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6 Seiten

Das Tor - Kapitel 7

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
„Die Sitzung des Aufsichtsrats.“, erinnerte ihn die Stimme seiner Sekretärin aus der Gegensprechanlage auf dem großen Schreibtisch.
Dabei hatte er es nicht vergessen. Nichtsdestotrotz war er froh jemanden wie Angelina zu haben. Sie mochte keine Schönheit sein, doch das störte ihn nicht, dafür machte sie ihre Arbeit gewissenhaft und war absolut vertrauenswürdig. Was die jährliche Sicherheitsüberprüfung bewies. Ihre Loyalität konnte er ihr mit nichts vergüten. Das war einer der Gründe weshalb sie seit mehr als 20 Jahren seine Sekretärin war.
„Hab ich nicht vergessen.“, versicherte er ihr.
„Der Wagen wartet bereits.“
Ihm huschte ein Lächeln über sein Gesicht. „Sagen sie Rico er, muss sich ein wenig Gedulden. Ich bin schließlich keine 30 mehr.“ Er stand aus seinem Bürostuhl auf, ging zum Ständer, zog seinen Mantel an, nahm die Aktentasche, schaute in den Wandspiegel, trat aus seinem Büro und schloss hinter sich die Tür.
Ein junger Mann, Mitte 30, erhob sich von der Couch gegenüber von Angelina`s Arbeitsplatz, als er durch die Tür kam. Sein Assistent.
Sie gingen zu den Fahrstühlen, warteten einen Augenblick, traten in die Kabine und fuhren vom 37. Stock in die Lobby. Wo ein unablässiger Strom von Frauen und Männer das Gebäude betrat und wieder verließ. Vor einer Schautafelreihe stand eine Gruppe Kinder. Eine Frau, in den Dreißigern, leitete die Führung.
Ein Mann mit grauem Haarsatz trat an ihn heran. Er wandte sich seinem Assistenten zu. „Robert. Warten sie doch beim Wagen auf mich. Ich komme gleich nach.“
„Jawohl, Sir.“
Der Mann wartete, bis sein Assistent außer Hörweite war. Ein Kontrollblick in die Menge.
„Komplikationen?“, fragte er den Mann.
„Nein.“
„Wie ist sein Zustand?“
„Der Arzt meint, soweit scheint alles in Ordnung.“ Eine beruhigende Nachricht.
Wieder schaute sich der Mann in der Lobby um. Niemand achtete auf sie. Die Leute waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. „Freut mich zu hören.“
„Wir haben möglicherweise ein Problem.“, erklärte der Mann leise. Er holte ein neumodisches Handy mit einem Touchscreenbildschirm hervor, berührte die Schaltfläche und hielt es ihm hin.
Auf dem Bildschirm wurde eine Videosequenz abgespielt. Sie war digital und gestochen scharf. Zum Video gab es klare Audiospur:
„Wie kommst du hierher?“, fragte die Frau.
„War schon umständlich.“, antwortete der Mann. „Bin über Monrovia nach Casablanca und von dort nach Lissabon geflogen. Wo ich in eine Linienmaschine nach Den Haag gestiegen bin. Economy natürlich. Vom Flughafen aus habe ich mir ein Taxi genommen. Der Fahrer konnte das Ziel ja nicht verfehlen.“
„Dein Name steht nicht auf der Einladungsliste.“
Der Mann zuckte mit den Schultern. „Bei wem soll ich mich deswegen beschweren?“
„Es tut mir leid.“
Das Lächeln der Frau war in Wirklichkeit keins. „Drei Jahre zu spät.“
„Besser spät als nie.“
„Darum hast du deine umständliche Anreise nicht auf dich genommen! Also weswegen bist du gekommen?“
„Das sollten wir besser in einem geschlossenen Raum unter Vier Augen besprechen.“
Die Frau verschränkte die Arme vor der Brust.
„Es geht um die Texte, die dein Vater in Askalon gefunden hat.“
Die Sequenz endete damit, dass der Mann und die Frau ins Gebäude gingen. Er gab ihm das Handy zurück. Probleme sind da, um gelöst zu werden, hatte sein Professor stets betont, wenn er seine Studenten mit einem Problem konfrontierte. Zu allem gibt es eine Lösung.

