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Megaphonterrorist

Nachdenkliches · Experimentelles
In Amerika läuft gerade ein Marathonläufer vor dem weißen Haus herum und schreit mit einem Megaphon: „Gebt der Industrie die Knöpfe zurück. Bitte gebt den Fabrikarbeitern ihre Hosenknöpfe zurück“
Natürlich ist es nicht wirklich ein Marathonläufer. Er hat sich nur als einer verkleidet, weil ja bald Olympische Spiele sind und er so vielleicht Medienaufmerksamkeit erhaschen will. Doch leider, leider fehlt die.

Nur eine skandinavische Touristin fotografiert aus Versehen die Schulter dieses Mannes. Später in ihrer Kamin-Sauna-Hütte wird sie die Fotos in einer Runde zeigen und sagen: „Ja, da war so ein komischer Typ, der wollte Georges Bushs Hosenknopf haben. Das muss irgendwie Ghettosprache sein und guckt mal hier, da hat er zwei Pickel auf der Schulter. Lustig nicht?“ Dann wird gesellig Schnaps getrunken und betrunken eingeschlummert. Am nächsten Tag wird keiner mehr an diesen Mann denken.

Die Wachen vor den Zäunen, die Bediensteten hinter den Mauern und die Polizisten, die an einem Auto an der Straße stehen, sind die einzigen, die den in Weiß gehüllten Körper beäugen. Manchmal bleibt der Mann stehen, dreht seinen Kopf zum Haus, richtet das Megaphon auf die entfernten Fenster und ruft dann noch einmal: „Wir fordern die amerikanische Regierung, alle Knöpfe an die Industrie zurückzugeben“
In seiner Stimme ist eine ungeheure Energie. Es ist nicht die Fistelstimme eines durchgeknallten LSD-Junkies, der sich gerade durch einen Vogelbeerbaum gefressen hat. Nein, bis das was er sagt und ruft und bis auf das, was er anhat, wirkt er ganz normal.

„Erschreckend normal“ denkt einer der Polizisten. „Dies alles könnte ein Ablenkmanöver sein. Man hat vielleicht einen Schauspieler geschickt, der die Rolle eines Irren spielt, damit wir uns nicht umdrehen und gleich kommt einer mit einer Axt und ich fall tot um.“
Gehetzt augengeweitet dreht er sich um. Nur Touristen. Außerdem hat er den Polizeiwagen im Rücken.
Trotzdem kommt ihm der Mann komisch vor. Das mit dem Ablenken kann gar nicht so falsch gedacht sein, denn Terroristen sind gewieft und verstehen ihr Handwerk und da jedes Handwerk seine Werkzeuge hat, kann auch dies eines sein.

Der Polizist und zwei Dutzend der Wachmänner versinken in eine apathische Grübelei. Es wird in den Himmel geschaut. Nur Wolken. Die Straße wird nach Merkwürdigkeiten abgestrahlt. Nichts.

Und der Irre, der nicht irr scheint? Unter seiner Kutte trägt er keine Waffe, weil er da keine tragen kann. Allein das Megaphon könnte etwas beinhalten, aber einer der hausinternen Geheimdienstler hat schon erfahren, dass man in ein funktionstüchtiges Gerät keine Miniatombombe oder so was ähnliches stecken kann. Hierzu wurde extra der Hersteller kontaktiert. Von alldem ahnt der Hosenknopf-Protestant natürlich nichts. Auch weiß er nicht, dass es Köpfe gibt, die da meinen, dass man seinen Kopf einlöchern sollte. Aus Vorsichtsmaßnahme. Doch dann gäbe es Medienpräsenz und keiner brauch im Moment Schlagzeilen von einem ermordeten Griechen vor dem weißen Haus. Auch wenn es keiner ist.

