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5 Seiten

Das Tor - Kapitel 9

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
Er war keineswegs überrascht. Im Gegenteil, irgendwie hatte er mit ihrem Auftauchen gerechnet. Alexander lehnte sich zurück.
Doktor Schneider war überrascht und dann erleichtert. „Frau Rodgers.“
Er verschränkte schmunzelnd die Arme hinter den Kopf. „Rodgers!“, wiederholte Alexander.
Die Art und Weise wie er es sagte blieb Schneider nicht verborgen.
„Welche Legende habt ihr ihm aufgetischt? Lass mich raten.“ Er griff sich ans Kinn, rieb es sich. Anna schaute ihn ruhig an. „Du arbeitest für die Bibliothek in Rom!“ An der Miene von Doktor Schneider sah er, dass das nicht der Fall war. „Nein. Das könnte er nachprüfen.“, schloss Alexander selbst aus. „Du bist für ein Kunstarchiv tätig!“ Keine Reaktion. Anna blieb gelassen. Es gab nicht viel, was sie aus der Fassung bringen konnte. „Jetzt hab ich es.“, sagte er und schnipste mit den Fingern. „Der Klassiker. Du bist für das Kulturforum der UNO tätig.“ Schneider schaute zu Anna. Ihr Blick ändert sich nicht. Unsicherheit lag in seinen Augen. „Ihr müsst euch mal was neues Ausdenken.“
„Wozu? Sie haben sich bewährt.“ Da hatte sie recht.
„Wo ist mein Vater?“, fragte Nava angriffslustig.
Nun schaute Anna sie an. „Das wüsste ich auch gerne.“
Damit hatte Alexander nicht gerechnet. Wenn ihr Vater nicht in der Obhut von Anna war, wer hatte ihn dann entführt? Mit einmal kribbelte es in seinem Nacken. Im Augenwinkel machte er eine Bewegung aus. „Runter.“, rief er und zog Nava zu Boden.
Das Rattern von Maschinengewehrsalven zerriss die gemütliche Atmosphäre. Holz, Beton und Putz splitterte. Glas klirrte. Ringsherum schlugen Kugeln ein. Menschen schrien, warfen sich zu Boden oder flüchteten ungeschickt.
Alexander sah, wie Anna und ihr Begleiter das Feuer erwiderten. Er lugte hinter dem Pfeiler vor. Immer wieder zwangen die schwarzgekleideten Gestalten Anna und ihren Begleiter mit kurzen Feuerstößen in Deckung. Sie besaßen eine Ideale Position. Die hüfthohe Begrenzung schütze sie. Er schaute nach Sven. Sein Bruder war verschwunden. Ein Schütze schwenkte die Waffe. Der kurze Feuerstoß zwang ihn wieder in Deckung. Neben ihn saß Nava mit angezogenen Knien.
Eine kurze Feuerpause entstand. Man wartete ab was die jeweils andere Seite tat. Von der Straße her hörte man Rufe. Aus der Ferne erklangen Sirenen.
Die Feuerpause dehnte sich aus. Eine Minute verstrich. Alexander schaute am Pfeiler vorbei. Die Schützen waren verschwunden. Anna und ihr Begleiter hatten sich aus dem Staub gemacht.
Er stand auf. Doktor Schneider lag Tod auf dem Boden. Sein Hemd war voller Blut. Zwei Kugeln in die Brust. Alexander nahm sich das Notizbuch.
Hinter ihm stand Nava. Sie schaute den toten Mann an.
Es wurde Zeit zu verschwinden.

