sie sitzt da auf den Dächern der Stadt
starre Fratze wie ein Mörder sie hat
und ein hämisches Grinsen im Gesicht
doch vertreiben lässt dort oben sie sich nicht
und sie lauert hinter Mauern, jeder Ecke
überall hat sie heimliche Verstecke
stiehlt das Brot bei dem, der es noch hat
frisst es selbst, schmatzend, gierig und ist satt
löscht bei Nacht alle Feuer im Land
tilgt die Wärme, die sie irgendwo noch fand
lange Zeit hat man sie nicht mehr geseh’n
doch das Elend sollte bald schon weitergeh’n
sie packt ungnädig zu mit kalter Hand
und hockt meuchelnd im Schatten an der Wand
Augen farblos wie Kalk, Wangen hohl
Angst geht um, kein Mensch fühlt sich mehr wohl
und die Ämter schließen eiserne Türen
vor dem Volk, soll’s doch draußen erfrieren
verschanzen sich, sind zu allem bereit
was kümmert die von Millionen das Leid
doch die Rechnung, die sie ohne Wirt schreiben
wird ein Fluch sein für ihr herzloses Treiben
denn im Zimmer nebenan ist sie versteckt
Eiszeit, die sich schon die dürren Finger leckt
sie vernichtet ohne Anseh’n der Person
und ihr Flüstern hat gar bösen Unterton
”lauft nur weg, denn ich kriege Euch alle
Eure Wärme will ich haben in jedem Falle”
”lass kein Fleckchen, keinen Winkel Euch zum Leben
auch kein Grab, alles müsst Ihr mir geben
Eure Zeit die ist um - heute Nacht
Ihr seid mein, denn ICH habe die Macht”
und dann hat sie mit eisiger Hand
jede Straße poliert im ganzen Land
auf allen Wegen Unglück passiert
und verletzt man ohne Hilfe erfriert
und wer liegt auf dem Weg, halb erfror’n
gehört ihr, ist für immer verlor’n
gierig nimmt ihm den Mantel sie noch ab
zieht ihn über, schafft die Leiche ins Grab
hin und wieder huscht sie leise aus der Stadt
zum Palast aus Schnee und Eis, den sie hat
trinkt den Eiswein aus schwerem Pokal
ringsum Schätze aller Welt in dem Saal
da entdeckt sie die Kinder auf dem See
gleiten übers Eis dahin mit *Juch he*
gut versteckt ist der Teich hinterm Wald
und es schneit, langsam wird’s bitterkalt
dichtes Schneetreiben nimmt letztes Licht
Zeit vergeht, doch sie merken es nicht
ihre Laute verstummen bald im Weiß
durch den Schnee seh’n sie nicht den Riss im Eis
da, ein Blitz und ein fürchterliches Krachen
Frost erscheint nun mit klirrendem Lachen
grüßt die Eiszeit, denn er ist ihr Kumpan
und er stichelt sie böse noch an
dumpfer Schlag und der Riss auf dem See
er läuft weiter durch das Eis in Kindesnäh’
Frost und Eiszeit sitzen lauernd am Rand
schauen zu - mit dem Glas in der Hand
doch da hören sie die Rufe durch die Nacht
und die Männer haben Fackeln mitgebracht
aber Eiszeit und der Frost jetzt mit Wind
löschen ’s Licht und die Retter sind wie blind
und als endlich sie den Platz dann gefunden
sind für immer die Kinder verschwunden
so geht’s weiter Jahr um Jahr im ganzen Land
denn die Eiszeit hat die Zügel in der Hand
sitzt hoch oben auf dem Turm an der Uhr
sieht das Elend da tief unten und lacht nur
”ich bleib da, viele Jahre nun auf Erden
bis vergangen alles Leben, alles Werden”
und ihr Ruf schallt hinunter jede Nacht
”habt die Rechnung Euch doch selber gemacht
rieft die Eiszeit und nun bin ich ja hier
Eure Rechnung ward diktieret nur von mir”
”in der Kälte Eurer Herzen und ganz blind
schluget Ihr jede Warnung in den Wind
Wohl und Wehe vieler Menschen war nichts wert
und Ihr richtetet mit Feuer und mit Schwert”
”keine Angst, Frost ist schneller noch als Flammen
seine Kälte treibt Euch schneller zusammen
denn der Kältetod kennt kein Erbarmen
Ihr schlaft ein in des anderen Armen”
”Ew’ges Eis lässt Euch werden rasch zu Stein
gut erhalten bleibt das restliche Gebein
Jahrmillionen werden danach vergeh’n
eh’ die Seelen von Euch allen aufersteh’n”
”Heb’ zum Gruße nun noch einmal die Hand
bin die Eiszeit und nun herrsch’ ICH im Land”