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6 Seiten

Das Tor - Kapitel 31

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
Ohne nachzudenken schubste Anna Nava beiseite. Das Monster sprang ins Leere. Naja nicht ganz, es krachte in die Hauswand. Mit dem Hinterteil traf es Anna, schleuderte sie hinterrücks in die Gasse. Was ihr wohl das Leben rettete. Das was von der Hauswand übrig blieb stürzte ein. Trümmerstücke fielen dorthin wo Anna stand, als sie Nava wegschubste.
Mit Schmerzen in der Brust rappelte sie sich auf.
Ein Berg aus Schutt und Geröll türmte sich in der Gasse auf. Eine Sackgasse. Wunderbar!! Da rettete sie ein Leben und wurde von der Gruppe getrennt. Auf sich gestellt an einem Ort, den man durchaus als Hölle auf Erden bezeichnen konnte.
Ihr Ohrempfänger war nur noch Schrott.
Sie hielt sich nicht lange damit auf, da sie sowieso nichts daran ändern konnte. So musste Anna eben einen anderen Weg zum Plateau finden. Der Major würde wegen ihr die Gruppe nicht unnötig in Gefahr bringen.
Also machte Anna kehrt, ging die Gasse zurück, machte sich daran zum Plateau zu gelangen. Dem einzigem Ausweg aus dieser Höllenstadt.
Immer auf der Hut, das Sturmgewehr im Anschlag, eilte Anna, die mit Palmen und Büschen verzierte, Allee entlang. Ihr Blick schweifte umher, auf der Suche nach Bewegung. Dabei ließ sich erkennen, dass die Stadt einst ein prachtvoller Ort war. Die Vegetation hatte sich ausgebreitet. Wildwuchs. Ausgedörrte Buschgerippe, blattlose Palmen standen wie eine Mahnwache in dem Wildwuchs.
Anna blieb an einer fensterlosen Hauswand stehen. Die Häuser, bzw. Gebäude waren aus Stein, Lehm, Holz oder einem Mischmasch aus allen Drei Komponenten. Glas. Gold. Platin. Bronze. Silber. Feine Stuckwerke aus Sandstein. Schlichte verputzte Hauswände. Platten aus Marmor und Sandstein. Säulen mit und ohne Zierde. Architektonisch bot die Stadt einen unglaublichen Fundus. Wären da nicht die mordlustigen Monster, die in der Goldenen Stadt umherstreiften.
In einem anderen Leben hätte Anna vielleicht Architektur studiert und sich an dem Anblick nicht sattgesehen. Dem war bloß nicht so. Daher spielte all das Gesehene keine Rolle. Sie nahm es zu Kenntnis mehr nicht.
Anna verstärkte den Druck um ihre Waffe, ohne sich zu verkrampfen. In der Ausbildung hatte man ihr beigebracht eine Waffe locker aber fest in der Hand zuhalten. Sie schaute sich um. Nichts war zu sehen. Ob das nun gut oder schlecht war, würde sich herausstellen. Ohne über das Wenn und Aber nachzudenken ging sie weiter.
Das Gefühl beobachtet zu werden setzte ein.

***
Das Getöse aus der engen Gasse verhieß nichts Gutes. De Jong wartete lange genug. Als der Major seinen Posten verlassen wollte, um der Gruppe um Ms Hofmann zufolgen, trat Anna Bergmann, seine ehemalige Teamchefin, hinaus. Ihre Kleidung war mit einer feinen Staubschicht bedeckt.
Eigentlich hatte de Jong nichts gegen Sie, abgesehen von der Tatsache gerne mal eine oder mehrere Nummern mit ihr zu schieben. Sein Befehl sie zu töten, sobald die Goldene Stadt erreicht und gesichert war, bereitete dem Söldner keine schlaflosen Nächte. Er ließ Dinge aber auch nicht unerledigt. So etwas war schlecht für den Ruf und die Bezahlung. Wenn es sich einrichten ließe, würde er sich vorher noch etwas vergnügen, auch wenn die Umgebung eher unpassend für so etwas war. Auch dahin gehend hatte de Jong keine Probleme.
Mit einer aufwärmenden Erregung folgte er ihr. Die sich nächstbietende Gelegenheit würde der Söldner nutzen.

