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5 Seiten

GUT - the grand unified theory

Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten
© Vertex
die hitze hatte ich nicht erwartet. mir war klar, dass es heiss sein wuerde, aber so heiss ... nein, das hatte ich nicht erwartet. diese kombination aus hitze, trockenheit, laerm und gestank ... nun, zumindest konnte ich mich insgeheim darueber freuen, dass mein aufenthalt in diesem elenden land nur von kurzer dauer sein wuerde. morgen abend wuerde ich wieder in meinem klimatisierten buero sitzen. das heisst, sofern alles nach plan verlief.
der taxifahrer - zumindest behauptete er, einer zu sein, was zu behaupten mir mindestens so kuehn wie sein fahrstil zu sein schien - war ausgesprochen laut und aufdringlich. ausserdem besass er ein ziemliches talent dafuer, die erstaunlicherweise relativ wenigen schlagloecher in der strasse mit dem vorderreifen der beifahrerseite zu treffen. unnoetig zu erwaehnen, dass ich mich angesichts der rueckbank dazu entschieden hatte, auf dem beifahrersitz platz zu nehmen.

als wir nach zwei stunden unser ziel erreichten, war ich positiv ueberrascht, als ich feststellte, dass ich noch immer in der lage war, diverse objekte am strassenrand eindeutig identifizieren zu koennen. die robustheit des menschlichen gehirns ist immer wieder bemerkenswert, vor allem, wenn man bedenkt, dass dieses land noch einige jahre auf die markteinfuehrung des stossdaempfers warten muss. ich ueberreichte dem selbsternannten taxifahrer einen unverschaemt hohen geldbetrag und stellte ihm einen weit hoeheren in aussicht, sollte er mich am abend wieder von hier abholen. es ist erstaunlich, zu welchen taten menschen im zusammenhang mit geld faehig sind. vor allem dann, wenn sie sich in einem fremden land befinden und der schnellste weg nach hause ueber den geldbeutel eines hinterhaeltigen, verschlagenen eingeborenen fuehrt. die welt ist von grund auf schlecht.

die klingel an der tuer der villa funktionierte nicht. an ihr war ein namensschild angebracht, das mir zu sagen versuchte, ich sei hier an der falschen adresse. ich entschied mich, auf der rueckseite des hauses nach einer hintertuer zu suchen, zumal die wahrscheinlichkeit, dort schatten anzutreffen, recht hoch war. nun, ich irrte mich. ich habe bis heute viele stunden damit zugebracht, eine erklaerung dafuer zu finden, warum dieses haus keinen schatten spendet. und ich glaube, es liegt an der allgemeinen grausamkeit des lebens. die hintertuer war verschlossen.
waehrend ich nun dastand und mir meine ueberlebenschancen in dieser unmenschlichen hitze ausrechnete, hoerte ich das geraeusch eines motorbootes, das sich schnell naeherte. als es am steg zwischen den teebueschen anlegte, genoss ich die relative kuehle im schatten der palme, die dazu verwendet wurde, das seil des motorbootes zu vertaeuen. der mann, der das seil um den dicken stamm wickelte, gruesste mich freundlich.
'dr. cornelius?' fragte ich.
'mit wem hab ich das vergnuegen?'
'mein name ist dr. peter hansen.'
'und womit kann ich ihnen dienen?', fragte er, waehrend er einen komplizierten knoten flocht.
'nun ... es geht um die grand unified theory.'
ich bemerkte das kurze zucken seiner mundwinkel. er drehte mir langsam den kopf zu.
'die gut? lassen sie uns drinnen weiterreden.'

