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2 Seiten

Nachts

Schauriges · Kurzgeschichten
Ich war auf dem Weg. Unstillbares Verlangen durchströmte meinen Körper. Wallungen der überschwänglichen Vorfreude überrannten meine Gedanken. Lange war mein Weg und nur der helle, volle Mond hatte die tiefgrauen Straßen erhellt, auf denen ich wanderte. Alles war grau, beinahe schwarz und die schwache Menschheit suchte vermeintlichen Schutz in den Zimmern ihrer selbsterbauten Höhlen. Schwach und erbärmlich lagen sie in ihren Betten.
Die Menschen halten sich für die Könige dieser Welt, doch was sind sie? Nur unnötige Kreaturen beherrscht von übergroßer Nichtigkeit und unbeirrbarer Naivität. Viel zu unbedeutend um sie ernst nehmen zu können.
Ich war auf dem Weg und nun bin ich angekommen; am ende meiner täglichen Reise. Hier, bei einem jener Wesen, für die mir nur ungeteiltes Mitleid bleibt. Wie hilflos sie doch vor mir liegt. Ihre großen, ängstlichen Augen starren mich an. Jeden Millimeter meines kalten, starren Gesichtes. Ich spüre ihr Herz. Schneller und schneller pochte es gegen ihre nackte Brust. Weich wie samt verspüre ich ihre Haut zwischen meinen eisigen Fingern gleiten. Jeden noch so kleinen Fetzen ihrer scheinbar makellosen Körperhülle will ich berühren. Ihre Scham, ihren Hintern, ihre Schenkel. Alles will ich berühren. Ich liebe es, dieses finale Zittern. Jene vollkommene Angst, die nur meine auserwählten Opfer zu verspüren scheinen. Ich liebe es, ich bin süchtig danach.
Ihr Atem, hart, fast röchelnd. Nur noch kleine, unscheinbare, schwache Bewegungen ist sie in der Lage zu vollführen. Ihre Kraft, verschwunden in den wirren Schlingen der einkehrenden Unendlichkeit.
Sie wartet, sie ist bereit. Sie erwartet ihr Schicksal; so wie jeder andere Mensch auf sein unvermeidliches Schicksal wartet. Nur zu diesem Zweck geboren warten die Menschen auf die Ewigkeit.
Noch immer umklammere ich ihre dünnen Arme. Der stechende Geruch ihrer erstarkenden Angst lieg in der warmen Luft des Raumes. Sanft, vorsichtig schieben meine kalten Hände ihre Beine zu Seite; machen den unheilvollen Weg frei. Es ist leicht, sehr leicht, denn die Kraft wich der Erkenntnis um die Ausweglosigkeit dieser Situation.
Langsam dringt mein hartes, steifes Glied in die Frau ein. Noch immer verspüre ich diese unermessliche Angst, dieses erbarmungslose Zittern, welches mir Lust bereitet. Die einzige Lust meiner unendlichen Existenz.
Langsam nähere ich mich ihrem schlanken, vom kalten Schweiß der übermächtigen Angst überfluteten Hals. Meine Zähne bohren sich tiefer und tiefer. Das warme Blut füllt meine Zähne, meinen Mund. Ein letztes mal bäumt sie sich auf. Ich höre ein zartes Stöhnen. Ihr Körper wird kälter und kälter. Ich spüre meinen Liebessaft in sie eindringen. Immer höher und höher steigt die Lust in mir, während sie ein letztes mal Abschied von dieser Welt nimmt.
Es dauert Minuten und doch geschieht alles viel zu schnell. Der letzte Tropfen. Leblos liegt ihr weicher Körper unter mir. Sie war nur ein Mensch. Sie sollte mir dankbar sein von dieser geringen Existenz befreit worden zu sein.
Ich stehe auf, betrachte sie mir. Es war eine Tat meiner Natur. Was soll ich tun, ich bin eine Kreatur der Nacht, ich bin ein Vampir. Doch wenn ich sie betrachte, wie sie auf ihrem Bett liegt, wenn ich daran denke, was die letzten Minuten geschehen ist, so schleicht sich in mir nur eine Erkenntnis ein: Es war wie immer. Es war so, wie es immer sein wird.
 
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Lies mal "Vermächtnis der Nacht" von R. Bauer. Was hältst du davon? Geht ums selbe ...

R. Bauer (01.04.2004)

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