte ihn einer seiner neuen Soldaten auf eine kleine Gruppe von 10 Männern aufmerksam, die langsam Näher kamen und riss ihn somit aus seinen Gedanken.
Schon von weitem erkannte er die Farben der MacKneele und sagte zu seinen wenigen Männern, die sich direkt um ihn postierten, so wie er es früher bei MacNamara tat:“ Keine Sorge, es ist nur MacKneele, ein Freund. Macht weiter, wir müssen endlich vorankommen.“
Stumm gehorchten sie, während er vor dem großen neu gezimmerten Tor auf den Weg trat. Sie kamen immer Näher und er sah etwas Blondes bei ihnen und rieb sich noch einmal über seine müden und vom Staub belegten Augen. Endlich waren sie so nahe, dass er Leonor MacBrownan erkennen konnte und ein betont freudiges Lächeln huschte über sein mit Grund und Schweiß verschmiertes Gesicht.
Sie war wieder da! Immer wieder musste er an ihre wunderschönen blauen Augen denken, ihr goldblondes Haar, das so fein war, als hätten Engel diese gesponnen. Wie oft hatte er sich gewünscht, dass sie zurück kommen würde, fragte er sich selbst? Doch die einzige Antwort, die ihm einfiel war, täglich! Sofort war er bereit seinen Platz wieder frei zu machen, nur um sie glücklich zu sehen.
„Kenneth“, rief Wilbert freundschaftlich aus und hielt neben ihm an. Vertraut begrüßten sich die beiden Männer, doch Kenneths Augen huschten immer wieder zu Lady MacBrownan, die ihn süß anlächelte. Sie wirkte offener, nicht mehr so eingeschüchtert. Die letzten Monate in England waren ihr wohl gut bekommen, denn sie war schöner denn je in seinen Augen.
„Was tust du hier, MacKneele, so weit weg von deinem Zuhause?“
Fragte Kenneth nach einem Augenblick und dieser erklärte ihm lachend, seine Aufmerksamkeit Lady MacBrownan wohl bemerkend:“ Oh, ich dachte mir, ich bringe dir zwei Weiber vorbei, davon kann man niemals genug unter sich haben.“
Kenneth legte seine Stirn kraus über Wilberts ungehörige Wortwahl obwohl eine Lady anwesend war und begrüßte Leonor etwas verlegen, aber voller Erwartung:“ Mylady, ich bin erfreut Euch so schnell wieder zu sehen. Kehrt Ihr wieder Heim?“
„Vielleicht … wir werden sehen.“
Ihre Worte waren mild gesprochen und wieder übermannte ihn dieser seltsame Schauer, den er seit ihrer Abreise nicht mehr verspürt hatte.
„Hallo, Kenneth.“
Diese ihm bekannte Stimme ließ ihn erstarren und er blickte, etwas hölzern wirkend, um die Lady vor ihm herum und glaubte seinen Augen nicht zu trauen.
„Bei allem was mir heilig ist“, brachte er nur flüsternd hervor, denn dort, hinter Lady Leonor MacBrownan, saß Lady Leathendra Bradley, mal wieder gekleidet wie ein Mann, auf einer braunen Stute. Ihr weißes Hemd, dessen Kragen etwas offen war, stand vor Staub vom trockenen Boden und sie hatte sich ihre Ärmel nach oben geschlagen. Ihre Haut im Gesicht und an den Armen war von der Sonne etwas gerötet. Sie würde braun werden, doch das schien ihr egal zu sein, während Leonor bedacht war, nicht zu viel ihrer Haut der Sonne auszusetzen, um ihre vornehme Blässe nicht zu gefährden. Wild standen Lea einzelne dunkle Locken um ihren Kopf herum, die sich wohl aus ihrem Zopf gelöst hatten.
„Ich sagte dir doch, dass ich zwei dabei habe. Nur bin ich mir nicht sicher, ob du sie beide behalten kannst.“
Wilbert lachte, doch Kenneth war viel zu schockiert um seinen derben Humor verstehen zu können.
„Wie hast du das nur geschafft?“
Wollte er stattdessen wissen, vergessend, dass Lea ihn hören konnte.
