Liebe Leser,
eine neue Episode meiner SciFi-Serie ist fertig. Hoffe Sie gefällt euch. Über Kommentare würde ich mich freuen.
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-Anfang-
Ein Ruck ging durch die Raumfähre
Das Einsatzteam blieb angegurtet sitzen. Erst als die rote Beleuchtung auf Grün umschaltete, schnappten die Sicherheitsgurte der Frauen und Männer im Chor auf. Ein Crewmen der Flight Crew zeigte Commander Sènà den erhobenen Daumen. Sie nickte ihm zu, prüfte noch mal ihre Einsatzausrüstung.
Anders als die 15 Frauen und Männer vom Sicherheitsteam trug die Gvanerin gemeinsam mit Senior Commander Alexander lediglich eine Schussweste. Während die Mitglieder vom Sicherheitsteam die obligatorischen Panzeranzüge trugen. Die integrierten Helme trug keiner. Sofern es die Situation erforderte, konnte sich das innerhalb eines Sekundenbruchteils ändern.
Bei der Einsatzbesprechung hatte die Gvanerin den Teams klar gemacht, worum es bei dem Einsatz ging. Vornehmlich um humanitäre Hilfe gegenüber den Klonen, sammeln von Informationen und eine Erstversorgung.
Die Ersten die an Bord der Produktionsstation gingen waren Commander Sènà, Senior Commander Alexander, Lieutenant Tanaka und Co. Sie sollten die Sicherung übernehmen. Sobald man an Bord war, würden die übrigen Einsatzteams per Raumfähre an die Raumstation andocken und folgen.
Eine gewisse Anspannung war zu spüren. Jedenfalls empfand es Sènà so. Keiner wusste was Sie hinter dem Schott der Schleuse erwartete. Alles war möglich. Vom friedlich-freundlichen Empfang hin zur offenen Feindseligkeit. Auch wegen dieser Ungewissheit gehörten 3 Sicherheitsteams zur Einsatzgruppe.
Dazu kamen ein Ingenieur-Technik-Team sowie ein Erste-Hilfe Team.
Als Sènà ihren Aktionsplan der Kommandantin vorstellte, erhielt die Gvanerin auch gleich das Einsatzkommando. Captain Sofia stellte ihr Senior Commander Alexander als Stellvertreter zur Seite. Widererwartet protestierte er nicht, obgleich der Mensch den höheren Rang besaß. Hinzu gehörte er nicht dem Kommandostab der VF Dakar an.
Gegen seine Ernennung erhob auch sonst keiner Einwände.
„Dann wollen wir mal.“ Reih um erhielt Sie eine nickende Bestätigung.
Sènà verließ die sichere Raumfähre, trat in den Andockstutzen. Keine 2 Meter vor ihr befand sich die erste Schutzschleuse. Sie schwang zischend beiseite, als die Gvanerin den Andockstutzen betrat. Gleich hinter ihr folgten Senior Commander Alexander in Begleitung 3er Marines, die die Impulsgewehre vor der Brust hielten jederzeit bereit die Waffen in Anschlag zu bringen und den Abzug zu betätigen sollte es notwenig sein.
Sieben Meter weiter lag die zweite Schutzschleuse der Andockröhre. Dahinter befand sich die Raumstation. Sie schwang beiseite als Sènà in den Erfassungsbereich des Bewegungssensors kam. Die Gvanerin trat über die Schwelle. Eine Hand nahe am Pulser. Für den Fall der Fälle.
Hinter ihr traten sogleich die Anderen aus der Andockröhre. Senior Commander Alexander trat neben ihr. Zwei Marines postierten sich am Schleusenzugang. Der Dritte stand keine Armlänge hinter Sènà und ihrem Stellvertreter.
Ein hagerer Humanoid von 1 Meter 80 trat auf Sie zu, ohne dabei allzu forsch zu sein. Er benahm sich zurückhaltend. Sein Begleiter folgte ihm auf Schritt und Tritt. In Händen hielt er ein Sturmgewehr, dass die Maris benutzten. Außer ihnen war niemand da, der Sènà und Co empfing. Nur weil man niemanden Weiteres sah, hieß das nicht das keiner mehr da war.
Aus diesem Grund war Vorsicht geboten.
Andererseits hatte Sie nicht das Gefühl in eine Falle oder einen Hinterhalt zu tappen.
„Ich bin Marcus.“, stellte sich der Klon selbstbewusst vor. An den Marines schien er sich nicht zu stören oder sie als Bedrohung zu empfinden. Im Gegenteil er wirkte froh. Da flüsterte ihm der bewaffnete Klon etwas zu. Die Wulst über dem rechten Auge zuckte. Seine Gesichtszüge verhärteten sich.
Etwas stimmte nicht.
Plötzlich tauchten Dutzende Spotter das Einsatzteam in blendend weißem Licht.
Sofort gingen die Marines zur Eigensicherung über. Die Helme umschlossen ihre Köpfe. Sie errichteten einen Wall um die Zugangschleuse, die Impulsgewehre im Anschlag. Der Blendeffekt der Spotter war durch die Helme verpufft, bevor er überhaupt Wirkung zeigte.
Abgeschirmt hinter den gepanzerten Marines sah Sènà zum Klon, der sich ihnen als Marcus vorstellte. Sein Gesicht hatte sich zu einer wütenden Fratze verzogen. Sein Blick richtete sich nicht gegen die Ankömmlinge, sondern gegen jene, die die Szenerie auslösten.
„Ma’am?“, hörte die Gvanerin Truppführerin Tanaka aus ihrem Ohrempfänger fragen. Das Einsatzteam stand einer akuten Bedrohung gegenüber. Trotzdem besaß Sènà die Befehlsgewalt.
Auf den Ersten Blick wirkte das Ganze wie eine Falle oder einen Hinterhalt. Doch die Reaktion vom Klon Marcus passte nicht. Er schien wütend darüber zu sein, was sich im Moment geschah. Sein Auftreten war keinesfalls bedrohlich oder feindselig. Im Gegenteil, auf Sènà wirkte er erleichtert.
Das ergab einfach keinen Sinn.
„Negativ.“
Obwohl je ein Marine auf ihn und seinen Begleiter zielte, schritt der Klon Marcus vor. Sein Begleiter folgte ihm unschlüssig. Er zielte seinerseits auf die Marines. Marcus kam nicht auf Sènà und Co, was die Marines zu einer Warnung veranlasst hätte. Stattdessen wandte er sich denjenigen zu die hinter den Spotts standen und auf das Einsatzteam zielten, weil Sie in ihnen eine Bedrohung sahen.
Er stand in der imaginären Schusslinie, starrte in das Licht. „Schaltet es aus.“ Ein archaischer Befehlston. Doch nichts geschah. „SOFORT.“ Brüllte Marcus wütend. Die Spotter erloschen.
Auf dem höher gelegenen Steg der Ankunftshalle standen 30 Klone mit erbeuteten Sturmgewehren der Maris. Sie zielten allesamt auf das Einsatzteam.
„Nehmt die Waffen runter.“
Einige der Klone sahen unschlüssig zu der Frau in ihrer Mitte, die ebenfalls mit einem Sturmgewehr auf Sènà und Co zielte. Genau in ihrer Schusslinie stand Marcus, der zu ihr hinauf sah und deutlich machte, was er von dem Ganzen hielt. Sie sahen einander an. Er breitete demonstrativ seine Arme aus. Man musste ihn erschießen. Was den Klonen zu widerstreben schien. Zumindest einigen.
Weniger Entschlossene senkten die Sturmgewehre.
„Du musst mich erschießen, Lara.“
Ohne mit der Wulst zu zucken, zielte die Klonfrau weiter auf ihn. Mit grimmiger Entschlossenheit blickte Sie ihn an.
Sekunden verstrichen.
Keiner der Beiden rückte einen Millimeter ab.
Stattdessen senkten weitere Klone aus der Gruppe die Sturmgewehre. Nur der Kern aus 6 Klonen, die um Sie standen, hielten die Waffen im Anschlag. Damit war klar, auf welcher Seite sie standen.
Dann senkte Lara doch ihr Sturmgewehr, ohne ihn dabei aus den Augen zulassen. Auch die übrigen Klone folgten ihrem Tun. Der Machtkampf schien entschieden. Zugunsten des Klons Marcus.
Die Klonfrau mitsamt ihrem Gefolge verschwand vom Steg.
Zurück blieben Marcus, sein unschlüssiger Begleiter und die Unioner.
Er wandte sich zu ihnen, sah kurz seinen Begleiter an, der daraufhin erleichtert das Sturmgewehr senkte. „Ich bitte dies zu entschuldigen.“, richtete Marcus an die Gvanerin. „Lara verfolgt keine böse Absicht.“ Auch die Marines hatten mit dem verschwinden der Klone ihre Waffen gesenkt. „Sie will uns nur beschützen.“, versicherte er aufrichtig.
Sènà trat vor. „Wir sind für Sie keine Bedrohung.“, erwiderte Sie.
„Das wird die Zukunft zeigen.“, gab der Klon philosophisch zurück.
Darauf konnte Sie schlecht etwas erwidern. Denn er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen.
„Ich bin Commander Sènà.“, stellte Sie sich schließlich vor. Und reichte ihm die Hand.
Er trat vor, legte seine Hand in ihre. „Freut mich deine Bekanntschaft zu machen.“
***
Nach dem Sie sich vorstellten, bekamen die übrigen Einsatzteams via Com das Signal zum Andocken. Die Marines sicherten die Ankunftshalle. Ein weiterer Auftritt von Lara und ihrem Gefolge war nicht mehr möglich. Marcus versicherte, dass es nicht wieder vorkommen würde.
„Sind Sie der Anführer?“, fragte Senior Commander Alexander.
Der Anflug eines Lächelns erschien auf dem blassen Gesicht des Klons. „Für meine Brüder und Schwestern bin ich es.“ An dem Blick seines Begleiters sah man es, das dem tatsächlich so war. „Ich selbst sehe mich nicht als Anführer.“ Sein Begleiter wollte widersprechen, ließ es auf den Blick von Marcus sein. „Sie sehen das jedoch anders.“
„Was ist mir der Frau! Lara.“ Wollte Sènà wissen. Sie kam Alexander zuvor.
„Sie wäre gerne an meiner Stelle.“, gab der Klon unumwunden zu. Wieder erschien ein Lächeln. „Eines Tages wird Sie es auch.“ Prophezeite er ihnen. Man sah dem Begleiter den Protest an, der ihm auf der Zunge lag, aber nicht ausgesprochen wurde. „Der Rückhalt für Sie bei unseren Brüdern und Schwestern reicht nicht.“ Noch nicht. Er schien zu glauben dass sich das Ändern würde.
Ein junger Fähnrich kam zu ihnen. „Ma’am.“, richtete er an Commander Sènà. „Wir sind soweit.“ Er gehörte zum Stab von Senior Lieutenant Francesca Maldini, der Chefärztin der VF Dakar.
Das Erste-Hilfe Team war vollzählig eingetroffen und einsatzbereit.
Das Ingenieur-Techniker-Team hingegen lud die Ausrüstung aus.
Sènà stellte ihn Marcus vor und teilte dem Klon sein Aufgabenbereich mit. Sie hatte ihm die Absicht ihres Erscheinens erläutert. Worüber er wiederum froh war. Trotz des Zwischenfalls. Im Zuge der Vorstellung des Fähnrichs, stellte Marcus seinen Begleiter vor. Der Klon hieß Kwàn. Er trug ihm auf das Erste-Hilfe Team auf die Lazarettstation zu bringen. Ohne Widerworte nahm Kwàn es hin. Ihn mit den Fremden alleine zulassen widerstrebte dem Klon sichtlich. Nichtsdestotrotz führte er das Erste-Hilfe Team mitsamt dem Sicherheitstrupp aus der Ankunftshalle, die für die Einsatzgruppe zur Standortbasis wurde.
Da erschien ein junger Klon. Erst auf Marcus winken hin näherte er sich zögerlich. Die Gvanerin schätzte ihn auf 15 Jahre. Er händigte ihm ein Stofffetzen aus, schaute schüchtern und furchtsam zu den Marines in ihren Panzeranzügen.
Auf dem Stofffetzen stand eine Nachricht. Seine Wulsten senkten sich. Sein Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an. „Wie viele haben es geschafft?“ Die Zuversicht war geschwunden.
„An die 500.“
Marcus schloss für einen Moment die Augen. Betroffenheit spiegelte sich wieder.
„Was ist passiert?“, wollte Senior Commander Alexander wissen.
Der junge Klon wusste nicht so recht, was er tun oder sagen sollte.
„Wir haben versucht die letzte Verbindungsröhre zu einem abgeschnittenen Satellitenterminal instand zusetzen.“, antwortete Marcus schließlich. „Um unsere eingeschlossenen Brüder und Schwestern zu evakuieren.
Sènà und Alexander sahen einander an.
Beide erkannten, dass das womöglich ihre Chance war, um Vertrauen unter den Klonen zu gewinnen. Wie der Vorfall mit der Klonfrau Lara zeigte, schienen nicht alle so unvoreingenommen zu sein wie Marcus. „Vielleicht“, richtete Alexander an ihn. „können wir ihnen helfen.“
***
Die Produktionsstation war Teil des Industriekomplexes, wo das geförderte Duraniumerz weiterverarbeitet wurde. Während die Werftanlagen durch das Bombardement zerstört waren, kamen die anderweitigen Produktionskapazitäten noch relativ glimpflich davon. Was auch am Eingreifen von Captain Sofia lag.
