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9 Seiten

Das Herz des Drachen - Kapitel 04

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
Das Germanische Nationalmuseum beherbergte die größte Sammlung von Schriften und Gegenständen der germanischen Stämme Deutschlands. 1852 in Nürnberg vom fränkischen Edelmann Hans Freiherr von und zu Aufseß gegründet. Auf einer Ausstellungsfläche von circa 28.000 Quadratmetern präsentierte man um die 1,3 Millionen Einzelstücke zur deutschen Kultur und Kunst von der Vor- und Frühgeschichte bis zur unmittelbaren Gegenwart. Ungefähr 30.000 Exponate stammten aus der persönlichen Sammlung von Herrn Freiherr von und zu Aufseß, dem Gründer des Germanischen Nationalmuseums.
Er wollte damit der wissenschaftlichen Erforschung einen umfangreichen Zugang ermöglichen. Bis heute nutzten Studenten, Wissenschaftler und Forscher aus aller Welt die sich mit dem Thema Germanien befassten das Germanische Nationalmuseum und die Sammlung für ihre Arbeiten.
Zu den wichtigsten Abteilungen des Museums gehörten die vor- und frühgeschichtliche Abteilung von der Altsteinzeit bis zur Merowingerzeit, eine Gemälde- und Skulpturensammlung, welche die Entwicklung der deutschen Malerei und Bildhauerei bis zum 20. Jahrhundert aufzeigt, eine Sammlung historischer Waffen und Jagdaltertümer, eine volkskundliche Abteilung mit einer einzigartigen Trachten- und Textiliensammlung, eine Abteilung historischer Musikinstrumente, das Kupferstichkabinett mit rund 300.000 Blatt und die Münzsammlung, mit etwa 100.000 Münzen und Medaillen die umfangreichste im deutschen Sprachraum. Hinzu kommt das Archiv für bildende Kunst, in dem bedeutende Nachlässe von Malern, Bildhauern, Architekten und Kunstgelehrten lagen, die ebenfalls für die Öffentlichkeit zugänglich waren.
Einige Exponate der Sammlung wurden für Ausstellungen in der ganzen Welt angefragt. In der Regel stimmte die Museumsleitung sowie die Stiftung Germanien den Anfragen zu. Von den wertvollsten Exponaten wurden Kopien ausgestellt. Die echten Stücke lagerten im Tresorraum unter dem Museum. Eine allgemein übliche Vorgehensweise, insofern sich keine Versicherung fand, die die Stücke versichern wollte.
Ein Exponat interessierte Ben, Jonas und Alice besonders.
Eine der Schriften von Manius, einem germanischen Gelehrten zur Zeit des Cheruskerfürst Arminius. Er war ein Wissenschaftler und Erfinder, der zur falschen Zeit geboren wurde, urteilte Hans Freiherr von und zu Aufseß über den Mann, dessen Schriften aus seiner Sammlung stammten. Über den Mann war wenig bekannt, eine Verbindung zu Arminius schien es nicht zu geben, obwohl Manius in einer Schrift vom Cheruskerfürsten berichtete konnte nicht bewiesen werden, ob sich die Männer je persönlich begegneten. In einer Schrift hingegen schrieb der Gelehrte über die Varusschlacht, die darauffolgenden Auswirkungen, den Widerstand Germaniens gegenüber Rom und den Feldzug Roms nach der Varusschlacht.
Die Schrift, für die sie sich interessierten, war im Index als Schrift der Sterne betitelt. Was wenige wussten, lange bevor Galileo Galilei sagte die Erde sei keine Scheibe, sondern eine Kugel, stellte der Germane Manius eben diese These auf. Als Grundlage dafür nahm er seine Sternenforschung. Die Bahnbrechend für diese Zeitepoche war aber in der modernen Altertumswissenschaft keine Bedeutung fand. Neue Wege oder Sichtweisen nachzugehen, gehörte nicht zu den Stärken der modernen Wissenschaft.