***
Draußen herrschte ein wildes Durcheinander. Sie tauchten in die Menge ein, ohne dass man groß Notiz von Ihnen nahm. Ein Jeep der Nationalgarde bog in die Straße ein. Passanten winkten.
Die Gardisten unterhielten sich mit den Leuten. Ein zweiter Jeep tauchte auf. Ihm folgte ein veralterter Rettungswagen. Fünf Gardisten gingen in das Gebäude. Innerhalb kürzester Zeit hatte sich eine Menge aus Schaulustiger gebildet.
Sie erreichten die Straßenecke. Ein weiterer Jeep näherte sich. Auf der anderen Straßenseite sah er seinen Bruder. Nava und Alexander überquerten die Straße. Er wirkte besorgt aber ruhig. Mit einem Nicken teilte er ihm mit das Sie in Ordnung waren. Wortlos schritten Sie die Straße entlang, gingen um den überfüllten Marktplatz herum und schritten die Stufen ihres Hotel hoch.
An der Rezeption stand eine besorgte Gruppe Touristen. Sie hatten die Schüsse gehört. Nun wollten die Leute wissen, was geschehen war, obwohl ihnen die Angestellten keinerlei Auskünfte geben konnten. Sie versuchten die Leute zu beruhigen.
Alexander, Sven und Nava durchquerten die Lobby, gingen zu den Aufzügen. In der Suite der Brüder abgekommen ging Nava ins Bad. Sie wuchs sich das Gesicht mit kalten Wasser, nahm ein Handtuch zur Hand und grub ihr Gesicht in das nach Jasmin duftende weiche Tuch.
Während ihrer Zeit beim israelischen Militär wurde ihr Checkpoint bei Gaza von Extremisten angegriffen. Außer dem Offizier, einem Reservisten, waren alle anderen vom Trupp Rekruten. Zwei von Ihnen starben im Kugelhagel. Die Extremisten beschossen sie von einem Hügel aus, feuerten mit Mörsern. Das Wachhäuschen wurde von einer selbst gebastelten Kurzstreckenrakete zerstört. Drei Ihrer Kameraden hielten sich drinnen auf. Einer erlitt schwere Verbrennungen. Beim anschließenden Feuergefecht starb der Offizier im Kugelhagel.
Sie sah, wie er durch die Kugeln wie eine Marionette zappelte und zusammensackte. Mit ihren Kameraden ging Nava in einem Graben neben der Straße in Deckung. Wie lange die Mörsergranaten in der Umgebung einschlugen, konnte sie nicht sagen. Wahrscheinlich waren es weniger als 30 Sekunden. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Allein aus Selbsterhaltungstrieb erwiderten sie das Feuer. Übers Handy teilte ein Rekrut dem Hauptquartier den Angriff mit, forderte mit schriller Stimme umgehend Unterstützung. Sekunden später war alles vorbei.
In der Kaserne wurde sich Nava über ihr Verhalten klar. Sie hatte Angst, ließ aber nicht zu, dass die Angst sie lähmte. Genau wie beim Angriff in Ägypten.
Nava schaute ihr Spiegelbild an.

***
Bei ihren Jobs kam es mal vor das irgendjemand auf einen schoss. Ab und an schossen sie auch zurück. Den Brüdern war es nicht fremd. In dieser Hinsicht hatten sie Routine.
Alexander schaute zur geschlossenen Badtür. Als die Extremisten Nava`s Auto angriffen, waren sie vor der griechischen Insel Rhodos. Die Harris Sea and Underwater Company war vom griechischen Energiekonzern Athena Gas & Oil beauftragt worden vor der Insel Kernbohrungen vom Meeresboden zu machen. Grund war ein mögliches Gasvorkommen, dessen Förderrechte sich der Energiekonzern sichern wollte.
Während Alexander mit den Tauchern unten war, überwachte Sven an Bord des Schiffs die Vorgänge. Wie üblich lief im Hintergrund das Radio. Eine Nachrichtenmeldung erregte seine Aufmerksamkeit. Bei der Meldung ging es um einen Angriff auf die Kuratorin vom Nils Meir Museum für Prähistorische Geschichte Naher Osten in Kairo. Der Leiter vom Ägyptischen Museum verurteilte den Anschlag scharf, man werde die Kooperation fortsetzen und die geplante Ausstellung durchführen. Die Kuratorin, so der Sprecher, sei Lebensgefährlich verletzt und man führe eine Notoperation durch.
Eine halbe Stunde später, bei den Kurznachrichten, nannte der Radiosprecher den Namen der Kuratorin: Nava Hofmann. In diesem Moment wurde Alexander zusammen mit dem Tauchteam aus dem Meer aufs Schiff gehoben. Als sein Bruder in der Druckkammer war, teilte er ihm die Ergebnisse der Analyse mit. Bei keiner der Bohrungen wurden Hinweise auf ein Gasvorkommen gefunden. Damit waren die Bohrungen 36, 37 und 38 erfolglos.
Sie zweifelten, dass es im abgesteckten Suchfeld überhaupt ein Gasvorkommen gab. Am Abend, so Alexander, würden sie das weitere Vorgehen besprechen. Das wäre es eigentlich gewesen, wenn da nicht die Nachrichtenmeldung wäre. Sven wusste das Nava keine der sonstigen Frauengeschichten seines Bruders war. Er fühlte sich noch immer schuldig für die Geschichte in Kambodscha. Was er natürlich nicht zugeben würde, was Alexander aber auch nicht brauchte.
Kaum durfte sein Bruder die Druckkammer verlassen, saß er schon in einem Hubschrauber, der ihn nach Rhodos brachte. Von wo er nach Kairo flog. Vom Flughafen ging es ins Krankenhaus.
Er schob die Vergangenheit beiseite.
Sie wusste nichts davon und so sollte es auch bleiben. So nahm er das Notizbuch von Doktor Schneider und blätterte es durch.
Was auch immer er gefunden hatte und die Allianz ausflog, ging auf seine Recherchen zurück. Also musste sich irgendetwas in seinem Notizbuch finden. Die Frage war bloß, Was? Und was konnten sie damit anfangen! Er hatte beim Tempel von Olympos auf Zypern etwas gefunden, dass ihn veranlasste seine Suche bei der Talhalha Oase fortzusetzen, mit Erfolg.
Ein Blatt nach dem anderen schaute er sich an. Bisher schien nichts auf die Goldene Stadt zu schließen. Die Notizen wirkten zusammenhanglos, völlig belanglos und wirr. Nichts ergab einen Sinn.
Alexander spulte die Geschehnisse, wie bei einem Film, auf Anfang. Doktor Schneider hatte in seinem Notizbuch geblättert, sich Notizen gemacht und war ganz vertieft. Er suchte etwas. Aber was? Entnervt warf er das Notizbuch auf den Tisch. Die Allianz setzte ihre umfangreichen Ressourcen ein um die Goldene Stadt zu finden. Sie hatten Doktor Schneider`s Fundstück in ihren Besitz, die Askalon Texte und Gott weiß was noch zur Verfügung.
Außer dem Notizbuch und Indizien hatten sie nichts. Sie brauchten einen verdammten Ansatz, irgendetwas. Alexander stand auf dem Balkon. Wohin hatte die Allianz das Fundstück gebracht? Wieso glaubten sie es sei wichtig um die Goldene Stadt zu finden? Wer waren die Angreifer vom Restaurant? Zur Allianz gehörten sie nicht. Andererseits konnte der Angriff inszeniert gewesen sein! Zu welchem Zweck? Doktor Schneider war ein Aktivposten. Oder? Ein Mittel zum Zweck! Was wussten sie über die Goldene Stadt?
Alexander kehrte in die Suite zurück. Nava war inzwischen aus dem Bad gekommen. Sie saß auf der Couch, schaute sich das Notizbuch an. Die Erinnerung, wie sie bewegungslos im Krankenbett lag, angeschlossen an die Geräte, kehrte zurück. Die Ärzte hatten alles in ihrer Machtstehende getan, jetzt lag es an ihr.
„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte sein Bruder.