Das Sensorbild der VF Dakar von der Station zeigte, das Sie von Rund siebentausend Klonen bewohnt wurde. Die Gmah Vasallen in Person der Vaan-Maris hatten die Station um Satellitenterminals erweitert. Wodurch ein obskures Gebilde entstand, das keinerlei Symbiose besaß.
Der Nutzen war wichtiger als die Ästhetik.
Zwei der äußeren Satellitenbauten waren durch die Bombardierung in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Hauptverbindungsröhre zur Station war an mehreren Stellen schwer beschädigt. Hinzu entstand durch herumfliegende Trümmer eine Lücke von 15 Metern. Eine Behelfsröhre war komplett verschwunden. Einzig die zertrümmerten Stutzen waren übrig geblieben. Der Röhrenabschnitt der V-Röhre die 2 Satellitenterminals mit der Station verband war im Zuge des Aufstandes von den Vaan-Maris gesprengt worden.
Die Verbindungsröhre zum Zwillingsterminal war auf einer Länge von 200 Metern stark beschädigt aber nicht begehbar. Dadurch wurden die Klone im entsprechenden Satellitenterminal eingeschlossen. Die Klone in der Station hatten nach dem Aufstand versucht die Schäden zu flicken. Womit Sie sie begehbar machten und mit der Evakuierung begannen, da die strukturellen Schäden am Satellitenterminal die Hüllenintegrität schwächte. Was zu einem Riss führen konnte, der die Klone unweigerlich zum Tode verurteilte.
Fähnrich Alfred verfolgte via Pad das Übertragungsbild der Drohne, die entlang der Verbindungsröhre flog und unerlässlich Sensordaten lieferte. Anhand dessen war der Mischling überrascht, dass die Röhre überhaupt noch in einem Stück war. Mit dem Flicken hatten die Klone der Struktur mehr geschadet als genutzt. Andererseits verfügten Sie nicht über die entsprechenden Mittel, wodurch man es ihnen kaum zum Vorwurf machen konnte. Schließlich wollten sie die Klone im Satellitenterminal retten, dessen Hüllenintegrität eine tickende Zeitbombe war.
Den Schaden zu beheben war bereits nach dem Sichtflug der Drohne kaum zu bewerkstelligen, was sich mit den Sensordaten bewahrheitete. Mit einem Reparaturschiff wäre es sicherlich möglich gewesen. Oder mit entsprechenden Ressourcen in der Hinterhand. Beides war nicht vorhanden. Möglicherweise konnten ihnen die Kräfte der Sieben Kolonien helfen, doch irgendwie bezweifelte der Mischling, dass Sie sich dazu bereit erklärten. Sie machten ja keine Anstalten ihnen oder den Klonen zu helfen.
Lieutenant Commander Meier, der LI der VF Dakar, hatte Alfred die Führung bei dem Außeneinsatz übertragen. Was angesichts seines niedrigen Rangs verwunderlich war. Der LI hatte bei der Kommandostabbesprechung seine unkonventionelle Denkweise hervorgehoben. Wodurch er scheinbar prädestiniert für solche Einsätze war. Er hielt viel von ihm.
„Das sieht nicht gut aus.“, urteilte Fähnrich Choò zischend. Der Optimismus des Maequ’s hielt sich in Grenzen.
„Nicht gut.“, äffte Crewmen Cafù den Maequianer nach. „Das ist absolut beschissen, Choò.“
Dahin gehend hatte der Gvaner nicht Unrecht.
„Wir könnten Energieemitter an den Bruchstellen der Röhre aufstellen.“, sagte der Mischling. Eine der Ideen die ihm beim betrachten des Übertragungsbilds unter Zuhilfenahme der Sensordaten gekommen war.
„Die Energiefelder verschließen die Bruchstellen.“, platzte das Ergebnis der Idee aus Choò.
Alfred stimmte ihm nickend zu. Auch wenn er es ihm vorwegnahm. „Ein Problem sind die Mikrorisse im Hüllenmantel. Sie ziehen sich über die gesamte Länge der Röhre.“ Für die Bruchstellen hatte er zwar eine Lösung, doch sie reichte nicht aus um die Verbindungsröhre begehbar zu machen. Jedenfalls nicht so wie es sich Commander Sènà und Senior Commander Alexander vorstellten. Die Mikrorisse konnten jederzeit zu Bruchstellen führen. Oder schlimmer.
„Wir beschichten die Röhre.“, warf Cafù als Vorschlag ein.
„Ariumharz.“
Alle schauten zu der Klonfrau.
Unter der Vaan-Maris-Herrschaft hatte Sie die Produktionsanlagen instand gesetzt, repariert und gewartet. Ihr Talent und Können machte Lydia im Laufe der Zeit unverzichtbar, da die Vaan und Maris keinen Finger krumm machten, wenn Reparaturarbeiten anstanden. Trotzdem besaß sie bei den Gmah Vasallen keinen Sonderstatus. „Ist ein Mehrkomponentenkleber.“ Eigentlich war es ein Abfallprodukt während der Produktion. Diesen Teil klammerte sie bewusst aus. Durch die Materialknappheit hatte man lernen müssen zu nutzen, was vorhanden war. In diesem Fall fand Ariumharz Anwendung als Mehrkomponentenkleber. Und bewährte sich. „Wir nutzen ihn zum Auffüllen von Rissen bei Anlagen und Maschinen.“ Bei den ältesten Produktionseinheiten war Ariumharz das Einzige, was Sie zusammenhielt. „Es ist vielseitig einsetzbar.“ Gezwungenermaßen. Auch dieses Detail ließ Lydia außen vor. Was ihr wahrscheinlich eine Ermahnung von Marcus einbrachte, womit die Klonfrau leben konnte. Sie hatte eine gesunde Zurückhaltung gegenüber den Fremden, die mit dem Feind der Vaan und Maris im Bunde zu seien schienen. Genau darin sah Marcus ihre Chance sich endgültig von Joch der Vaan-Maris zu befreien.
Nicht jeder sah das so.
Mit einer jener Personen hatten die Fremden bereits Bekanntschaft gemacht.
„Ich müsste ihn mir mal ansehen.“, richtete Alfred an Sie.
„Kein Problem.“, entgegnete Lydia locker. „Wenn wir von etwas genug haben, dann ist es Ariumharz.“
***
Tatsächlich erwies sich das Ariumharz als idealer Werkstoff für ihr Vorhaben. Trotz der zähen klebrigen schleimigen Konsistenz konnte man es unter Beimischung eines Bindemittels flüssiger machen, wodurch es sprühfähig wurde. Dafür rüstete man zwei Drohnen um. Von außen sprühten Sie nach Testflügen die Röhre über die gesamte Länge und Fläche ein. Mit einem Infrarotstrahl wurde der Aushärtungsprozess beschleunigt. Um anschließend eine weitere Schicht aufzutragen. Ein Prüfflug sollte via Sensordaten möglich unbehandelte Stellen aufzeigen, die dann bezeitigt wurden.
Im Röhreninneren wurden Mehrzweck-Mikrodrohnen (MM) für das Besprühen eingesetzt. Unterdessen installierte man die Energieemitter. Alles im allem dauerte die Sache gute 2 Stunden. Von Außen überwachten Drohnen und die VF Dakar die Durchführung der Rettungsaktion. Zur Sicherheit war im Röhreninneren über die gesamte Länge ein Duralstahlseil gespannt worden. Für den Eventualfall das weitere Röhrenbrüche auftraten, sollte es als Führungsseil für eine Notfallbergung fungieren.
Ein Trupp Klone führte gemeinsam mit Marines die Evakuierung des Satellitenterminals durch. Schrittweise erhöhte man die Evakuierungsgruppen als klar war, dass die Röhre es aushielt. Dabei stellte die Unioner fest das Schwangere, Babys, Kinder und Alte sehr selten waren. Sie bildeten trotz der Vielzahl von Klonen eine strikte Ausnahme dar. Anscheinend hatten die Vaan-Maris keine Verwendung für jene Altersgruppen.
Die Evakuierten erhielten bei ihrer Ankunft auf der Produktionsstation umgehend eine Erstversorgung. Wie nicht anders zu erwarten, waren Sie den Unionern gegenüber vorsichtig und distanziert. Aus diesem Grund arbeitete man mit Klonen zusammen, die ihnen die Furcht und Angst nahmen.
Immer mehr Klone konnten evakuiert werden.
Bekannte, Freunde und Liebende fanden wieder zusammen.
„Ma’am.“, richtete Lieutenant Tanaka an Commander Sènà.
Die Gvanerin sah zu der Teamleiterin der Marines.
Tanaka wiederum richtete ihren Blick auf jemand anderes.
Bei diesem Jemand handelte es sich um die Klonfrau Lara. Sie war mit bewaffneten Begleitern in die Ankunftshalle gekommen, schaute nichtssagend auf die Szenerie und sah dabei in glückliche Gesichter der evakuierten Klone.
Eine weitere Gruppe verließ die Verbindungsröhre. Trotz der Anwesenheit der Fremden und dem einschüchternden Erscheinungsbild der Marines in den Panzeranzügen, fielen der Druck und die Angst von ihnen. Glück und Freude traten an diese Stelle. Man war in Sicherheit. Wonach es nicht aussah, als die erste Rettungsaktion scheiterte und Hundert Klonen das Leben kostete.
Zögerlich begannen sich manche der Geretteten bei den Unionern zu bedanken.
Sènà sah wie die Klonfrau Lara zu einem Klon aus dem Sanitätsteam der Produktionsstation ging, kurz mit ihm sprach und dann mit versteinerter Miene zur Röhrenschleuse sah, aus der weitere Klone der ankommenden Gruppe traten. Der Klon hatte vor dem Start der Aktion lange mit Marcus gesprochen. Ihr Umgang miteinander war vertraut, offen und freundschaftlich. Er wandte sich nach der kurzen Unterhaltung mit Lara wieder der Betreuung der Geretteten zu. Die Klonfrau hingegen ging durch die Menge. Gemeinsam mit den bewaffneten Begleitern, woran sich niemand störte, kam man direkt auf Sènà und Co zu. Sie wirkte alles andere als begeistert.
Was die Gvanerin ein wenig verwunderte. Wahrscheinlich hatte der Klon ihr gesagt dass Marcus, ihr ärgster Rivale, im Satellitenterminal weilte und dort die Evakuierung betreute. Dieser Umstand schien sie weder freudig oder herzlich zu stimmen. Sie wusste also um die Wichtigkeit seiner Person als Symbolfigur für die Klone. Deren Faszination für ihn grenzte schon an Heldentum. Diese Glorifizierung machte Sènà neugierig. Da er auf den ersten Blick nicht diesen Eindruck machte.
Sofern es sich ergab, würde Sie versuchen dem auf den Grund zugehen.
„Wo ist er?“, fragte Lara kühl.
Die Frage hatte Sie an keinen der Unioner gestellt. Im Grunde genommen ignorierte Sie die ausnahmslos. Ihre Frage richte die Klonfrau an Lydia, die gemeinsam mit den Unionern die Aktion verfolgte und überwachte.
Sie sah Lara nicht minder kühl an. Dabei fiel Sènà auf das zwischen den Frauen eine engere Ähnlichkeit bestand, als bei den sonstigen Klonen. Es wirkte fast wie Verwandtschaft. „Drüben im Satellitenterminal.“, antwortete Lydia ihr schnöde. Die Sympathien hielten sich in Grenzen. „Wo er seinen Platz zwischen unseren Brüdern und Schwestern sieht.“ Ihre Differenzen waren offensichtlich. Giftige Blicke wurden gewechselt.
Tatsächlich wirkte Lara darüber ziemlich erbost, das Marcus sich im Satellitenterminal aufhielt, wo die Gefahr einer Katastrophe lauerte.
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Für ihn hingegen stand es außer Frage wo er sein würde, wenn die Evakuierung der Klone aus dem Satellitenterminal begann. Die Verehrung, die man ihm entgegenbrachte, missfiel Marcus. Er sah sich nicht als jemand Besonderes. Sein Tun während der Vaan-Maris-Herrschaft machte ihn zu dem der er heute war. Gleichzeitig lag darin die Heldenverehrung der Klone. Sie sahen etwas das ihnen Mut, Kraft und Stärke gab. Ihm gelang etwas, was davor keinem gelang. Daraus resultierte die Glorifizierung seiner Person.
Ganz egal.
Marcus hatte sich mit seiner Rolle arrangiert. Die Klone sahen in ihm ihren Anführer. Auch wenn er danach nie strebte, ließ es sich nicht mehr ändern. Aus diesem Grund gehörte er auch zu jenen, die mit den Unionern im Satellitenterminal war. Sein Anblick zwischen den Fremden Helfern gab den eingeschlossenen Klonen Zuversicht und Mut zurück. Seinen Worten wurde gefolgt. Niemand widersprach oder lehnte sich auf.
Das er unter den Klonen nicht nur Fürsprecher hatte war Marcus klar. Für ihn zählte das Wohl und Schicksal der Gemeinschaft und nicht eines Einzelnen oder einer Gruppe. Sein Ruhm und Ansehen unter den einfachen Brüdern und Schwestern besaß sonst keiner. Dennoch nutzte er diesen Vorteil nicht aus um seine Position zu stärken. Die Machtspielchen waren ihm zu wider.
