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7 Seiten

Niedergang der Pflanzen

Romane/Serien · Amüsantes/Satirisches
"Hier ist es ja teuer" sagte eine kleine Blume, spuckte in den Kirchenspendensack, der durch die Pflanzen ging und bei ihr angehalten war. Daneben wurde auch ein Holunderbusch sauer. "Ja genau Herr Pastor. Was meint denn die Kirche wer sie ist?".
"Ganz ruhig die Leute. Schauens Geld muss sein. Wir müssen ja auch leben." versuchte der schwarze Wurzelpastor, der nur Pastor war , weil ihn ein Geheimnis umgab, zu beschwichtigen. Niemand wusste nämlich, von welcher Pflanze die Wurzel war. Das war so rätselhaft, das die Pflanzen die Wurzel zum Pastor kürten und weil sie noch keine Religion hatten, erfanden sie einfach eine Religion. Die Geheimnisreligion. Keiner wusste was das bedeutet, aber jetzt dafür Geld zu zahlen, dass war die Höhe und regte jeden auf. Die Meisten beließen es beim Reden, aber dann flippte das Weinlaub aus. Ist auf den Wurzelpastor los, schüttelte ihn wie verrückt und alle sahen, wie die Maske fiel. Ein Rauen ging durch die Reihe. Die Kakteen reckten ihre Stacheln, Venusfliegenfallen schnappten wie verrückt. Alles raschelte und rischelte. Dieser Pastor war gar keine Wurzel, sondern eine Flasche feinsten Pestizids. Es war nur eine schwarze Erdschicht gewesen, die, die Flasche umgeben hatte. Die Empörung war nicht so groß, wie das Erstaunen.
Da hatte man soviel gegeben, gebetet und nun am Ende an den Feind.

Unsere Arbeits- und Wachsmoral sank, die ersten starben und nun sitze ich hier mit meiner Freundin und Weltesche; Magdalene Madonna Siddharta Schizoo. Wir Beide sind als einzige übrig geblieben. Die Weltesche, weil sie unverwundbar ist und ich, weil na ja, dass muss ich ihnen mal genauer erzählen.
Haben sie Zeit? Vielleicht genau jetzt? Wenn sie keine Zeit haben, dann lassen sie mich erst einmal liegen und fangen an einem anderen Tag an, zu lesen. Dann, wenn sie mal richtig viel Zeit haben. Das wird nämlich was besonderes und sehr ausführlich. Überlegen sie bitte kurz, ob sie nun lesen wollen. Ich gebe ab in die Werbung.

(ein buch mit Werbebanner einer Firma)

(Danke für den Mietsponsor an diesem Buch. Gerade mal wieder ganz billig bei......)

Ach da sind sie ja wieder. Na wie geht’s? Oder vielleicht sind sie ja immer noch da, dann sind sie sicher Arbeitslos oder? Na ja, das mit der Arbeitslosigkeit war damals auch ganz schlimm bei uns und dann ging alles ganz schnell. Nun gut, ist auch egal, das sind zwei Paar Schuhe, alles oder nichts, schlecht riechen zwiebeln, wenn man sie trimmelt, ich erzähle weiter.
Nachdem der Wurzelschwindel aufgeflogen war, drehte sich das Weltbild mit der dunklen Seite nach oben. Das Weinlaub hatte Erkenntnis, aber auch viel Trauer gebracht. Unruhen erschütterten das ganze Land. Auf vielen Millionen Feldern wurden die Regierungen gestürzt. Wir hatten ja unsere gesamte Existenz darauf verwettet, dass auch wir einmal den Status einer geheimnisvollen Wurzel bekommen würden. Wir hatten es satt uns immer zu gleichen, denn bei uns Pflanzen unterscheidet sich nicht viel. Wir wachsen alle und nehmen alle Wasser und Sonne, da ist die Idee so was Geheimnisvolles zu werden, wie ein totaler Orgasmus. Nur 1000 mal schöner. Könnt ihr euch das vorstellen? Nee? Na dann unbedingt. Beathe Uhse von