***
Die Allianz und die Organisation für Welt Kultur Schätze hatten eine Gemeinsamkeit. In der Öffentlichkeit galten sie als Gemeinnützige Organisationen.
Bei der WOCT handelte es sich um eine Ausgliederung vom Kulturbeirat der NATO mit Sitz in Antwerpen, Belgien. Von wo sie ihre Finanzierung erhielten. Aus diesem Grund musste man einen, für die Öffentlichkeit zugänglichen, Quartalsbericht vorlegen. Versuchte man näherende Informationen stieß man schnell an eine unüberwindliche Hürde, die viele als Bürokratie bezeichneten. Früher oder später stellten die Hartnäckigen fest dass die WOCT nicht wie angenommen dem Kulturbeirat unterstand, sondern dem Sicherheitsrat der NATO. Woraufhin sich die Leute fragen würden, wieso eine gemeinnützige Organisation dem Sicherheitsrat des Transatlantischen Bündnisses unterstand?
Das Gegenstück, die Allianz, wiederum war als eine reine private Gemeinnützige Organisation anerkannt. Sie finanzierten sich hauptsächlich aus Spenden. Zusätzlich verfügten sie über einen Stamm gutbetuchter Sponsoren. Bei der WOCT waren diese Frauen und Männer als Mäzen bekannt. Zurzeit, so ein Geheimbericht, belief sich der Kreis der Mäzen auf 5 Personen. Deren Identitäten bisher nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte. Außerdem besaß die Allianz über Scheinfirmen Beteiligungen an Investmentfonds, Holdinggesellschaften und Konzernanteile. Wie andere Gemeinnützige Organisationen auch unterhielt man Beziehungen zu verschiedenen Ländern, Wohltätigkeitsorganisationen, Bildungseinrichtungen und Stiftungen. Manche der Letzteren standen auf dem Index einiger Sicherheitsbehörden. Eine strafrechtliche Zusammenarbeit konnte bisher nicht bewiesen werden. Halbjährlich veröffentlichte die Allianz unter dem Deckmantel ihrer gemeinnützigen Arbeit einen Spendenreport, wo unter anderem aufgelistet war, welche Projekte gefördert oder unterstützt wurden. Das war ihr Ansatzpunkt.
Übers Internet griffen sie auf den Spendenreport der vergangenen 6 Monate zu. Er war vor 2 Monaten veröffentlich worden. Alexander hoffte darin einen Hinweis zu finden. Mühselig wühlte man sich durch den Report. Nava hatte 2 Exemplare aus der Bibliothek ausgeliehen. Zusammen mit dem Admiral ging sie die gebundenen Ausgaben durch. Sven befasste sich am Notebook mit dem Report. Seinem Bruder hatte er ihn auf einen Speicherstick kopiert und nun sah Alexander ihn sich über den Flachbildschirm an.
Der Report war ein Mix aus Zahlen, ernüchternden Fakten, Statistiken, Diagrammen, Absätzen, Kauderwelsch und Bürokratie Sprache. Nur jemand mit einem fundierten Wachwissen konnte dem Ganzen etwas verständliches Abgewinnen.