„Menschenkenntnis, alter Freund. Zuerst etwas Zeit verstreichen lassen, damit sich die Gemüter beruhigen können, um dann die vorhandenen diplomatischen Ambitionen hervorzuheben, etwas das dich nur Frauen lernen können und die nennen es dann: Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl.“
Wieder lachte niemand, außer Leonor, die ihren Kopf schüttelte und Wilbert schelmisch anlächelte.
„Wo ist er, Kenneth?“
Er war noch immer so schockiert, dass er eine Sekunde brauchte, um sich zu sortieren, bevor er endlich erfreut sagte:“ Es tut so unendlich gut Euch zu sehen, Lea. Kommt, ich bring Euch zu ihm“, er zeigte zu dem offenen Tor und flüsterte zu sich selbst:“ Er wird durchdrehen.“
Sie stieg mit Leonor und Wilbert von ihren Pferden, übergaben diese Kenneth und MacKneeles Soldaten und folgten ihm in den Innenhof der Burg.
„Er ist hinten an der kleinen Kapelle und repariert mit seinen Männern eine Wand.“
Sie folgte seinen großen Schritten mit größter Mühe und war froh bei soviel Dreck und Chaos nicht auch noch ihre Röcke raffen zu müssen wie Leonor, die sich sichtlich schwer damit tat.
„Wartet hier, ich bereite ihn besser etwas vor, nicht dass ihn der Schlag trifft.“,sagte er schmunzelnd, bevor er um eine Ecke bog.
MacNamara stand mit dem Rücken zu ihm und füllte gerade ein Loch mit Erde auf. Er trug nichts außer seinen Kilt. Seine Haut war gebräunt, schmutzig und verschwitzt. Seine Narben glänzten in der Sonne und hoben sich weißlich schimmernd vom Rest der Haut ab.
„Seamas“, rief ihm Kenneth zu und blieb an der Ecke stehen. Er fühlte sich gerade irgendwie wohler, wenn er etwas Abstand zwischen sich und seinem Freund ließ. In den letzten Monaten war er so anders und undurchschaubar für ihn geworden. Noch schneller konnte man ihn reizen, kaum ein normales Wort kam über seinen schmal gewordenen Mund und dann dieser Blick … er zeugte mehr vom Tod als vom Leben. Auch wenn dieser Moment wohl zum wichtigste im Leben von MacNamara werden würde, so wusste Kenneth nicht, wie er reagieren würde. Ob er überhaupt im Stande war, eine Reaktion zu zeigen und er war sich keinesfalls im klaren, ob diese positiv ausfallen würde. Vielleicht war er schon so abgestumpft, dass er sie gar nicht mehr haben wollte … ja, vielleicht. Vielleicht war sein Stolz so verletzt, dass er sie nun auch verletzen musste, um sich wieder gut zu fühlen.
Und schon hatte Kenneth etwas von seinem Mut und der Freude, dass sie zurück gekommen war, verloren, und schwankte nun zwischen zwei Optionen: weglaufen und in sicherer Entfernung beobachten was geschieht, oder hier bleiben und hoffen, dass er diesmal das richtige tut.
„Was willst du?“, fragte dieser mürrisch und ließ sich von seiner Arbeit nicht abbringen, er schaufelte unbeirrt weiter. Kenneth zögerte einen Augenblick, nahm aber dann all seinen restlichen Mut zusammen und meinte:“ Es ist etwas für dich angekommen, ein kleines … naja, Präsent.“
Er hörte Kenneth seltsamen Tonfall nicht und machte somit stoisch weiter, während seine Männer innehielten und ihren ehemaligen Gefährten fragend anblickten. Der ein und der andere nahm diese Pause dankbar hin und wusch sich den Schweiß und den Dreck aus dem Gesicht.
„Was zum Teufel …? Herr Gott, nimm es entgegen und lass mich heute endlich zufrieden, bevor ich es mir doch noch anders überlege und wieder nach Hause reite. Ich habe wahrlisch besseres zu tun als bei dieser Hitze Erde zu schaufeln.“, fauchte MacNamara fürchterlich gereizt über seine Schulter hinweg und schaufelte unbeirrt weiter.
„Oh, ich würde es gerne entgegennehmen“, erklärte ihm dieser etwas lauter werdend,“ Doch bin ich mir absolut sicher, dass du mir alle Knochen im Leib brechen würdest und direkt den Krieg erklären, wenn ich dies täte.“