„Seit Wachsam.“, sprach er zu den Klonen die als Nächstes durch die Verbindungsröhre gehen sollten. „Tut, was man euch sagt, als würde ich es euch sagen.“ Die Frauen und Männer von Sechzehn bis hin zu Mittvierzigern nickten. Er hätte hier und jetzt auch eine Predigt halten können, Sie hätten ihm zugehört, stellte Senior Commander Alexander fest. Ganz egal wie schlimm die Lage gewesen wäre. „Dann werdet ihr bei unseren Brüdern und Schwestern in Sicherheit sein.“ Sie glaubten ihm. Etwas Vergleichbares hatte er bisher nicht gesehen. Dieser Glaube war gottesgleich. Segen und Fluch zugleich.
„Gruppe J ist bereit.“, sprach Alexander auf Marcus Nicken hin in sein InterCom.
„Verstanden, Commander.“, hörte man als Erwiderung. „Wir sind soweit.“
„Los.“, richtete Marcus an die Gruppe.
Sie setzte sich unverzüglich in Bewegung.
Voran gingen ein Klon und ein Marine. Sie führten die Gruppe durch die Verbindungsröhre zur Produktionsstation. In der Röhre standen für den Fall der Fälle weitere Klone und Marines, bereit einzugreifen, wenn es erforderlich war. Jeder der Beteiligten, egal ob Klon oder Unioner, kannte seine Aufgabe bei der Rettungsaktion. Trotz der drohenden Gefahr im Satellitenterminal oder der Röhre.
Alle aus der Gruppe waren in der Verbindungsröhre.
Wie die Male zuvor wurde die Schleuse auf Ihrer Seite geschlossen.
Als Sicherheitsmaßnahme.
Die nächste Gruppe versammelte sich.
Erst war es nur ein schwaches, kaum spürbares Zittern.
Dann bebte das Satellitenterminal.
Sofort machte Alfred eine Eingabe über das Pad. „Einer der Stabilisatorengeneratoren ist vom Energienetz gegangen.“, berichtete er bevor Senior Commander Alexander ihn fragen konnte. „Die übrigen Generatoren können den Ausfall auf Dauer nicht kompensieren.“, schlussfolgerte der Mischling aus den angezeigten Sensordaten. Was das hieß, war den Anwesenden klar.
„Wie lange?“, wollte Marcus wissen.
Das anhaltende Beben des Satellitenterminals ließ die Zuversicht der Klone schwinden. Dennoch verfiel keiner in Panik, Furcht oder Angst.
Alfred schaute ihn an, wechselte zu Alexander und kehrte zum Klon zurück. „Nicht lang genug fürchte ich.“
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Nichts schien ihn zu erschüttern.
Zumindest fand Alexander bei dem Klon keine Anzeichen dafür.
Fähnrich Alfred räusperte sich. „Das wird nicht unser einziges Problem bleiben.“, merkte der Mischling ausweichend an. „Die Erschütterungen beschleunigen das Zusammenbrechen der Hüllenintegrität.“
Wenn die Sache schlecht läuft dann richtig, dachte Alexander. „Bekommen Sie den Stabilisatorengeneratoren wieder ans Energienetz?“
Die Frage war nicht leicht zu beantworten. Der Commander wusste das.
Er musste Sie aber stellen.
Alfred sah sich die neusten Sensordaten der Drohnen an. Eine Antwort fand er in ihnen nicht. „Kann ich nicht sagen, Sir.“ Was nicht das Ende der Fahnenstange war. „Ich müsste ihn mir ansehen.“ Die Technik der Gmah Vasallen war veraltet. Wodurch das Vorhaben nicht unmöglich wurde. Wenn er die Scheiße abwenden konnte, würde er es tun. Besser als nichts zu versuchen.
Marcus winkte Kwàn zu sich, der mit Klonen aus der Gruppe sprach. „Ich werde ihn zu den Generatoren bringen.“ Der Klon wollte sofort protestieren, doch er ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Du bleibst hier.“
„Aber …“, brachte Kwàn mit Blick auf die Klone hervor.
„Spende ihnen Trost und Hoffnung.“, fuhr Marcus fort ohne ihn den Einwand zu Ende bringen zulassen, der dem jungen Klon auf den Lippen lag. „Sorge für Zuversicht unter unseren Brüdern und Schwestern.“ Das Charisma des Mannes war schon ehrfürchtig. Seine ruhigen Worte waren frei von Furcht oder Angst. Marcus klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. Jegliche Einwände von Kwàn hatten sich verflüchtigt. Der Klon konnte ihn davon abbringen. Auch wenn es bedeutete, dass Marcus den Tod fand. Das Gesagte sollte ihm die Schuld nehmen, erkannte Alexander.
„Dein Platz ist unter Uns.“ Unternahm Kwàn einen allerletzten zaghaften Versuch ihm die Sache auszureden. Er würde seinen Platz einnehmen. Jeder der Klone würde es.
Das wusste Marcus. Sie würden sich für ihn opfern. Ihm in die Hölle, den Himmel oder sonst wo hin folgen. Genauso würde er sich für jeden von ihnen opfern. Auf seinem Gesicht erschien ein Lächeln. „Das werde ich immer und überall, Kwàn.“ Er schaute zu Senior Commander Alexander.
Der Mensch nickte ihm zu. „Junior Private Gonzales wird Sie begleiten.“
Eine Soldatin trat zu ihnen.
Marcus richtete sich an Alfred. „Kommen Sie. Ich bringe Sie zu den Stabilisatorengeneratoren.“
Der Gvaner zurrte seine Werkzeugtasche fest.
Gemeinsam mit Gonzales folgte er ihm.
Unter den Klonen wurde getuschelt, als Sie sahen, dass Marcus mit ihnen die Halle verließ. Leise Beunruhigung kam auf. Als er verschwand, war die Zuversicht der Klone gefallen. Ohne ihn, so hatte man den Eindruck, wirkten die Frauen und Männer scheinbar hilflos. Der Nährboden für Furcht, Angst und Panik.
Eine üble Kombination in der momentanen Situation.
***
Als sich die Lage auf dem Satellitenterminal verschlechterte, wurde Captain Sofia sofort vom EO informiert. Auf der Kommandobrücke angekommen, gab ihr Senior Commander David einen Lagebericht. Die Einschätzung bezüglich des Verlaufs nach dem Ausfall vom Stabilisatorengenerator bestätigte LI Meier. Man musste ihn wieder ans Energienetz bekommen oder eine anderweitige Entlastung möglich machen. Ansonsten, so seine Meinung, war es nur eine Frage der Zeit, was als Erstes versagte. Die Hüllenintegrität oder die geflickten Bruchstellen der Verbindungsröhre. Ersteres konnte wiederum gefährlich für die Produktionsstation und die übrigen Satellitenterminals werden.
Gegensteuern konnten Sie von der VF Dakar aus nicht. Ihre Leute auf der Produktionsstation besaßen keine Möglichkeit zu helfen. Die Verbindungsröhre war beidseitig geschlossen worden. Noch war die Situation auf beiden Seiten unter Kontrolle. Wie lange und ob es so blieb, stand auf einem völlig anderen Blatt.
Ein Aufruhr konnte schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.
Sofia hegte insgeheim die Hoffnung die Klone als Verbündete zu gewinnen. Sie verfügten sicherlich über wertvolle Informationen der Befehlsstruktur der Gmah Vasallen. Kannten neuralgische Angriffspunkte. Strategische Ziele. Truppenzahlen und deren Aufstellung. Infiltration, Sabotage und Spionage.
Sie schaute auf dem Taktikplot zum Flaggschiff des Verbandes der Sieben Kolonien.
Stündlich schickte man eine Rufanfrage zum Megaträger. Bisher ohne Erfolg. Weder erhielten Sie eine Antwort oder Reaktion. Diese Untätigkeit bestätigte Sofia nur in der Annahme das Obfrau Tia etwas verheimlichte. Ein Bündnisabkommen schien eher mit den Klonen zustande zu kommen.
Was zwar besser als Nichts war, aber eben nicht dem Missionsziel entsprach, das Generalinspektor Essien ihr mitgab.
Ein anderes Problem war, das Sie bereits seit 20 Stunden nach dem Angriff der Sieben Kolonien im System weilten. Früher oder später würden Kräfte der Vaan-Maris vorbei kommen. Aus welchen Gründen auch immer. Sich allzu lange in einem angegriffenen System aufzuhalten, außer man wollte es annektieren bzw erobern, entsprach nicht der Unioner Einsatzdoktrin. Zumal die Infrastruktur zerstört und damit nicht nutzbar war. Die Klone ihrem Schicksal zu überlassen stand ebenso wenig zur Diskussion. Auch wenn Ihnen die Kapazitäten fehlten, Sie aufzunehmen.
Ganz anders sah es bei den Kräften der Sieben Kolonien aus. Zwar handelte es sich um Drohnenschiffe, dennoch verfügten Sie über die nötigen Platzkapazitäten die Klone aufzunehmen, ohne dass Platzmangel entstand.
Sofia machte eine Eingabe.
Woraufhin sich ein Datenfenster öffnete. „LSO.“
„Ja, Ma’am.“, entgegnete der Leitende Sensor Offizier, Senior Lieutenant Tressier.
„Können wir ein sauberes Sensorbild vom Flaggschiff erhalten?“, fragte Sie ihn und drehte sich halb zu ihm um.
Der Mensch schaute die Kommandantin an. „Nicht ohne das Sie es mitbekommen.“ Er sah kurz auf seinen Bedienschirm. „Ich bezweifle, dass wir mit einem Tiefenscan brauchbare Informationen erhalten. Die EloKa ist fortschrittlicher als das was wir dagegen einsetzen können.“
Wieso das so war, wusste Sofia inzwischen auch.
Captain Lucio diesbezüglich Vorwürfe zu machen wäre zu einfach. Kaum einer in seiner Situation hätte anders gehandelt. Die Sensordaten, die Sie vom Flaggschiff hatten, waren kaum verwertbar. Geschweige denn aussagekräftig. Einen massiven Sensorleitstrahl auf den Megaträger zu richten konnte fatale Folgen haben, die eine mögliche Partnerschaft kaum möglich machte.
So musste Sofia sich mit dem begnügen, was ihnen an verwertbaren Daten zur Verfügung stand. Sie richtete den Kommandosessel wieder nach vorne aus, berührte das Icon im Goldenen Dreieck auf dem Taktikplot. Es nahm nun den gesamten Touchschirm ein. Die 3D-Abbildung drehte sich gemächlich um die eigene Achse. In einem Nebenfenster erschienen die Sensordaten.
Was verheimlicht ihnen die Obfrau?
„Hyperraumabdruck!!“
***
Sie kletterte die Trittsprossen im Fahrstuhlschacht hinab.
Die Metallstruktur ächzte unter dem zunehmenden Druck. Es knirschte, knackte und knallte über und unter ihnen. An den neben ihnen verlaufenden Wänden befanden sich die Stahlfahrseile der Fahrstuhlkabine die auf die Innere Ebene führte, wo sich auch die Generatoren befanden.
Im Schacht herrschte eine diffuse Dunkelheit.
Unheimlich und beängstigend zugleich.
Für den Abstieg brauchten die Drei 7 Minuten.
Über den manuellen Mechanismus öffneten sie die Fahrstuhltür. Man trat in den dahinter liegenden dunklen Gang, ging diesen entlang bis man die Zugangsluke zum Generatorenraum erreichte. Durch die spürbaren Erschütterungen hingen einige Deckenelemente hinab. Leuchtstoffröhren blinkten. Aus gebrochenen Versorgungsröhren sprühten Funken.
Mit ein wenig Druck lösten Sie den antiken Drehmechanismus der Luke, zogen sie auf, traten über die Schwelle. Der Generatorenraum ging über 3 Decks. Der Zugangspunkt lag auf der mittleren Ebene. Sie waren Kolosse. Fünf Stockwerke hoch, so lang wie ein Sattelschlepper und nicht minder breit. Magnetspulen dienten als Verbindung zwischen den Generatoren. Dicke Supraleiter stellten die Achse zum Energienetz dar. Aus einem der Fährengroßen Aufbauten sprühten Funk und Rauchschwaden traten aus den Abluftschlitzen.
Beizender Qualm lag in der Luft. Teile der Verkleidung des Supraleiteraufbaus waren geschmolzen, als die automatische Abschaltung die Verbindung kappte. Kontrollanzeigen blinkten ausnahmslos Orange oder Rot. Eine drückende Hitze kam dazu.
Aus den ersten Datensätzen schlussfolgerte Alfred das es einen Art Spannungsbogen gegeben hat, der eine Rückkopplung verursachte. Diesen wiederum konnte die Auffangspulen der Supraleiteraufbauten nicht vollständig ableiten, was zu einer Überlastung führte, die den Aufbau de facto schmelzen ließ. Wie in einem übertemperierten Backofen.
Der Mischling ging die Treppe hinunter zur Zugangskonsole auf dem Unterdeck. Mit wenigen Handgriffen hatte er sein Pad angeschlossen, machte zahllose Eingaben, sah sich in der Folge die abgerufen Werte und Datensätzen an.