Alexander wechselte auf die nächste Seite, lehnte sich zurück und legte den Kopf in den Nacken. Seit einer gefühlten Ewigkeit suchten sie nun schon. Ohne Erfolg. Einmal mehr dachte er dass die Allianz vielleicht zufällig auf dieses Etwas gestoßen war, das sie dazu veranlasste ein Kommandounternehmen zu starten. Je länger sie suchten so wahrscheinlich wurde es. Er stand auf und vertrat sich die Beine.
„Hm.“, stieß sein Bruder tonlos hervor.
„Was?“, fragte Alexander ihn und schaute aus dem Fenster.
Sven war sich nicht sicher. „Keine Ahnung, aber ich glaube ich hab hier was.“
Er stellte sich hinter ihn. Sein Bruder zeigte auf eine Zeile. „Und!“
Über seine Schulter hinweg schaute Sven ihn an. „Dabei handelt es sich um eine Ausgrabung in der El Hamra Wüste in Libyen. Initiator ist ein Mann namens Doktor Bernd Schneider.“ Mit einem Klick auf die Funkmaus erschien ein weiteres Bildschirmfenster. Dort hatte sein Bruder die Biografie des Mannes über eine Freie Enzyklopädie geladen. „Er hat vor Jahren für das Deutsche Archäologische Institut in Berlin gearbeitet. Man trennte sich von ihm nach dem er mehrmals öffentlich die Ansicht vertrat dass die Askalon Texte zum goldenen Manuskript gehörten.“ Alexander schaute zu Nava. Genau wie bei ihrem Vater. „Schneider besaß eine Zugangsberechtigung zum Historischen Archiv. Ich hab mir die Zugangsprotokolle besorgt.“ Wieder ein Klick und ein anderes Bildschirmfenster erschien. Diesmal sah man die erwähnten Zugangsprotokolle. Die Suchfunktion, welche Sven benutzte, unterlegte die Zeilen in der der Name stand farbig. Alexander zählte 7. „All die Einträge stammten vor seiner Entlassung.“ Die Nummer in der Spalte: Objekt war stets die gleiche. Waren darunter die Askalon-Texte abgelegt! „Ein Jahr später beantragt er eine Untersuchung des Olympos Tempel auf Zypern.“ Im nächsten Fenster war der Antrag geladen. Alexander fiel nichts auf. Sven schaute ihn an.
„Interessant! Und weiter.“
Sein Gesicht hellte sich auf. Es bekam diesen; Ich weiß was, was du nicht weißt, Ausdruck. Mit einem Grinsen markierte Sven die Stelle. Alexander schaute hin. „Kurz darauf bat er das libysche Kulturministerium um Erlaubnis die Ausgrabung in der El Hamra Wüste zu machen. Sie entsprachen seiner Bitte. Wochen später erschien in der El Tripolis ein Artikel in dem ein Mitarbeiter vom Kulturministerium zitiert wird, bei einer Ausgrabung in der El Hamra Wüste sei ein bedeutsames Relikt gefunden worden. In der Nacht vor der Veröffentlichung zeichnete ein hohes Regierungsmitglied eine Ausfuhrgenehmigung ab und eine gecharterte Frachtmaschine startete vom Luftwaffenstützpunkt der Präsidentengarde.“ So wie es aussah, war sein Bruder tatsächlich auf etwas gestoßen.
„Wohin ist sie geflogen?“, fragte Alexander.
„Es gibt weder Flugplan noch Flugnummer.“
„Woher weißt du dann das mit der Frachtmaschine?“
Sven lächelte. Mit einem Klick kehrte er zum Fenster mit dem Spendenreport zurück. Ein Tastenbefehl und das Programm zeigte die Markierung an. „Sie haben das Kerosin bezahlt.“

