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Wein zum Tanz

Trauriges · Kurzgeschichten
Sie hatte getanzt. Sehr lange und intensiv. War übermütig herum gesprungen. Der Wein warb ihr sehr zu Kopf gestiegen. In ihrem Kopf waren große lustige Luftblasen, die ihre Gedanken unwichtig erschienen ließen. Manchmal schwankte sie, dann zündete sie sich eine Zigarette an, die sie anfangs genussvoll rauchte,jeden Zug inhalierte, als wäre er frische Seeluft und dann erlöst ausatmete.
Sie fühlte sich gut - sehr gut. Sie trotzte den Blicken der anderen, wenn sie an ihrem Freund vorbeilief.
Er saß auf einem schwarzen Sofa. Schien zu postieren und dort nie wieder weg zu gehen. Seine Züge waren stur - eingemeißelt und hart. Ja, hart - er wirkte angespannt. Und er schaute kaum noch auf, wenn sie vorüber lief, einen prüfenden Blick auf ihn warf, sich dann wieder ins Getümmel der Matrosen, Meerjungfrauen, Nixen, einhändigen Kapitäne, Fischhändler, Piraten, Schifffahrtsklaviere und Leuchtbojen warf.
Hier war sie eine von ihnen. Sie trank noch mehr Wein, bald trank und trank sie nur noch Wein. Und es schien, als würde der ganze Abend, das ganze Fest wie eine Insel in ihrem Alkoholdunst aufgehen.
Irgendwann hatte sie lange mit ihm geredet - sie hatten sich viel zu sagen gehabt. Und nicht immer war es einfach gewesen. Aber der Nebel, matt und freundlich, machte alles viel leichter.
Er hatte ihr gesagt, dass er sie lieben würde und sie hatte nach einer kurzen Pause Zustimmung erwidert. Lange hatten sie auf den schwarzen Ledersofas gesessen und monoton eine nach der anderen Zigarette geraucht und sich kurz gedrückt.
Dann hatte man ihn weggerufen und sie hatte sich wieder unter die Menschenmenge gemischt. War sie zufrieden gewesen mit dem Ergebnis des Gesprächs? Genaugenommen wusste sie es nicht. Wahllos hatte sie mal hier mal da mitgeredet, sich unterhalten.
Dann hatte er sie wieder zu sich geholt und sie hatten wie zweieiige Zwillinge getanzt - ein ungleiches Paar. Alles hatte dann angefangen sich dem Ende zuzuneigen, immer mehr Matrosen, Nixen verschwanden, die Kapitäne wurden seltener und das Schifffahrtsklavier hatte sich verflüchtet - müde vom Abend, müde vom Spielen.
Irgendwann hatte sie ihn gesucht, sie wollte gehen und ihm Abschied sagen. Sie fand ihn als Versteinerung, trinkend zwischen anderen Statuen.
Ein kurzes Wort, ein kurzer Kuss, ein kurzer Blick - warum? Wo war der liebende Mund geblieben? Sie hatte es nicht so verstanden, gar nicht vielleicht.
Dann saß sie am nächsten Tag und schaute in das wehende Himmelszelt, zu den wild tanzenden Zweigen, die sie so an sich selbst erinnerten. Und sie traute sich nicht den Telefonhörer in die Hand zu nehmen.


 
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Kommentare  

wow toll rübergebracht...

*Becci* (27.04.2003)

der absolute hammer.
bin begeistert.
werde auf diesen namen in zukunft achten


frittenkalle (26.03.2001)

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