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5 Seiten

Das Tor - Kapitel 13

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
Benjamin Scholl lehnte in seinem Bürostuhl zurück. Auf seinem Schreibtisch herrschte Ordnung. Vor ihm lag der wöchentliche Gefahrenbericht. Nichts von Priorität.
Seit knapp 2 Jahren war er der Verbindungsoffizier der Task-Force für die Nationale Sicherheit Israels und der Sicherheitsbehörde Jerusalem. Davor gehörte Ben dem Mossad an. Damals unterstand er direkt dem stellvertretenden Direktor für Nahost. Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem, feindliche Kräfte aufzuspüren und unschädlich zu machen. Noch immer war die Liquidierung Direktive in Kraft. Egal wo auf der Welt Bürger Israels zu Schaden kamen oder die Interessen seines Landes bedroht wurden, wurde der Mossad aktiv.
Manchmal verspürte er jene Sehnsucht, die wohl jeden Außendienstagenten irgendwann mal überkam. Als man ihn rekrutierte, war Benjamin Student. Er studierte Ingenieurwissenschaften an der Freien Technischen Universität in Berlin. An den Tag der Offerte konnte er sich sehr gut erinnern. Ben verbrachte den warmen Frühlingstag am Urbanhafen in Berlin-Kreuzberg. Wo er sich mit zwei Kommilitoninnen traf. Stattdessen trat ein Mann vor ihn, reichte ihm eine Visitenkarte und sagte, er solle nach seiner Diplomarbeit nächste Woche vorbei kommen. Sie hätten etwas zu sprechen. Ben hörte sich fragen: Um was geht es? Ihre Zukunft, Herr Scholl, lautete die Antwort.
Noch am gleichen Tag seiner Diplomarbeit ging Ben zu der Adresse auf der Visitenkarte. Ein Büroneubau aus Glas und Beton, wie es ihn in Berlin zuhauf gab. Ein Reisebüro, ein Restaurant, eine Werbeagentur, eine Jobvermittlungsagentur und eine Beratungsfirma für Politik und Sicherheit hatten ihre Räume in dem Bürobau. Auf der Visitenkarte stand lediglich 5. Stock. Die Beratungsfirma für Politik und Sicherheit bewohnte alleine den 5. Stock. Also fuhr Ben mit dem Fahrstuhl hin, stieg aus, schritt zum Glastresen, hinter dem eine junge Frau saß. Er gab ihr die Visitenkarte. "Einen Moment", sagte sie, ohne dass er was erklären musste. Wenige Minuten später holte ihn eine andere junge Frau ab, schritt mit ihm durch den anonymen Flur. An einer sandgestrahlten Glastür blieb sie stehen, klopfte und trat beiseite. Hinter Tür befand sich ein Büro, wo der Mann hinter einem Schreibtisch saß.
24 Stunden später saß er in der Maschine der Fluggesellschaft El Al und flog nach Tel Aviv. Auf einem Anwesen im Landesinneren, abgeschottet von der Außenwelt, bildete man ihn zusammen mit 25 anderen Anwärtern aus. In Theorie und Praxis. 10 Wochen lang. 7 Tage die Woche. 15 Stunden am Tag. Ein bisschen fühlte er sich wie James Bond. Abschließend fand eine Prüfung statt. Das Ergebnis erfuhren die Teilnehmer nicht. Jeder bekam einen Umschlag, dessen Inhalt streng vertraulich war. Man durfte mit niemanden sprechen. In seinem Umschlag befand sich ein Flugticket nach Paris. Seine erste Station beim Mossad.
Tock…Tock… Ohne abzuwarten, trat sein Assistent ein. An seinem Gesichtsausdruck sah Ben, dass etwas passiert war. „Was gibt es, Tamir?“
„Sir, es wurde ein Anschlag verübt.“
Sofort hatte sein Assistent seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Vergessen war der Trip in die Vergangenheit. Viel wichtiger war die Gegenwart. „Wo?“ Ben verließ mit Tamir sein Büro.
„Saint Michel Basilika.“