(Premiere)

holen. Ja wirklich. Das ist das einzige, was mich und die Weltesche, ach nee die ja nicht, noch wach hält. Ohne diesen Decoder wären auch wir tot. Eingeäschert wären wir dann. Ach nee soviel Rumgeschleime brauch nun auch nicht sein.
Decoderfrei und entschlüsselt geht es weiter.
Alle waren einfach stinkwütend, aufgebracht und manche sind auch einfach so verfault. Die waren am Montag noch putzmunter, am Dienstag haben sie so Stellen bekommen und am Donnerstag waren sie verfault. Das war kein Sonnenbrand. Nee, nee. Das war die todmachende Stimmung in der Luft. (Stimmt es Esche? Ach ne stirbst ja nicht so schnell. Entschuldige bitte.) Und wer diese Luft eingesogen hat, der ist gestorben. Die ersten Schwachen knickten schnell weg und gaben neues Futter. Auch für mich. Da muss ich ehrlich sein. Ich nutze sie noch heute. Drüben im anderen Zimmer liegen noch ein paar Jungbaumleichen. Ohne gibt’s ja kein Überleben. Jeder muss essen. Sie ja irgendwie auch. Zum Beispiel Fritten bei

(MC-Donalds)

Die sind fast genauso gut, wie ein paar ganz alte Mahagonis, drüben im Zimmer. Das ist bestimmt genauso heiße Ware. Nun ja, räusper, verzeihungszwinkernd, das Gesetz war weg. Ich glaub bei euch nennen die es Anarchie, wenn so etwas passiert, oder? Weltesche schreit grad von hinten, dass wird mit „y“ geschrieben, aber das ist wohl reiner Quatsch. Die Weltesche hat ja noch nie eine Baumschule besucht und kann so gar nicht mitreden. Die war ja schon von Anfang an da und am Anfang gab es keine Baumschulen. Dafür hab ich jetzt keine Beweise, die ich vorlegen könnte, aber ich frag mich, wer die geleitet haben soll.
Maiglöckchen zogen gegen Apfelbäume in den Kampf, der Sellerie grub das Kriegsbeil aus und hieb es in Eichenrinde. Das gesamte Pflanzenreich brannte. Manche Pflanzen hatten sich Bunker in die Erde gegraben und horteten dort die Pflanzenleichen. So ähnlich wie ich in meinem Zimmer. Jeder bangte um sein Leben. Alle Freundschaft war zerträumt. Man war froh ein wenig Wasser und Nährstoffe zu finden. Um weiteres kümmerte sich niemand. Es gab fast keine Pflanzen mehr, die ihre Wurzeln noch im Boden hatten. Sie hatten sich auf den Weg gemacht. Wohin wusste keiner, aber in der Erde bleiben bedeutete den sicheren Tod.
Damals hörte ich von einer Zypresse, die nah beim Teich lebte. Sie war ein Baum, der noch in der Erde verwachsen war. Stets war sie ein guter Freund, die jungen Blumen kamen zu ihr um sich Rat zu holen und auch noch in all der Not, half der Baum den Kräutern und beherbergte Misteln in seiner Krone. Weil viele zu schwach waren um sich das Wasser zu holen, sog die Zypresse mit ihren riesigen Wurzeln das Wasser hinauf und füllte es mit seinen Zweigen in die kleinen Pflanzen. Die, die auf Wanderschaft waren, wären sonst verdurstet, denn die Meisten hatten nicht einmal mehr Kraft ihre Wurzeln in die feuchte Erde zu schlagen. Dieser gutmütige Baum war ein Lichtblick, der nicht lange die Schwärze erhellte, denn um den Stamm herum sammelten sich bald Tausende von Brennnesseln und blockierten so die Wurzeln. Von dem wenigen Wasser, das meiste war irgendwo von Pflanzen gebunkert worden, bekam die Zypresse nun nichts mehr. Die Misteln fielen aus den Kronen, die Kräuter wurden von den Nesseln zerstampft und der Baum schwand dahin. Er verlor alle Farbe, hielt dem Wind nicht mehr stand und ist dann umgestürzt. Die riesigen Wurzeln rissen dabei ein paar Nesseln aus dem Boden.
Die Brennnesseln waren in dieser Zeit unheimliche Gesellen. Ich ging ihnen aus dem Weg. Es gab Stimmen, die davon redeten, dass die Nesseln von irgendwem beauftragt wurden. Ich glaube aber eher, dass sie die Bäume und Pflanzen einfach aussaugten und die Zerstrittenheit der Pflanzenstaaten und Gemeinschaften ausnutzten. Stets kamen sie in Horden und nahmen es so mit den stärksten Bäumen auf. Als ich kurz vor dem Schluss, auf einem Hügel, ein paar Jungbaumleichen sammelte, sah ich in der Ferne eine riesige Brennnesselarmee. Purem Glück verdanke ich mein Leben. Meist ist es zu spät, wenn man sie sieht. Sie fliegen ja nur so dahin und ein Baum kommt nicht so schnell voran. Versucht ein Baum zu schnell zu laufen, dann wird er zwangsläufig über seine Wurzeln stolpern. Das kann einem mit einem