Jedenfalls war Manius nicht nur ein Wissenschaftler und Erfinder, der seiner Zeit weit voraus war, sondern auch ein Mathematikgenie der Formeln und Gleichungen entsann, die Jahrtausende später das Rückgrat der Mathematik bildeten. Hans Freiherr von und zu Aufseß gehörte zu den wenigen die sich je ernsthaft mit dem Thema um die Person Manius auseinandersetzten. Daher seine Auffassung der Mann sei zur falschen Zeit geboren.
Nichtsdestotrotz beschäftigte sich ein Bereich im Germanischen Nationalmuseum mit eben diesem Mann. Der Bereich begrenzte sich lediglich auf einen kleinen Raum, der mehr wie eine Abstellkammer wirkte, als ein Ausstellungsraum eines Museums.
Nicht alleine deswegen verzichteten Ben, Jonas und Alice darauf dem eigentlichen Germanischen Nationalmuseum einen Besuch abzustatten. Das wonach sie suchten befand sich andernorts, nämlich in der namensgebenden -Hans Freiherr von und zu Aufseß Bibliothek-, im Schloss Bergendorf das im gleichnamigen Außenbezirk der Stadt Nürnberg stand.

***
Schloss Bergendorf gehörte, einst zu den Besitztümern von Hans Freiherr von und zu Aufseß, der es nach der Gründung des Germanischen Nationalmuseums ihnen überließ. Später ging das Schloss in die Stiftungsmasse über, wo zu seinen Ehren die -Hans Freiherr von und zu Aufseß Bibliothek- einrichtet wurde. In deren Sammlung sich unter anderem die Schriften von Manius befanden.
Schirmherrin über Schloss Bergendorf und die Bibliothek war Gräfin Lorana von Großzollen, die zur Familie von und zu Aufseß gehört. Schon als Mädchen hatte sie sich mit der Kultur der Germanen beschäftigt, studierte später Germanistik und deutsche Vor- und Frühgeschichte. Sie bekam eine Dozentenstelle in London, lebte 10 Jahre dort, kehrte nach Nürnberg zurück, wurde Gastdozentin an der Freien Deutschen Universität, nahm an Kongressen und Konferenzen in Europa und Weltweit statt. Dann übernahm die Gräfin den Schirmherrensitz über Schloss Bergendorf, etablierte die -Hans Freiherr von und zu Aufseß Bibliothek- und setzte sich für die Fortführung des Erbes von Hans Freiherr von und zu Aufseß ein.
Ihr Lebenslauf war beeindruckend, vor allem vor dem Hintergrund, dass die Gräfin gerade einmal 40 Jahre alt war. Sie war eine attraktive Frau, hatte als Mädchen an etlichen Schönheitswettbewerben in Deutschland, vorwiegend in Bayern, teilgenommen und manche sogar gewonnen. Die Gräfin war nicht nur hübsch, sondern auch intelligent und wissbegierig. Wie schon Hans Freiherr von und zu Aufseß gehörte Lorana von Großzollen zu einer der wenigen Experten die sich mit dem germanischen Gelehrten Manius befassten.
Ihre Abhandlungen über den Mann waren nur einem sehr übersichtlichen Personenkreis bekannt und anerkannt. Man hatte sie sogar publiziert, in mehrere Sprachen übersetzt, aber in der Regel staubten die Bücher in den hintersten Ecken der weltweiten Unibibliotheken ein.
Alice hatte bei ihren Recherchen herausgefunden, dass die Manius Schriften im Schloss Bergendorf aufbewahrt wurden. Darunter auch jene Schrift für die sie sich interessierten. Das Problem war nur, dass die Gräfin ihnen niemals gestatten würde die originale Schrift einzusehen, geschweige den auszuleihen.
Es half daher alles nichts, sie brauchten die Schrift der Sterne. Dort lag nämlich der Schlüssel den sie brauchten, um das Rätsel in der Sternendecke zu entschlüsseln. Zumal Ben und seine Gefährten unter Zeitdruck standen. Der General konnte jeden Moment mit seinen Truppen einfallen, ein Blutbad anrichten und sich nehmen was er brauchte.
