21


10 Seiten

Emotion ~Feuer~/2.Teil

Romane/Serien · Fantastisches
Nachdem Aris den Raum verlassen hatte war Winona völlig alleine und nur mit ihren Gedanken beschäftigt. Sie befand sich in einem Zwiespalt. Einerseits wollte sie schon hier bleiben. Die Erlösung von dem ganzen Krach mit ihrer Mutter und Dan und die Möglichkeit etwas zu bewegen lockten schon. Aber andererseits kam sie sich vor wie in einem Traum. Sie konnte es einfach nicht glauben. Sie wollte und doch konnte sie es nicht.
Alles erschien ihr so unwirklich, wie in einem Fantasyfilm. Plötzlich war sie mitten drin, in einem realen Harry-Potter-Spiel. Sie hatte sich sowieso schon immer gefragt, wie die Charaktere in manchen Fantasybüchern ohne sich zu wundern Zauberer oder sonst was wurden. Sie wurden mit etwas übernatürlichem konfrontiert aber nein, das war alles völlig normal und ohne nachzufragen erfüllten sie ihren Zweck. Die Autoren machten es sich wirklich sehr einfach.
Winona konnte einfach nicht hier bleiben. Sie wusste nicht mal wo sie war, wusste nicht ob Aris log, ob alles vielleicht einfach nur ein gewaltiger Scherz war. Ich weiß es einfach nicht, schoss es ihr durch den Kopf. Ich weiß es nicht! Diese Worte hallten durch ihren Kopf, wurden zu einem Echo, vermischten sich und stoben wieder auseinander. Winona blickte aus dem Fenster.
Sie blickte direkt auf eine große Wiese. Überall liefen Jugendliche rum. Winona konnte niemanden ausmachen den sie kannte und auch die älteren Menschen unter ihnen, vermutlich die Lehrer, kamen ihr gänzlich unbekannt vor.
Noch ein weiterer Grund sofort zu gehen. Sie kannte niemanden. Zu Hause hatte sie ihre Freundinnen mit denen sie viel Zeit verbrachte, besonders seit der Sache mit Dan.
Das ist kein Grund, flüsterte eine hinterhältige Stimme in ihrem Kopf. Du weißt genau, dass das alles Zweckfreundschaften sind. Und Dan ist doch ein Grund mehr hier zubleiben. Du willst es doch.
Winona schloss die Augen. Irgendwann würde Aris oder Serena schon wiederkommen und dann würden sie eine Entscheidung erwarten. Eine Entscheidung, die Winona nicht treffen konnte und wollte. Sie wollte nichts mehr. Weder nach Hause noch hier bleiben.
Sie kuschelte sich in den knautschigen Sessel und versuchte nachzudenken. In der Bibliothek, es konnte nur die Schulbibliothek sein, war es völlig still. Offenbar war kein angehender Amorph da. Nur das leise Ticken einer Standuhr erinnerte sie daran wo sie war.

Da wurde die Tür aufgerissen und Winona fuhr erschreckt in die Höhe.
„Oh tut mir Leid!“, rief eine Mädchen erschrocken aus und presste dabei ihre ganzen Bücher an sich. Offenbar hatte sie sich auch erschrocken, als sie Winona gesehen hatte. Winona sprang aus dem Sessel und streckte sich vorsichtig. „Kein Problem, bin ja nicht gestorben.“ Vorsichtig musterte sie das Mädchen, welches nun angefangen hatte wild in einem der Bücherregale zu wühlen. Sie hatte lange schwarze Haare die sie zu einem strengen Zopf zusammen gemacht hatte und Winona war sich ziemlich sicher, dass ihre Augen von einem hellen grün waren. Alles in allem war das Mädchen ziemlich groß und sportlich; Winona erinnerte sie an die Anführerin der Basketballmannschaft in ihrer Schule.
