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Über Mörder

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Der Irak-Krieg ist gerade vorbei.

Laura unterhält sich mit ihrem 13jährigen Sohn Fabian.
Geschrieben am Karfreitag 2003


L: "Die zivilen Opfer im Irak kamen durch fehlgeleitete Bomben um, heißt es. Aber ich bleibe dabei: sie starben nicht einfach nur so, sie wurden von den Amerikanern ERMORDET."

F: "Kollateralschäden, Mutter. Wir reden natürlich in der Schule auch davon. Manche denken: Saddam ist doch ein viel größerer Verbrecher als irgend ein anderer. Er hat Tausende von Menschen gefoltert und vergast. Er und sein System mussten ausgerottet werden. Deshalb war der Krieg nötig. Der Zweck heiligt die Mittel."

L: "Nein, das tut er nicht. Mein Sohn, dies gilt für alle Zeiten, es ist die eiserne Regel des Lebens: DU DARFST NICHT TÖTEN!“

F: "Aber wenn doch Saddam durch chemische und biologische Waffen und durch seine Terroristen die ganze Welt bedroht hat?"

L: "Das gab Bush und Amerika nicht das Recht, deshalb Tausende unschuldige Iraker zu töten und zu verwunden, Leute, die niemand angegriffen haben und niemandem etwas Böses wollten. Die Zahl der Toten wird uns bis jetzt verheimlicht."

F: "Ja, Bush ist schuld, dass Frauen und Kinder starben, er löschte ganze Familien aus, die niemand etwas getan hatten. Aber manche in unserer Klasse glauben, die Befreiung des Landes von Saddam ist all die Opfer wert gewesen. Das meinen ja auch viele Experten in den Talkshows. Und wie gut es den Menschen da unten im Irak bald gehen wird, sagen sie, und dass doch verhältnismäßig wenig passiert ist, verglichen mit früheren Kriegen. Die Kinder jubeln den GIs zu. Bilder zeigen, wie frei und zufrieden die Menschen jetzt schon sind."

L: "Die Toten bestimmt nicht. Ich ändere meine Meinung nicht. Mord ist Mord und Bush ist ein Massenmörder. Er gehört vor ein Weltgericht gestellt!"

F: "Wenn Frauen und Kinder umkamen..."

L: "Sie kamen nicht um, mein Söhnchen, sie wurden e r m o r d e t !"

F: "... Na ja... also, wenn diese Frauen und Kinder starben, weil sie nun einmal in einem Land lebten, wo ein mörderisches Regime regierte, das man nur durch Bomben und Raketen abschaffen konnte, dann haben sie einfach schreckliches Pech gehabt und das wollten die Amerikaner bestimmt nicht, dass sie getroffen werden sollten. Bush war jedoch im Recht, Saddam zu bekämpfen, da muss man die unschuldigen Opfer in Kauf nehmen..."

L: "Für mich ist und bleibt Bush ein Massenmörder."

F: "Du verdrehst alles, Mutter! Ein Guter kann doch kein Massenmörder sein oder anders herum: ein Massenmörder ist niemals ein Guter...Und weil Bush nun einmal zu den G u t e n gehört, kann er also kein..."

L: "Doch, er ist einer!"

F:" Dann wären auch seine Berater..."

L: "Ja, klar... auch sie..."

F: "Du sagst, der Rumsfeld und Wolfowitz und die Condolezza...?"

L: "Condol e e zza . Sie sind Massenmörder."

F: "Wenn das heute jemand so in einer Zeitung schreiben würde, käme er in Teufels Küche ..."

L: "Ich weiß!".

F: "Die Soldaten, die mit Bomben und Raketen Zivilisten töteten, die wären ja dann auch Mörder. Auch Massenmörder?"

L: zuckt die Schultern: "JA."

F: "Das ist hart."

L: "Aber es ist logisch. Und es ist wahr!"

F: "Die großen Führer und Herrscher haben immer Schlachten geführt. Wir müssen sogar in der Schule die blöden Jahreszahlen pauken. 333 bei Issus... und so weiter. Der Krieg ist der Vater aller Dinge. Es gibt ihn seit die Welt besteht, - hat unser Geschichtslehrer gesagt - , es gibt ihn schon IMMER.“

L: "Wir sind aber Menschen von heute, IMMER“ ist vorbei. Und morgen sollte ein neues Denken und eine neue Ordnung beginnen. Kriegstreiber sollten unter allen Völkern und Regierungen verdammt sein und geächtet werden wie die Pest. Als Aussatz sollten sie gelten auf der Haut der Menschheit und sie müssten vor ein Weltgericht gestellt und zumindest öffentlich und moralisch verurteilt und geächtet werden, so mächtig ihre Militärmacht auch ist. Der Entzug von Respekt und Achtung durch die Völkergemeinschaft bringt sie vielleicht noch zur Vernunft. Und da jeder Einzelne und jedes Volk geliebt sein möchte... "

F: muss jetzt lächeln. "Ach, du bist lebensfremd, Mütterchen!".




Copyright Irmgard Schöndorf Welch, Karfreitag 2003
 
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Kommentare  

Jetzt ist der Krieg lange vorbei. Die USA steckt nun mitten im selbstverursachten Schlamassel. Der ganze Irak ist ein infrastrukturelles und moralisches Trümmerfeld.

Ich stehe noch immer zu diesem Text, wenn er auch viel zu simpel und einfach ist und unzulänglich im Angesicht des Horrors, den dieser Krieg immer noch nach sich zieht.


Irmgard (24.08.2003)

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