Mit diesen Worten trat er beiseite und Lea kam hinter der Ecke hervor.
„Heilige Mutter Gottes, ich glaub ich spinne“, stammelte Connor und wurde wie all die anderen bewegungslos. MacNamara stellte nun endlich seine Arbeit ein und blickte seine Männer wütend an.
„Was ist los, verdammt noch mal? Es ist nicht die Zeit für eine Pause. Los, zurück an die Arbeit!“, brüllte er sie an und Niall meinte tonlos, von seinem Ausbruch unbeeindruckt:“ Dreh dich um! Man, das glaubst du nicht.“
Zögerlich, denn eigentlich wollte er nur still seine Arbeit erledigen, rammte er seine Schaufel in den Boden und blickte genervt über seine rechte Schulter. Sofort hielt er in seiner Bewegung inne und hätte er sich nicht an seine Schaufel geklammert, wäre er um gefallen. Denn als er sie sah, wie so dastand, ihn ansah als wäre nichts geschehen und als wäre sie niemals weg gewesen, verweigerten ihm seine Knie ihren Dienst.
Er brauchte einen kleinen Moment bis er begriff, dass dies wirklich echt war und nicht wieder einer seiner ständigen Träume, die sich immer in Trugbilder verwandelten.
Unglaublich langsam, als könnte eine seiner Bewegungen sie einfach wegwischen, drehte er sich ihr ganz zu und starrte in ihr wunderschönes Gesicht.
Behutsam kam Lea zwei Schritte näher und sagte ohne viel umschweife, mit leicht belegter Stimme:“ Hallo Seamas.“
Er schwieg, sein Gesicht war starr, regungslos, nur ein Muskel unterhalb seines Auges zuckte mehrmals seltsam auf. Bekümmert neigte sie ihren Kopf etwas und wusste nicht wohin sie blicken sollte. Warum sagte er nichts, warum tat er nichts und sei es nur einen Schritt, den er auf sie zu machen zu müsste? Unsicher sah sie hastig zu Wilbert, der nur leicht mit seinen Schultern zuckte, glaubte er doch auch – nein er war sich absolut sicher gewesen, dass MacNamara sich überaus freuen würde, sie wieder zu sehen.
Doch seine Reaktion machte ihn ratlos. Er stellte sich darauf ein, sie wieder nach England zurück bringen zu müssen. Sturer Idiot, dachte er, sie würde nicht noch einmal zu ihm zurück kommen, denn jetzt war er an der Reihe.
„Ähm …“, ihre Stimme bebte etwas vor Verunsicherung:“ Wilbert brachte mich her“, erklärte sie ihm weiter, ohne ihn ansehen zu können:“ Er war … und ich wollte …“, herzbewegend veränderte sich ihr Gesicht und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Ihre Stimme war kaum mehr als ein geheimnisvolles Flüstern, als sie endlich das sagte, was sie fühlte, was sie fast all die Monate um den Verstand brachte, weil sie es ihm nicht sagen konnte:“ Tha mi duilich (es tut mir leid).“
Jetzt waren alle Augen auf sie gerichtet, denn bis auf Wilbert und MacNamara wusste niemand, dass sie ihre Sprache sprach. Sie glaubten ihren Ohren nicht trauen zu können.
Er schwieg noch immer, er konnte sich einfach nicht rühren. So sprach Lea weiter, mit erschlagend unglücklicher Stimme, denn auf einmal kam ihr der erschreckende Gedanke, dass er sie vielleicht gar nicht mehr haben wollte.
„Ich habe die ganze Zeit überlegt, was ich dir sagen könnte, wie ich dir meinen Schmerz begreiflich machen soll … es … es war ein so intensiv schmerzvolles Gefühl in meinem Herzen, dass es mir fast die Sinne raubte und dann war da auf einmal gleichzeitig auch noch diese unbeschreibliche Leere in mir, als ich dich mit Cait zusammen sah und sie geht einfach nicht mehr weg ...“