die villa stammte aus der zeit der britischen kolonialherrschaft. sie war gross, geraeumig und angenehm kuehl. die mischung aus dekadentem prunk und konsequenter vernachlaessigung der haeuslichen pflichten verlieh ihr eine aussergewoehnliche innenarchitektonische note. es sah so aus, als lebte ein ziemlich krankes genie in einer ziemlich grossen villa, ohne sich dabei dienstpersonal leisten zu koennen. was ja durchaus den tatsachen entsprach.
dr. cornelius war einer der groessten wissenschaftler am massachusetts institute of technology gewesen. er hatte sich in den jahren vor dem pazifischen krieg eingehend mit der grand unified theory beschaeftigt, jenem gedankengebilde, das die bruecke bilden sollte zwischen den verschiedenen naturwissenschaftlichen disziplinen, der theorie, mit der sich die existenz des universums erklaeren liess. eines tages verschwand er spurlos. es hiess, er habe eine loesung gefunden, darueber den verstand verloren und sei anschliessend untergetaucht.
ich hatte es nur dem zufall zu verdanken, dass ich dr. cornelius gefunden hatte. und dem umstand, dass es menschen gab, denen eine menge geld wichtiger war als so profane dinge wie loyalitaet. und einem grosszuegig veranschlagten jahresbudget. nun, ich war mit sicherheit nicht der beste mensch der welt. aber ich hatte erfolg.
'wie weit sind sie gekommen?' fragte dr. cornelius und stellte eine flasche mit gekuehltem inhalt vor mir ab.
'wir haben zuerst versucht, aus connor's abhandlung ueber die granularitaet des bewusstseins eine konstante zu extrahieren, mit der wir einen beschreibbaren bezug zwischen der qualitaet der realitaet und deren wahrnehmung herstellen konnten. aber der versuch schlug fehl.'
'ich weiss. es gibt zuwenig bekannte koeffizienten. aber es ist der richtige ansatz.'
'ja. als uns klar wurde, dass es so nicht klappen wuerde, versuchten wir, unseren blickwinkel zu veraendern und das mathematische modell von der anderen seite her zu betrachten. eines nachts hatten wir dann die rettende eingebung. wir fanden eine gleichung, der wir bis dahin keine beachtung geschenkt hatten, und konnten einen zusammenhang herstellen.'
ich kramte meinen pda aus der hosentasche und legte ihn auf den tisch. es dauerte einige sekunden, bis sich das hologramm mit den diagrammen bildete. dr. cornelius laechelte.
'dieselben ueberlegungen hatte ich auch. sie sind definitiv auf dem richtigen weg, dr. hansen.'
'nun, wir sind noch weiter gekommen. sehen sie hier: es besteht eindeutig ein zusammenhang zwischen diesen beiden kurven. wir fanden ihn, indem wir diese gleichung ueber eine raskalnikovsche matrix legten und mit diesem ausdruck hier gleichsetzten ...'
dr. cornelius laechelte wissend.
'... und das ergebnis war ... nun ja, sehen sie selbst ...'
mit einer kurzen handbewegung schaltete ich zum naechsten hologramm weiter. in grossen lettern schwebte das ergebnis der berechnung ueber dem tisch.

1 = 2

dr. cornelius strahlte und grinste ueber das ganze gesicht.
'es ist verblueffend, nicht wahr?'
ich war ziemlich irritiert.
'verblueffend? ich bitte sie, dr. cornelius, ich habe keine zeit fuer spielchen. wir haben den fehler in unserer berechnung nicht gefunden, koennen sie mir sagen, wo wir uns geirrt haben?'
'sie haben sich nicht geirrt. das ergebnis ist korrekt.'
ich war ausser mir.
'korrekt? eins ist gleich zwei? das nennen sie ein korrektes ergebnis? das ist weder eine gleichung, noch ein ausdruck, mit dem man etwas berechnen geschweige denn erklaeren koennte, es ist einfach nur absoluter bloedsinn.'
'nein. ich zeige es ihnen.'
er verschwand im nebenzimmer und tauchte kurz darauf mit ein paar rollen papier unter dem arm wieder auf. er suchte eine bestimmte rolle, breitete sie auf dem tisch aus und deutete mit dem finger auf einen doppelt eingerahmten mathematischen ausdruck.

1 = 2

ich fuehlte mich von einem moment auf den anderen ziemlich schwach, lehnte mich zurueck und versuchte, einen klaren gedanken zu fassen. jahrelang hatte ich daran gearbeitet, die grand unified theory zu entwickeln. die kroenung der naturwissenschaften. die weltenformel. den intellektuellen triumph des menschen ueber die tote materie. die gottesformel. und nun das.
'blasphemie', murmelte ich kraftlos.
dr. cornelius stand am herd, pfiff eine froehliche melodie und warf einen holzscheit in den ofen.
'haben sie hunger?'
'aehh ... wie bitte?'
'ob sie hunger haben. ich kenne ein hervorragendes bananenrezept, das ausgezeichnet zu einem 2017er cabernet sovignon passt.'
ich hoerte ihn zwar aus weiter ferne worte aussprechen, aber die wucht der erkenntnis hatte mich zu stark getroffen, als dass ich haette verstehen koennen, welchen sinn diese worte ergaben. mein komplettes weltbild brach zusammen. war alles sinnlos gewesen? waren alle anstrengungen umsonst? hatte ich mein leben vergeudet auf der jagd nach etwas, das gar nicht existierte? und erst die bedeutung fuer die wissenschaft ... ich wagte nicht, auch nur einen einzigen schritt weiter zu denken. ich hatte den absoluten tiefpunkt meines lebens erreicht. und dann, in einem moment der erleuchtung, verstand ich das geheimnis des universums. ich blickte zu dr. cornelius.
'es ist ein witz, oder?'
'ja', grinste er und stellte eine flache pfanne auf den herd, 'der beste, den es gibt.'