Ohne von dem Regal aufzublicken fing sie nun an mit Winona zu plaudern. „Dich kenn ich ja gar nicht. Bist du aus einer anderen Gemeinschaft?“ Dabei zerrte sie eine ziemlich dicke, verstaubte Schwarte aus einem Haufen Bücher hervor und pustete vorsichtig, was eine riesige Staubwolke hervor rief. „Welche Gemeinschaft?“, wollte Winona nun wissen, während das Mädchen vorsichtig das Buch aufklappte. „Willst du mich verarschen? Wie, welche Gemeinschaft? Du bist doch hier auf der Schule oder?“ Das Buch war anscheinend das Richtige, denn sie drehte sich nun, mit dem Buch in der Hand, zu Winona um und musterte sie eingehend. „Ich...ich bin noch nicht ganz auf der Schule. Meine Entscheidung steht noch aus.“, brachte Winona hervor. Ihr war das alles etwas peinlich. Das Mädchen, war nicht wirklich ein Mädchen, sie war schon eine Frau, offenbar an die 20. "Du siehst ziemlich jung aus für einen Amorphen.", stellte diese fest. „Eine der Superschlauen was?“, lächelte sie und gab ihr dann die Hand. „Ich bin Kenya, klingt komisch, ist aber so.“ Grinsend ergriff Winona ihre Hand. „Ich bin Winona und ich glaube ich habe grad meine Entscheidung getroffen.“

Feuer 2

Nachdem Winona Kenya ihre Geschichte ein bisschen erzählt hatte, von der Geniusmorphsache hatte sie nichts erwähnt um nicht als Angeberin dazustehen, brachte Kenya sie zu Aris Büro. Dabei redete sie ohne Unterlass auf Winona ein. „Du musst unbedingt in unsere Gemeinschaft kommen! Einer der Amorphen hat die Schule abgebrochen und sein Platz ist frei geworden. Ich zeig dir alles und stell dir alle vor und dann......“ Winona hörte nicht mehr hin. Sie mochte Kenya, aber sie war eine Quasselstrippe sondergleichen. Stattdessen schaute sie sich neugierig um, während sie Kenya folgte.
Die Schule war wunderschön. Sie war freundlich und hell. Der Flur durch den sie jetzt lief war an einer Seite geschlossen und ab und zu waren ein paar Türen zu sehen. Die andere Seite jedoch war wie ein einziges Panoramafenster. Man konnte von dort aus auf die große Wiese blicken und Winona bemerkte nun, dass der Boden aus Glas war. Sie liefen auf einem riesigen Aquarium. Überall stoben Fische unter ihren Schritten auseinander und Wasserpflanzen wiegten sich langsam zu den Wasserbewegungen. Winona meinte sogar einen kleinen Seestern zu sehen, der sich an der dicken Glasscheibe festgesaugt hatte.
Als sie nach draußen blickte, sah sie nun, dass die ganze Schule mitten in einem See stand. Sie stand auf Betonpfeilern, die genau, wie die Schule innen und außen, gelb gestrichen waren. „Ihr habt eine wunderschöne Schule.“, unterbrach sie Kenyas Redeschwall. „Ja, sie ist wunderschön. Es heißt, Aris habe sie alleine geschaffen. Mit seinem bloßen Willen, eine Meisterleistung.“, erzählte Kenya und ging dann, zu Winonas erstaunen, schweigend weiter.