Lea schwieg für eine Sekunde, denn obwohl sie so sehr sagen wollte, was sie fühlte, fiel es ihr doch unglaublich schwer, es in Worte zu fassen und auszusprechen. Tief holte sie Atem und tat es aber dann, überrascht wie leicht es doch eigentlich fiel.
„Es geht nicht weg, nicht ohne deine Hilfe. Ich will so etwas nie wieder spüren müssen, es ist so grausam und so fällt mir immer nur das eine ein, was ich dir sage kann: Tha thu bhuam (du fehlst mir), Seamas, tha gràdh mòr agam ort (ich liebe dich so sehr) …! Denn ich weiß jetzt, dass diese Leere in mir nur verschwindet, wenn du in meiner Nähe bist.“
Noch immer schwieg er, nur seine Augen sahen sie so seltsam an.
„Màs … ur do theil e ort …(bitte … ich bitte dich …)“,flehte Lea leise, doch da unterbrach er sie auf einmal, in dem er sie heiser klingend bat:“ Can a rithist e (sag es noch einmal).“
Seine Stimme war so sanft und legte sich so warm über ihre pochendes Herz, dass sie erleichtert lächeln musste, auch wenn ihr Mund bebte und sie ihm vielleicht viel zu laut erklärte:“ Tha gràdh mòr agam ort, Seamas MacNamara, tha gràdh agam ort.“
Einen Moment unerträgliches Schweigen und seine Männer sahen sich fragend an.
„Tha gràdh agad orm (du liebst mich)?“, fragte er endlich noch einmal nach und Lea antwortete ihm nickend, mit Tränen in den Augen:“ Aye, seo a-nis (Ja, so ist es).“
Die Schaufel neigte sich dem Boden zu, als er sie abrupt los ließ. Ein tiefer Atemzug füllte seine Lungen und er stürmte plötzlich auf sie zu. Fest umschlang er Lea und sie legte vollkommen erleichtert ihre Arme um seinen Hals. Freudig hob er sie hoch und küsste ihre zarten Lippen, nach denen er sich so sehr verzehrt hatte.
Seine Männer und die Männer von MacKneele freuten sich unendlich und taten dies lautstark kund. Ein brüllen rollte über das Land und einige Vögel flogen erschrocken davon.
„Endlich“, sagte Kenneth und lehnte sich zufrieden an die Wand, seine Arme vor der Brust verschränkt.
„Es war wohl ein schwieriger Weg für die beiden, nicht wahr?“, fragte Leonor, die nun dicht bei ihm stand und die beiden Liebenden beobachtete. Seine Augen ruhten auf ihrem zartem Gesicht und er erklärte ihr:“ Ihr habt gar keine Vorstellung davon, Leonor MacBrownan, wie schwierig es war.“
„Dann erzählt es mir, ich will alles es wissen.“, meinte sie lächelnd und wirklich neugierig klingend und er sagte:“ Oh, das ist aber eine sehr lange Geschichte und bestimmt nicht immer für zarte Ohren gedacht.“
„Nun“, ihre Stimme wurde immer weicher und sie berührte sacht seinen Arm:“ Dann werde ich wohl solange hier bleiben müssen, bis Ihr sie mir zu Ende erzählt habt und seid Euch gewiss, mein Gemüt ist bei weiten nicht so zart wie mein äußeres vielleicht vermuten lässt.“
„So?“
Er war über ihre Worte hörbar überrascht, denn genau diesen Eindruck machte sie – zart, verletzlich und zerbrechlich. Doch es gefiel ihm, dass ihr Äußeres wohl etwas anderes offenbarte als ihr Wesen wirklich war.
„Dann hoffe ich, Leonor, dass Eure Geduld groß ist, denn ich werde mir wohl mit dem Ende etwas Zeit lassen, um Euch alles unverblümt berichten zu können“, entgegnete er ihr charmant und das brachte sie zum erröten, was ihm ungemein gefiel.
„Wie kannst du mir das nur verzeihen, Lea?“, fragte er leise mit belegter Stimme, nachdem er sie schweren Herzens etwas los gelassen hatte, denn er wollte sie nicht erdrücken und weil er in ihr wunderschönes Gesicht sehen wollte. Auf seine Frage hin senkte sie ihr Haupt und blickte auf seine schmutzige Brust.