Im Park des Weißen Hauses drehen kleine Spatzen ihre Runden. Dieses Dröhnen aus diesem Akustikgerät geht ihnen ganz schön auf die Nerven. Die Luft vibriert überall und in der Trinkschale wallen Wellen über den Rand. Ameisen buckeln die Tröpfchen ins weiße Haus. Hier haben sie einen netten Bau mit allem Komfort. Klimaanlage, Essensrestplatz, Schutz vor Vögeln und nun auch fallend Wasser. Die Königin ist außer sich vor Freude und bereitet ein Fest vor. Wasser ist nämlich sonst Mangelware. Es wird Nektar gereicht, ein paar Maikäfer werden eingeladen und Blattläuse gibt es in kleinen Happen. Die Stimmung ist herrlich. Hier, genau unter dem Büro von George Bush. Die Ameisen wissen nicht um ihren luxuriösen Platz, der nur wirklich für einen Terroristen luxuriös wäre. Sie leben einfach und da sie im Moment feiern und doch ein wenig angeduselt sind, geraten ein paar von ihnen aus der Reihe, verlaufen sich auf ihren sonst so sicheren Ruten und platzen ins Büro.

Draußen schreit die Stimme des Marathonläufers weiter. Hier drinnen hört man gar nichts. Nicht einmal das flattern der Vögel hört man, die alle Sekunde von den Trinkschalen abheben. Gutes Glas, kugelsicher und lärmisoliert.
George Bush liest gerade ein Comic. Was genau, dass weiß er selbst nicht, denn er schaut nur ob er irgendwelche Amerikaflaggen entdeckt. Die schneidet er dann aus und klebt sie in ein Sammelheft. Viele Flaggen hat er schon in den X-Men-Heften gefunden, in den Walt Disney Comics fast nie und hier sieht es auch blöd aus. Er raunt unzufrieden, schaut für eine Sekunde von seinem Heftchen weg und auf den Boden und kreischt. „Ahhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh“
Sofort werden alle drei Türen von drei menschlichen Türen eingetreten und zitternd deutet das Staatsoberhaupt auf die taumelnde Ameise, die eigentlich nur ins Bett wollte. Könnte man in ihren Kopf schauen, würde man hören:

„Diese ganzen Proleten auf dieser Party. War ja schrecklich. Mit wem hab ich eigentlich zuletzt geprostet. Ich glaube den kannte ich gar nicht. Na ja werde ich mir morgen noch einmal überlegen. Ameise, Ameise der Weg kommt mir so lang vor und alles so hell hier und was ist das. Doch n.......“

Ein gezielter Karatekick hat das vielleicht giftige, vielleicht gefährliche und vielleicht ausländische Insekt beseitigt. Bush klatscht und lacht und der Wachmann der den Tritt ausführte, bekommt eine dolle Prämie.
Es werden neue Türen eingehängt. Bush guckt weiter nach Flaggen.
Doch es kommen noch mehr Ameisen. Die Feier ist noch nicht zu Ende. An diesem Tag schreit der Weltmachtsführer 520 mal. 520 mal wird eine Prämie verteilt und 520 Betten bleiben in dem Ameisennest leer.

So einen Stress gab es noch nie im weißen Haus. Noch nie hat der Präsident sich so aufgeregt. Nicht bei allen geführten Kriegen. Ärzte messen seinen Blutdruck, läuten imaginäre rote Alarmglocken, telefonieren mit Terrorexperten, Insektenspezialisten und Imkern. Letzteres war ein Versehen. Diese Nacht wird er von riesigen Ameisen träumen, die nicht sein Land in Schutt und Asche legen, denn das wäre ihm ja egal, sondern mit ihren Scheren seinen Kopf vom Rumpf trennen und dann wird er schreien, die Türen werden ..........

Vor dem weißen Haus läuft ein Marathonläufer, der gar keiner ist, bleibt manchmal stehen und lenkt seine Megaphonstimme direkt auf die Vogeltränken. Aus seinen Hosenknöpfen sind in der Zwischenzeit schon Goldfasane und Klobürsten geworden. Vielleicht ist ihm das was er sagt ganz egal. Vielleicht geht es ihm um die Auswirkung. Wer weiß, ob er das weiß.
 
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Kommentare  

@cronos: ne, das ist c(h)ronisch...

darkangel (03.06.2007)

es muss und kann nur an der hitze liegen

cronos (12.08.2004)

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