der taxifahrer wartete vergeblich. es war einige tage spaeter, als ich ihm erneut begegnete. ich hatte mir den jeep von dr. cornelius ausgeliehen und war in die stadt gefahren, da ich dort eine verabredung hatte. im schatten der markise des strassencafes, das als treffpunkt vereinbart war, lehnte ich frohen mutes in einem sessel, als das mir noch in bester erinnerung gebliebene taxi direkt vor mir stehen blieb. ich musste ein wenig laecheln, als ein anzugtraeger mit gequaelter miene ausstieg und direkt auf mich zuhielt.
'entschuldigen sie', sprach er mich an, 'ich habe hier eine verabredung mit einem gewissen herrn ... smith. kennen sie ihn?'
ich stand betont langsam auf und verneigte mich.
'smith, jonathan smith, mein name. ich bin schriftsteller.'
'oh, freut mich, ihre bekanntschaft zu machen.'
'bitte, setzen sie sich. ich habe mir bereits erlaubt, ihnen einen drink zu bestellen.'
'vielen dank.'
'hatten sie eine angenehme fahrt?'
'um ehrlich zu sein, nicht. der junge mann hat ein bemerkenswertes talent dafuer, die erstaunlicherweise relativ wenigen schlagloecher in der strasse mit dem vorderreifen der beifahrerseite zu treffen. und dem fahrzeug scheinen die stossdaempfer zu fehlen.'
'ich weiss genau, was sie meinen.'
'tatsaechlich? oh. nun, herr, aehh ... smith ... sie sind daran interessiert, eine villa am strand zu erwerben?'
'ja, in der tat. das bin ich.'
'das freut mich. nun, ich habe ihnen hier einige holographische projektionen in frage kommender objekte zusammengestellt ...'
ich laechelte. es hiess, dr. peter hansen habe eine loesung gefunden, darueber den verstand verloren und sei anschliessend untergetaucht ...
 
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Kommentare  

danke fuer die kritik.
ich hab aber nicht vor, jemals ernsthaft als autor zu arbeiten, also denke ich nicht, dass ich die geschichte ueberarbeiten werde. ich schreibe hin und wieder ganz gerne, wenn mir langweilig ist, und wenn ich das mach, dann schreib ich einfach nur fuer mich. wenn dann irgendwer ueber das, was ich geschrieben hab, ein bissl schmunzeln kann, dann freut mich das, aber mehr moechte ich eigentlich nicht erreichen. just for fun :-)

schoenen tag noch


vertex (01.10.2001)

Die Schrift ist gewöhnungsbedürftig und schwierig zu lesen.

Hubert (28.09.2001)

Das Zielpublikum ist unklar. Für einen Mathematiker, Physiker, oder typischen "Gödel, Escher, Bach"-Leser, der sich durch den Titel durchwegs angesprochen fühlt, finden sich im Text zuwenig Erklärungen, zuwenig Anspielungen auf die Nichtbeweisbarkeit in der Mathematik oder Auslegungen der Quantentheorie, etc.

Für die anderen Leser fehlt hingegen eine Erklärung des Hintergrundes, da es sich beim ganzen nur um das Ergebnis jener Berechnung dreht, welches kommentarlos präsentiert wird. Der durchschnittliche Leser sieht darin einen Volksschulfehler und versteht die Geschichte nicht richtig.

Wenn du die Geschichte überarbeiten willst, würde ich mich mir überlegen, wer deine Geschichte lesen soll und den Text dahingehend anpassen.

Wil (23.08.2001)

Ganz nett so weit, inhaltlich nicht umwerfend, ist aber Geschmacksache.

Gudrun (21.05.2001)

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