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2 Seiten

Das Skript

Fantastisches · Kurzgeschichten
© Naselang
Die Realität ist ein Traum. In diesem Traum erlebe ich lustige, schöne, grausame Dinge - aber ich kann sie nicht beeinflussen.
Die Realität existiert nur im Traum. Alles, was ich jetzt erlebe, ist Traum, nicht Wirklichkeit.
Ich kann jederzeit aus diesem Traum aufwachen und dann bin ich in der wirklichen Realität.
Ich bin ganz entspannt, ich schlafe, und erlebe diesen Traum der Realität so genau und deutlich, dass ich ihn für die Realität halte. Das ist jedoch ein Trugbild. Alles, was wir erleben, ist nur ein Traum - nicht die wirkliche, reale Welt.
Manche empfinden diesen Traum als wunderschön, andere finden ihn grausam und möchten so schnell wie möglich daraus aufwachen. Um endlich in die wirkliche Realität- den Traum zu geraten - diese Traumrealität ist oft konfus, verwirrend, unverständlich - eben ein Traum.
Es klingt komisch, man wacht auf und befindet sich in einem Traum. Das, was wir als Realität annehmen, ist nur ein Traum, denn wir schlafen und erträumen uns dabei diese Welt.
Wachen wir auf, war alles nur unreal - ein Traum. Wir haben diese schlimmen oder bezaubernden Sachen nur geträumt. Wir sind vielleicht auch enttäuscht, weil wir so schön geträumt haben und dieser Traum nun nicht mehr existiert. Unser wirkliches Leben scheint es nicht mehr zugeben. Doch nun sind wir in der wirklichen Welt - die Welt unserer Träume. Genauso irreal, genauso surreal und verwirrend.
Wir reiten auf Einhörnern, wir krabbeln in Höhlen aus Schuhkartons umher, die Menschen können selbständig fliegen, Tiere sprechen - das ist unsere Wirklichkeit. Wir sind die Designer unserer Welt. Jeder entwirft sich sein eigenes Modell seiner Welt.
Natürlich: Verwirrend ist nun nur, wenn wir in unserer geträumten Realität, der heutigen Welt, wie wir sie wahrnehmen, uns schlafen legen und träumen.
Was passiert dann? Da schlägt uns die Welt ein Schnippchen. Hier öffnet sie uns ihr Tore in eine Welt, wie sie schöner nicht sein kann. In die Traumwelt - die wir betreten werden, sobald wir endlich aufgewacht sind. Ein kleiner Vorgeschmack sozusagen auf das Nachkommende.
Nun stellt sich nur eine Frage - wie und wann wacht man auf? -
wenn wir genug von dieser geträumten Wirklichkeit haben.
Wir haben alles geträumt, was es zu träumen gibt. Haben vielleicht viel von der Welt gesehen, haben viel erlebt, haben viele Menschen kennengelernt. Irgendwann kommt dann der Zeitpunkt, an dem der Mensch weiss, dass er nun fertig geträumt hat. Die meisten Menschen merken das sogar ziemlich schnell, wann der Zeitpunkt des Aufwachens gekommen ist.
Es gibt aber auch Menschen, die sich durch das Trugbild einer vorgegaukelten Realität täuschen lassen und beschliessen aus dieser "Realiät" zu fliehen. Doch vor einem Traum kann man nicht fliehen. Die meisten Menschen wissen gar nicht, dass sie sich nur in einem Traum befinden, sehen die Welt als die Wirklichkeit an, denken, sie leben im realen Jetzt. Sie ahnen noch nichts von der schönen Traumwelt, die sie erwartet, sobald sie aufgewacht sind - aber der Weg durch den Realitätstraum ist Vorbereitung auf die Realität des Traums.

Hier nun kommt das Skript zu tragen: wir schreiben uns unser Leben im Traum selbst. Es gibt für jeden Menschen ein Skript.
Wir können in diesem Skript zurückblättern und nachlesen, was wir bis jetzt erlebt haben und für einen kurzen Augenblick lang wissen wir auch, was jetzt gerade in unserer Welt - dem irrealen Traum - passiert. Das Skript ist maschingeschrieben und kann von jedem gelesen werden. Jeder hat Einsicht in das Skript des anderen. Es gibt Skripten, die uns sehr interessieren, bei denen wir es kaum erwarten, die nächste Seite lesen zu können.
Andere Skripten sind langweilig und uninteressant zu lesen - für den einen. Den anderen interessiert dieses Skript sehr. Die Geschmäcker sind auch in der Traum-Wirklichkeit verschieden.

Nur etwas lässt dieses maschingeschriebene Skript nicht zu: Man kann nicht weiter nach vorne blättern. Viele Menschen wünschen es, um wissen zu können, was als nächstes passiert, um sich eventuell darauf vorbereiten zu können.
Doch das lässt der Traum nicht zu. Das Jetzt und das Vergangene können nachgelesen werden, das was in Zukunft geträumt werden wird, bleibt dem Leser uneinsichtlich.

Unmöglich ist auch, dass andere Menschen, die das Skript lesen, wissen können, was demnächst im Traum des anderen passieren wird.
Es ist einfach unmöglich - man kann nur im Jetzt oder in der Vergangenheit lesen. Das Zukünftige kann nicht eingesehen werden.



Träumen wir unser Leben, wachen auf und leben unseren Traum.

 
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Kommentare  

Leise buddhistische gedanken von erahnter tiefe.
Die wahrheit zwinkert uns zu. Und wir glauben dabei schon, sie ins bett zu kriegen ...


Dark Blaze (19.07.2002)

Wie schön! Raum und Zeit... Traum und Wirklichkeit... So ein Skript, die Matrix... scheint sehr spannend, sich vorzustellen, man wäre nur eine Traumfigur und dies hier Teil eines Irrelalen... des Traumes Leben... Eins bleibt mir am Ende; ich fühle, ich denke... ich schmecke und rieche... das dieser Traum sehr intensiv und schön ist. Wenn es dann also n u r ein Traum wäre, in Ordnung, meiner ist jedenfalls erstrebenswert und ich genieße, in den Skripten anderer zu blättern und ich bemühe mich in die Skripte anderer aufgenommen zu werden... zumeist bitte als real-irreal netter und ehrlicher Typ... Meine Frage: ... Wann wird bei uns ein Scheinwerfer vom Himmel fallen und wie werden wir es verkraften wirklich gewiss zu sein, was es nun also ist... ein Traum und Spiel... oder am Ende doch "The Reality"... nur eben so schön wie ein Traum???

Teleny (07.01.2002)

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