„Sag mal, wie lange bist du eigentlich schon hier?“, fragte Winona neugierig, während sie die vorbeihastenden Amorphs musterte. „Wie lange ich hier schon unterricht habe, meinst du? Ich bin jetzt im dritten Jahr meiner Amorphklasse.“ „Amorphklasse?“ Komisch, das hatte Aris mit keinem Wort erwähnt. „Ja, jeder Erstklässler wird von den Lehrer auf seinen Kenntnisse getestet. Das heißt, du musst dich mit allen vier Elementen auseinander setzen. So kann man dich einteilen. Je nach dem, welchem Element du angehörst dauert deinen Schulzeit länger oder kürzer. Bei den Erdamorphen dauert die Schulzeit zwischen fünf und sechs Jahren. Ich hab also noch einen ganzen Batzen vor mir.“
Kenya bliebt stehen. „Das hier ist Aris Büro. Klopf lieber an, sonst regt er sich fürchterlich auf!“, riet sie Winona. „Danke für die freundliche Warnung.“, sagte eine tiefe Stimme hinter Winona und Kenya. Beide fuhren erschrocken herum. Aris stand hinter ihnen, die Arme hinter seinem Rücken verschränkt und sein Mund war zu einem Schmunzeln verzogen. „Ich...also...“, stammelte Kenya. Aris legte ihr lachend die Hand auf die Schulter. „Danke Kenya, dass du sie hergebracht hast. Aber jetzt geh bitte wieder zurück in deinen Unterricht oder deine Freistunde. Ich habe einiges mit Winona zu besprechen.“ Kenya nickte, lächelte Winona zu und war kurz darauf im immer größer werdenden Strom der Schüler verschwunden.
Aris zog aus seiner Rocktasche einen großen goldenen Schlüssel hervor und schloss sein Büro auf. „Komm nur rein.“, sagte er aufmunternd, als hätte er bemerkt wie unsicher sich Winona sich wieder fühlte. Irgendwie fühlte sie sich immer unsicher in seiner Nähe. Als wäre sie ein Nichts im Gegensatz zu ihm. Sie holte tief Luft und trat ein.
Das Büro von Aris war komplett anders als sie es sich vorgestellt hatte. Auf dem Schreibtisch lief ein PC auf Hochtouren und in die Wand war einen hochmoderne Stereoanlage eingelassen. Aris Büro war in einem dezenten Goldton gehalten und seine restliche Einrichtung war silbern. Mitten im Raum stand ein zweiter Tisch mit einer Gruppe Stühle drum und fast die ganze Wand war mit Bücherregalen bedeckt. „Setzt dich doch.“, forderte Aris Winona auf und setzte sich auf einen der Stühle. Winona nahm ihm gegenüber Platz. „Ich nehme an, du hast dich entschieden.“, begann Aris leise und Winona spürte, wie sich seine Augen durch die dunklen Gläser in ihre bohrten. Sie schluckte. War ihre Entscheidung wirklich die Beste? „Ja, habe ich.“ Aris lächelte. „Und?“ „Ich...also ich denke, dass ich hier bleiben werde.“ „Du hast klug gewählt Winona.“, sagte Aris und stand auf. Sie wollte es ihm gleichtun doch mit einer herrischen Geste bedeutete er ihr sitzen zu bleiben. „Wir müssen reden Winona. Du musst alles wissen, da du dich für uns entschieden hast. Ehrlich gesagt habe ich verzweifelt gehofft, dass du mir zusagst. Es ist eine Ehre für unsere Schule einen Geniusmorph auszubilden. So weit meine Informationen stimmen dürften, kann nur ein Geniusmorph dem schwarzen Grafen entgegentreten. Ich möchte dir gleich zu Anfang sagen, dass du es ab jetzt sehr schwer haben wirst. Schwerer als alle anderen. Ich werde unerbittlich sein und ich hoffe, die anderen Lehrer werden es auch sein. Verfluche mich dann dafür, aber ich sage dir, irgendwann wirst du alles, was wir dir beigebracht haben brauchen.“