Der Aufbau der Supraleiter Nummer 3 war wie erwarten zerstört. Eine zeitnahe Reparatur unmöglich. Durch den Verlust wurden die Aufbauten 1 und 2 an ihre Kapazitätsgrenzen gebracht. Wozu Sie auf Dauer nicht ausgelegt waren. Mit einer Tiefenwartung wäre dies möglicherweise machbar gewesen. Woran den Maris-Vaan nicht gelegen war. Die Industrieauslastung hatte Vorrang. Was im nach hinein mehr schadete als nutzte.
Auf die Schnelle eine dauerhafte Lösung zu erarbeiten war nicht möglich. Jede ihrer Maßnahmen wäre provisorisch. Es würde ihnen sicherlich die nötige Zeit verschaffen. Mehr aber auch nicht.
Über eiligst erstellte Firmware-Zusätze versuchte Alfred die Betriebssoftware der Stabilisatoren zu entlasten und effizienter zu gestalten. Wie alles war auch dieses veraltet und wurde den Ansprüchen längst nicht mehr gerecht. Systemausfälle und Abstürze gehörten zum täglich Brot der Klone. Was zu irreparablen Fehlern im BIOS führte. Wartung, Updates und Upgrades waren Mangelware. Somit war Zusammenbruch nur eine Frage der Zeit. So ignorant konnten nicht mal die Maris-Vaan gewesen sein.
Seine Firmware-Zusätze zu implementieren und in die laufenden Prozesse zu integrieren war das knifflige an der Sache. Eigentlich hätte man die entsprechende Betriebssoftware abgeschaltet, mit einem Update versehen oder gleich komplett gelöscht und die erweiterte Software neu installiert. Nichts davon war hierbei möglich. Voran gegangene Tests konnten ebenso wenig durchgeführt werden. Dafür fehlte ihnen die Zeit.
Mit der schnellstmöglichen Gründlichkeit tippte und wischte Alfred über den Touchschirm seines Pads. Wie ein Dirigent flogen seine Finger umher. Zahlreiche Fehlermeldungen wurden eingeblendet. Schrille Alarmtönte wiesen darauf hin, dass ein Kollaps unmittelbar bevorstand.
Marcus und Junior Private Gonzales konnten ihm nur bedingt helfen.
Ein Ingenieur-Team und ein Haufen Techniker wären von Nöten gewesen um den Schlamassel von Grund auf zu beseitigen. Nichts davon stand ihm zur Verfügung.
Die Fehlermeldungen nahmen Überhand. Er ignorierte eine Vielzahl, da es eine Mammutaufgabe war sich mit allen zu beschäftigen. Wozu Alfred wahrscheinliche Wochen oder Monate, wenn nicht Jahre brauchte.
Ein schriller Alarm erklang.
„Ähm …“, richtete Gonzales an Alfred. Sie schaute zu Marcus. Der Klon sah sie wiederum an. „uns bleibt nicht mehr viel Zeit.“ Das Datenfenster auf dem Schirm vor ihr zeigte an, dass im Generator-2 Überdruck herrschte, den die Dämpfer nicht mehr kompensieren konnten. Dadurch kam es zu Bruchstellen im Inneren Schutzmantel. Die Kühlung drohte zu versagen, wodurch der Generator schmelzen würde.
Es erschien zwecklos. Ein Scheitern unausweichlich.
„Gonzales!!“, hörte die Gvanerin die Stimme von Commander Sènà über das InterCom. „Auf was zum Teufel warten Sie!!“ Rein rhetorisch. „Verschwinden Sie.“ Ein eindeutiger Befehl.
Nahezu jede Anzeige war im Roten Bereich.
Marcus trat ans Geländer, sah hinunter auf die unterste Ebene, wo Fähnrich Alfred alles Menschenmöglich tat was in seiner Macht stand. Die Erschütterungen nahmen zu. Die Belastungsgrenze war überschritten. Sie hatten es nicht geschafft.
Dennoch empfand er keine Angst oder Furcht. Vielmehr sorgte Marcus sich um die Zukunftsaussichten seiner Brüder und Schwestern. Er hoffte die Gemeinschaft würde bestehen bleiben. Nur gemeinsam konnten Sie sich vom Joch der Unterdrückung befreien. Es war ihre einzige Chance eines Tages in Freiheit zu leben. Eine Zukunft zu haben.
Der Druck im Kessel stieg unaufhörlich weiter.
Generator-1 erreichte das kritische Level.
Noch hielt der mittlere Schutzmantel von Generator-2. Die Kühlung geriet außer Kontrolle. Ein Dämpfer war bereits geborsten. Aus den Abluftschächten entwich heißer Dampf. Leitungsventile begannen sich zu verformen.
Man stand Sekunden vor einem Kollaps, der eine verehrende Katastrophe auslösen würde.
„Kommen Sie!!“, rief Gonzales dem Mischling zu.
Doch Alfred rührte sich keinen Zentimeter von der Stelle.
Ohne sich um die aktuelle Lage zu kümmern, machte er weiter. Auch wenn er bei dem Versuch sterben würde, blieb Alfred am Ball. Unermüdlich tätigten seine Finger Eingaben. Das Schirm keine Risse bekam schien nur eine Frage der Zeit zu sein. Er tippte und wischte unentwegt. Seine Augen starr auf den Schirm gerichtet. Vollkommen konzentriert. Unfähig die Umgebung wahrzunehmen. Wissend dass die Katastrophe näher rückte.
Gonzales würde weder ihn noch Marcus zurücklassen. Sie waren gescheitert. Jetzt hieß die eigene Haut retten. Schnellen Schritts eilte sie die Stufen hinunter, erreichte den Fähnrich, streckte den Arm aus, griff seinen Arm und zog ihn zu sich.
Verwundert schaute die Gvanerin in das lächelnde Gesicht des Mischlings. Statt des Wahnsinns in seinen Augen, konnte sie Freude erkennen. Sie wollte etwas sagen, als auf einmal Ruhe einkehrte. Die Alarme verstummten. Die Anzeigen verfärbten sich von Rot auf Orange wurden zu Gelb und gingen ins Grün über. Die Erschütterungen schwächten sich ab, verschwanden gänzlich.
Statt der unvermeidlichen Katastrophe, die Tausenden das Leben gekostet hätte, normalisierte sich die Lage. Der Kollaps schien auszubleiben.
„Ich würde gerne mit ihnen Essen gehen, Private.“, sagte Alfred gerade heraus.
Gonzales starrte ihn perplex an. Fragte er sie gerade nach einem Date!?
***
Die Weiß-Neutralen Icons verfärbten sich Rot, als klar war dass es sich bei den Sensorkontakten, die aus dem Hyperraum gesprungen waren, um Kampfschiffe der Maris-Vaan handelte. Die Sensordaten wiesen die Raumschiffe als zwei Zerstörer, zwei Kreuzer und einen Schlachtkreuzer aus. Der Kleinverband war System einwärts gesprungen. Außerhalb der Reichweite des Verbandes der Sieben Kolonien. Wo sich keins der Drohnenschiffe rührte.
Die Schiffe hielten direkt auf die VF Dakar zu. Ihre Waffen waren geladen. Das Zielsystem in Bereitschaft, da sie noch außer Reichweite waren.
Kaum hatten die Feindschiffe den Freien Fall aus dem Hyperraum hinter sich, sah Sofia die neusten Sensordaten. Was sie zu ihrem EO blicken ließ. Er erwiderte ihn. Nicht minder Verblüfft über das was die Sensoren anzeigten.
Gleichzeitig meldete man dass sich die Lage beim Satellitenterminal rapide verschlechterte. Ein Zusammenbruch der Stabilisatoren schien besiegelt. Die Vorgehensweise überließ Sofia Commander Sènà. Sie hatte Vertrauen in ihre Fähigkeiten.
Auch beim neusten Sensordatensatz änderte sich nichts an den Biosignaturen an Bord der Feindschiffe. Allesamt waren Klone. Keine Maris oder Vaan. Dabei Bemannten nur letztgenannte die Kampfschiffe.
„Com. Rufen Sie das Flaggschiff.“
„Aye, Ma’am.“
Beim Verband der Sieben Kolonien rührte sich nichts.
Entweder Sie empfanden die vermeintlichen Feindschiffe als keine Gefahr oder es kümmerte sie einfach nicht. Undurchsichtiger konnte die Sachlage nicht sein.
„Sie antworten nicht, Captain.“, teilte ihr LCO Shinj mit.
Wenig überraschend bei dem Anblick der sich ihnen bot. „Teilen Sie ihnen mit das wir in Kontakt mit den Klonen auf der Produktionsstation stehen.“
Ungeachtet dessen hielten die Kampfschiffe Kurs und Waffenbereitschaft bei. Sobald sie Schussweite waren, würden die Klone feuern. Sorgen bereitete ihr der Umstand nicht. Die Abwehr- und Gegenmaßnahmen würden für ihre Sicherheit sorgen. Nicht jedoch für die Produktionsstation und die Satellitenterminals.
Ein Blick zu ihrem EO ließ Sie wissen dass sich die dortige Lage nicht besserte. Sobald es möglich war, würden sie entsprechende Schritte einleiten um zu helfen. Im Augenblick musste man sich auf einen bevorstehenden Angriff konzentrieren und diesen abwehren. Ohne dass die Anlagen in Mitleidenschaft gezogen wurden.
„Richten Sie eine Schalte zu Commander Sènà ein.“
„Verbindung steht.“
Auf dem Nebenschirm ihres Kommandosessels erschien das Gesicht der angerufenen Frau. Im Hintergrund hörte man Stimmen. Augenscheinlich versuchte man die Situation unter Kontrolle zu bringen.
Kurz und knapp informierte Sofia ihre ZO (Zweiter Offizier) über die Lage.
„Ich fürchte, Captain, Marcus steht nicht zur Verfügung.“, erklärte Sènà daraufhin. Er hätte die heranfliegenden Klone von ihren guten Absichten überzeugt. Sofern sein Wort bei ihnen Gewicht besaß. Nur weil das bei seinen Brüdern und Schwestern vor Ort so war, hieß das noch lange nicht dass das anderswo ebenso war.
Die Alternative für das Vorhaben, weswegen Sofia sie anrief, schien der Gvanerin nicht zu gefallen. Diese hieß nämlich Lara. Und wirkte ihnen gegenüber nicht gerade gutherzig. Anders als ihr Rivale Marcus, der die Unioner mit offenen Armen empfing. Ohne ihn blieb ihnen kaum eine andere Wahl.
An eine Konfrontation mit den Klonen auf den Kampfschiffen war ihnen nicht gelegen. Sofia wollte sie als Verbündete gewinnen. Dazu musste sie möglicherweise in den sauren Apfel beißen. Was ihr allemal lieber war, als die Beziehungen zu den Klonen abreißen zu lassen.
„Ma’am.“, richtete EO David an sie. „Der Negative-Stabilisierungs-Effekt erreicht das kritische Niveau.“ Aus dem Hintergrund bekam Sènà zeitgleich jene Meldung mitgeteilt. Über die daraus resultierenden Folgen waren sich alle im Klaren. Die wieso schon geschwächte Struktur würde reißen, brechen, platzen. Mit verheerenden Auswirkungen durch die herumfliegenden Trümmer für diejenigen im Satellitenterminal, der Verbindungsröhre und in der Produktionsstation. Es könnte eine Kettenreaktion nach sich ziehen. Zusätzlich zu den mit Klonen bemannten Kampfschiffen.
Die Drohnenschiffe der Sieben Kolonien rührten sich weiterhin nicht.
Mit deren Unterstützung konnte man also nicht rechnen. Womit sie sich später beschäftigen musste. „EO. Treffen Sie Vorbereitungen zur Evakuierungsunterstützung.“, teilte Sie dem Menschenmann mit. Sofia würde alles in ihrer Macht stehende tun, um den Klonen auf jede mögliche Weise zu helfen. Sie hatten einen gemeinsamen Feind. „ZO.“, richtete die Kommandantin an ihren Zweiten Offizier. „Ergreifen Sie entsprechende Hilfsmaßnahmen.“ Die Gvanerin nickte ihr zu. „Teilen Sie der Klonfrau Lara mit, das ich Sie in einer dringenden Angelegenheit sprechen möchte.“ Hätte es einen anderen Ansprechpartner gegeben, so hätte Sofia diesen genommen. Zögerlich nickte Sènà auch diesmal. Soweit so gut. „Steuer.“ Ein kurzer Blick auf den Taktikplot. „Bringen Sie uns auf Abfangposition.“ Die VF Dakar würde sich zwischen den näher kommenden Kampfschiffen und der Produktionsstation stellen.
„Aye, Ma’am.“, bestätigte LRO Mendes. Die Mischlingsfrau gab einen entsprechenden Kurs in ihre Steuerkonsole. Ohne auf eine Bestätigung seitens der Kommandantin oder des EO zu warten, führte Sie ihn aus und flog das Schiff zur berechneten Abfangposition.
„Taktik. Erstellen Sie einen reinen Verteidigungsplan zuzüglich Schutzmaßnahmen für die Produktionsstation.“
„Jawohl, Captain.“, erwiderte der Stellvertreter von LTO Sènà.
