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Halbzeit

Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten
„Glauben sie allen Ernstes ich würde es so tun?“ – Seine dicken Daumen kreisen umeinander. Die Nickelbrille setzt fast am Doppelkinn auf.

„Jeder Mann, der dies so tun würde, ist ein Waschlappen“ – seine Wurstfinger greifen nach meinem Glas Wasser. Seit einer halben Stunde nun sitzt er hier und bringt mir unmissverständlich sein Feindbild bei.

„Ich gehöre nicht zu jenen, die das ankündigen“ – Ein Tropfen Wasser fällt in die Doppelkinnfalte, vermengt sich mit seinem Speichel beim Reden und fließt langsam sein Kinn hinunter - „Ich würde einfach vor ihrem Wagen stehen und das durchziehen“.

Wir haben knapp vor 12 Uhr mittags. Mein Tisch quillt über mit Arbeit. Das Klingeln des Telefons im Hintergrund nehme ich kaum noch wahr.
Eine Mitarbeiterin hielt es nicht mehr mit ihm aus.
Es sind viele in letzter Zeit; viele, die eigene oder fremde Leben als Spielball betrachten – den es ins Aus zu schießen gilt, damit das Spiel abgebrochen wird.

„Das ginge ganz schnell – vielleicht merken sie es noch nicht mal“ – er wischt mit seinem Sweat-Shirt, auf dem seine Tochter abgebildet ist, den Schleim vom Mund.

„Ich denke, sie wissen, dass es sie nicht weiter bringen würde“ - ich stehe auf, greife nach meinem Terminplaner und blättere nach unserem nächsten Termin, obwohl ich ihn im Kopf habe. „Das nächste Hilfeplangespräch ist am 17. März. Dann werden wir uns über Besuchskontakte unterhalten.“

Mit dem Zuklappen des Planers steht er auf. Der dicke Bauch plustert das abgebildete Mädchen auf und verformt es nach allen Seiten.

„Bis dahin müssen sie sich gedulden und vor allem die Regeln einhalten“ – ich reiche ihm meine Hand. Spüre seine feuchten Wurstfinger nach mir greifen.

„Wer weiß…“ – blicken seine schmalen weißen Augen durch die Nickelbrille.

Ich drücke seine Hand fest zu und lasse ihn zum Abschied meine Stärke spüren.



copyright Dolores Burkert
 
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Kommentare  

Eine Frage fällt mir dabei ein, gerade auch wegen des Tochterbildes und des Feindbildes: Kennt ihr(entweder Schreiber oder Kommentator) den Film "Menschenfeind"? Dieser, ich bezeichne ihn schon als sehenswert und auch philosophisch, hat nämlich eine solche Thematik, unter Anderen.
-Benjamin


Benjamin Spirthahrm (17.10.2005)

Worum geht es hier eigentlich? Um einen außerirdischen Scheidungsanwalt? Das wäre zumindest eine Erklärung.
Oder sollte es tatsächlich um einen verzweifelten Vater gehen, der seine Tochter nicht sehen darf?
Mit der Geschichte kann ich absolut nichts anfangen.


Chris Stone (16.01.2005)

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„Glauben sie allen Ernstes ich würde es so tun?“ – Seine dicken Daumen kreisen umeinander. Die Nickelbrille setzt fast am Doppelkinn auf.
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Warum wird hier nach der direkten Rede ein Gedankenstrich gesetzt? Ich trage auch eine Nickelbrille, aber die einzige Möglichkeit, sie am (Doppel) Kinn aufsetzen zu lassen besteht darin, die Enden der Brillenbügel in die Ohren zu stecken und die dann runterhängende Brille unter dem Kinn anzuheben.

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Seit einer halben Stunde nun sitzt er hier und bringt mir unmissverständlich sein Feindbild bei.
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Man bringt jemandem ein Feindbild bestenfalls „näher“, aber nicht „bei“.

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„Ich gehöre nicht zu jenen, die das ankündigen“ – Ein Tropfen Wasser fällt in die Doppelkinnfalte, vermengt sich mit seinem Speichel beim Reden und fließt langsam sein Kinn hinunter - „Ich würde einfach vor ihrem Wagen stehen und das durchziehen“.
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Die anatomische Beschaffenheit dieses Wesens (Ein Mensch?) gibt weiter Rätsel auf. Wenn sich der Doppelkinnfaltenwassertropfen mit seinem Speichel vermengt, müsste also das Kinn über seinem Mund platziert sein. Nein, geht ja nicht – der Tropfen rinnt ja dann sein Kinn wieder entlang, müsste also anch oben rinnen. Also liegen Kinn und Mund auf selber Höhe und der Mann/das Wesen stülpt während des Sprechend seine Lippen über das Kinn.

Was ist das für eine Geschichte? Geht es hier um einen außerirdischen Scheidungsanwalt?
Was daran ist schaurig oder nachdenklich?
Bitte dringend um Aufklärung!

Gruß

p. S.: Einer Bewertung enthalte ich mich vorerst.


DL (27.12.2004)

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