Winona spürte den kalten Schleier der Angst, der ihr die Kehle zuzuschnüren drohte. Sie wollte diese Verantwortung nicht übernehmen, wollte diesem schwarzen Grafen niemals begegnen. „Winona, alles hat seine Zeit.“, sagte Aris leise, trat hinter sie und legte seine Hände auf ihre Schultern. „Auf ihnen liegt das Schicksal und deine Schultern sind doch noch so gebrechlich.“, murmelte Aris. „Aber bald sind sie hart wie Granit.“ Dann setzte er sich ihr wieder gegenüber. „Wir müssten noch ein paar andere Sachen klären. Durch unseren überstürzten Abholservice bedingt konntest du ja nur das Nötigste mitnehmen. Deinen Koffer haben wir schon auf dein Zimmer gebracht, wenn du ihn vermisst haben solltest. Da dir aber viele andere Dinge noch fehlen, kannst du während der Freizeit in die Stadt einkaufen gehen.“ „Aber ich habe doch überhaupt kein Geld.“, murmelte Winona unglücklich. „Doch, das hast du.“, sagte Aris bestimmt. „Dein Vater hat sein ganzes Vermögen dieser Schule überlassen mit der Bitte, alles dir zu vermachen, solltest du die Gabe besitzen und hier zu Schule gehen wollen.“ Winona sprang auf. „Mein Vater? Sie kannten meinen Vater?“, rief sie aufgeregt. „Ja, ich kannte ihn. Er war ein kluger Kopf. Einer der besten Erdamorphen die ich jemals im Unterricht hatte.“ „Mein Vater war ein Amorph?“ Winona war fassungslos. Innerhalb von wenigen Stunden war ihr gesamtes Weltbild eingestürzt. Amorphen, Geniusmorphen, der schwarze Graf und ihr Vater. „Ich...erzählen sie mir etwas über meinen Vater.“, bat sie Aris, nachdem sie sich wieder hingesetzt hatte. Aris faltete seine Hände zusammen und starrte auf die Tischplatte. Das Thema ist im unangenehm, dachte sich Winona überrascht. „Viel gibt es da nicht zu sagen. Er war an dieser Schule immer einer der Besten. War bekannt für seine Hilfsbereitschaft und Liebenswürdigkeit. Viele waren sich sicher, dass er einmal einen der oberen Plätze im großen Rat einnehmen würde. Aber kurz nach seinem Abschluss mit 22, verschwand er plötzlich. Ich habe ihn gesucht, oh und wie ich ihn gesucht habe.“, erzählte Aris und sein Körper hatte jegliche Dynamik und Straffheit verloren. „Ich war überall. Meine Informanten waren überall, denn dein Vater war ein wirklich gefragter Mann, nicht nur bei den Frauen. Aber niemand konnte ihn ausfindig machen. Er war verschwunden, weg, vom Erdboden verschluckt. Vielleicht hat ihn der schwarze Graf, vielleicht ist er tot oder er hatte ganz einfach keinen Lust mehr auf den ganzen Rummel. Glaub mir Winona, wenn ich nur ein bisschen Ahnung hätte wo er ist, du wüsstest es.“ Winona nickte langsam. Womit hatte sie sonst gerechnet. „Danke Aris. Aber...was ist der große Rat?“ So viele Fragen brannten ihr auf der Seele. „Der große Rat ist die Versammlung der weisesten und fähigsten Amorphe unter uns. Ich selbst bin dort der Vorsitzende. Deinem Vater wäre große Ehre zuteil geworden, hätte er dort den Platz eingenommen, der kurz vorher aufgegeben worden wurde. Ich selbst habe ihm davon abgeraten, denn er hatte den Sitz des schwarzen Grafen eingenommen...“ „Der schwarze Graf war im großen Rat?“ Aris lächelte traurig. „Ist es nicht so, dass die größten Genies irgendwann völlig am Rad drehen. Der schwarze Graf war einer der besten Geniusmorphe und er ist wohl zur Zeit der Beste. Er vereinte alle Eigenschaften eines Ratmitgliedes. Er war gütig, weise und gerecht.