Insofern sich das Material von Professor Stein als brauchbar herausstellte, musste der General nicht zwangsläufig auf Schloss Bergendorf einmarschieren. Dann konnten seine Leute im Stande sein das Rätsel der Sternendecke so zu lösen, ohne dafür die Schrift der Sterne von Manius benutzten zu müssen. Damit konnten Ben und Co ins Hintertreffen geraten. Sie mussten daher unter allen Umständen schritt halten, andernfalls war ihr Tun völlig umsonst.

***
2 Stunden zuvor
Gut 1 Stunde Autofahrt von Nürnberg entfernt lag an der Autobahn ein Rasthof mit Tankstelle, Restaurant und Übernachtungsmöglichkeit. Einmal im Jahr wurden in Deutschland die Rasthöfe vom ADAC auf Herz und Nieren getestet. Der Rasthof Timm lag letztes Jahr im oberen Mittelfeld. Familien, Geschäftsleute, Trucker, Touristen und Andere tankten, ruhten sich aus oder nutzten die Gelegenheit um zu Essen und zu Trinken.
Obwohl Ben sich ein Sandwich kaufte und es aß konnte man nicht sagen das er zusammen mit Jonas und Alice zu einer der Kategorien zählte. Susanne und Max hatten sich an einen anderen Tisch gesetzt. Sie beobachtete die Unterhaltung der Drei. Immer wieder schweiften ihre Blicke umher, um zu sehen ob sie beobachtet oder belauscht wurden.
20 Minuten später kam Ben zu ihnen.
Seine Freunde blieben sitzen.
Er schaute Susanne und Max an. Sein Blick verriet nichts.
„Was geht hier vor?“, fragte Susanne.
Ben’s Zögern hatte nichts mit der Frage oder passenden Antwort zu tun. Ihm gefiel es genauso wenig die Beiden in die Sache mit reinzuziehen wie Jonas, doch im Augenblick schienen die 2 bei ihnen sicherer zu sein als anderswo. Mit Sicherheit würde der Polizeischutz jetzt umfangreicher ausfallen. Was den General aber nicht davon abhielt sie umzubringen.
Da betraten 2 Polizisten der Autobahnpolizei das Restaurant. Ihr Blick schweifte lässig umher, ohne nach jemand bestimmten zu suchen.
„Der Grund warum man euch umbringen will liegt im Geheimnis der Sternendecke.“, begann er ohne ihre Frage zu beantworten.
„Geheimnis?“ Bisher war Max Falk recht schweigsam gewesen.
Ben sah ihn ruhig an und nickte. „Was wisst ihr über Arminius?“
„Hat er nicht das Heer gegen die Römer angeführt!“, antwortete Max unsicher.
„Ja. Arminius war der Cheruskerfürst, der die germanischen Stämme einte und gegen Publius Quinctilius Varus in die Schlacht zog.“ Bei dem Namensgeber der Varusschlacht erschien auf Max Gesicht ein wissender Ausdruck. Die Varusschlacht gehörte zur früheren deutschen Geschichte, wie der Mauerfall. „Er besiegte die Legionen des Varus und verhinderte so die Expansion Roms über den Rhein hinaus.“
„Was hat das mit dem Blutbad in der Drachenhöhle und dem Mordversuch auf uns zu tun?“, ging Susanne harsch dazwischen. Sie brauchte keine Geschichtsstunde, sondern antworten.
Ben nahm es ihr nicht übel. Ihre Reaktion war mehr als verständlich. Schließlich kam es nicht allzu häufig vor, dass jemand einen innerhalb von 24 Stunden 2 Mal versuchte umzubringen. „Die Zusammenführung der Stämme gelang ihm durch ein Objekt, das sich in seinem Besitz befand. Dadurch besiegten sie die Römer. Es ist auch der Grund für die Geschehnisse in der Drachenhöhle und dem Mordanschlag auf euch.“
Susanne war sich nicht sicher, wie sie darauf reagieren sollte. Er machte nicht den Eindruck als würde er sie auf den Arm nehmen. „Was für ein Objekt? Wovon redest du?“ So langsam wurde sie zornig.
„Das Herz des Drachens.