„Ma’am.“, sprach sie LSO Tressier an. Im Sensorfenster auf ihrem Nebenschirm tauchten neue Werte auf. Sie stammten vom Satellitenterminal. „Die Stabilisierung ist wieder hergestellt.“ Eine unerwartete Wendung. Jeder rechnete mit dem Schlimmsten.
Sofia schaute sich die Sensorwerte an. Erleichterung kam bei ihr auf. Anscheinend war es Fähnrich Alfred gelungen das Unabwendbare abzuwenden. Augenscheinlich hielt LI Meier nicht umsonst große Stücke auf den Mischling. Woraufhin sie beschloss ihn sich mal näher anzusehen. Ihre Konzentration richtete die Mischlingsfrau auf die heranfliegenden Kampfschiffe. In wenigen Sekunden erreichten sie ihre Waffenreichweite. Allem Anschein nach würden die Klone sofort schießen.
„Captain.“, richtete LCO Shinj an sie. „Commander Sènà meldet das Mister Marcus jetzt zur Verfügung steht.“
Da erschien auch schon das Gesicht des Klons im Com-Fenster. Jetzt blieb nur noch zu hoffen, dass sein Wort bei den Klonen auf den Kampfschiffen Einfluss nahm. „Mr Marcus.“, sprach Sofia ihn in der diplomatischen Norm an. „Ich bin Captain Sofia, Kommandantin der Dakar der Vereinten Flotte.“, stellte sie sich vor. „Es mit eine Ehre sie kennenzulernen.“ Eine nichtssagende Schmeichelei. Ganz nach dem diplomatischen Regelwerk. Für das Geplänkel hatte sie nicht viel übrig. Es war ihr zu zeitintensiv und umständlich, statt das man direkt auf den Punkt kam. Genau das hatte Sofia jetzt vor. „Aktuell nähern sich uns eine kampfbereite Schiffsgruppe. Auf ihnen befinden sich unseren Sensoren nach ausschließlich Klone.“ Die Bedeutung dahinter musste sie ihm nicht extra erklären oder erläutern.
„Verstehe, Captain.“ Ruhig und besonnen. Als ob nichts geschehen war. „Wenn sie es einrichten können“ Wovon Marcus ausging. „werde ich mein bestmögliches versuchen, unsere Brüder und Schwestern auf den Schiffen von ihren friedlichen Absichten zu überzeugen.“
Aus den Augenwinkeln sah sie, wie David Shinj ein entsprechendes Zeichen gab. Die Gvanerin würde nun die notwendigen Vorkehrungen treffen damit Marcus zu den Klonen auf den Kampfschiffen sprechen konnte. Ein nicken vom EO folgte Sekunden später. „Sie können jetzt sprechen.“
Als Marcus sich über die offene Verbindung an die Klone wandte, hatten die Kampfschiffe die Waffenreichweite erreicht. Jeden Augenblick rechnete Sofia damit, dass auf dem Taktikplot die abgefeuerten Raketen erschienen.
Stattdessen linkten sich die Klone in die offene Com-Verbindung ein.
Am Ende des Gesprächs zwischen den Klonführern blieb der Raketenalarm aus. Den Kurs hielten die Kampfschiffe hingegen bei. Anscheinend hatte Marcus den Befehlshaber der Kampfgruppe überzeugen können nicht auf sie zu schießen. Zumindest noch nicht. Alles hing davon ab wie sich die Lage weiter entwickelte.
***
Als Marcus mit der letzten Evakuierungsgruppe durch die Schleuse trat, konnte man ihm die Erleichterung darüber ansehen, dass die Sache glimpflich von statten gegangen war. Seine Brüder und Schwestern waren in Sicherheit. Dass war das einzige was zählte. Für den Moment. Seine Intention sollte ihnen ein Leben in Freiheit ermöglichen und bringen. Die Unioner konnten helfen es in die Tat umzusetzen. Mit ihnen an ihrer Seite standen die Chancen weitaus höher.
Hinter ihm wurde die Luke geschlossen und verriegelt.
Man konnte den Klonen die Zuversicht ansehen. Ein Großteil resultierte aus seiner Person, dessen war sich Marcus bewusst. Ob es ihm gefiel oder nicht spielte keine Rolle. Für seine Brüder und Schwestern war ein Symbol. Hoch sterilisiert zwar, aber dennoch bedeutungsvoll. Sein Unbehagen und Missfallen deshalb war sinnlos. Lieber wäre ihm etwas anders. Alles zu seiner Zeit.
Da sah er Lara.
Ihr missbilligender Blick sagte deutlich was Sie von seinem Tun im Satellitenterminal hielt. Vermutlich hatte die Klonfrau sogar Recht, was er jedoch für sich behielt. Rechtfertigen würde er sich ebenso wenig. Lara und er mochten einander nicht besonders. Dass war kein Geheimnis unter den Klonen. Sie würde sich nicht gegen die Mehrheit stellen, die ihm folgte. Egal wohin.
„Sie ist stinksauer“, sprach ihn ein Klon an. „auf dich.“ Der vollbärtige Mann mit seitlich grauen Strähnen trug eine Erste-Hilfe-Tasche. „Schon wieder.“ Er kam einem Arzt am nächsten, gehörte zum Sanitätsteam der Klone, die sich um die Evakuierten kümmerten. „Ich hab dich vor ihr gewarnt.“ Die Maris-Vaan legten keinen Wert auf eine medizinische Ausbildung. Er öffnete seine Tasche, holte ein klobiges Diagnosegerät heraus, entfernte eine faustgroße Kugel, dessen Freifläche grünlich zu schimmern begann, als Lèm das Gerät anschaltete. „Mehrmals.“ Mit der Kugel in seiner Faust wedelte er vor Marcus und behielt die Anzeige im Auge. „Du solltest dich ausruhen.“
Das Gähnen unterdrückte Marcus geschickt. Widersprechen tat er ihm ebenso wenig. Sein Freund hatte ja Recht. Lèm warnte ihn. Mehr als einmal wenn es um Lara ging.
Sie besaß Ehrgeiz. Sicher keine schlechte Charaktereigenschaft, aber das Ausmaß hingegen schon. Sie ordnete sich niemanden unter. Nicht mal den Maris-Vaan. Was diese ihr mehr als einmal versuchten einzutrichtern, ohne allzu zimperlich dabei vorzugehen. Dass Sie dennoch lebte, zeugte von ihrem unbändigen Willen und ihrer Stärke. Gleichfalls waren dies ihre größten Schwächen.
Ihr Misstrauen gegenüber den Unionern, verschleierte ihr die Möglichkeiten die sich daraus ergaben. Eine Partnerschaft war für beide Seiten nützlich. Sie musste ja nicht für immer sein. Mit ihnen konnten sie das erreichen, wozu man alleine nicht im Stande war. Zumindest in der Zeit und dem Ausmaß.
Marcus hegte kein blindes Vertrauen. Er verschloss sich aber auch nicht. Ihm war auch klar, dass er Lara brauchte. Mehr als irgendjemand klar war. Sympathien hin oder her. Trotz ihrer Rivalität respektierte er sie. Obwohl keiner von ihnen es je zugeben würde, so verschieden waren sie eigentlich nicht.
Ausruhen hörte sich nicht schlecht an. Die Lage hatte sich beruhigt. Die Gefahr abgewendet. Sogleich kamen neue Herausforderungen, um die man sich kümmern musste. Dazu gehörten ihre Brüder und Schwestern auf den Kampfschiffen.
Und Überall.
Lara konnte dabei entscheidend sein.
In vielerlei Hinsicht.
***
Alle Beteiligten erklärten sich einverstanden dass das Treffen auf der Produktionsstation stattfand. Im Abstand von 15 Minuten trafen die Delegationen ein, wurden zum umfunktionierten Konferenzraum gebracht, wo man zusammentraf. Captain Sofia war nur mit Lucio angereist, da sich die restlichen 3 Delegationsmitglieder bereits vor Ort befanden. Gemeinsam mit Senior Commander Alexander, Commander Sènà und Lieutenant Tanaka brachte die Klonfrau Lydia sie hin.
Dort wartete bereits die Delegation von den Kampfschiffen, die vor 45 Minuten in eine Parkposition zur Produktionsstation übergingen. Wie abgesprochen setzte anschließend eine Raumfähre über. An Bord befand sich die Kommandoführung. Die Waffensysteme hatten unterdessen die VF Dakar weiterhin im Visier. Nicht gerade vertrauenserweckend.
Sofia ließ sich auf dem Weg zum Treffen schnell auf den neusten Stand der Situation bringen. Die technischen Systeme, so die Einschätzung, waren marode und veraltet. Sie würden zwar momentan ihren Dienst tun, doch auf lange Sicht mussten sie ersetzt werden. Dass das geschah war äußerst fragwürdig. Zumal weder die Klone noch Sie selbst verfügten über die entsprechenden Mittel und Kapazitäten. Demzufolge blieb den Leuten gar keine andere Wahl. Sie mussten die Produktionsstation samt ihren noch intakten Satellitenterminals verlassen.
Neben der Schiffsdelegation nahmen noch Marcus und Lara an dem Treffen teil.
Bei ihrem Eintreffen, sah Sofia das Lara mit einem Delegierten sprach. Marcus hingegen redete mit Lydia, die unverwechselbare Ähnlichkeit mit der Klonfrau besaß.
„Herzlichen Willkommen, Captain Sofia.“, begrüßte der Anführer der Stationsklone sie freundlich. „Es freut mich Sie persönlich kennenzulernen.“, sagte Marcus aufrichtig.
„Gleichfalls.“, gab die Gvanerin ebenso offen zurück. Sie stellte Lucio vor. Alle anderen kannte er ja bereits.
„Dann können wir mit dem Treffen beginnen.“, richtete er an alle.
Die Schiffsklone setzten an eine Seite des Chromtischs, während die Unioner sich ebenso geschlossen an den Tisch setzten. Marcus und Lara nahmen nebeneinander Platz. Lydia und Kwàn verließen den Raum. Für einen Moment schwiegen sich alle Parteien an. Die Schiffsklone und Lara machten um ihr Misstrauen kein Hell. Sie trauten den Unionern nicht über den Weg.
Da keiner der Delegierten den Anfang machen wollte oder konnte, tat es Marcus. „Captain Sofia, das ist Jones.“ Er zeigte auf die entsprechende Person auf Seiten der Schiffsklone. „Er ist der gewählte Schiffskommandant“ Keine Reaktion. „und gehört dem Widerstand an.“
Sie nahmen bisher an dass die Geschehnisse auf der Produktionsstation regional begrenzt waren. „Widerstand?“, wiederholte Senior Commander Alexander verblüfft. Den Anderen erging es nicht anders.
Marcus nickte daraufhin. „Seit dem zweiten Klonaufstand sind 70 Jahre vergangen.“, erzählte er ihnen. „Die Vaan-Maris und ihre Verbündeten schlugen ihn Brutal nieder. Sie ermordeten Hunderttausende unserer Brüder und Schwestern.“ Die Trauer darüber schwang in seiner Stimme mit. Vertrauen entstand nicht einfach so. Man musste es sich verdienen und erarbeiten. „Mit dem Erscheinen der Fremden“ Damit waren die Kräfte der Sieben Kolonien gemeint. „wurden die Vaan-Maris kalt erwischt. Als Ihnen klar war, dass es sich um eine sehr ernste Bedrohung handelte, bemühten Sie sich den Vormarsch zu stoppen.“ Ohne großen Erfolg. Die technische Überlegenheit war der Knackpunkt. „Im Schatten der Auseinandersetzung“, fuhr Marcus fort. „erstarkte der Widerstand von neuem.“ Ein Blick zu Jones und Lara folgte. Seine Offenheit gegenüber den Unionern gefiel den Beiden nicht sonderlich. Daran hindern taten Sie ihn dennoch nicht.
„Sie eröffneten eine zweite Front.“, schlussfolgerte Commander Sènà aus dem Gehörten.
Marcus bestätigte ihre Schlussfolgerung mit einem Nicken. „Es gelangen einige bedeutsame Erfolge.“ Die er nicht weiter ausführte.
„Haben Sie versucht mit den Fremden in Kontakt zu treten?“, fragte Captain Lucio.
Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Das Zitat konnte hier nicht treffender sein.
Kurzes Schweigen setzte ein.
Marcus nickte. Jones sah man das steigende Missfallen an. Was seinem Gegenüber nicht interessierte. „Wir versuchten Sie zu überzeugen, das wir nicht ihre Feinde sind.“, sagte Lara düster. „Es hielt Sie nicht davon ab, die planetare Klonproduktionsstätte von Echo-II zu bombardieren.“ Sofia und Co schauten einander an. Unverständnis zeigte sich auf ihren Gesichtern.
„Zwanzigtausend unserer Brüder und Schwestern starben.“, meinte Jones nicht minder düster. „Weniger als 300 überlebten.“
Kein Wunder das man ihnen misstraute.
Ihr wollte keine plausible Erklärung für den Angriff einfallen, der diesen im Ansatz rechtfertigte. Die Klone stellten, aus ihrer Sicht, keine Bedrohung für die Kräfte der Sieben Kolonien dar. Egal wie groß der Technologie Vorsprung auch war, waren Marcus und Co potentielle Verbündete gegen die Gmah Vasallen in Personalunion der Maris-Vaan.
