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Spontanspaltung

Fantastisches · Kurzgeschichten
Einer der ersten zuverlässigen Berichte über Selbstspaltung beschreibt den Tod einer jungen Pfarrerstochter in Bobitz. Nach Aussage ihres Vaters stand die kleine Johanna gerade am Fenster und wollte frische Landluft ganz tief in sich einatmen. Das sah er noch. Als er dann nach einem Zeitungsblick noch einmal hinschaute, bot sich ihm ein grässlicher Anblick. Die Bobitzer Landzeitung berichtet darüber:

„Der arme Vater fand im Hause nur noch einen Teil seiner Tochter. Überall Blut, Gedärme und Adergedöns. Die kleine Johanna war wie von Gottes Hand in der Mitte durchgeteilt und die andere Hälfte fand dann die Feuerwehr unter dem Fenster in den Büschen. Sogar die Knochen waren in der Mitte zerteilt. Die Gerichtsmediziner fanden keine Schneidspuren. Nur das Gehirn lag ganz unbeschadet auf dem Fensterbrett. Die Ermittler ermitteln im Dunkeln“.

Diese Beschreibung ähnelt den heutigen Fällen. Sorgfältige Forschungen des Historikers Basilius Pinkeninken brachten den Fall „Frank Ahmung“ ans Licht. Der Briefträger John Eppen fand die geteilte Leiche, als er einen Brief in den Türschlitz stecken wollte. Wie von Geisterhand öffnete sich die Tür und im Flur lag dann ein matschiges, rotes Gehirn mit zwei Menschenhälften danaben. Das Blut war überall in kleinen Tröpfchen verteilt. Am Flurspiegel konnte man in den Lebenssaftspuren sogar kleine Mädchen sehen, wenn man Fantasie hatte. Ein angerufener Notarzt fand auch hier keine Gewalteinwirkung.
Man nahm an, Ahmung sei über eine Durchzugswehe gestolpert, oben war das Fenster offen und unten auch, und habe sich dann am Parkett den Körper entzweigeschnitten. Man war sich sicher, einen riesigen Splitter irgendwo noch irgendwann zu finden. Weiter ging man davon aus, dass der Briefträger, der Gerichtsmediziner und alle anderen Beteiligten ein wenig übertrieben haben mussten. Aus einem abgetrenntem Finger macht man auch gerne einen abgetrennten Arm. Außerdem habe sogar Ahmung übertrieben.
Pinkeninken wies in einem Bericht im Magazin „Kotzbrellos Fozenkurier“ auf verschiedene Widersprüche dieser Version hin, die vorher noch keinem aufgefallen waren.
Ahmung hatte zum Beispiel noch niemals Parkett in seinem Flur und außerdem auch komischerweise seinen teuersten Anzug an. Zieht man doch nicht an, wenn man sich dann in zwei Stücke schneiden will.

Nur in wenigen Fällen wird die Selbstspaltung beim Namen genannt, denn eigentlich gibt es sie nicht. Die Leichenbegucker müssen sich den physikalischen und medizinischen Gesetzen unterwerfen und können solche Sperenzchen gar nicht zulassen. Infolgedessen ist die Rede von Mücken mit neuartigen Sägewerkzeugen, unvorsichtigen schwarzen Löchern, die sich auf Erden öffnen, keine Ahnung und Mord und Totschlag. Diese Ursachen werden akzeptiert, weil die einzige Alternative viel zu irreal scheint.

Ursache bleibt verborgen. Ich wünsche Ihnen keine Spontanspaltung.
 
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Kommentare  

Folgende Sätze finde ich nicht so passend:
"Diese Beschreibung ähnelt den heutigen Fällen. Sorgfältige Forschungen des Historikers Basilius Pinkeninken brachten den Fall „Frank Ahmung“ ans Licht." - Wieso befasst sich ein Historiker damit, wenn es sich um einen aktuellen Fall handelt (und warum überhaupt ein Historiker)?
"Wie von Geisterhand öffnete sich die Tür und im Flur lag dann ein matschiges, rotes Gehirn mit zwei Menschenhälften danaben." - Die Formulierung "wie von Geisterhand" ist doch nun schon sooo oft verwendet worden (Google findet dazu um die 9290 Einträge)... nicht wirklich einfallsreich, finde ich. Und auch wenn ein Gehirn warscheinlich tatsächlich matschig ist, gäbe es dafür vielleicht auch ein paar schönere Möglichkeiten zur Beschreibung (klingt so ein wenig plump). Und sind Gehirne nicht auch eher weißlich-rot bzw. rosa? Das "rot" hätte man weglassen können, denke ich.
"Außerdem habe sogar Ahmung übertrieben." - Womit hat er übertrieben?
"Zieht man doch nicht an, wenn man sich dann in zwei Stücke schneiden will." - Wieso nicht?
Okay, dabei belasse ich's mal.
Die Idee an sich ist neu (für mich zumindest), und auch der Bericht-Stil ist ganz nett, bei diesem Thema fände ich ein wenig Spannung (die irgendwie totgeredet wurde) aber ganz angemessen.
Der letzte Satz gefällt mir.


Arnold (17.09.2005)

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