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4 Seiten

Es war im Herbst. --- Teil VII

Romane/Serien · Herbst/Halloween · Romantisches
Kaum waren ihre Worte gesprochen, rauschten sie, glitten sie über seine Haut hinweg, umschlossen die feinsten Härchen in seinem Nacken und tanzten ein verführerisches Spiel in seiner sehr angetrunkenen Leichtigkeit. Es schien, als wäre die Zeit für einen Moment still gestanden, und er genoss es ausgiebig, wie sich das anfühlte.
„Komm her zu mir…“ hallte es in ihm nach.
So wie dieser Moment da war, so ging er vorüber und er fand sich in der Frage, was er denn nun tun solle? Sollte er wirklich zu ihr rüber rutschen?
Er wusste nicht, ob er das wirklich wollte. Er wollte am nächsten Tag Heim fahren und wie er dies noch kurz dachte, sah er hinüber zu ihr und alles schien vergessen. Alles schien nichtig. Er stand auf, und setzte sich zu ihr rüber, grinste sie wie ein Lausbube an, blickte in Richtung Meer und zog abermals an seiner Zigarette, während ihn Sarah von der Seite musterte.
„Ich kenne einen Trick“, sagte Sarah etwas undeutlich, doch in ihrer betrunkenen Art süß, während sie zusah, wie Noah den Rauch aus seinem Mund steigen ließ. „Ich kenne einen Trick“, wiederholte sie sich und sah ihn an „und der ging so.“
Noah wartete. Doch Sarah sagte nichts mehr. Nach einer Weile fragte er verwundert:“Ja und wie ging der denn nun?“
„Ja so.“, sagte Sarah mit einem Achselzucken. Noah verstand das erst mal gar nicht und sah sie an und dann oh, um seine Augen sammelten sich Lachfalten und er sagte grinsend:“Ach das war nur ein Trick?“
Sie grinste zurück und sah sich dabei auf die Hände:“Ja, irgendwie musste ich dich ja her bekommen.“
Noah schob seine warme Hand auf ihre. Sarah zuckte diesmal nicht, aber sie seufzte auf:“Oh die ist aber schön warm. Tut das gut!“ und sie versuchte beide ihrer Hände unter seine zu schieben. Noah rutschte näher an sie ran und sie tat es ihm gleich. Er legte seinen freien Arm um sie und drückte sie näher an sich.
Er wollte es kommentieren. Er wollte etwas sagen wie „Schau, es tut nicht weh.“ oder „Schau, es ist wirklich schön.“, weil er dachte er müsste ihr das sagen. Damit sie es auch bewusst wahrnimmt. Aber er wollte das nicht.
Unter anderen Umständen wäre es ihm lieber nichts zu sagen. Diese Selbstverständlichkeit zu genießen. Aber es war keine Selbstverständlichkeit. Es war ein Bruch, eine gelöste Verkrampftheit. Es war oh ja, dachte Noah, es war hart! Nähe zu ihr aufbauen war einfach hart.
Er hoffte, dass das Eis gebrochen war. Das dies der auschlaggebende Moment war. Aber er konnte es nicht glauben. Er wollte es kommentieren. Sie fragen. Und er wollte es nicht.
Er mochte wundersame Selbstverständlichkeiten. Ohne das man diese an die große Glocke hängt.
Er spürte ihre Haare an seinem Kiefer, ihre Wärme an der Seite. Es gefiel ihm wie klein und süß sie sich an ihn drückte. Er schob seinen Arm noch dichter um sie und Sarah fing an, sich mit dem Kopf an seinem Kinn und Hals zu reiben. Noah drehte den Kopf leicht in ihre Richtung und konnte an ihrem Haar riechen.
Es war ein wunderbarer Moment, und er genoss es. Er fragte sich ob dieser ewig bliebe, doch er wusste genau, dass dies nicht so sein wird. Noah kannte sie nun schon eine Weile und auch das, was nach dem Sex passierte, wie sie sich benahm, das hätte ihn nicht wundern sollen. Aber dennoch hatte er sich das anders gewünscht. Er wünschte sich so vieles anders.
Und wie sich an ihn anschmiegte, in diesem Moment, diesen Augenblick ihn erlaubte, ihr nah zu sein, fragte er sich, ob er das ertragen könnte. Ob er es ertragen könnte, wenn es am nächsten Tag wieder so sei, als wäre nichts, wieder so sei, als müsste man sich neu nähern. Es kam ihn vor, als wäre es wie in diesem alten Film, den er einst sah, bei dem ein Mann jeden Morgen aufwachte und alles wiederholte sich und niemand wusste das, außer ihm.
Sarah legte ihre Hand auf sein Bein und malte mit ihrem Finger kleine Dinge drauf. Noah mochte es. Er mochte den ganzen Augenblick. Es war wieder so wundersam und zauberhaft, wie dieser eine Morgen. Es war besonders. Und er hatte Angst, es wäre wieder wie ein Haufen Scheiße am nächsten Tag. Nicht der Rede wert. Nicht einen Pfifferling wert. Und er fragte sich immer wieder, ob er das ertragen könnte? Ob er das wollen würde? Und er dachte darüber nach, ob ihnen wohl mit der Zeit jene Momente ausgehen würden. Ob alles mit jedem neuen Mal abstumpft, verblasst, abblättert.