“ „Aber wie...“, unterbrach ihn Winona. Aris blickte sie zornig an. „Wieso kann ich nicht einmal ausreden Winona?“, fragte er ärgerlich. „Entschuldige.“, murmelte diese kleinlaut. „Auf jeden Fall war er sehr vielversprechend. Dann verliebte er sich. Er liebte eine Frau, die nichts von ihm wissen wollte, da sie praktisch aus der Gosse kam, er war nicht ihre Liga, wie sie immer sagte. Sie war eine Diebin und eine Lügnerin, aber der schwarze Graf versuchte sie an sich zu binden. Er schenkte ihr alles, was sie wollte und auch nicht wollte. Doch die Frau wollte ihn immer noch nicht. Sie wollte frei und unabhängig sein. Je öfter sie ihn zurückwies, desto öfter war er schlecht gelaunt. Schließlich veränderte er sich langsam aber unaufhaltsam. Er liebte diese Frau so, wie noch nie geliebt worden war. Es war die reine, unverfälschte Liebe. Aber die Frau war nicht in der Lage seine Liebe zu erwidern, da sie keine reine Liebe empfand. Der schwarze Graf vernachlässigte seine Pflichten, wurde gereizter und aggressiver mit jedem Tag. Doch es war schon zu spät. Die, wie nennen es, Metamorphose war schon eingetreten. Er liebte mit allem, was er besaß und kam nicht davon los. Die Frau verletzte ihn immer mehr und absichtlich, ließ ihn auflaufen und versetzte ihn. Sie wollte ihn nicht, hat ihn vermutlich auch nie gewollt. Ich versuchte mit ihm zu reden, wollte ihm einen Rat geben, doch er hat mich nur rausgeworfen, sich mit mir gestritten und es sind einige üble Wörter gefallen. Damals war ich noch der festen Überzeugung, dass sich alles noch legen würde. Keiner von uns hat begriffen in welcher Misere er steckte. Die Liebe die er empfand war das Schönste und Beste, was es geben könnte. Sie hatte ihn gefesselt, eingewickelt und gebunden. Die Liebe zu der Frau war so süß, dass es ihn anwiderte. Alles, was mit Liebe zutun hatte, widerte ihn an. Jede menschliche Regung, die aus Liebe entsprang verbannte er aus seinen Gedanken. Er wurde hart, unerbittlich und streng. Alle im großen Rat registrierten die Veränderung, aber keiner ging darauf ein. Wir waren zu selbstzufrieden um auch nur einen Moment die Gefahr zu erkennen, denn zu dieser Zeit waren alle Amorphe noch vereint. Es gab keine größeren Streiterein und alles war, wie sagt man, in Butter. Ich traf mich ein paar Mal mit der Frau um mit ihr zu reden. Sie wusste nicht, was sie mit ihrem Verhalten hervorrief. Doch sie lachte mich nur aus. Ich hätte keine Ahnung, wüsste nicht wie das sei, rief sie mir hinterher, als ich vollends resignierte. Schließlich passierte dann das unabwendbare. Die reine, unverfälschte Liebe des schwarzen Grafen wandelte sich in grenzenlosen Hass.“ Aris Stimme brach. Winona hing wie gebannt an seinen Lippen. Es war die traurigste Geschichte, die sie jemals gehört hatte. Sie wusste nicht wieso es sie so berührte, aber das Gefühl grenzenloser Traurigkeit war da. „Es berührt uns alle, genauso wie es ihn berührt.“, fuhr Aris leise fort. „Wenn er noch etwas menschliches in sich hat, dann ist es diese grenzenlose Traurigkeit und die Gewissheit einmal übermenschliche geliebt zu haben. Ansonsten ist er voller Hass. Hass treibt ihn an, Hass nährt ihn. War er früher die reine Liebe ist er nun der reine Hass.