Andererseits schien die Obfrau kein Interesse an Bündnissen jedweder Art zu haben. Sie zeigten keinerlei Bemühen in dieser Richtung. Aber warum? Sofia schaute zu Lucio. Beide waren sich sicher das Obfrau Tina etwas vor ihnen verbarg. Konnte dass der Grund sein!? Die Gvanerin wusste es nicht. Durch ihr Tun hingegen machte sie es ihnen schwer die Klone von einem Bündnis zu überzeugen. Sie hatten einen gemeinsamen Feind. Gemeinsam hatte man bessere Chancen, als wenn jeder für sich kämpfte.
„Ich versichere Ihnen“, sprach Sie die Klonfrau Lara und Jones an. „wir wollen ihnen und ihren Brüdern und Schwestern nicht schaden.“ Ein kurzer Blick zu Marcus. Ihn musste sie nicht überzeugen. Jedenfalls nicht mehr als die Anderen. „Die Vaan-Maris sind auch unsere Feinde.“
„Sie haben nur ein Schiff, Captain.“, warf Jones ein. „Trotz der Anwesenheit der Fremden, verfügt Unser“ Er betonte es mit Absicht. „Feind über Hunderte von Schiffen und produziert unermüdlich weitere.“ Auf dem Rücken der Klone hatten Sie die Kapazitäten erweitert und die Arbeitsprozesse verschärft.
Die Kräfte der Sieben Kolonien, stellten eine ernste Bedrohung für die Gmah Vasallen dar. Sie verstärkten daher ihre Anstrengungen die erlitten Verluste Ansatzweise auszugleichen. Was wiederum nicht von heute auf morgen geschah. Trotz des massiven Einsatzes der Klone, brauchte es Zeit. Hinzu kamen sicherlich Sabotageakte und Angriffe seitens des Widerstandes.
Sofia nickte dem Klon zu. Er hatte ja Recht. „Stimmt.“ Sie waren nur ein Schiff. Jedoch technologisch war man allem Überlegen was die Vaan-Maris im Arsenal hatten. „Die VF Dakar ist nur ein Schiff.“ Ein Zugeständnis das keins war. Natürlich hatte jeder Vorteil seine Grenzen. „Wir besitzen fortschrittlichere Wehrtechnik“ Die nicht mit der zu vergleichen war, die die Kräfte der Sieben Kolonien besaßen. „als Ihnen oder den Vaan-Maris zur Verfügung steht.“ Dessen musste sich selbst Jones bewusst sein, als die Sensoren seiner Schiffe das Unioner Kampfschiff erfassten. Man hatte ihnen ein Blick gewährt. „Meine Leute sind taktisch bestens geschult.“ Auch wenn Sie de facto zur Grenzflotte gehörten. Eine Randnotiz, die nicht wissenswert war. „Wir wären in der Lage gewesen Sie bei ihrem Erscheinen anzugreifen, fernab ihrer Waffenreichweite.“ Jones Züge verdüsterten sich, angesichts der unverhohlenen Zurechtweisung. „Mindestens 2 ihrer Schiffe wären zerstört worden, bevor Sie einen Schuss hätten abgeben können.“ Sie machte damit unmissverständlich klar, wer hier das Sagen hatte. Ohne darauf zu bestehen. „Wir sind jedoch nicht hier um Sie zu bekämpfen.“, richtete Sofia an Jones wie Lara. „Die Vaan-Maris stellen auch für unser Volk, unseren Teil der Galaxie eine Bedrohung dar.“ Sie schaute in die Runde der Klone. „Die Ursprungswelt meines Volkes liegt in diesem Teil der Galaxie, abseits des konföderierten Raums. Sie steht unter dem Einfluss der Vaan-Maris.“ Was Sofia, wie jeder an Bord der VF Dakar, lieber gestern als heute geändert hätte. Deswegen war man jedoch nicht hier. Wenn man Gvan dem Einfluss der Gmah Vasallen entziehen wollte, musste man das an der Wurzel. Und die lag hier. In der Konföderation. „Ohne die Hilfe der Klone, sind wir dazu nicht in der Lage.“, gestand Sie ihnen. Die Gründe darüber, ließ Sofia erst Mal außen vor. Alles zu seiner Zeit. „Unser Oberkommando hat uns hierher geschickt um mit den Fremden in Kontakt zu treten.“ Ein Geständnis dass Sie bereitwillig zu machen war. Jones und Lara schauten sich an. Sie sahen sich in ihrem anfänglichen Misstrauen bestätigt. Anders Marcus. Er nahm das Gesagte unerschütterlich hin. „Um Sie als Verbündete zu gewinnen.“ Ihrem EO sah man die Zweifel ihrer Offenheit gegenüber den Klonen an. „All unsere Versuche nach der Kontaktaufnahme werden ignoriert. Ich hoffe dies wird bei ihnen nicht der Fall.“
***
Bereits nach dem Treffen ließ Sofia ihren Leitenden Ingenieur Maßnahmen erarbeiten um die Schiffssysteme der Klone zu verbessern. Gleichzeitig erstellte ihr Erster Offizier ein Datenpaket, das man via Subraum zur Picard-Station auf die Heimatseite des Silaa Wurmlochs schicken würde. Adressiert war das verschlüsselte Datenpaket an Generalinspekteur Essien. Dem Unioner Mitglied der geheimen Völkerallianz gegen die Gmah und derjenige der Sie auf diese Mission schickte. Dem Paket lag auch ihr Einschätzungsbericht bezüglich eines Bündnisses mit den Sieben Kolonien bei.
Darin äußerte die Gvanerin bedenken was ein zustande kommen anging. Ihrer Meinung nach fuhr man mit den Klonen besser. Trotz der geringen Technologiestufe. Sie beabsichtigte auch den Klonen diesbezüglich unter die Arme zu greifen.
Ob dass die Zustimmung von Mr Essien fand stand auf einem anderen Blatt. Warten darauf würde Sofia nicht unbedingt. Schließlich dauerte es bis Sie eine Antwort erhielten. Wenn überhaupt. Das Datenpaket sollte den Generalinspekteur auf dem Laufenden halten. Er hatte ihr einen weiten Handlungsspielraum gelassen. Denn Sie voll auszuschöpfen gedachte.
Schließlich war man vor Ort.
Sofia würde nach besten Wissen und Gewissen entscheiden.
Aus diesem Grund tendierte sie auch zur Partnerschaft mit den Klonen.
Auch wenn die Schlagkraft der Kräfte der Sieben Kolonien um ein vielfaches stärker war.
Die Gvanerin nahm einen Schluck von ihrer warmen Schokolade. Sie hatte lange darüber nachgedacht und es sich nicht leicht gemacht. In ihrer Situation musste man alle Eventualitäten abwägen. Genau das tat sie. Alles hatte Vor- und Nachteile. So etwas ließ sich nicht vermeiden. Am besten wäre es die Sieben Kolonien in Person von Obfrau Tina und die Klone gemeinsam als Bündnispartner zu gewinnen. Alle konnten dann ihren Nutzen aus der Koalition ziehen. Für den Augenblick war dies nicht möglich.
Sofia bewahrte sich aber ihre Hoffnung.
Nach dem Treffen fand zwischen Marcus, Lara und Jones eine Unterredung statt.
Unterdessen wurden die Klone auf der Produktionsstation und Satellitenterminals auf die Kampfschiffe verteilt. Dafür stellte Sofia die Raumfähren zur Verfügung, da nicht alle Klonschiffe zugleich andocken konnten. Die Verteilung verlief ohne nennenswerten Zwischenfall. Alle würden einen Platz bekommen. Niemand blieb zurück. Gegebenenfalls, sofern gewünscht, nahm man Klone auf.
Während der Evakuierung und dem daraus resultierenden Zeitfenster für den Abflug der Kampfschiffe, hatte Sie der Obfrau eine Frist zur Kontaktaufnahme bis zum Ende der Evakuierung gesetzt. Ein Blick auf den Holo-Chronometer zeigte Sofia, dass die Frist seit 2 Stunden lief. Ohne irgendeine Reaktion seitens der Obfrau. Man hatte ihr quasi alle Zeit der Welt gelassen, um mit ihnen in Kontakt zu treten.
Sie legte das Pad mit dem Abenteuer-Roman beiseite, da sie sich nicht auf die Handlung konzentrieren konnte. Dabei hatte Sofia schon einige der Romane gelesen, die der Autor als eine Reihe veröffentlichte. Sie waren zwar manches Mal hanebüchen von der Handlung her, aber gute Unterhaltung. Darum war die Roman-Reihe auch so erfolgreich.
Die Mischlingsfrau war gerade am eindösen, als die Com-Ruf-Melodie ertönte. „Ja.“ Sie nahm den Ruf mit Blick auf die Com-Nummer entgegen. „David.“
„Captain.“, begann der Mensch. „Wir haben soeben eine Mitteilung von Marcus erhalten.“ Demnach war die Unterredung beendet. Ohne auf eine Aufforderung zu warten, fuhr der EO fort. „Sie sind damit einverstanden, dass wir uns ihnen anschließen.“ Erleichterung machte sich bei Sofia breit. Man hätte jede Entscheidung akzeptiert. Auch eine Ablehnung. Anscheinend hatte sie Lara und Jones überzeugen können ihnen zumindest eine Chance zu geben. Dies konnte der Anfang zur Befreiung von Alt-Gvan sein. „Außerdem“, sprach der Mann weiter. „bittet er an Bord kommen zu dürfen.“ Was die Klonfrau Lara davon hielt!?
„Herzlich gerne, EO.“, sagte Sofia. Wahrscheinlich würden ihm daraufhin einige Klone folgen wollen. Überraschen täte es die Gvanerin nicht. „Lassen Sie alles Entsprechende arrangieren.“
„Jawohl, Ma’am.“ Die Com-Verbindung wurde beendet.
Ein kleiner Schritt für einen Unioner, ein Großer Schritt für die Union.
Bei dem abgewandelten Zitat musste Sie schmunzeln.
***
Mit dem letzten Flug ihrer Raumfähren sollte Marcus auf die VF Dakar kommen. Anders, als erwartet, blieben Folgeanfragen bezüglich der Klone aus, die ihm folgen wollten. Millimeter genau brachte der Fährenpilot das Raumvehikel auf die Start- und Landeschiene, die dann magnetisiert wurde. Die Fähre fuhr auf der Schiene in die Parkbucht, da der Schwere Kreuzer über kein Flugdeck verfügte, sondern über jeweils 4 Parkbuchten Steuer- und Backbord von wo aus die Raumfähren starteten und landeten. Wie in diesem Fall.
Die Schiffsbuchten waren ein offener-begehbarer Bereich.
Als die Raumfähre ihre Parkposition erreichte, drehte sich die Plattform, auf der das Raumfahrzeug stand, um 180 Grad. So zeigte die Nase auf die geschlossene Start- und Landeröhre, durch die man hinaus katapultiert und wieder hinein genommen wurde.
Die Rampe der Fähre öffnete sich.
Commander Sènà, Fähnrich Alfred, Lieutenant Tanaka und 5 Marines stiegen aus. Ihnen folgten Marcus, Kwàn, Lydia, Lèm und widererwarten Lara mitsamt einem bulligen Begleiter, der als Ringer der antiken Sportart durchaus eine gute Figur machte. Sofia war über die Anwesenheit der Klonfrau überrascht. Sie hatte eher erwartet dass sie sich an Bord von Jones Kampfschiff befand. „Herzlich Willkommen an Bord der VF Dakar.“, begrüßte Sie ihre Gäste freundlich. Dabei war es recht spät. Oder früh. Je nach Sichtweise. Für Sofia war es selbstverständlich die Gäste persönlich bei ihrem Eintreffen zu begrüßen. Der Kurs für Diplomatie an der Flottenakademie machte sich doch noch bezahlt.
Die Klone kamen aus dem Staunen nicht heraus. Marcus und Lara verbargen es zwar besser, aber die Gegebenheiten des Schweren Kreuzers ließen einen schon glotzen, wenn man die Ausmaße nicht gewohnt war.
Sofia wählte eine InterCom-Nummer. Ihr Ruf wurde sogleich angenommen.
„Ja, Captain.“, hörte man Senior Commander David sagen.
„Teilen Sie dem Führungsschiff der Klone mit das unsere Gäste eingetroffen sind.“ Eine formelle Mitteilung würde soeben von der Com-Station ausgeschickt. „Lassen sie Jones wissen das wir abflugbereit sind.“ Die Abflugbereitschaft war damit vollends komplett. „Hat sich Obfrau Tina gemeldet?“ Ihr EO hätte sie dahingehend informiert, wenn der Fall eingetroffen wäre.
„Nein, Ma’am.“
Die Frage nach dem Warum und Wieso stellte sich nicht mehr. Auch wenn Sofia zu gerne den Grund gewusst hätte. Bevor die Mischlingsfrau etwas sagen konnte, meldete sich ihr Erster Offizier. „Die Schiffe der Sieben Kolonien sind soeben gesprungen.“ Exakt nach Ablauf der Frist und mit dem Ende der Evakuierung. Wundern tat sie der grußlose Sprung nicht. Zu einem Wiedersehen würde es kommen, da war sich Sofia sicher.