„Ich … ich weiß nicht genau wann es geschah, aber es spielte auf einmal keine tragende Rolle mehr für mich. Ich setzte meine Prioritäten anders. Ich erkannte, was ich brauche und was ich will und deshalb will ich auch nie wieder ein Wort darüber verlieren. Es war ein dummer Fehler, du weißt das und du bereust es und das reicht mir vollkommen. Ich liebe dich und ich glaubte an diesem unerfüllten Gefühl mehr zugrunde zu gehen als an dieser Erinnerung.“
Zärtlich hob er ihr Kinn an und blickte in ihre dunklen Augen. Gott, was hatte er diesen Blick, diese warme Farbe vermisst. Egal was er in den letzten Monaten gesehen hatte, er fand nichts, das diesen Augen gerecht werden konnte.
„Ich werde dich niemals wieder so verletzen. Ich werde niemals wieder so dumm sein, das schwöre ich auf das Grab meines Vaters ... Oh Lea, ich weiß gar nicht, wie ich es in der Vergangenheit geschafft habe zu leben, so allein und ohne dich. Ich kann dich nicht noch einmal gehen lassen, denn ich bin unendlich verloren ohne dich.“
Ein mildes Lächeln huschte über ihren verführerischen Mund und er senkte seine Lippen auf die ihren. Dann drückte er sie wieder fest an sich und roch an ihrem weichen Haar, das nach Erde und Staub roch.
„Werde meine Frau, Leathendra Bradley, heirate mich hier und jetzt.“, flüsterte er ihr plötzlich ins Ohr, während er sie noch immer festhielt. Mit einem warmen Lächeln betrachtete sie daraufhin sein Gesicht und strich sanft mit ihrer Hand seine unrasierte und schmutzige Wange entlang, bevor sie ihm inständig antwortet:“ Nichts würde ich lieber tun.“
Erleichtert küsste er sie, stürmisch, fordernd und sich gewiss werdend, sie niemals wieder loslassen zu müssen.
„Kenneth“, donnerte auf einmal seine Stimme über ihrem Kopf hinweg und sie erschrak ein wenig, was ihn dazu brachte, sie nur noch fester an sich zu drücken. Ihr war es egal, dass sein Schweiß und Schmutz an ihrer Wange klebte, er schmeckte so herrlich nach Salz und Leben und roch so wunderbar nach Erde.
Selbst Kenneth zuckte über seine Stimme hin zusammen, denn er war gerade in Leonors Augen vertieft, als MacNamara ihn störte. Hastig wandte er sich ihm zu.
„Was kann ich für dich tun, alter Freund?“, wollte dieser umgehend wissen um dann rasch dort fortfahren zu können, wo er eben noch unterbrochen wurde.
„Gib dem Priester bescheid, er soll uns vermählen.“
„Jetzt?“, rief Leonor erstaunt aus und meinte noch, ihr Entsetzten nicht verbergend,“ Aber euer beider Kleidung? Lea, du siehst aus wie ein Mann und Ihr“, sie zeigte ehrlich entsetzt auf MacNamara:“ Müsst Euch unbedingt waschen, etwas anderes anziehen …“
„Jetzt!“, festigte er noch einmal seinen Wunsch und nahm Leas Gesicht in seine großen Hände. Zur Sicherheit fragte er sie dann doch noch einmal, denn er wollte ihre Gefühle nicht verletzen und ihr den eventuellen Traum einer wunderschönen Hochzeit nicht nehmen:“ Jetzt?“
„Himmel, ja …“, sie lachte leise:“ Ich brauche kein schönes Kleid, kein übertriebenes Geschmeide, keine Blumen und einen über und über duftenden Mann. Ich brauche nur dich, so wie du bist, denn nur das ist echt.“
Und wieder drückte er sie an sich. Was hatte er sie doch so sehr vermisst. Wie konnte er nur einen Moment ohne sie überleben, wie nur?
„Ich liebe dich, Leathendra Bradley, verlass mich bitte niemals wieder.“
„Oh, das hab ich nicht vor, wirklich nicht.“
Versprach sie ihm, stellte sich auf ihre Zehenspitzen und küsste die Narbe auf seiner Schulter.
„Kenneth“, rief er noch einmal, etwas atemlos von ihrer Zärtlichkeit übermannt, und dieser antwortete freudig klingend:“ Bin schon unterwegs.“
Und Adair warf MacNamara sein Hemd zu, das er auffing, ohne sie auch nur etwas aus seiner Umarmung zu lösen.