(Werbung für ein Auto)

natürlich nicht passieren. Der ist schneller als der Schall und alles, was ihm ein Bein stellen könnte, wäre ein betrunkener Geisteramokfahrer. Damals, als die Bäume vor sich selber und anderen Pflanzen auf der Flucht waren, kam es auch schon mal vor, dass ein Baum eine Strasse überquerte und dann ein Auto mitnahm. Ich hatte schnell kapiert, dass da viele Baumleichen zu holen sind. Da beneide ich die Weltesche wirklich drum. Die brauch nie was essen. Aber das hat auch seine Nachteile, denn sie wird niemals die Würze von guten Nährstoffen schmecken können oder sich satt fühlen können.
Doch zurück zu der Geschichte. Die Brennnesseln sahen mich nicht. Das war wirklich nur Glück. Ganz still, blieb ich oben auf dem Hügel stehen. Eigentlich hätten sie mich sehen müssen.
In all den bösen Trubel, der herrschenden Wasserknappheit und dem Treiben der Brennnesseln mischten sich bald Krankheiten. Durch das Loslösen der Wurzeln aus der Erde und der mangelnden Hygiene wuchsen sie wie die Pilze aus dem Boden. Und genau diese Pilze verursachten die Krankheiten. Sie wuchsen gut an den klammen, kalten Wurzeln. Das Übrige vollbrachten Bakterien. Grauschimmel und Mehltau raffte ganze Gattungen dahin. Auch an mir ging die Welle nicht vorbei. Ich bekam auf einmal Flecken an den Blättern. Sie waren feucht, korkartig und total braun. Ich sah schrecklich aus, die Flecken juckten fürchterlich und ich war froh, wenn der Wind so wehte, dass die Äste gegen die Blätter rieben. Fast die Hälfte meiner Blätter verlor ich und doch hatte ich noch Glück. Hätte sterben können, wie viele andere. Bevor die Flecken auch mein Stammholz erreichen konnten, hörte es auf. Vielleicht lag es daran, dass ich alle Blätter abgeschüttelt hatte, die befleckt waren. Ich weiß es nicht.
(Ja, Weltesche, wir wissen, dass du keine Krankheiten hattest.)
Eine Hyazinthe, die ich gut kannte, bekam Knollen- und Wurzelfäule. Jeden Tag wurde es schlimmer und schlimmer. Die ersten Symptome waren verwelkte und vergilbte Blätter. Da dachte noch keiner an was schlimmes, das war am Anfang der Welle. Dann aber färbte sich der Stiel schwarz und verlor seine Konsistenz. Zuletzt lag die kleine Blume am Boden, konnte nicht hin, noch her und schaute mit den vielen Blüten ein letztes Mal zu mir hin. Der Unterleib der Pflanze war weich und schleimig. Mit meinen pflanzlichen Sinnen, sah ich die kleinen Pilze aus den Körper schlüpfen und rannte und rannte. Aus Furcht, ich gebe es zu, aber auch aus Trauer, die fast mein Holz zeriss.
Die, die diese Welle überlebten, waren so stark geschwächt, dass sie die zweite Welle einfach überrollte. Diese bestand aus fürchterlichen Bestien, die auf die Felder gekommen waren, als sie von unserem Unglück gehört hatten. Sie kamen in Scharen, zerstückelten die Pflanzenleiber und fraßen uns bei lebendigem Leib. Schädlinge nennt man sie bei euch. (Nein, nicht Schädellinge. Ich weiß schon was ich schreibe. Also halt das Holz Esche. Tschuldigung.) Ohrwürmer, Springschwänze und Minierfliegen fraßen das Blattgrün, Blattläuse und Schildläuse saugten uns aus und Läuse und Raupen zerstörten die Wurzeln.

So war das. Würde man die Tür aufmachen können, würde man kein Grün mehr sehen. Alles ist weg. Nicht einmal mehr Baumleichen sind da. Als keine Pflanzen mehr da waren, fraßen die Insekten selbst das. Nur ich und die Weltesche konnten uns in Sicherheit bringen. Die Weltesche wohl mehr vor der Einsamkeit. Nun könnten sie sich fragen, wie ich denn die zweite Welle überlebt habe und wenn sie ganz lieb „Bitte“ sagen, erzähl ich das auch noch schnell. Vorerst aber ein kleiner Break.