„Verstanden, EO.“ Sie beendete die InterCom-Verbindung. Ein Blick zu ihren Gästen. „Wenn Sie es wünschen, können sie mich auf die Kommandobrücke begleiten.“
„Ich würde ein Bett vorziehen, Captain.“, meinte Marcus geradeheraus. Wovon sich Lara überrascht zeigte. Er machte nicht den Eindruck erschöpft oder müde zu sein.
Die übrigen Klone schwiegen.
„Natürlich.“ Ein kurzer Wink zu einer abseits stehenden Menschenfrau. Woraufhin diese zu ihnen kam. „Crewmen Demirel“, stellte Sofia sie vor. „wird Sie zu ihrem vorbereiteten Quartier bringen.“
Der Klon nickte dankend, sah seine Brüder und Schwestern an und folgte Crewmen Demiral.
Sie sah ihm kurz nach. „Wenn sie mir bitte folgen würden.“, richtete Sofia an die übrigen Gäste. Gemeinsam gingen sie zum Lift. „Kommandobrücke.“ Die Liftkabine setzte sich nach Erhalt des Kommandos unverzüglich in Bewegung.
Als sich die Lifttür öffnete betrat man die Kommandobrücke.
Da konnte selbst Lara ihr Staunen nicht mehr gänzlich verbergen.
***
Unter der Federführung des Führungsschiffs der Klone steuerte die VF Dakar auf einen riesigen Nebel zu. Seine Ausdehnung ging stellenweise bis an den äußeren Bereich des Sonnensystems in dem er lag. Den Sensordaten nach, die auf ihrem Plot erschienen, handelte es sich bei dem Nebel um Reste einer Sonnenkollision, die vor Jahrmillionen stattfand.
Am Rand der Nebelausdehnung war die Partikeldichte schwächer, als im Inneren Bereich oder dem Zentrum. Wohin die Sensoren nicht durchdringen konnten. Durch die Interferenzen erhielt man ein stark verzerrtes Umgebungsabbild.
Als der Nebel in Sichtweite war, sah man ein meeresähnliches Farbspiel wie auf dem Unioner Planeten Paradies. Die Farbmuster wechselten sekündlich. Farbfelder vermischten sich, kollidierten oder fraßen sich gegenseitig auf. Wirbel entstanden, wuchsen, fielen in sich zusammen oder explodierten in einer Farbkaskade. Um gleich wieder verschluckt, ja übermalt zu werden. Rot. Orange. Blau. Grün. Gelb. Weiß. Türkis. Lila. Braun. Ein lebendiges abstraktes Gemälde, das in jeder Galerie ein Publikumsmagnet werden würde.
Die Explosionen fanden immer, unregelmäßig und überall statt. Ihre Stärke und Kraft stand im Zusammenhang mit der Partikeldichte. Auf der Nebeldecke sah man Detonationsblitze. Manche besaßen Sprengkraft von mehreren Megatonnen. Was mit einem direkten Raketentreffer zu vergleichen war. Er konnte trotz Schilden und aktiver Panzerung immensen Schaden anrichten.
Man hatte den Klonen Marcus und Lara eine Zugangskonsole zur Verfügung gestellt, über die Sie keinen direkten Zugriff auf die Schiffssysteme hatten, aber sich einen Einblick verschaffen konnten. Die Klonfrau war ein inoffizieller Verbindungsoffizier zwischen Jones und ihnen. Marcus dahingehend außen vor, was ihn nicht zu stören schien.
Als Sofia zu ihrem EO sah, fiel ihr der versteinerte, ja besorgte Gesichtsausdruck der Frau auf. Sie machte einige Eingabe in das Bedienfeld, schaute sich die Resultate an. Welche sie beunruhigten. Lara sah auf, blickte zu Marcus, der ihren Blick erwiderte. Allem Anschein nach stimmte etwas nicht. „Gibt es irgendwelche Probleme?“, richtete Sie an die Zwei. Diese Geheimnistuerei gefiel ihr nicht. Schon gar nicht, wenn man sich einer höchst brisanten und gefährlichen Umgebung näherte, wie dem Nebel.
Marcus schaute kurz auf seinen Schirm, bevor er zu ihr sah. „Kann man so sagen, Captain.“ Man hörte die Besorgnis in seiner Stimme. Ein Blick zu Lara, die verbissen auf den Schirm starrte. „Es ist so“, begann er seine Erklärung. „dass das Auftauchen der Plasmawirbel oder auch Tornados“ Betitelte Marcus das Phänomen treffend. „nicht vorhersehbar ist. Ihre Kraft und Stärke richtet sich alleine an die Partikeldichte. Welche, je tiefer man in den Nebel fliegt, dichter wird.“ All das wussten die Unioner bereits. „Im Nebel befindet sich ein kleiner Planeten.“ Das war neu. „Auf ihm haben sich unsere Brüder und Schwestern niedergelassen.“ Ein abgeschiedener Ort. Gut geschützt durch den Nebel. Die Sorgen rührten von etwas anderem her. „Auf einer Stationären Position in der Umlaufbahn unserer Heimat“, fuhr Lara fort. Ohne das Marcus Einwände erhob. „befindet sich eine von uns installierte Sensorphalanx. Wir haben im Nebel Richtungsbarken positioniert. Schiffe die auf Hunderttausend Kilometer heran kommen werden erfasst.“ Sie hatten die Erfassungsgrenze längst überschritten. Die erwähnten Richtungsbarken fungierten als Netzwerk und Relais für die Sensorphalanx. Mithilfe Sie in den Umgebungsraum des Nebels überwachten. Sofia machte eine Eingabe, sah das Ergebnis, schaute zu ihrem EO, der kaum sichtbar den Kopf schüttelte. „Unsere Schiffe können den Nebel passieren, ohne dass die Impulsminen ausgelöst werden und Plasmawirbel erzeugen.“ Ein effektiver Verteidigungsmechanismus. Eigentlich. Die Schiffssensoren erfassten jedoch eine der erwähnten Richtungsbarken. Deren Trümmer ebenso wenig, was angesichts der Umgebung nicht verwunderlich war.
Die Erklärung ließ nur eine Schlussfolgerung zu. „EO.“
„Aye, Ma’am.“ Mit einer Eingabe heulte der schiffsweite Gefechtsalarm los.
Wie bei einer Backpfeife zuckte Lara zusammen.
Die automatische Ansage ertönte auf der VF Dakar.
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Nach einer kurzer Rücksprache mit Jones, übernahm das Unioner Kampfschiff aufgrund der fortschrittlicheren Sensortechnik die Führung. Wie bei einer Perlenkette, folgten ihnen die Klonschiffe mit dem nötigen Sicherheitsabstand. Trotz der Interferenzen lieferten die Kurzstreckensensoren ein ausreichendes Umgebungsabbild. Turbolenzen ließen sich trotz allem nicht vermeiden. Daher wurde das Raumschiff samt der Besatzung ordentlich durchgeschüttelt. Die Leute hielten sich überall dort fest, was ihnen halt gab.
Lieutenant Mendes steuerte den Schweren Kreuzer durch den Nebel. Ausläufer der Tornados und Detonationswellen brachten das Schiff gehörig ins Schlingern. Im Unterstützungsmodus flog die Mischlingsfrau die VF Dakar. Die Behelfskonsolen zu ihrer Linken und Rechten waren mit ihren Stationsleuten besetzt. Sie kümmerten sich um die Navigation.
Wie die meisten Piloten steuerte auch Mendes ihr Schiff am liebsten von Hand. Es gab einem ein Gefühl für das Handling. Dies hier war anspruchsvoller als alle Ausbildungsszenarien der Flugschule, die jeder Steuermann/frau oder Pilot absolvieren musste, sofern Er/Sie ein Flug- oder Raumvehikel im Dienste der Unioner Flotte fliegen wollte.
Der Annäherungsalarm schrillte. „Windhose. Backbord.“, teilte ihr der Crewmen zu ihrer Linken mit. „Dreiundzwanzigtausend Meter.“
Auf dem Sensorbild sah Mendes, wie sich ein farbenfroher Tornadorüssel formte, durch die Rotation an Masse gewann und die Tornadosäule wuchs, bis den Durchmesser eines Megatowers besaß. Die Rotation hatte Sogwirbel zur Folge, dessen Wirkungskreis die VF Dakar durch heftige Turbolenzen zu spüren bekam.
Erneut schrillte der Annäherungsalarm. „Zweiter Tornado. Steuerbord. Dreizehntausend Meter.“ Aus dem Nichts bildete sich der charakteristische Rüssel, wuchs innerhalb von Sekunden heran.
Mendes korrigierte augenblicklich den angelegten Ausweichkurs. Dieser ging nämlich mitten durch den Zwillingstornado. Was selbst ein Schwerer Kreuzer nicht überlebte. Zum Umfliegen fehlte die nötige Strecke. Nach Backbord konnten sie jetzt auch nicht mehr ausweichen. Die Schubumkehr würde ihnen ebenso wenig helfen. Eher schaden, dank der Sogwirkung. Es half alles nichts, dachte sich Mendes bittersüß. Bockig, wie der mechanische Bullen im Pub auf dem Campus der Greenberg Insel, nahm das Kampfschiff den Kurs auf, den Mendes einprogrammierte.
Da ihr die Ausweichmöglichkeiten fehlten, blieb nur eine Alternative.
Mittendurch.
„Ladies und Gentlemen.“, sagte die Mischlingsfrau heiter. Die Sogwirbel der Zwillingstornados zerrten den Schweren Kreuzer in alle erdenklichen Richtungen. Eine tobende Brandung. Miniblitze lechzten nach dem Kampfschiff. „Bitte achten Sie auf die Anschnallzeichen.“ Ihr Grinsen verbarg Sie nicht. Die Crewmen’s zu ihrer Rechten und Linken schauten sich vielsagend an. Ihnen fehlte die Begeisterung ihres Leitenden Offiziers. „Wir erwarten in Kürze schwere Turbolenzen.“ Wie bei einem schweren Erdbeben wurde das Raumschiff heftig durchgeschüttelt. „Festhalten.“ Ein heftiger Schlag, einem Raketentreffer nicht unähnlich, traf die VF Dakar. Ein Konzert der Alarmtöne grölte.
Sie hatte alle Mühe das Schiff auf Kurs zu halten. Ein Abdriften konnte Sie in den Sogbereich der Zwillingstornados bringen. Aus dem es trotz des leistungsstarken Impulsantriebs kein Entrinnen gäbe. Wellen schlugen gegen das Kampfschiff, wollten es um jeden Preis vom Kurs abbringen. Die Reaktionspanzerung absorbierte die kinetischen Kräfte. Verformungen setzten ein. Brachiale Kräfte wirkten. Mikrobrüche in der Panzerung, im Rumpf und in der Schiffshülle. Vor dem Einfliegen in den Nebel war das Schiff gesichert worden.
Die Stabilisatoren würden wie die Trägheitskompensatoren über ihre Leistungsgrenze hinaus belastet. Ebenso drohten die Steuerdüsen und Manövriertriebwerke unter der Belastung zu versagen. Bevor die VF Dakar das rettende Ufer erreichte. Eine tosende-kinetische Welle nach der anderen schlug das Raumschiff. Auf dem Schutzpanzer der Impulsgondeln bildeten sich Makrorisse. Mit zunehmender Belastung drohten Tiefenfrakturen, die zu irreparablen Schäden führen konnte.
Nichtsdestotrotz hielt Mendes den Schweren Kreuzer auf Kurs.
Das Schicksal des Unioner Kampfschiffs stand auf Messerschneide.
Von einem Moment zum anderen, schwächten sich die Sogwirbel der Zwillingstornados ab. Verloren an Masse und damit an Kraft. Die Säulen lösten sich im Nu auf. Wie bei einem Kreuzfahrtschiff, das in einen Sturm geraten war, beruhigte sich die See.
Eingehende Schadensmeldungen wurden weitergeben. Entsprechende Maßnahmen ergriffen.
Das Unioner Kampfschiff überquerte schließlich die innere Nebelgrenze.
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Der Planet schien vom Nebel wie in Watte gepackt zu sein.
Verstreut im Freien Raum lagen Trümmer und Schiffswracks.
Auf der Planetenoberfläche tobten Feuerstürme. Die atembare Atmosphäre war verbrannt. Mitsamt der Flüsse, Seen und Meere sowie der kargen Flora und Fauna. Der Planet stand sprichwörtlich in Flammen.
Ein furchtbarer Anblick.
Für die Klone umso mehr. Freunde. Familie. Brüder und Schwestern.
Ihre Heimat. Ihre Zuflucht. Ihr Zuhause.
Nichts war mehr davon da.
Weder in den Trümmern noch auf dem Planeten konnten Überlebende festgestellt werden. Den Angriff hatte niemand überlebt. Sechzigtausend Klone Tod.
Schon nach kurzer Zeit stellte man fest, basierend auf den Informationen der Klone, dass die Trümmer und Wracks zur Klonflotte gehörten. Durch den ionisierten Nebel wurden die Feuerleitsysteme der Raketen beeinträchtig. Auch wiesen nur wenige Teilwracks Raketentreffer auf. Gefundene Energierückstände sowie die Schadensbilder der Wracks deutete daraufhin das Energiewaffen eingesetzt wurden. Im planetaren Feuersturm fanden Sensordrohnen Restemissionen von Thermo-Materie-Bomben. Mit ihnen bombardierte man den Planeten. Eine geächtete Massenvernichtungswaffe.
Wer war zu so einem Vernichtungsschlag im Stande?