Danach suchen wir. Genau wie der General, der euren Tod will, weil ihr die Sternendecke gesehen habt. In ihr befindet sich ein Hinweis auf den Standort des Herzens. Dafür bringen er und seine Männer jeden um.“
„Ihr seid Schatzräuber!“ Die Erkenntnis überraschte Susanne nicht sonderlich. Irgendwie hatte sie es bereits vermutet, war sich aber nicht sicher gewesen.
„Wir sind die Guten.“
„Ein Indiana Jones Verschnitt für Arme.“, polterte sie erzürnt. Susanne schaute zu den Polizisten. Für einen Moment war sie geneigt aufzustehen und ihnen zu sagen wer sie waren. Sie würde sie bitten Frau Schuster anzurufen, die dann alles erklären konnte. Die Frau würde Schutzhaft anordnen.
„Was ist dieses Herz des Drachen?“, fragte Max neugierig.
„Das weiß niemand.“
„Natürlich!!“, kommentierte seine Freundin verärgert.
Ben ignorierte sie. Für solche Kindereien hatte er keine Zeit und Nerven. „Der Sage nach verleiht das Herz einem übernatürliche Kräfte, die einen unbesiegbar machen.“
„Interessant!!“, warf Susanne dazwischen. „Wenn dieser Arminius es besaß, wieso ist er dann seit“ Sie stoppte kurz. „fast 2000 Jahren tot?“
„Als die Varusschlacht vorüber war, erkannte er, welche Macht das Herz barg. Das Herz war der wahre Grund weshalb Publius Quinctilius Varus in Germanien eingefallen war. Er wollte seine Macht nutzen und zum Herrscher Roms werden.
Arminius wusste das Varus nur der Anfang war, also beschloss er es an einen geheimen Ort zu verstecken, so daß es von niemanden gefunden und missbraucht werden konnte. Gleichzeitig ließ er alle im Glauben, es weiterhin zu besitzen. Nur so konnte er sicher gehen, dass niemand danach suchte, was geschehen wäre wenn bekannt geworden wäre, dass es sich nicht mehr in seinem Besitz befände.
So konzentrierten sich jene, die das Herz wollten auf ihn.“
„Wer?“, hackte Max interessiert nach, als Ben pausierte.
„Alle.
Angefangen bei Julius Caesar. Attila. Dschingis Khan. Saladin. Alexander der Große. Napoleon. Hitler. Stalin. Sie alle suchten danach.“ Max machte ein überraschtes Gesicht. Susanne hingegen ließ sich nichts anmerken. Sie war nicht so überzeugt, wie ihr Freund.
„Nicht zu vergessen ihr und dieser General, der unseren Tod will, weil wir die Sternendecke in der Drachenhöhle gesehen haben.“, fügte sie stattdessen hinzu.
Ben nickte. „Der General gehört zu einer der 3 Fraktionen der Bruderschaft.
Sie sind überall auf der Welt.
Sie kontrollieren alles von Drogen bis Waffen, Prostitution und Menschenhandel bis hin zu Piraterie und Entführungen. Sie beschützen das Cali Drogenkartell in Kolumbien, die Diamantenfelder und Minen in Sierra Leone, das Öl in Nigeria, den Drogenanbau in Kambodscha.
Sie schützen oder stürzen Regierungen in Afrika, Süd- und Mittelamerika, Asien.
Sie kämpfen für die USA, NATO und EU im Nahen Osten, Irak und Afghanistan.
Sie sind Söldner, einzig und allein der Bruderschaft verpflichtet und sonst niemanden. Keinem Land, keiner Regierung oder Staatsoberhaupt.“
Ben wechselte einen kurzen Blick mit Jonas, dann schaute er zu den Polizisten, die dabei waren das Restaurant zu verlassen.
„Woher“, fragte Susanne vorsichtig. „weißt du soviel darüber?“
Er schaute sie an. „Ich war einer von Ihnen.“

***
Die Neuigkeit mussten sie erstmal verkraften, so dass am Tisch Schweigen herrschte.
„Ein Söldner?“, hackte sie, bemüht deutlich zu klingen, nach.
Ben nickte einfach.
Womit das Schweigen eine Fortsetzung fand.