Weil man auf keiner Erinnerung aufbaut, weil man keinen Moment festhält, wenn er vorüber ist. Weil alles wieder auf null gehen würde, auch wenn man ein klares Gefühl von Nähe und Anziehung haben würde. Aber würde das nicht auch mit der Zeit verblassen? Langweilig werden?
„In jedem Anfang wohnt ein Zauber inne…“, dachte Noah und wer wusste in diesem Augenblick, wieso ihm immer dieser Spruch von Hesse so viel bedeutet hatte. Es ging nicht nur darum, etwas loszulassen und sich in neue Begebenheiten zu stürzen. Für ihn war das vielmehr, dass man auch diesen Zauber zu schätzen weiß. Der Anfang jeder Liebesgeschichte, ist der Zauber, der sich all die Jahre über diese Beziehung legt, und man sollte niemals aufhören darüber zu reden und es sich immer wieder zu erzählen. Einfach nur um den Zauber nochmals wieder zu erleben. Um sich daran zu erinnern, wer man war, und wieso man sich in den Anderen verliebte und all die Kleinigkeiten. Das darf man doch nicht vergessen, schoss es Noah durch den Kopf. Das ist so wichtig. Er fühlte sich nicht mehr betrunken. Er war hellwach. Sarah zog seine Hand auf sein Bein und strich mit dem Finger seine Finger entlang, die gestreckt auf seinem Bein lagen.
Noah war sich nicht sicher, was er tun sollte. Ob er bleiben sollte. Ob er all das wollte. All das konnte.
Die Logik sagte ihm, er habe hier nichts verloren. Alles was ihm was bedeuten würde, gab es hier nicht. Keinen Zauber. Sie erwartete, dass er ihr glauben sollte, ohne sie je gelesen oder gehört zu haben. Sie erwartete, dass er einfach wusste, dass er ihr viel bedeutet. Doch sie hingegen brauchte allerlei Beweise, die sie zwar nicht einforderte, doch dennoch von ihm brauchte, um ihm zu glauben, dass er sie genau so mochte wie sie war. Und er wusste nicht mehr, ob dem so sei.
Er war niemand der gerne wartet, der im Ungewissen leben will, der sich auf die Güte und der Laune seiner Freundin verlassen mag. Der immer konstant, wie ein Fels in der Brandung, sich wie ein Depp von ihren Wellen schlagen lässt, wenn sie es mag oder nicht.
Und auf der anderen Seite erwartete sie, dass er dominant ist und bestimmend.
Noah sah auf ihre Hand hinab, wie sie feine Linien über seine Hand strich und dachte daran, dass er das eigentlich nicht will. Das ihn das krank machen würde. Dass er ein "on and off" nicht ertragen könnte. Und das es auch okay sei, dass er eben nicht so ist. Nur mochte er sie sehr. Und er wusste auch, es würde nicht lange dauern, bis er sie hassen würde, weil er anfangen würde zu hassen wie er sich fühlt.
Sarah schob ihre Hand in seine, lehnte sich zurück und sah ihn mit verträumten Augen an:“Lass uns gehen.“ Noah wand sich aus dem Sofa und packte seine Zigaretten ein. Sie gingen zusammen hinein, bezahlten und verließen die Bar. Sarah war noch immer ziemlich angetrunken und hackte sich bei ihm direkt ein, kaum waren sie vor der Tür:“Na, hat es dir gefallen, du Trunkenbold?“
Noah schubste sie etwas zur Seite und Sarah gab ein „Huch“ von sich, wobei Noah lachend sagte:“ Kannst ja nicht mal mehr grade gehen!“
Sarah schnaubte wie ein kleines Kind „Und du!! Und du!! Und du!!“, schimpfte sie.
„Warst du denn noch Pippi? Nicht das du hier unterwegs noch in die Hose machst…“, fragte Noah sie, und steckte sich wieder eine Kippe an.
„Nun ja, ich würde ja in ein Gebüsch gehen…. Aber nur zu, tu dir keinen Zwang an.“, entgegnete sie ihm als würde sie ihm eine Standpauke halten, doch es wirkte eher niedlich, als streng.
„Ich hab eine Tüte dabei“, versuchte Noah ernst zu sagen, doch er musste lachen. Sarah winkte mit der Hand ab und meinte:“Näääh, des war nicht witzig, Mister.“
„Ach du hast keine Ahnung…“, meinte Noah nur.
„Jawohl!“, schimpfte Sarah. Sie nahm ihm wieder die Zigarette ab und zog daran. Noah machte sich einfach eine Neue an. Er fühlte sich wieder total betrunken. Sich zu bewegen tat ihm gut und er hatte das Gefühl er könnte noch Stunden so weiter gehen. Betrunken, rauchend und dummes Zeug redend.
Die Nacht war schwarz um sie herum, doch sie fühlten sich bunt.
 
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Kommentare  

Zwei sehr sensible Menschen. Aber immerhin erfreuen sie sich des Augenblicks, in dem sie zusammen sein können. Ein schönes zärtliches Kapitel.

Petra (08.11.2010)

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