Die Gmah Vasallen, standen ganz oben auf der Liste der Verdächtigen. Ionisierte Energierückstände und Restemissionen stellten Indizienbeweise dar, ließen sich auf vielfache Weise interpretieren und zu ordnen.
Dann waren da noch die Kräfte der Sieben Kolonien.
Wieso sollten sie einen solchen Angriff durchführen? Die Klone stellten keine direkte Bedrohung dar. Dies wäre eine sinnlose Aktion, sie führte nur dazu dass die Klone zu ihren Feinden wurden. Trotz des technologischen Vorsprungs, konnte auf Dauer niemand gegen mehr als einen Feind kämpfen.
Über jeden Zweifel erhaben waren sie dennoch nicht.
Schließlich hätten sie die Produktionsstation samt Satellitenterminals bombardiert, wenn die VF Dakar nicht gewesen wäre. Demnach waren sie durchaus in der Lage dazu einen solchen Angriff zu führen.
Was Sofia höchst erschreckend fand.
Lara war am Boden zerstört. Aus der Trauer erwuchs Wut, die sich in Hass wandelte und zu Rache mutierte. Marcus hingegen wirkte unbeteiligt. Der Schmerz und die Trauer waren ihm anzumerken. Ihre Differenzen hatten im Augenblick keinen Platz. Hierbei zogen beide an einem Strang.
Ihr Missionsauftrag erschien auf dem ersten Blick einfach.
Ein abfälliges Grunzen folgte. Sofia nahm einen Schluck von ihrer warmen Schokolade.
Die Sieben Kolonien in Person von Obfrau Tina schienen an einer Kooperation, Partnerschaft nicht interessiert zu sein. Wieso sonst hatte man ihre Rufe ignoriert!? Die Klone hingegen schienen einer Zusammenarbeit offener gegenüber zustehen. Vor allem jetzt. Umso wichtiger war Unterstützung. Nicht zu vergessen Alt-Gvan.
Doch Sofia war realistisch.
Zuhause stand ein intergalaktischer Krieg bevor. Gegen einen Uralten Feind, der sich wie ein Krebsgeschwür in ihrem Teil der Galaxie einnistete. Demzufolge würde die Unterstützung minimal ausfallen. Wenn überhaupt. Die aktuelle Situation ließ kaum Spielraum. Trotz der geheimen Allianz und dem bevorstehenden Kriegsbündnis. Sobald den Gmah klar wurde, dass das Silaa-Wurmloch offen war, würden sie alles in ihrer Macht stehende tun, um es zu kontrollieren.
Alleine der Gedanke daran ließ die Gvanerin frösteln.
Wenn es so kam, dehnte sich die Gefahr auch bis hierher aus.
Es war nur eine Frage der Zeit.
Schließlich hatten ihre Vasallen einen Beobachtungsposten bezüglich des Silaa-Wurmlochs errichtet. Sie mochten technologisch Rückständig sein. Mithilfe ihrer Meister blieb das nicht so. Bestes Beispiel dafür war das Sternenreich.
Eine regionale Kleinnation, die praktisch unbemerkt über Nacht zur Großmacht wurde.
Mit Verstärkung oder Unterstützung in dieser Sache konnten sie nicht rechnen. Jedenfalls nicht in dem Maße, wie es notwendig erschien um den Einfluss der Gmah und ihrer Vasallen entscheidend zu schwächen. Wofür eine Kampagne gegen die hiesige Konföderation notwendig war. Ganz zu schweigen von der anschließenden Präsenz und dem Wiederaufbau.
Bitter aber nicht zu ändern.
Die Operationsfähigkeit der Vereinten Flotte diesbezüglich ging einfach gegen Null.
Sofia hatte also nicht allzu viele Optionen.
Der Feind meines Feindes ist mein Freund, fiel der Gvanerin dazu ein.
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Auch nach den 4 Stunden Schlaf hatte sich an ihrem Entschluss nichts geändert. Die Alternative war sie einfach nicht gewillt in Betracht zu ziehen. Sofia schaute die Anwesenden an. Jene Frauen und Männer stellten die Führung derjenigen da, die die Letzten ihres Volkes waren. „Ich weiß um ihr Misstrauen.“, richtete sie an die Klonfrau Lara und die Schiffsdelegation um Jones. Es war noch immer da, bloß nicht mehr so ausgeprägt. „Ich kann es ihnen nicht verdenken.“ Sie an ihrer Stelle wäre wahrscheinlich ebenso misstrauisch den Fremden gegenüber, wie sie es für die Klone waren. „Unser Auftrag war es in Kontakt mit den Kräften der Sieben Kolonien, die Fremden, zu treten.“ Die Gvanerin wusste dass sie sich weit aus dem Fenster lehnte. Ihre Entscheidung war Sofia bereit vor jedem zu verteidigen, der ihr Vorgehen anzweifelte. „Wir sollten sie als Verbündete gewinnen, um mit ihnen gegen die Gmah in unserem Teil der Galaxie zu kämpfen.“ Während man bei Jones und Lara eine Reaktion auf das Gehörte sah, ließ sich Marcus nichts anmerken. Es schien ihn auch nicht sonderlich zu überraschen. Was bei den beiden Erstgenannten anders war. Auch bei den Klonen lösten die Gmah eine vergleichbare Empfindung aus, wie überall jenseits des Silaa-Wurmlochs. „Unsere Bemühungen waren nicht erfolgreich.“ Ein nicht allzu schwerwiegendes Zugeständnis.
„Jetzt wollen Sie uns stattdessen als Verbündete.“, äußerste Jones nicht freundlicher, als bei der letzten Begegnung. Es missfiel dem Klon als notdürftiger Ersatz in den Plänen der Unioner zu fungieren. Verständlicherweise.
Sofia konnte es ihm nicht verübeln. „So mag es für Sie aussehen“, sagte die Gvanerin. Sie schaute in die Runde. „und haben nicht ganz Unrecht.“ Wut blitzte kurz in seinen Augen auf. Nicht gänzlich unerwartet. „Ich strebe ein Bündnis mit ihnen an“ Ihr Blick ruhte kurz auf Jones. Sie hatte nicht die Zeit auf neue Befehle, Anordnungen oder Anweisungen zu warten. „um gemeinsam gegen die Vaan-Maris zu kämpfen.“ Generalinspektor Essien war deutlich, als er ihr die Mission auftrug. Man war hier gänzlich auf sich gestellt. Keine Unterstützung. Keine Verstärkung. Keine Hilfe. Dies wollte Sofia ändern. „Wobei Sie Hilfe brauchen.“ Entsprechend handelte sie. „Genau wie wir Ihre Hilfe brauchen.“ Ohne jedwede Rückendeckung von Zuhause abzuwarten. „Denn früher oder später werden die Vaan-Maris auch für uns zu einer Bedrohung.“ Der man besser jetzt als später begegnete. Später konnte es nämlich schon zu spät sein. „Darum erbitte ich Sie“ Sofia schaute die Klone Reihum an. „mit uns ein Bündnis einzugehen, das für unser beider Völker von Bedeutung ist.“ Auch wenn es auf den Ersten Blick nicht den Anschein hatte.
Schweigen setzte ein.
Sofia hatte alles gesagt.
Lara richtete das Wort an sie. „Ihre Offenheit ehrt sie, Captain.“, ließ die Klonfrau sie wissen. „Würden sie uns einen Moment geben, um darüber zu sprechen.“ Ein Hoffnungsschimmer.
„Natürlich.“ Sofia erhob sich, sah jeden noch Mal an. „Sobald sie zu einem Ergebnis gekommen sind, lassen sie es mich bitte wissen.“
„Selbstverständlich.“, versicherte Lara ihr statt Marcus, ihrem stärksten Fürsprecher. Scheinbar.
Hoffnungsvoll aber auch unschlüssig zugleich verließ sie den Besprechungsraum.
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Die Klone brauchten länger als erwartet um zu einer Entscheidung zu gelangen. Ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war, ließ sich schwer sagen. Gute 20 Stunden waren vergangen seit Sofia den Besprechungsraum verlassen hatte. Ab da hatten die Klone den Raum nicht verlassen. Bis auf Kwàn, der Erfrischungen und Snacks holte.
In der Zwischenzeit gab es keine gesicherten Erkenntnisse wer für den Angriff verantwortlich war. Die Energierückstände sowie Restemissionen in planetaren Atmosphäre ließen einfach keine Rückschlüsse zu. Der Kampf, so ihre Einschätzung, hatte nicht allzu lange gedauert. Demnach verfügte der Angreifer über eine gewisse Schlagkraft. Was weder die Vaan-Maris noch die Kräfte der Sieben Kolonie von jedwedem Verdacht freisprach.
Eine Subraum-Nachricht von Zuhause war bisher auch ausgeblieben.
Dass konnte ein Vorteil oder ein Nachteil sein. Schließlich stellte Sofia Mr Essien vor vollendete Tatsachen, sollte das Bündnis mit den Klonen stattfinden. Obfrau Tia hatte sich bisher nicht gemeldet, um über das Angebot zu sprechen. Wenn es je dazu kam. Solange konnte Sofia nicht warten.
Die Gefahr dass man sie zurückkommandierte bestand natürlich. Und nicht gänzlich auszuschließen. Der Nutzen des Ganzen stand auf einem anderen Blatt. So kampfstark die VF Dakar auch war, war es zweifelhaft ob die Feuerkraft ausreichte, in dem was ihnen auf der Heimatseite vom Silaa-Wurmloch bevorstand. Hier hingegen konnte man etwas erreichen.
Natürlich war es utopisch zu glauben ihnen gelänge es den Machteinfluss der Gmah Vasallen in Person der Vaan-Maris mit nur einem Schiff in kürzester Zeit zu brechen. Dafür bräuchte es einen Flottenverband. Darüber war sich Sofia im Klaren. Er stand ihnen jedoch nicht zur Verfügung. Und würde es auch so schnell nicht.
Nicht auf die Schiffsanzahl kommt es an, sondern wie man die vorhandenen Kräfte einsetzte. Eine zahlenmäßig unterlegene Partei konnte siegen. Wofür es hunderte Beispiele der jüngsten Vergangenheit gab oder aus der Erdgeschichte.
Die Türmelodie zu ihrem Quartier ertönte.
Auf ihrem Glas-Couchtisch lagen auf die ganze Breite verteilte Datenpads. Sie hatte ihren Kommandostab Konzepte und Strategien entwickeln lassen. A, um die Frauen und Männer zu beschäftigen. B, um vorbereitet zu sein. „Wer ist da?“ Sofia stellte die Tasse mit der lauwarmen Milchschokolade auf den altmodischen Untersetzer ab.
„Lara, Captain.“, meldete sich die Klonfrau. „Ich möchte sie über unsere Entscheidung informieren. Wenn es ihnen zeitlich passt.“
Es ließ sich nicht leugnen dass sie nicht mir gerechnet hatte, wenn es um die Mitteilung der Entscheidung ging. Irgendwie war die Gvanerin davon ausgegangen das Marcus sie informierte. Dass dem nicht so war, fand Sofia eigenartig. Ein kurzer Blick auf die Unordnung. Das Privileg des Captain. „Kommen sie rein.“
Die Tür glitt sogleich beiseite.
Lara trat über die Schwelle. Die Klonfrau sah erschöpft und müde aus.
„Bitte.“ Sofia bot ihr im Sessel Platz zu nehmen. „Kann ich ihnen etwas zu essen oder trinken anbieten?“
„Nein, danke. Captain.“, lehnte sie dankend ab. „Wir haben uns entschieden.“, kam Lara gleich auf den Punkt. Mit einem Nicken bat die Gvanerin sie fortzufahren. Sie wartete einen Moment. „Sie helfen uns unsere Brüder und Schwestern zu befreien.“ Ein Punkt der unmissverständlich nicht zur Disposition stand. „Dafür unterstützen wir sie.“ Dies stellte die Gegenleistung da, die die Klone bereit waren zu leisten. „Hier und in ihrer Heimatgalaxie.“
Letzteres überraschte Sofia. Den Schritt hatte sie nicht erwartet. „Ich bin froh dass sie sich für das Bündnis entschieden haben.“ Es entsprach der Wahrheit. Ohne die Klone war ihr Tun nicht möglich.
„Es war keine leichte Entscheidung, Captain.“, ließ Sie sie wissen. „Wir sind überein gekommen, das eine Zusammenarbeit für beide Seiten von Vorteil ist. Gemeinsame können wir unsere Ziele eher erreichen, als wenn jeder für sich operiert.“ Da konnte man ihr kaum widersprechen.
Mehr und mehr näherte man sich an. „Ich stimme ihnen voll und ganz zu.“ Der Feind meines Feindes, ist mein Freund. Das Zitat bewahrheitete sich einmal mehr. Beide Seiten brauchten einander. „Bevor unser Bündnis an den Start gehen kann, müssen noch Detailfragen geklärt werden.“
Ein müdes Schmunzeln erschien auf ihrem Gesicht. „Ich weiß, Captain. Darum bin ich hier.“
Wieder ließ es sich nicht leugnen das Sofia überrascht war. „Gut.“ Die Klonfrau schien das Zepter in der Hand zu halten. „Wollen wir anfangen?“
Lara nickte.
Der erste Schritt war getan.
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ENDE
© by Alexander Döbber