Um sie herum hingegen ging das Leben weiter. Kinder tobten, weinten, motzten. Überforderte Eltern. Freunde, die sich in der Runde ausgelassen unterhielten. Es wurde gejohlt und gelacht. Das ganz normale Leben eben.
„Dieser General ist also hinter diesem Herzen her?“, wiederholte Max Augenblicke später.
„Ja.“
„Was will er damit?“
„Dasselbe, was all die Personen vor ihm wollten, über die Macht des Herzens verfügen.“
„Und ihr?“ Susanne war ruhig, schaute dem jungen Mann aufmerksam in die Augen und ins Gesicht.
„Wollen ihn daran hindern.“
„Wie?“
„Indem wir es vor ihm finden.“
So einfach wie die Antwort klang war es nicht.
Der General verfügte im direkten Vergleich über mehr Ressourcen, Geld und Personal. Was Ben und seine Freunde nicht davon abhielt gegen ihn zu kämpfen. Sie mochten ihm in allen Belangen unterlegen sein, doch darum ging es nicht. Wenn das Herz des Drachens in seinem Besitz war, konnte ihn niemand mehr aufhalten.
„Wie?“, wollte Max wissen. Im Gegensatz zu Susanne hatte er sich entschieden ihm zu glauben und zu helfen. Besser als darauf zu warten, umgebracht zu werden.
„Dazu müssen wir das Geheimnis der Sternendecke entschlüsseln. Der Schlüssel befindet sich in der -Hans Freiherr von und zu Aufseß Bibliothek- von Schloss Bergendorf in Nürnberg.“ Ben sah die beiden nacheinander an. Ein älteres Ehepaar unterhielt sich mit den Polizisten. Wahrscheinlich waren es Touristen, die nach dem Weg fragten, sich Beschweren oder etwas anzeigen wollten. „Ihr könnt mit uns kommen oder geht zur Polizei zurück. Sie werden sich diesmal mit Sicherheit mehr Mühe geben euch zu beschützen.“ Dann stand er auf, nickte Jonas zu, der vom Hocker rutschte. „Ihr habt die Wahl.“ Damit ließ Ben sie am Tisch zurück und ging Richtung Ausgang, vorbei an den Polizisten. Jonas und Alice folgten ihm.

***
Als Ben, Jonas, Alice, Max und Susanne ankamen, fehlte vom General jede Spur. Was nicht hieß, dass er nicht doch noch auftauchen würde. Diesmal aber wohl nicht in der Absicht jeden umzubringen der auf dem Grundstück, um das Schloss und drinnen weilte. Die dadurch entstehende Aufmerksamkeit konnte er nicht gebrauchen, zumal dann jeder Polizist in Deutschland jagt auf ihn machte.
Sie parkten den Wagen auf dem Besucherparkplatz vor dem Schloss. Einem 3 stöckigen Gebäude mit einer reich verzierten beigen Stuckfassade. Neben dem Haupthaus, dem eigentlichen Schloss, gab es noch zwei Nebengebäude, die sich nahtlos ans Schloss fügten. Der Parkplatz war mit hellem Sandkies ausgelegt, der unter den Sohlen knirschte. Ein breiter Weg führte zum überdachten Säuleneingang. Den Weg säumte zu beiden Seiten eine knie hohe Hecke, fein säuberlich getrimmt. Eine große Rasenfläche führte um das Schloss herum, wo auf der Rückseite ein Koiteich lag. Auf dem Grundstück standen alte Kieferbäume, Eichen und Buchen. Gut 1 Kilometer im Osten lag ein Mischwald, der noch zum Schloss gehörte.
Ohne Zweifel ein Ort, an dem es sich unbeschwert Leben ließ.
Auf dem Parkplatz standen 2 Reisebusse und 7 Autos. In einem der Nebengebäude war ein Café untergebracht. Zusammen mit Max setzte sich mit Susanne und Alice an einen leeren Tisch, bestellte bei der netten Bedienung einen Kaffee und ein Stück Kuchen. Sie sah, wie Ben mit Jonas in das Haupthaus ging.
