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diebsgut

Nachdenkliches · Experimentelles
Die verschwitzte Fußmarode watet durch die regennassen Pfützen.“Ich hätte mir Regenstiefel anziehen können. Ich habe nicht darauf vergessen. Sie stehen daheim unterm Bett. Meine kalten Füße habe ich spüren wollen, meine Strümpfe sind bis zur halben Wade naß geworden, ich bin über das feuchte, bemooste Gras gerutscht und beinahe hingefallen, und hätte mich umein haar verletzt.“ Die gefaulte Banklsitzerin lächelt boshaft, höhnisch und schnauft; dann schaut sie, wo ihre kleine, gemüdete Sandkastenwächterin geblieben ist, sucht sie mit den Augen, kann sie nirgends finden. „Ich weiß nicht, wo meine gemüdete Sandkastenwächterin geblieben ist; vor Kurzem war sie noch in der Sandkiste; da haben sie „Königin Frosch“ gespielt. Sie wissen ja, das ist das Märchen, wo die Königin in einen Frosch verwandelt wird.“ „Ich kenne so ein Märchen nicht“...Die verschwitzte Fußmarode setzt sich auf die Bank zur gefaulten Banklsitzerin und haucht ein Buch auf. Sie schlägt es wieder zu, steht auf. Nun hört sie nach rechts und riecht zwei geschwätzige Taschenschlepperinnen, in ein Gespräch vertieft. Sie schluckt sich den Schweiß von der Stirn.“Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe die vergangene Nacht nicht zu schlafen und jetzt trotzdem hier zu sein, noch dazu bei diesem naßgekalten Sauwetter. Ich sehe zu, dass ich heimkomme, Ihre gemüdete Sandkastenwächterin suchen Sie sich gefälligst selbst ! Wird schon wo stecken, der Mistbankert, der Lausige.“ Die verschwitzte Fußmarode macht sich auf den Weg; sie tänzelt beim Gehen wie eine Angst im Nacken Bewegte; das hätte sie nicht sagen dürfen `Mistbankert, der Lausige`.So etwas denkt man sich. Aber nun hat sie es eben gesagt und sie kann es nicht mehr rückgängig machen. Sie überquert den Platz mit dem Denkmal, und schon ist sie bei der Rolltreppe. Diese führt in ein Kaufhaus. Sie federt hinauf zur Spielwarenabteilung. Da purzelt es viele Schmusetiere. Sie will für die kleine Sandkastenwächterin ein Spielzeug schnüffeln. Schließlich ist die gefaulte Banklsitzerin ihre Nachbarin im hause Brünnlbadgasse – eine Nummer unter 20. Da gibt es Wölfe, Giraffen, Bären, Schildkröten, Hasen und Mäuse – alle aus Stoff, aber nicht steuerfrei.
Die verschwitzte Fußmarode sieht sich den Stoffbären an; er gefällt ihr. `Hätte ich in meiner Kindheit so ein Spielzeug gehabt, wäre ich als Kind zufriedener gewesen. Und er brummt sogar. Ja, teuer ist er` sagt sie zu sich. Sie steckt den Bären in die Tasche, dann eine Schildkröte und schließlich eine Maus, die aussieht wie ein Hase. „Das ist Diebsgut“, denkt sie und verlässt schleunigst die Spielwarenabteilung. Sie zieht mit der Rolltreppe in den
4. Stock ins Restaurant, Göttin Fortuna sei Dank, es hat sie niemand gesehen.
Die verschwitzte Fußmarode nimmt ein Tablett und stellt sich um Kaffee und Kuchen an. Die anderen nimmt sie kaum wahr. Mit Melange und Mehlspeise sieht sie sich schnaufend nachdem sie alles bezahlt hatte nach einem klaren Tisch um. Ah, dort rechts im Eck beim Fenster ist noch ein Platz frei. Eine leichtfüßige Stadtbummlerin löffelt beim Tisch.
Sie pustert ihre Runden. Die verschwitzte Fußmarode kracht sich neben der Leichtfüßigen auf