***
Mit Blaulicht und Dauerhupen fuhr Ben die Mittelklasselimousine durch die Straßen der Neustadt in Richtung Altstadt. „Verdammt. Aus dem Weg.“, raunte er dem Fahrer vor sich zu, bremste und betätigte die Lichthupe. Der Fahrer vor ihm ignorierte seine Aufforderung. Am liebsten hätte er ihn aus dem Weg geräumt, doch damit gefährdete er den übrigen Straßenverkehr.
Der Bus neben ihnen hielt an. Ben nutzte die Lücke, steuerte den Wagen auf die rechte Spur, trat das Gaspedal durch, schoss an dem Auto vorbei, zog scharf nach Links und schnitt den Fahrer, der eine Vollbremsung machte.
Tamir, saß auf dem Beifahrersitz, sah blasser aus. Er hing am Handy. Die Stadtmauer der Altstadt erschien. Ben lenkte die Limousine durch den Straßenverkehr. Je näher sie der Altstadt kamen, desto dichter wurde er. Was nicht verwunderlich war, ist die Mauerstraße eine beliebte Umgehungsstraße. Vor allem zur Mittagszeit.
Innerhalb kürzester Zeit hatten die Sicherheitskräfte die komplette Altstadt abgeriegelt. Ben bremste scharf, zeigte einem der Beamten der Straßensperre am Tor zum christlichen Viertel seinen Ausweis. Sie wurden durchgewunken. Er fuhr die Gasse hoch, parkte die Limousine zwischen 2 Jeeps auf dem Platz.
Schwer bewaffnete Soldaten riegelten den Platz ab. Außer den Sicherheitskräften hatte keiner mehr Zugang. Uniformierte sprachen mit möglichen Zeugen. Sanitäter versorgten die Verletzten. Ben ging auf einen korpulenten Mann mit Glatze zu. Tamir folgte ihm mit dem Handy am Ohr.
Sein Ziel trug die Uniform der Sicherheitskräfte Jerusalem`s. Auf seinen Schultern erkannte man die Rangabzeichen. Der Mann hatte den Rang eines Captain.
Ein Hubschrauber überflog den Platz. Überall wimmelte es von Polizisten und Soldaten.
Er drehte sich zu ihm. Sie mochten einander nicht. Der Grund war einfach. Man hatte Ben den Posten gegeben, für den sich der Captain beworben hatte. Sie mochten keine Freunde sein oder werden, doch das brauchten sie auch nicht. Sie machten ihre Jobs, tauschten Informationen aus, arbeiteten zusammen, sprachen miteinander, wenn es der Job erforderlich machte. Mehr nicht.
„Was ist passiert, Captain?“ Er sah nirgends Spuren eines Bombenanschlags.
Captain Jonas Hamill schickte seinen Adjutanten weg, bat sein Gegenüber ihm zu folgen. Sie gingen zur Saint Michel Basilika. „In der Basilika gab es eine Schießerei.“
„Opfer?“
Ein mürrisches Nicken folgte.
Sie betraten das Gotteshaus, das zum Schauplatz eines Angriffs geworden war. Im Gang lag eine Leiche, zugedeckt. Mitarbeiter der Kriminaltechnik sicherten Spuren. Soldaten hingegen sorgten dafür, dass niemand Unbefugtes die Basilika betrat. Was alleine durch die Übermacht von Sicherheitskräften auf dem Platz unmöglich erschien.
„Die beiden Wachleute und die drei Angreifer.“, benannte Hamill die Opferzahlen.
Ben fiel sofort der zerschossene Altar auf. Im Hauptschiff sah es wie nach einer Schießerei in den Straßen von Beirut aus. „Haben sie schon ein Bild der Ereignisse?“
Hierbei handelte sich nicht um einen Anschlag. Ein Angriff von Terroristen!! Zu wenig Opfer. Sie hätten wahllos die Leute erschossen. Um die Sicherheitskräfte anzulocken, die man dann angegriffen hätte. So gesehen konnte Ben diese Möglichkeit auch abhaken. Was war dann hier geschehen?
„Den bisherigen Zeugenaussagen nach, betraten drei Angreifer das Vorschiff, erschossen den dortigen Wachmann, kamen ins Hauptschiff, töteten den zweiten Wachmann und konzentrierten sich dann auf die Personen hinter dem Altar.“ Ben schaute vom Angreifer im Mittelgang zum Captain. „Ein Mann und eine Frau, haben vor der Schießerei die Absperrung überwunden, sind hoch und hinter den Altar. Die Frau, so sagen die Zeugen, habe versucht den Wachmann im Vorschiff zu warnen. Kurz darauf begann die Schießerei und die Leute haben das Weite gesucht.“ Hamill schwieg kurz. „Sie sollten sich das ansehen.“, meinte er und deutete auf den Altar.