Ben schaute sich in der Halle um. Skulpturen aus der Zeit der germanischen Stämme, Masken, Gefäße aus Ton und Lehm, unterschiedliche Schilde mit Stammeswappen, alte Waffen. All das stammte aus dem Besitz von Hans Freiherr von und zu Aufseß. Jeder Gegenstand war auf seine Art kostbar, gefunden in ganz Deutschland dem Kernland der germanischen Stämme.
Bei einem Mehrfachinfoständer lagen Prospekte für Ausstellungen, Workshops, Lesungen, Konzerte und dergleichen aus. In der Mitte der Halle stand ein Miniaturnachbau einer Siedlung, die dem Bronzeschild nach Bergendorf hieß. Der topografischen Beschaffenheit des Geländes nach stand die Siedlung einst auf dem Grund und Boden von Schloss Bergendorf.
„Guten Tag, die Herren.“, begrüßte ein junger Mitarbeiter im Dress der Stiftung Ben und Jonas. „Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Sagen Sie der Gräfin das 2 interessierte Gäste in Bezug auf Herrn Manius in der Halle warten.“ Er klang nicht nur hart, sondern schaute auch entsprechend drein. Der Mitarbeiter verschwendete kein weiteres Wort, starrte sie stattdessen an und ging schnellen Schrittes davon.
Im Gegensatz zum General zog Ben die Kooperation vor, statt jeden umzubringen oder anderweitig Gewalt anzuwenden. Wenn es sich vermeiden ließ, verzichteten sie darauf. Manchmal war es notwendig, das wusste Ben und setzte sie auch ein, sofern sich die Situation nicht anders regeln ließ.
Das Modell stellte einen Augenblick eines Tages dar. Alles war reich an Details. Die Hütten, die Gegenstände, das Gelände, die Wiese, die Felder, die Hügel, die Bäume, Sträucher, Pflanzen und selbst der Fluss. So eine Miniaturlandschaft kannte Ben nur aus der Speicherstadt in Hamburg.
Obwohl sein Blick auf die Miniatursiedlung gerichtet war, sah Ben wie die Gräfin höchstpersönlich die Stufen herunterkam, über das Absperrseil stieg, kurz mit dem Mitarbeiter sprach und dann zu ihnen kam.
„Guten Tag.“ Gräfin von Großzollen ließ es nicht an der nötigen Höflichkeit mangeln. „Ich bin Gräfin von Großzollen, die Verwalterin von Schloss Bergendorf.“
Ben betrachtete einen bärtigen Germanen beim Holzhacken. „Beeindruckend.“, nuschelte er abwesend.
„Wie bitte?“, hackte die Gräfin unschlüssig nach.
„Das Modell.“, meinte Ben, richtete sich auf. „Muss eine Menge Zeit gekostet haben die Siedlung zu bauen.“ Auch wenn sie unter Druck standen, konnte er nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen. Oder!! „War bestimmt aufwendig.“
Die Gräfin blieb ruhig. „Es hat die Modellbauer einige Stunden beschäftigt.“, gab sie zu. „Wie war ihr Name?“
„Benjamin.“ Er verzichtete darauf ihr einen Nachnamen zu nennen.
„In welcher Angelegenheit wollten sie mich sprechen, Herr nur Benjamin?“
Sein Schmunzeln aufgrund der versteckten Spitze war echt. „Wir müssten uns mal die Schrift der Sterne vom germanischen Gelehrten Manius ausleihen.“ Er kam direkt auf den Punkt. Sie starrte ihn mit scharfen Augen an.
„Tut mir leid, das wird nicht möglich sein. Die Schriften sind Einzelstücke und nicht ausleihbar.“, erwiderte sie scharf.
Damit war zu rechnen gewesen. „Ich fürchte leider“ Ben schob mit einer Hand seine Jacke einwenig beiseite. Zum Vorschein kam eine Pistole. „ich muss darauf bestehen, Frau Gräfin.“ Sie sahen einander an, fetzten mit ihren Blicken die Messer und gaben keinen Zentimeter nach.
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Ende, Kapitel 4
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

Gut gemacht. War wieder sehr schön und ...mutige Gräfin! Alle Achtung!

Petra (05.01.2011)

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