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Guck mal, ich bin beim Film!

Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten
Filmstatisten oder TV-Kleindarsteller haben oft große Träume und hoffen einmal "ganz groß rauszukommen". Das klappt nur sehr, sehr selten und bleibt in der Regel ein tausendfach geträumter Traum. Aber Spaß und Freude macht es trotzdem und bringt auch etwas Geld. Trotzdem ist ein gewisses Können und ziemlich viel Disziplin gefragt.
Nahezu jeder Filmstatist und jede TV-Kleindarstellerin träumt vom großen Durchbruch zur Film- oder Fernsehkarriere. Egal ob er bei Richter Alexander Hold eine Nebenrolle als Zeuge oder Angeklagter hat, oder sie als Statistin im Tatort für zwei Sekunden eine schweigende Fußgängerin mimt. Nur sehr selten wird mehr daraus. In der Regel bleiben Statisten wertvolle Lückenfüller, die aber für die Lebendigkeit eines Films unentbehrlich und deshalb immer wieder gefragt sind.
Auch die Kleindarsteller bei Hold, Salesch, K 11 oder ähnlichen Serien sind schlecht bezahlte Amateure, die zwar stolz auf ihre Rollen sind und auch öfters - etwa einmal pro Jahr - gebucht werden, aber so gut wie nie über diese Minirollen hinauskommen.
Die Film- und TV-Studios befinden sich in der Regel in München, Berlin, Köln und Hamburg, wo die Produktionsfirmen sitzen, die im Auftrag der Fernsehsender arbeiten. Dort finden auch die meisten Castings statt, wo laufend neue Gesichter und Typen gesucht werden. Gefilmt wird dann in den großen Filmateliers, mitunter finden Außenaufnahmen auch auf dem flachen Land oder in abgesperrten Stadtteilen statt. Statisten und Kleindarsteller müssen sich also auf Flüge und längere Anreisen sowie Wind und Wetter einstellen.
Die Arbeitszeit von Statisten kann täglich von einer Stunde bis zu zehn Stunden und mehr betragen. Dazwischen gibt es belegte Häppchen und alkoholfreie Getränke. Mitunter ist eine Szene in kurzer Zeit abgedreht und der Statist geht mit knapp 50 Euro nach Hause. Aber meistens werden die Szenen x-mal wiederholt und das kann bis Mitternacht und darüber dauern. Alle Mitwirkenden der Technik, vom einfachen Kabelträger über mittlere Assistenten bis zum Regisseur, sind in der Regel eitel und jeder nimmt seine Arbeit besonders wichtig. Das heißt, es gibt viele Chefs und viele Wichtigtuer. Dann kann es für geduldige Statisten mit Überstunden 150 Euro und mehr regnen. Die seltenen kleinen Sprechrollen werden extra honoriert; die meisten Statisten spielen jedoch schweigende Fußgänger, stumme Reisende auf Bahnhöfen, gestikulierende Hinterbänkler in Kneipen, Gaffer in Krimis.
Als Statisten werden weniger "Charakterköpfe", sondern so gut wie alle Typen gesucht: Dicke, Dünne, Große und Kleine, Hausmütterchen und toughe Jugendliche; eben Durchschnittsmenschen wie im Alltag. Bei der Bewerbung und Registrierung bei den Agenturen kommt es also weniger auf Schönheit und Modelerfahrung an, sondern auf den Bedarf und die Filmhandlung. Und der Bedarf reicht von wohnsitzlosen Pennern über biedere Hausfrauen bis zu grölenden Fußballfans oder lautlos plaudernden und gutangezogenen Pärchen.
Allerdings sollten Statisten bei der Registrierung und Bewerbung auch angeben, ob sie zum Beispiel Fremdsprachen beherrschen, ein Musikinstrument spielen, singen oder tanzen können, über ein einsatzbereites Fahrzeug, einen dressierten Hund oder spezielle Kleidung wie Smoking verfügen. Hierdurch erhöhen sich die Einsatz- und Verdienstchancen.
Kleindarsteller (mit kurzen Sprechrollen) in Gerichtsshows und Krimiserien sind finanziell und bei der Arbeitszeit zwar auch nicht verwöhnt, aber etwas besser dran als reine Statisten. Sie verdienen für einen oder zwei Tage Anwesenheit 80 bis 200 Euro. Hinzu kommen Häppchen-Verpflegung, Flug oder Reisekosten und eine oder zwei Hotelübernachtungen. Denn oft werden Kleindarsteller aus ganz Deutschland zum Beispiel nach München morgens eingeflogen und abends oder am nächsten Tag geht es wieder nach Hause.
Allerdings müssen sie wie richtige Schauspieler intensiv Texte lernen, denn sie haben Sprechrollen von fünf bis fünfzehn Minuten und länger zu verkörpern. Sie müssen sich jedoch nicht in jedem Fall wortgetreu an die Textvorlage des Drehbuchs halten. In den Gerichtsshows kommt es mehr auf Authentizität an; die Darsteller sollen natürlich wirken und dürfen ihren Text variieren und mit der eigenen Persönlichkeit abstimmen, solange er weiterhin in die Handlung passt und die Mitspieler das richtige Stichwort zum Weitermachen erhalten. Notfalls schreiten auch Alexander Hold oder Barbara Salesch oder der Krimikommissar mit hilfreichen Zwischendialogen ein, um den Handlungsstrang wieder herzustellen.
Denn geprobt wird sehr wenig! Der Film ist an einem Arbeitstag abgedreht. Nach dem Briefing ist Drehbeginn, eine nach der anderen Szene wird fast an einem Stück abgespult, als sei es ein durchgehendes Theaterstück; sechs bis acht Kameras nehmen das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln gleichzeitig auf. Nachher wird das gefilmte Material ausgewertet und der Film zusammengeschnitten.
Es kann vorkommen, dass man stundenlang tatenlos herumsitzt, und dann ist plötzlich Drehbeginn und Betriebsamkeit angesagt. Hektik und die entprechende Disziplin gelten besonders für Filmstatisten, bei denen es im Gegensatz zu den Gerichtsshows oft viel hektischer zugeht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei TV-Gerichtsshows nur etwa zehn aktive Darsteller und über zwanzig Techniker im Hintergrund beteiligt sind, während das Team bei Spielfilmen oft das zwanzigfache und mehr an Personal aufweist.
Bewerbungen: Obwohl nicht viel verdient und man bei meist anstrengender Arbeit kein "Star" wird, sind bei den Agenturen fast einhunderttausend Interessenten aller Altersgruppen registriert. Mit Fotos und persönlichen Daten. Agenturen finden wir im Internet mit verschiedenen Suchbegriffen.
Aber Achtung bei der Anmeldung: Vor Agenturen, die erst eine "Bearbeitungsgebühr" kassieren wollen, wird gewarnt. Seriöse Agenturen verdienen an der Vermittlung und werden von den Auftraggebern von Film und TV bezahlt, nicht von den armen Würstchen, die sich hoffnungsvoll einen Traum erfüllen oder ein bisschen Taschengeld verdienen und natürlich gleichzeitig ihre Eitelkeit befriedigen möchten.
Fazit: Keiner wird zum Star, keiner kann alleine davon leben, aber es macht meistens Spaß!
 
