Loe verließ das Haus um 7.45 Uhr. Unheimliche Wolken verdunkelten den Himmel und kündigten einen depressiven, regnerischen Tag an. Erwartungsvoll blickte sie in die Ferne, aber nichts geschah. Von nirgens her drang, wie sonst üblich, das Geräusch müde zwitschender Vogel oder das gewohnte Rascheln der Bäume. Alles schien wie angehalten, wie... ja, fast wie tot. Ein Gefühl der Beklommenheit und des „Zerdrückt-Werdens“ machte sich unbemerkt in ihr breit. Es war ein geisterhafter Montag Morgen, einer wie sie ihn noch nie zuvor erlebt hatte. Trotz der Feuchtigkeit, die sie wie ein unangenehmer Mantel umhüllte, war noch kein Nebel aufgekommen und dennoch schien alles, was sich weiter als einige Meter von ihr entfernt befand, verschwommen und unwirklich. Wieder diese Kopfschmerzen... Sich zur Ruhe zwingend atmete sie tief ein und aus... ein und wieder aus, spürte die Kälte – kleine Rauchwölkchen entstanden und die bedrückende Atmosphäre schien komplett. Mitten in die Stille hinein hörte sie plötzlich ein lautes Rascheln. Abrupt wandte sie sich um – es war ein Vogel, der sich aus den Bäumen in die Lüfte erhoben hatte. Das erste Anzeichen von Leben an diesem Morgen. Mit einem sehnsüchtigen Blick, als habe der letzte Hauch von Leben sie gerade allein in der Einsamkeit und tödlichen Stille des Morgens zurückgelassen, sah sie dem Vogel nach, wie er davonflog und schon bald in der Ferne verblasste. Dann schließlich gab sie sich einen Ruck und setzte sich in Bewegung. Das Fahrrad war wie immer an den Zaun gelehnt und als sie es nahm überkam sie ein plötzlicher Schwindel – wenn bloß diese Kopfschmerzen nicht wären! „Komm schon, Loe“, flüsterte sie, schwang sich energisch auf das Rad und war wenige Sekunden später hinter den schattigen Bäumen verschwunden.