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Zu viele Rattenfänger

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
"Der Bestand an Ratten hat sich innerhalb eines Jahres fast verdreifacht", stellt der Vorsitzende des Bundes der deutschen Rattenfängervernichter, Herr Rattufeng, sichtbar erleichtert fest.

Der deutschen Bundesregierung war die stetig nach oben geschnellte Zahl an Rattenfängern schon seit Langem ein Dorn im Auge gewesen. Diese hatten nämlich eine schwindelerregende Masse von Wutbürgern an sich gerissen, und zur Umsetzung ihrer pietätlosen Pläne auf die Straßen getrieben. Darum sah sich der Bund genötigt, eine Steuer für Hauskatzen in die Wege zu leiten. Bereits wenige Tage zuvor hatte der Bundesrat eine allgemeine Maut für die Benutzung der öffentlichen Gehwege, in der selbst die süßesten Schoßhündchen, sowie alle anderen Haustiere mit einbezogen waren, abgesegnet. Fortan waren für jeden dieser sehr beliebten Stubentiger fünfhundert Euro pro Monat zu berappen, und für jedes andere Haustier mussten die Halter ebenfalls fünfhundert Euro monatlich von der hohen Kante abzweigen. Nicht mal die allseits beliebten bunten Ziervögel wie Wellensittiche oder Kanarienvögel waren davon ausgenommen, obwohl diese schillernden Exoten wohl kaum in Versuchung gekommen wären, auch nur einen Zentimeter eines Gehweges für sich in Anspruch zu nehmen.
Aber der Umstand, dass sich der Bestand an Hauskatzen um mehr als das dreifache verringert hat, ist, ohne übertreiben zu wollen, als durchschlagender Erfolg zu bewerten. Seit Inkrafttreten dieses Beschlusses verzichteten immer mehr Menschen auf die Anschaffung eines total verschmusten Fellnäschens. Die Ratten, die fortan sich aufmachten, um in noch nie gekannten Größenordnungen für die Einhaltung von Ruhe und Ordnung zu sorgen, sprangen dem proletenhaft sich gebärdenden Fußvolk förmlich an die Hälse. So haben es diese hochintelligenten Nager mit ihren stolzen Beißerchen, nicht zuletzt dank ihrer perfekt ausgeklügelten Jagdtechniken, auf einen Schlag möglich gemacht, jene, der Bildung stetig fern gebliebene Schicht des Fußvolkes von den deutschen Straßen zu treiben.
Doch die diebische Freude der Regierenden hat allerdings nicht mal ein mageres Jährchen angehalten.

Das - wie die Hornissen in Afrika - ausschwärmende Rattenvolk macht nun plötzlich mit seinen - eher einen harmlosen Eindruck erweckenden - Zähnchen, alles zunichte, was ihm so in den Weg kommt. Nicht mal vor den gewichtigen Druckerzeugnissen der "Wahrheitspresse", worunter auch jenes Boulevardblatt zu finden ist, das, in der nicht ganz so langatmigen Geschichte der Bundesrepublik, noch nicht mal einen von Grund auf falschen Aspekt - von einem falschen Wort ganz zu schweigen - weicht dieses neue Volk aus.
Plötzlich macht sich dieses Volk, das wirklich noch nie den Spruch der friedlichen Bananenheranschaffungsrevolution des Herbstes 1989: "Wir sind das Volk!", gegrölt hat, auf, zum monumentalen Palast der Volksdirigenten, mit der schon von Weithin sichtbaren Glaskuppel. Im Inneren dieses bürgerlich biederen Bauwerks regiert die nackte Angst.
In einer eilig einberufenen Kabinettssitzung beschließt das deutsche Parlament mit überwältigender Mehrheit die zeitweilige Aussetzung der Hauskatzensteuer.
Fortan geschieht das, was eigentlich nicht verwunderlich ist. Die Rattenfänger haben sich in Form von Geschwadern förmlich zusammengerottet, und die Straßen sind nun wieder schwarz von den Spaziergängern dieser Art, die ihren - natürlich völlig unberechtigten - Dampf wieder ungezügelt an den Perfektionisten im Glaspalais ablassen. Und die Politik, sie dreht sich weiter. Immer weiter.
In etwas so wie die Hamster in ihren Laufrädern, denen einfach nicht in den Sinn kommen will, mal den Geist aufzugeben. Wahrscheinlich sind darin keine Sollbruchstellen wie in jenen Haushaltsgeräten eingebaut worden, die, dank eines phänomenalen Forschergeistes, pünktlich mit abgelaufener Garantiezeit ihren Dienst quittieren.
Es ist also allerhöchste Zeit geworden, diesen absoluten Geniestreich deutscher Ingenieurskunst auch mal in einigen Laufrädern testen zu lassen!
 
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