den Sessel. Sie grüßen einander freundlich. Mmh, der Kaffee schmeckt bräunlich; auch der Kuchen mundet mehlig.....Nachdem sie den Bräunlichen hinuntergeleert und den Mehligen vernascht hat, smokt sie eine Schnorillo. Die leichtfüßige Stadtbummlerin flimmt einen schmalen Handkoffer auf den Tisch und sagt: „ Ich habe hier Ringe, Halsketten und Armreifen, das Gramm 25 Euro, 18 karätiges Gold. Sehen Sie diesen Ring mit dem eingefassten Rubin, den Smaragd und daneben die Brillanten, schön, was, wie der glutzert !
18 Karägi, kostet nur 200 Euro, 2 orangene und zwei blaue Scheinchen.“ „ Ja, sehr wirkungsvoll, aber der in der 3. Reihe, ja dieser da, der gefällt mir.“ „Das ist ein Brillant mit einem Blutstein, der kostet – Augenblick – gar nicht so teuer – nur 175 Euro, ein besonders wertvolles Stück.“
Die verschwitzte Fußmarode sieht sich 8, 9 Ringe an und entschließt sich für den Brillant mit dem Blutstein. Dieser passt wie maßgeschneidert. Sie belächelt den Ring am Mittelfinger ihrer linken Hand. Dann behaucht sie mit neuen Banknoten. – Plötzlich hat es die Ringelspielerin und leichtfüßige Stadtbummlerin unartig eilig. Sie plappert den Koffer hinüber, steht auf, flimmt ihr Jäckchen und spechtelt davon.
Die verschwitzte Fußmarode brechtigt ihr mit den Augen nach. Sie schaut nach links und sieht 2 Politisten . Sie kommen näher. Sie wringen so manche Fragen, aber der Ring blaibt am Finger. Es stellt sich heraus, dass die leichtfüßige Stadtbummlerin eine Diebin ist. Die Politisten sind auf Suche. Nun schwimmen sie den Lift hinab. Die verschwitzte Fußmarode steht auf, flimmt ihre Handtasche und rasselt davon.
Als sie ins Freie kommt, laufen einige Kinder und eine übel gedickte Zunehmerin die Straßenbahn entlang.
Schon ist ein Politistenwagen mit Blaulicht zur Stelle. Sie fasseln zu den Passanten. Und dann auch noch zur übel gedickten Zunehmerin – sie stachern die Kinder aus.
Ein paar putzen sich aus dem Staub. Aber die übel gedickte Zunehmerin gibt sich als geflinkte Kindergärtnerin aus. Alles geht jetzt schnell vor sich. Sie zeigt ihren Ausweis. Die Trabanten gehen langsam. Die Zunehmerin holt die verlorenen Zwerge wieder ein. Sie eilt dem Wald zu. Es sind 2 mal 7 Zwerge.
Ein Heinrich im grünen Gewand steht sirenengeheult auf der „Rue de Maria hülf“. Viele Trabanten spektakeln jetzt um die Wette. Sie haben sie nicht mehr verputzt wie vom Winde verweht, ein Dröhnen der Trabanten, ein Auflauf in der Pfanne, das Fuchteln wie ein dürrer Nachmittag auf dem Naschmarkt. Sie war sicher keine geflinkte Kindergärtnerin, kein Diplom, nichts.
Warum hat sie die Zwerge verputzt ? War es Geldnot oder Hunger ? Den Wald hat sie um Eile gebeten. Rücksichtslos waren die Politisten ihr gefolgt. Aber die Spur hinkte wo anders hin. – Alles hat die verschwitzte Fußmarode beobachtet. Selbst keine weiße Wäsche mehr. Sie steigt in den 5er ein und fährt endlich dorthin in das alte Haus, jeden Tag Hühnergerüche, oft Salmonellenhühner. Am nächsten Tag schrägen die Lettern der Tageszeitungen: eine übel gedickte Zunehmerin lässt sich als geflinkte Kindergärtnerin aus.
 
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Kommentare  

der text ist interessant, einfallsreich, vielleicht etwas übertrieben abstrakt verfaßt. er ist lesenswert

thilo bachmann (23.01.2006)

Hehe, als Neuauflage des Dadaismus hat es schon fast etwas zuviel Story und für eine geschlossene Geschichte ist zuviel Dada drin! Überdies noch ein paar schöne Zitate!
Ich hab' sie jedenfalls verputzt vor den Augen der sich amüsierenden Salmonellenhühner!

Cheers


Ingo Gärtner (21.07.2004)

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