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2 Seiten

Vor dem Fenster

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
© Aurora
Sie saß vor ihrem Fenster. Draußen schien die Sonne und die Vögel sangen. Endlich war es wieder Frühling. Der Winter war lang. Zu lang. Unten sah sie endlich wieder spielende Kinder auf dem Spielplatz gegenüber. Sie kletterten, rannten, spielten Verstecken und lachten. Sie rutschten auf der Rutsche hinunter und kreischten jedes Mal vor Vergnügen, wenn einer von ihnen mit seinem Po im Sand landete. Die Kinder backten Sandkuchen und bauten Sandburgen, die sie anschließend wieder zertraten. Manchmal spielten sie auch Fußball. Fröhlich liefen sie dem Ball hinterher, bis sie ihn mit rotem Kopf und einem Keuchen der Erschöpfung erreichten, oder ihn gar dem Gegenspieler abgenommen hatten.
Einmal sah eines der Kinder zu ihr herüber, winkte ihr zu und forderte sie auf doch heraus zu kommen um mit ihm gemeinsam die alte Eiche am Rande des Spielplatzes zu besiegen. Doch sie schüttelte nur missmutig den Kopf und entfernte sich vom Fenster.
Von der Seite aus, Abseits vom Blickfeld der Kinder beobachtete sie dann wie das Kind sich an den starken Zweigen hochzieht und sich mit den Beinen am Stamm abstützt um nicht abzurutschen. Stolz saß es schließlich in der Baumkrone und genoss den Triumph und die neidischen Blicke der anderen. Als es wieder unten ankam, waren seine Hände braun von der Rinde der Eiche, und auch in seinem Gesicht hatte sich einen dünner, schwarzer Streifen Dreck verirrt. Es wischte seine Hände an seiner blauen Hose ab und sah wieder zu ihr herauf. Sie spürte, wie sein Blick auf sie viel und wich noch weiter vom Fenster zurück.
Sie blickte auf ein paar alte Photos an den Wänden, Photos wie sie mit ihren Geschwistern spielt, Photos, wie sie zusammen mit ihrem kleinen Bruder mit dem Hund balgte. Sie hatte einen schönen Hund. Es war ein großer, starker Rüde mit treuen schwarzen Augen, dessen Fell so oft im Sonnenschein von einem goldenen Glanz überzogen wurde.
Erst ein schwaches Klopfen an der Tür ließ sie aus ihren Gedanken aufwachen. Obwohl sie keine Antwort gab, senkte sich langsam die Türklinke, und herein kam das Kind mit dem schwarzen Streifen im Gesicht. „Hallo“, sagte es schließlich. „Deine Mama hat mich reingelassen, kommst du mit nach draußen, Ball spielen?“ Es hielt ihr einen weißen Ball hin. „Du siehst doch, ich kann nicht.“ Gab sie schüchtern als Antwort. Ihr Blick durchdrang das Fenster und fixierte die anderen Kinder unten auf der Straße. „Ich kann nicht.“ Sagte sie wieder. Das Kind sah sie mit irritierten Blick an, dann rollten seine Augen an den runden Rädern ihres Stuhls entlang. „Komm doch raus“, sagte es wieder. Sie gab keine Antwort. Ihre Augen wanderten an der Wand entlang und blieben wieder an dem Photo ihres Bruders mit ihrem Hund hängen. Auch das Knallen der Zimmertür konnte sie nicht davon losreißen. Ihre Augen blieben auf den Hund gerichtet.
Von der Straße drang plötzlich ein Hupen und das Geräusch von quietschenden Reifen herauf. Es riss sie von ihrem Hund los. Sie sah hinunter und erkannte das Kind wieder, das gerade noch bei ihr im Zimmer stand. Bleich, und mit weit aufgerissenen Augen stand es da. Bewegungslos, reaktionslos. Der Ball rollte noch über die Fahrbahn. Der Fahrer sprang aus dem Auto heraus und schüttelte es an seiner Schulter. Gegenüber wurde die Haustür aufgerissen und aufgeregt rannte eine schwarzhaarige Frau zur Fahrbahn. „Oh mein Gott!“ rief sie nur. „Es ist in Ordnung. Zum Glück ist nichts passiert“, hörte sie den Fahrer sagen. Ihre linke Hand begann zu zittern. Mit ihrer Rechten Hand strich sie sich durch ihr schwarzes Haar. „Mir geht’s gut, Mama. Mach dir keine Sorgen“, hörte sie das Kind sagen. „Kann ich wieder spielen gehen.“ „Ja, geh nur, aber sei bitte vorsichtiger.“ Seine Mutter und wischte mit ihrer Hand sanft den schwarzen Streifen aus seinem Gesicht, ehe sie es zurück zum Spielplatz rennen ließ. Das Kind lief wieder auf die Eiche zu, um noch einmal sein Können unter Beweis zu stellen. Erleichtert schaute ihm seine Mutter zu wie es stolz die alte Eiche besiegte.
Das Mädchen wandte sich wieder vom Fenster ab, und schaute erneut auf das Photo an der Wand. Die warme Mittagssonne brach durch das Fenster, und warf einen hellen Schein auf das Photo an der Wand. Von unten dröhnte das Lachen glücklicher Kinder zu ihr herauf. Sie drehte sich um und streckte ihre kleine Hand nach dem Türgriff aus.
 
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Kommentare  

hm... rollstuhl glaube ich nicht, denn das hätte das andere kind bemerkt und außerdem entscheidet sie sich am ende um. das daachte ich aber auch zuerst. jetzt stelle ich mir die frage: was hat das kind denn dann?
gefällt mir!
lg darkangel


darkangel (10.02.2007)

Es wird schnell klar, was mit dem Kind ist. Rollstuhl!
Der Erzählstil aber ist doch sehr zerhakt und
oberflächlich. Eine Ruck Zuck Geschichte.


NewWolz (21.10.2004)

"... dann rollten seine Augen an den runden Rädern entlang"
("... gibt's auch nichtrunde Räder?" raunte darob der Reim am stockenden Stab ... reichlich unrund rollender Manierismus, möchte man meinen.)
"Augen wandern und bleiben wo hängen" -? (wären "Blicke" nicht besser?)
Insgesamt schöne Geschichte, die Sticheleien sind nicht zu Deiner Kränkung gedacht, Aurora - als (ironische) Anregung, ob Du nicht vereinzelte gar zu heftig ins Kraut geschossene Blüten aus Deinem Text lieber wieder rauspflücken möchtest? Schon klar, dass solche Sachen dem Leser leichter "ins Auge" stechen, autsch! als dem Autor, deshalb meine Kritik.
Ich hoffe, Du bist mir nicht böse!


krassNICK (21.10.2004)

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