***
Vor 3 Jahren vergab die staatliche Ölgesellschaft Libyen Oil einen Auftrag zu Tiefseebohrungen vor der Küste an die Harris Sea and Underwater Company. Grund war ein vermutetes Ölfeld, auf das sie dann auch stießen. Im Zuge dessen sicherte sich die HSUC einen fortführenden Auftrag zur Legung einer Pipeline auf dem Meeresboden zum Zwischenlager und der Raffinerie. Nach Abschluss der Arbeiten bekam die Firma einen mehrjährigen Wartungsvertrag. Zweimal im Jahr ging ein Schiff der Harris Flotte vor der Küste vor Anker und überprüfte die Rohre. Im letzten Jahr verlängerte die Regierung in Tripolis den Vertrag vorzeitig.
Der Admiral machte ein paar Anrufe um alles Nötige in die Wege zuleiten. Nava, Alexander und Sven stiegen aus der Air France Maschine und kamen in die Ankunftshalle. An den 2 Einreiseschaltern bildeten sich innerhalb kürzester Zeit Warteschlangen.
Hasan, ein Mitarbeiter der Zweigstelle der HSUC, begrüßte sie. Ein Soldat winkte. Sie folgten ihm. Der Soldat besaß den Rang eines Colonels. Er sprach mit den Soldaten an der Kontrolle. Einer von Ihnen warf einen flüchtigen Blick auf die Einreisedokumente und stempelte sie ab. Im Terminal sprachen Hasan und der Colonel noch miteinander, bevor er die 3 zum SUV brachte. Später stellte sich heraus, dass der Colonel ein Cousin von Hasan war.
Durch die Vorarbeit vom Admiral hatten sie das Flughafengebäude wenige Minuten nach der Landung bereits verlassen und wurden von Hasan zu ihrem Hotel in Tripolis gefahren. Ohne die Hilfe hätte es mit Sicherheit länger gedauert und womöglich zu Problemen geführt, da Nava einen israelischen Reisepass hatte. So hatte Admiral Harris sie kurzerhand zu einer Mitarbeiterin gemacht. Was die Einreise erleichterte.
Alexander und Sven besuchten zum zweiten Mal Libyen. Nicht zur Erholung sondern Beruflich. Beim ersten Mal waren sie wegen der Pipeline Legung ins Land eingereist. Das zweite Mal war in Folge der halbjährlichen Wartung gewesen. Außer der Fahrten vom Flughafen zum Hotel und zurück, sowie vom Hotel zum Hafen und zurück hatten sie nicht viel vom Land oder der Stadt gesehen. Entlang der Strecke zum Hotel hatte sich das Stadtbild verändert. Aus den Baustellen waren Hochhäuser und Shoppingcenter aus Glas, Stahl und Beton geworden. Die vormals zweispurige Schnellstraße war jetzt dreispurig. Teilweise waren Bauten abgerissen und neu hochgezogen worden oder befanden sich noch im Wiederaufbau. Dazu kam ein neu angelegter Park. Alexander fand es immer wieder bemerkenswert wie sich Stadtbilder selbst in kurzen Intervallen verändern konnten. Bei all der Veränderung wirkte das Hotel wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Dabei war das Silver Tripolis Hotel keine 4 Jahre alt.
Der Angestellte an der Rezeption erkannte die Brüder wieder, begrüßte sie und schaute im Computer nach der erwähnten Zimmerervierung nach. Auswertige Mitarbeiter der Harris Sea and Underwater Company wurden stets im Silver Tripolis Hotel untergebracht. Sie bekamen die Schlüsselkarten ausgehändigt. Ihre Zimmer lagen auf der gleichen Etage.
Man verabredete sich in einer Stunde gemeinsam im hoteleigenen Restaurant etwas zu essen. Morgen früh wollten sie zur Ausgrabungsstelle in der El Hamra Wüste aufbreche. Dafür ließ sich Alexander an der Rezeption einen Geländewagen reservieren. Vollkasko natürlich. Für die Spesen kam ja die World Organization for Culture Treasures auf.
Alexander ging unter die Dusche, stellte den Warmwasserboiler auf 40 Grad Celsius, drehte das Wasser auf und stellte sich in die Duschkabine. Gute 20 Minuten verbrachte er unter dem verstellbaren Duschkopf. Die Dusche half ihm beim nachdenken.
Er ließ seine erste Begegnung mit Anna Revue passieren.
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Ende, Kapitel 7
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

Die WOCT zu der die beiden Brüder und Nava gehören, sind der Allianz auf
der Spur, die Navas Vater entführt haben. Aber auch die Allianz scheint ihre gefährlichen Tentakeln bereits nach den Mitgliedern der WOCT ausgestreckt zu haben. Sehr spannend. Ich fürchte um Alexanders Leben.


doska (12.05.2010)

Hallo, Leute.
Danach kommt: Zwischenspiel -Part I-

Lasst mich wissen wie ihr dieses Kapitel findet.

Mfg


Alexander Bone1979 (09.05.2010)

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