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Kommentare  

Gut geschildert. Aber ich muss sagen, ich hätte gar
kein Interesse, als Darsteller groß heraus zu
kommen. Es ist zwar beneidend , wie viel Geld die
großen Stars verdienen, aber für mich wäre es kein
Leben, überall erkannt zu werden und nirgendwo
mein eigenes Leben zu haben.


Homo Faber (10.12.2012)

Richtig, liebe rosmarin, da hab' ich auch schon mitgemischt; es hat meistens Spaß und Freude gemacht, hat nebenbei ein paar Francs, Mark oder Euro gebracht, war ab und zu auch stressig, aber ich hatte nie den Traum vom großen Star, denn selbst wenn du mal am gleichen Kantinentisch wie Romy Schneider, Belmondo oder einem deutschen TV-Kommissar deinen Kaffee geschlürft hast, die haben uns kleinen Lichter kaum beachtet. Aber es ist doch so viel Erfahrung und Erkenntnis hängen geblieben, dass man später ein bisschen darüber schreiben kann.

Michael Kuss (03.12.2012)

interessanter blick hinter die kulissen der film- und fernsehbranche. bestimmt hast du da auch schon mitgemischt, so sachkundig wie du alles beschrieben hast.
gruß von


rosmarin (03.12.2012)

Interessanter Bericht. Da melde ich mich gleich an. Nein, nur Spaß gemacht. Dein Bericht ist so sachlich und gut geschrieben, da wird sich keiner große Hoffnungen machen, eines Tages ein weltberühmter Filmstar zu werden. Hat sich schön gelesen.

Evi Apfel (03.12.2012)

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