***
Die Männer gingen die Stufen hinauf, umrundeten den Altar und sahen eine in den Steinquader geschlagene Lücke. Man hatte etwas entfernt.
„Haben sie eine Beschreibung der Frau und vom Mann?“ Der Captain nickte und berichtete ihm, was die Zeugen seinen Männern gegeben hatten. Eine allgemein gehaltene Beschreibung.
„Das ist aber noch nicht alles.“, erklärte Hamill und ging zum toten Angreifer im Mittelgang zurück. Er schob das Lacken beiseite, das man über den Leichnam gelegt hatte, so dass der Arm freilag und zog den Ärmel hoch. Eine Tätowierung kam zum Vorschein.
Ben schaute genau hin. Anhand einer Tätowierung konnte man die Toten in der Regel besser identifizieren. Vor allem dann, wenn die Leute keinerlei Papiere bei sich hatten. Außer ein paar Geldscheinen, einer Handvoll Münzen hatten sie nichts bei sich gehabt. Mal abgesehen von den Waffen.
Die Tätowierung machte auf ihn den Eindruck eines Wappens. Ein mittelalterliches Schild, in dem sich 2 Schwerter kreuzten, sie ergaben ein X. Hinter dem Schild ragte ein Schwertgriff empor und unterhalb die Spitze eines Schwerts. Auf der Parierstange oberhalb des Schilds stand was geschrieben. Es war jedoch zu klein, als dass man es hätte lesen können.
Ben holte sein Handy aus der Tasche, aktivierte die Kamerafunktion, hielt die Tätowierung in den Fokus und drückte den Auslöser. Eine Sekunde später erschien das Foto auf dem Display. Nun zoomte Ben es heran, scrollte zur Parierstange, zoomte wieder, wartete, bis sich die automatische Schärfe einstellte. Jetzt konnte man die Gravur lesen. Germanitas.
Ein Foto der Tätowierung hatte Hamill in die Zentrale geschickt, zur Identifizierung. Ben ließ sich das Wort übersetzen. Es war Latein und bedeutete Bruderschaft. Eine Gruppe! Keine Einzeltäter oder Terroristen.
Dem Äußeren nach handelte es sich bei den Toten im Säulengang um Männer aus der Balkanregion. Der Tote im Mittelgang konnte Südeuropäer oder Latino sein. Söldner! Blieb noch zu klären wer die Frau und der Mann waren, auf die es die 3 abgesehen hatten.
Hamill berichtete ihm, dass die Soldaten, die als Erste eingetroffen waren, sie 2 für Touristen hielten, da die Frau Blut auf ihrem Shirt hatte. Den Männern war kein Vorwurf zu machen. Bei der unübersichtlichen Lage konnte so etwas passieren. Ein Gast aus dem Café hatte sich ihnen angeschlossen. Zusammen waren Sie in die Gasse verschwunden, so Hamill weiter, wo ihnen ein Sanitäter entgegenkam, der die Frau wegen dem Blut untersuchte. Ihr fehlte nichts, daher ließ er sie weitergehen. Das blutverschmierte Sweatshirt hatte man inzwischen gefunden. Es befand sich in einem Müllheimer, nahe dem kleinem Südwest-Tor. Von den Männern und der Frau fehlte seither jede Spur.
Ben sprach mit den Soldaten und dem Sanitäter. Von ihnen ließ er sich die Personen beschreiben. Ein Verdacht regte sich. Er rief einen Freund beim Mossad an, bat ihn um einen Gefallen. Kurz nach dem Anruf ging eine Mitteilung mit Anhang auf sein Handy ein. Der Anhang waren 3 Fotos. Er zeigte sie den Soldaten und dem Sanitäter, sowie dem Manager vom Café.
Sie identifizierten die Personen.
______________________________________________________

-Ende, Kapitel 13-
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

Genauer ausgedrückt, Benjamin scheint wohl einiges bereits über die drei Freunde zu wissen? Jedenfalls werden sie von Zeugen identifiziert. Sehr spannend.

doska (02.06.2010)

Nun mal ein Kapitel ganz aus der Warte
Benjamin Scholls, dem wichtigsten Offizier für die nationale Sicherheit Jerusalems. Ziemlich rasch kann er herausfinden, was genau sich dort im Gotteshaus abgespielt hatte. Ben hat einen Verdacht und es lassen sich wenig später drei Fotos auftreiben. Was werden sie dem Offizier verraten?


doska (02.06.2010)

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