***
Anna war lange genug im Geschäft, sodass sie wusste, dass es manchmal besser war seinem Gefühl zu vertrauen. Es konnte einem das Leben retten. Wenn man denjenigen nicht sah, der einen vielleicht beobachtete, hieß das noch lange nicht, dass man nicht beobachtet wurde. Sah man die Person(en) nicht, bedeutete es in der Regel, dass er (oder sie) was von ihrer Arbeit verstanden.
Es gab nur eine Möglichkeit herauszufinden, ob man beobachtet wurde oder nicht. Ihr missfiel diese Spielerei zwar, vor allem bei ihrer jetzigen Situation, ihre Auswahl war aber begrenzt. Daher ließ sich auf die Schnelle nicht Besseres arrangieren.
Mit dem Anflug eines Lächelns betrat Anna das Eckhaus und verschwand im Inneren…

***
De Jong war kein Blödmann. Jemand wie er überlebte nicht den Dschungel Zentralafrikas ohne die nötige Raffinesse. Erst glaubte er, dass seine Ex-Teamchefin sich im Haus nur ausruhen wollte. Als Anna nach 5 Minuten nicht hinauskam, kamen ihm leise Zweifel. Was wenn Sie über einen Hinterausgang das Eckhaus verlassen hatte!? Die Rückseite konnte er nicht einsehen. Also bestand die Möglichkeit, dass er hier warten konnte, bis er alt und grau wurde, falls keins dieser Biester vorbeischaute. Anna Bergmann durfte man keinesfalls unterschätzen.
Mist!!
Weitere 5 Minuten verstrichen. Nichts war von ihr zusehen. Sie konnte einen zehnminutigen Vorsprung haben. Er musste sich entscheiden. Im Grunde blieb de Jong keine Wahl. Wie es aussah, kannte Anna bzw. die Gruppe um Ms Hofmann einen Ausweg aus dieser Todesstadt. Wenn er also an ihr dranbleiben wollte, musste er eine Entscheidung treffen. In diesem Fall war sein Überlebensinstinkt größer als sein Verstand.
So verließ de Jong seine Deckung, das Sturmgewehr im Anschlag. Die Augen suchten die Umgebung ab, als er die Straße überquerte und auf das Eckhaus zuhielt. Gleichzeitig behielt er das Gebäude im Auge für den Fall der Fälle.
Drüben angekommen, ging der Söldnerchef in die Hocke, schaute sich um, wartete ab, ob sich jemand bewegte. Als eine vertretbare Zeitspanne verstrichen war, huschte de Jong zur Haustür. Sie war nur angelehnt. Ein kurzer aber aufmerksamer Rundumblick. Außer ihm schien niemand hier zu sein.
Mit der Professionalität eines ausgebildeten Soldaten betrat Major de Jong das Haus. Den Abzug am Finger, das Gewehr in der Schulterbeuge, den Lauf auf Brusthöhe gerichtet. Wer ihm vors Visier lief, bekam eine Bleivergiftung. Ob Feind oder Freund spielte keine Rolle. Längst zählte nur noch das Wohl von ihm selbst. Alle anderen waren ihm gleichgültig.

***
Ein Familienhaus! So sein erster Eindruck. Zumindest wenn man nach dem wenigen ging, das die Zeit überdauert hatte. Hinter der Empfangsnische kam ein großes Zimmer. Musste der Wohnraum sein! Eine Treppe führte ins obere Stockwerk. Wie man es ihm in der Grundausbildung beigebracht hatte, bewegte sich das Sturmgewehr stets mit seinem Blickfeld.
De Jong ging weiter. Schritt für Schritt. Immer auf der Hut. Er horchte auf verdächtige Geräusche, wie ein Räuspern, Niesen, Husten. Atemgeräusche. Schlurfen. Im Haus war es so still wie auf einem Friedhof.
Da bemerkte er die frischen Kratzer am Pfosten des Treppengeländers. Sie lagen auf Hüfthöhe. Eine Unaufmerksamkeit. Er richtete sein Gewehr den Aufgang hoch, bereit bei der ersten Bewegung zu schießen. Ein kurzer Blick zu den Kratzern. Dafür gab es nur eine Erklärung.
Seine Mundwinkel zuckten.
Vielleicht war sie doch nicht so gut, wie alle sagten!
Behäbig ging de Jong die Stufen hinauf, immer auf der Hut vor dem Unerwarteten. Ließ man sich überraschen, konnte man nur noch reagieren, statt zu agieren. Das war oft der entscheidende Faktor.
Der Raum, den er über den Treppenaufgang betrat, war ein Duplikat des im Erdgeschoss befindlichen Wohnraums. Der Raumschnitt war zumindest gleich. De Jong ging durch den Durchgang, der die Räume miteinander verband. Dieser Raum war schmaler, dafür länger. Große Fensteröffnungen machten selbst für Laien klar, dass hier die Wohnfamilie zusammen aß. Ein Billardzimmer war es jedenfalls nicht.
Vom Durchgang auf der Seite führte eine Diele ab, die die Räume in jenem Teil des Hauses miteinander verband. De Jong achtete auf alles, was irgendwie frisch aussah. Ob nun Kratzer an den Wänden, auf dem Holzboden oder sonst wo.
Knirsch!!!
Der Söldnerchef verharrte beim ertönen des Geräuschs vom ächzenden Holz. Worher es kam, konnten seine Sinne nicht zweifelsfrei sagen. Er hatte das Gefühl es kam oben aus der Diele. Die Decke war verputzt. Risse waren zu erkennen. Unter dem Putz schienen Steinplatten zu liegen. Also keine Zwischendecke, wo man sich verstecken konnte!
De Jong machte einen Schritt in die Diele, als, wie aus dem Nichts, zwei Schuhsohlen auftauchten, ihm wuchtig gegen die Brust hämmerten und zu Boden schleuderten.