(irlandwerbung)

Ja, wer will da nicht hin. Meiner Ansicht eine Ammenmärchen, dass es dieses Land gibt, aber die Menschen wollen ja immer hoffen und so sollen sie glauben.
Als die ersten Springschwänze und Raupen kamen, erkannte ich die Gefahr und machte mich auf, ein Versteck zu suchen. Tage wanderte ich durch Pflanzenfriedhöfe. Sah Blautannen fallen, verdörrte Rosen,
löchrige graue Büsche und mit meinen Wurzeln trat ich in das Holz der Toten. Sie waren überall. Es war wie Herbst. Nur viel stärker und grausamer. Meine Kräfte waren schon fast verbraucht, da sah ich in der Ferne ein kleines Häuschen. Ich packte mit letzten Kräften ein Dutzend Baumleichen in meine Krone und schleppte mich auf das Haus zu. Es wurde größer und größer. Mein Glück kam wieder ins Spiel. Die Fenster waren verstaubt, das Dach war lange nicht gedeckt worden. Nur eine Kleinigkeit versperrte mir den Weg. Die Tür war auf, daran lag es nicht. Ein riesiges Schild stand vor der Tür. Ich las und erschrak, wie ich mich noch nie erschrocken hatte. Dieses Haus war für uns Bäume die Hölle. Ich war den langen Weg gegangen um doch zu scheitern. All das Glück war mit einem Mal falsch. So hatte es mich doch hier hergeführt. Schon als Kinder hatte man uns von diesem Haus erzählt. Ich zitterte am ganzen Holz. Als ich mich jedoch umdrehte und nach einem neuen Versteck suchen wollte, sah ich, dass der ferne Himmel schwarz vor Insekten war. Jede Sekunde hieß einen Stück Himmel verlieren. Meine Augen hielt ich geschlossen, zog meine dürren Äste ein, rannte in das Haus und schlug die Tür hinter mir zu. Drinnen warf ich mich auf den Boden.
Über mir hörte ich die Flügelgeräusche, Ameisenarmeen kratzten an dem Haus und dann war alles ruhig.
Das Haus war geräumig und fast leer. In der Mitte standen viele Maschinen und von diesem einen Eintrittsraum gingen zwei weitere ab. Eines davon nahm ich für meine Baumleichen. Das andere bewohnt mittlerweile die Esche. Übrigens apropos Haus:

(LBS)

Das ist ne ganz tolle Alternative, wenn man nicht so viel Geld hat, aber man haben will.
Die Weltesche stand an den Grenzen der Welten und spürte den Verlust der Pflanzenwelt. Mit feinen Sinnen spürte sie mich auf und stand dann irgendwann mitten im Raum. Die Tür hatte ich ja, wie auch alle anderen größeren Löcher verbarrikadiert. Ihr war langweilig, sagte sie und ich lud sie ein, bei mir zu bleiben, da die Gesprächskollegen hier rar gesät waren und auch mir langweilig wurde.
Das ist die Geschichte und wir beide leben jetzt in diesem alten Sägewerk und warten darauf, dass die Evolution neue Pflanzen schickt.
Das kann dauern. Weltesche mach mal den Fernseher an. Ja, ja bleib mal ruhig. Tagesschau ist doch längst vorbei. Nun sei nicht eingeschnappt. Daran kann ich doch auch nichts ändern. Hab doch keine Zeitmaschine im Ärmel. Was sagst du da? Du hast die Fähigkeit durch die Zeit zu reisen? Ja, na klar du bist die Weltesche und bestimmst den Verlauf der Zeit etc.


Lieber Leser, an dieser Stelle unterbreche ich mich durch mich, habe keine Zeit und muss mal mit der Esche verreisen. Wenn ich zurückkomme, hat es diesen Text nie gegeben, aber weil sie diesen Text ja jetzt lesen, wird es wohl nicht klappen. Blöde Paradoxie. Nun gut, ich muss los. Eine Baumleiche schnapp ich mir als Wegzehrung.
Tschüß
 
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Kommentare  

Sehr amüsant! Gruß Bernd

Bernd das Brot (02.02.2007)

Kompliment! Es ist Dir wirklich gelungen, Spannung zu erzeugen und dem Leser ein Gefühl zu geben, als wäre er selbst eine Pflanze!

Ganz schöne LEISTUNG!!


Eric (16.12.2003)

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