***
„Was wissen wir eigentlich über die Goldene Stadt?“, stellte Alexander eine Gegenfrage. Sven sah ihn verständnislos an. Nava hielt inne, schaute auf.
„Nicht viel.“, erwiderte sein kleiner Bruder. „Es gibt nicht genug handfester Fakten.“
Bingo! „Genau. Niemand weiß etwas, aber jeder kennt Geschichten über El Dorado.“, entgegnete Alexander grübelnd.
Da war es auf einmal. Sie nahm sich das Notizbuch, blätterte es durch. Irgendwo hatte Nava etwas gesehen, was sich jetzt zusammenfügte. Schnellen Blickes suchte sie die Seiten ab. In der Mitte fand sie schließlich, wonach sie suchte. Inmitten einem Salat aus Wörtern, Zahlen und Diagrammen hatte Doktor Schneider einen Namen notiert, der vollkommen fehl am Platze war, aber im Durcheinander nicht weiter auffiel.
„Felix Santos.“, sprach sie ihn laut aus.
„Wer?“, fragte Sven irritiert.
Sie lächelte. Ihre Augen glänzten. „Er war ein Priester zu Beginn vom spanischen Feldzug in Mittelamerika.“, begann Nava zu erzählen. „Man schickte ihn in die Neue Welt, damit er über die Lage vor Ort berichtete. Einmal pro Woche schickte er einen Bericht nach Hause. Vier Monate lang.“ Die Brüder hörten aufmerksam zu. „Sein Name taucht einen Monat später auf einer Totenliste auf. Demnach war er mit einem Kontingent Soldaten unterwegs. Aufständige brachten sie um.“
„Wie soll uns das helfen?“, fragte Sven skeptisch.
„35 Jahre später wird ein Glaubensbruder vom Castilla Orden bei Salamanca in die Sterbeliste eingetragen. Der Name ist Felix Santos.“
„Und?“, hackte Sven nach.
„Damals wie Heute führen die Glaubensgemeinschaften der Kirche Buch über ihre Mitglieder. Eine Art Personalerfassung mit allen relevanten Daten. Sein Todesdatum ist 35 Jahre später, als auf der Totenliste. Er starb mit 52 Jahren und nicht mit 27.“
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Ende, Kapitel 9
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

Und wieder ein Toter. Schuld der Allianz oder waren es völlig Fremde, die den armen Doktor Schneider auf dem Gewissen haben? Alexander bleibt wachsam. Er hat nur ein Notizbuch dieses Doktor Schneiders ansich nehmen können. Welches Geheimnis ist darin verborgen? Nava scheint eine Spur gefunden zu haben. Ein sehr spannendes Kapitel, dass sich leicht und flüssig lesen ließ.

doska (17.05.2010)

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