In der Kapelle fehlten noch einige der bunten Verglasungen und so fiel das Licht heller als gewohnt in das sonst so bedächtig wirkende Haus Gottes. Lea lief mit MacNamara Hand in Hand den kurzen Gang bis hin zum Altarraum und wirkte überschwänglich wie ein kleines Kind. Ihr Herz pochte, aber vor Freude und ihr Gesicht strahlte heller und schöner als ein warmer Sommertag. Sie war in ihrem Leben niemals so glücklich gewesen wie in diesem Moment und sie ärgerte sich über die verschwendete Zeit, in der sie sich über ihn ärgerte, schreckliche Bilder hervor beschwörte und blind ihre Einsamkeit betrauerte. Doch nun war es vorüber, sie war wieder bei ihm und egal was einmal gewesen war, jetzt zählte nur das was in ihrer Zukunft lag.
Der dicke Priester stand in seiner schnell übergeworfenen Hochzeitskluft vor dem kleinen Altar und betrachtete das seltsame Paar vor sich, er verdreckt, halb nackt, mit offenem Hemd und sie in ungehöriger Männerkleidung, mit zerzaustem Haar und schmutzigen Wangen. Kopfschüttelnd fragte er etwas erregt:“ Wollt Ihr Euch nicht dem Anlass entsprechend kleiden?“
„Nein“, riefen beide gleichzeitig störrisch klingend aus, was seine Männer hinter ihnen zum Jubeln brachte und den Priester sichtlich zusammenzucken ließ. Doch er nickte zögerlich, kannte er doch MacNamara und die Geschichten, die über diesen Mann und seinem Clan im Umlauf waren. Sorgenvoll blicke er auf Lea, beugte sich zu ihr herab und fragte flüsternd: „Seid Ihr Euch Sicher, Mylady, dass Ihr diesen Mann wollt?“
Lea blickte kurz zu MacNamara auf, der sichtlich davor stand einen Mann der Kirche zu töten. Sachte berührte sie zur Beruhigung mit der Hand seinen angespannten Oberarm und erklärte dem Priester, vollkommen überzeugt von ihrem Tun:“ Auch wenn Ihr es nicht glauben mögt, aber ich will nichts lieber als das, es ist mein herzlichster Wunsch, also …“, sie klatschte erfreut in ihre Hände:“ Ran ans Werk.“
Wieder jubelten die Männer und er nickte benommen wirkend. Still betete er für die wohl nun verlorene Seele dieser jungen und unschuldigen Mait und begann mit seiner Predigt.
Nach einer Weile, in dem er für die beiden belanglosen Kram wiedergab, kam er endlich zum wichtigen Teil an und Lea hatte das Gefühl, diese Predigt war länger als seine letzte an der sie anwesend war und unweigerlich daran Teil nehmen musste.
„Laird Seamas MacNamara, wollt Ihr die hier anwesende Leathendra Bradley zu Eurem Eheweib nehmen, sie lieben, ehren und schützen, bis das der Tod Euch scheidet, so antwortet: Ja, mit Gottes Hilfe.“
Sanft ruhten seine Augen in den ihren und er erklärte ihr, vor Gott und den Zeugen, die fast schon drohend gesprochenen Worte des Priesters einfach mal überhörend:“ Verdammt ja! Ich werde dich lieben, Lea, ich werde dich ehren und ich werde dich mit meinem Leben beschützen und wenn es sein muss, über den Tod hinaus … und das mit Gottes Hilfe.“
Leas Augen füllten sich mit Tränen der Rührung. Was liebte sie diesen Mann nur so sehr.
Der Priester hingegen schüttelte leicht empört über MacNamaras Aussagen hin seinen dicken Kopf, schwieg aber lieber.
„Leathendra Bradley, wollt Ihr den hier anwesenden Laird Seamas MacNamara zu Eurem Ehemann nehmen, ihn lieben, ehren und schützen, bis … bis das der Tod Euch scheidet, so antwortet auch Ihr mit: Ja, mit Gottes Hilfe.“
Lea streichelte zärtlich über MacNamaras Wange und sagte mit zarter, leicht verweinter Stimme:“ Egal wo du auch sein magst, egal was du auch tust und egal was du siehst, ich werde immer bei dir sein, ich werde dich immer lieben und das mit Gottes Hilfe.“
Ein tiefer Seufzer entrann seiner Kehle und Leonors gerührtes Schniefen hallte durch das Kirchengemäuer.
„Dann brauchen wir nur noch einen Ring. Ihr habt doch einen Ring, oder etwa nicht?“, unterbrach der Priester ungeschickt diese einfühlsame Stimmung und brachte MacNamara zum Erstarren.
Das hatten sie ganz vergessen, schoss es Lea in den Sinn und ihr Herz wurde schwer. Würde es daran jetzt scheitern? Doch dann sah sie, dass er an einen ledernen Beutel herum nestelte, der an seinem Kilt hing, und auf einmal einen Ring in der Hand hielt. Es war ein roter kleiner Rubin, mit Gold umfasst, wunderschön und wahrscheinlich unwahrscheinlich wertvoll.
„Der Ehering meiner Mutter“, erklärte er flüsternd:“ Sie gab ihn mir als sie starb und sagte mir, dass ich ihn für meine zukünftige Frau aufbewahren sollte und seither trage ich ihn immer bei mir. Ich glaubte nie, dass ich ihn jemals aus diesem Beutel holen würde, denn er symbolisierte immer meine Familie und das war bis jetzt nur ich allein.“
Zärtlich nahm er ihre Hand und schob ihn auf ihren Finger, er passte wie angegossen, als wäre er nur für sie gemacht worden.
„Jetzt bist du meine Familie! Du bist die letzte die ich küssen werde!“
Dann küsste er sacht ihre Stirn, während Lea sprachlos auf dieses seltene Schmuckstück an ihrem Ringfinger blickte. Nun legte Kenneth einen Schal in den Farben des Clan der MacNamara über seine und ihre ineinander verschlungenen Hände, wickelte diesen einmal herum und der Priester sagte nun endlich, seine Hand darüber haltend:“ Verbunden mit Leib und Seele, bis in den Tod, oder auch darüber hinaus … auch wenn manch einer dies als Blasphemie bezeichnen würde …“
Lea musste über seine letzten Worte schmunzeln, während MacNamara ihn wütend anfunkelte. Zitternd, seine Wut auf sich gerichtet wissend, erklärte er hastig:“ Erkläre ich Euch nun hiermit zu Mann und Frau.“
„Danke“, flüsterte Lea ihm fast tonlos zu, bevor sie sich ihrem Mann zuwendete und zu ihm hinauf blickte.
„Mo feàr (mein Ehemann)“, hauchte sie ihm entgegen und er sagte:“ Mo beàn (meine Ehefrau)“, bevor sie sich innig und so leidenschaftlich küssten, das ihnen die Männer Beifall klatschten und der Priester, so wie Leonor vor Scham erröteten.
Niall trat zu dem Mann der Kirche und sagte, ihm die Schultern tätschelnd:“ Komm mein Dicker, wir zwei kümmern uns jetzt darum, dass die Urkunde auch wirklich gültig ist.“
Der Priester unterdrückte einen Schmerzensschrei, als der Krieger ihm beinahe die Knochen brach, als er ihm auf die Schulter klopfte und nickte brummelnd.