***
Hätte er die Schussweste nicht getragen, wäre der Tritt für ihn nicht so glimpflich gewesen. Nicht nur gegen Kugeln schütze die Weste. Das Sturmgewehr glitt ihm aus der Hand. Er rollte sich geschickt ab, kam schnell auf die Beine.
Anna Bergmann setzte sofort nach. Man durfte einem überraschten Gegner keine Zeit lassen. Das Beste Mittel dafür war, ihn mit Schlägen und Tritten einzudecken, ohne sich dabei völlig zu verausgaben. Ein Profi konnte eine Menge einstecken und de Jong war zäh. Sie schlug einen teuflischen Hacken. Der Söldnerchef bekam die Hände nicht schnell genug hoch, wodurch ihre Faust auf seinen Kiefer krachte.
Ihren Sidekick blockte de Jong ab, packte ihr Trittbein. Im gleichen Moment stieß sie sich mit dem Standbein ab, verpasste ihm einen Tritt in die Nieren, wirbelte herum und wandte ihr Bein aus dem Griff. Anna hatte einen Großteil ihrer Ausbildung damit zugebracht weltliche Kampfsportarten auszuprobieren, sich das Beste einzuverleiben und kreierte damit einen ganz neuen Styl.
De Jong schüttelte sich. Dieser Asia-scheiß war ihm zuwider. Er hatte die Schlitzaugen in Südostasien nicht umgebracht, um sich deren Kung-Fu Dreck anzueignen. Der Amsterdamer Untergrundstraßenkampf war eher seine Kragenweite. Dreckig. Brutal. Gnadenlos.
„Bekamen Sie die Order mich zu töten vor oder nach meiner Befreiung?“, wollte Anna leicht außer Atem wissen.

-#-
„Major de Jong.“, gab der schlanke Mann im Anzug bekannt und trat beiseite.
„Danke, Philip.“
Der Sekretär nickte knapp, verließ das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Sein Chef kam de Jong entgegen, streckte die Hand vor. „Willkommen, Major.“
Er nahm die Hand, sie schüttelte sie kurz. „Sir.“
„Möchten Sie was trinken?“ Eine Geste zur Bar hin.
„Nein danke.“
Der Mann lächelte kurz, bevor er eine undurchsichtige Miene zeigte und den Major bat sich zusetzen. „Dann wollen wir mal gleich zur Sache kommen.“ Von seinem antiken Schreibtisch, der eher wie ein Thron wirkte, nahm er einen Aktenordner und hielt ihn de Jong hin.
Auf dem Deckel stand: Anna Bergmann. Darunter kam: Operation El Dorado.
„Ihr Auftrag, Major“ Er ging zur Bar und goss sich einen edlen Brandy ein, dessen Flasche ein Vermögen kostete. „ist es Anna Bergmann aus US Gewahrsam zuholen.“ De Jong schaute zu ihm. „Ms Bergmann wurde die Operationsleitung übertragen. Zu diesem Zweck wäre es besser, wenn Sie daran teilnehmen kann.“ Sein Gastgeber nahm einen Schluck, genoss den feinen herben Geschmack. Seine Aussprache zeugte von einer teuren Ausbildung einer Eliteschule. De Jong schätzte York oder Cambridge. Der harte britische Akzent war zwar nur sehr schwach, aber wenn auf solche Nuancen achtete, fiel es einem auf.
Er ging die Akte durch. Bisher hatte er nur von Anna Bergmann gehört. Sie galt als eine der Besten Agenten der Allianz. Daher schien es nicht weiter verwunderlich, dass man Sie aus dem US Gewahrsam befreien wollte. Als er fertig mit der Durchsicht war, schaute er auf.
„Es wurde alles Notwendige arrangiert. Die Informationen erhalten Sie bei Abflug.
Sobald Ms Bergmann nicht länger die Gastfreundschaft der US Regierung genießt, werden Sie und ihre Männer ihr als Kommandoeinheit unterstellt.“
De Jong nickte.
Sein Gastgeber nickte zurück, nahm einen Schluck. „Da wäre noch eine Kleinlichkeit, Major.“ De Jong blieb stehen. „Wenn das Primärziel der Operation erreicht ist“, sagte der Mann eisig. „haben wir für Ms Bergmann keine Verwendung mehr.“ Er war lange genug dabei, um zu wissen, was damit gesagt wurde. Sein Nicken ließ keinen Zweifel daran, dass er verstand, was gemeint war. „Gut.“
Damit entließ ihn sein Gastgeber.
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-Ende, Kapitel 31-
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

So ist es manchmal, da rettete Anna ein Leben und wird "zur Strafe" von der Gruppe getrennt. Ganz auf sich allein gestellt muss sie sich jetzt gegen die blutrüstigen Wächter und gegen De Jong behaupten.

doska (08.09.2010)

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