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EPILOG

Zu lernen zu vergessen, das war der Weg.
Zu lernen zu vergeben, das war die Hoffnung
und zu wissen, dass man nicht alleine ist, das ist die Zukunft.
Denn wir leben einzig und allein um zu lieben!

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AUTOR:
Am Ende jedes Buches steht immer ein Danksagungstext, und der soll auch hier nicht fehlen:
Ich hoffe es hat euch gefallen meine Geschichte zu lesen und meiner Fantasie zu folgen.
Somit möchte ich mich bei allen bedanken die meine Geschichte gelesen haben und das trotz meiner mangelhaften Rechtschreibung.
Und natürlich auch ein großes Dankeschön an Petra, die immer soooooo toll und konstant kommentiert hat.

DANKE
 
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Kommentare  

Hallo,
@Petra: Ich danke dir,dass dir auch das Ende gefällt und vielleicht kann ich auch mit meiner nächsten Geschichte bei dir punkten!!!!

@Jingizu: Na dann hoffe ich doch, dass ich dich nicht enttäuschen werde. Aber sie ist spannend und voller überraschungen!!! :-)

LG
Lilly


Lilly (16.09.2010)

Da bin ich nun also eher zufällig über das letzte Kapitel einer wohl ungeheuer interessanten Geschichte gestolpert - aber da ich als Kind schon die Ungeduld besessen habe oftmals erst den Schluss zu lesen bevor ich beginne, kann ich wohl auch hier nun getrost einmal von vorn anfangen.

Jingizu (16.09.2010)

Ein wunderschönes Ende. Herrlich romantisch und am Schluss habe ich direkt so ein bisschen geschnieft. Mir gefällt, dass deine Figuren soviel Gemüt zeigen. Du kannst die Charaktere und auch deren Umfeld sehr echt darstellen. Hat mir Spaß gemacht deinen kleinen Roman zu lesen und darum sage auch ich, DANKE!

Petra (16.09.2010)

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