“ Aris stocke wieder. Er sah gebrechlich, alt und schwach aus und einen Moment lang sah er aus, als wäre er viel älter als es seine äußere Hülle vorgab. Winona blinzelte. Das Bild war verschunden. Aris sah wieder frisch und zäh aus. Keine Spuren mehr von einem erschöpften Mann, der mit seinen Kräften am Ende war. „Und, wie ging es dann weiter?“ wollte Winona wissen. „Eines Tages war es dann soweit. Er war schon mehrere Wochen wie eine tickende Zeitbombe unter uns gewandelt, nur hatten wir es nicht bemerkt. Wir hatten ein wichtiges Urteil zu fällen und der schwarze Graf, was ich vergessen habe, er nannte sich damals noch Dariusz, verkündete mit einer Stimme kalt wie Eis und hart wie Stahl, war sie doch früher sanft und voller Liebe und Güte gewesen, dass er sich zu höherem berufen fühlte. Eine Eingebung hatte ihm gesagt, dass Liebe eine Verblendung wäre, die Amorphe verweichlichen würde. Der Schöpfer aller Dinge hätte die Amorphe zu etwas höherem Auserkoren, wo Disziplin und Härte zählen würden. Liebe sei etwas für niedere Daseinsformen. Wir waren entsetzt über soviel Hass und, ich würde es sogar Rassismus nennen. Dariusz sah sich selbst als Anführer und Auserkorener. Er wäre berufen, die Amorphen anzuführen, dass sie wie lebende Götter über die Welt herrschen würden. Viele von uns waren entsetzt, aber einige, darunter die jüngeren Amorphe, sprach er mit seiner glühenden Rede an. Ich verbannte ihn mit sofortiger Wirkung aus dem großen Rat und aus dem Kreis der Amorphe. Dariusz kam meiner Verbannung lächelnd nach. Er hatte schon eine große Zahl von Anhängern um sich geschart und mit ihnen verließ er uns. Noch heute zieht er viele, wie ich ja schon gesagt hatte, Amorphe in seinen Bann. Sie alle verschwinden spurlos. Man vermutet dass er sich auf einer Insel befindet, die er durch seine Willenskraft erschaffen hat und die daher unauffindbar ist. Eine ganze Zeit lang hat niemand etwas von ihm gehört, auch diese Frau nicht, denn Dariusz hielt zu ihr Kontakt. Warum, ist mir bis heute ein Rätsel. Ich vermute einen klitzekleinen Rest Liebe in ihm, was ihn nicht von ihr wegkommen ließ. So, um zurück zu unserem Thema zu kommen, vor kurzem ließ er wieder etwas von sich hören. Es wurden ein paar Amorphe tot aufgefunden. Was uns so sicher machte, dass Dariusz zugeschlagen hatte, war, dass auf ihren Schlüsselbeinen sein Erkennungszeichen war. Ein schwarzes Herz.
Ich weiß nicht, warum er jetzt mit vereintem Hass zuschlägt, ich weiß auch nicht was er plant, ich kenne nur sein Ziel. Und ich kenne die Frau, die ihn schon einmal zu einer heftigen Reaktion verleitete. Aus diesem Grund habe ich sie immer in meiner Nähe, damit ihr nichts passiert. Du kennst sie bereits. Die Frau, die dem schwarzen Grafen den Kopf verdrehte ist Serena van den Kamp. Und sie ist vermutlich die Einzige, die noch einmal Kontakt zu ihm aufnehmen könnte.“
Vor Winonas Augen drehte sich bereits alles. Jeder war hier anscheinend irgendwie mit dem schwarzen Grafen verbunden. Alles setzte sich wie ein filigranes Gewebe zusammen. „Das.....“, setzte sie an, doch Aris unterbrach sie hastig. „Ich weiß Winona, es ist zuviel. Es ist vollkommen unmenschlich von mir, dich innerhalb von ein paar Stunden mit so vielen Informationen zu versorgen. Ich muss es aber. Je eher über die ganze Situation Bescheid weißt, desto besser. Auch wenn es dich jetzt überfordert, lieber so, als wenn ich es dir in 2 Monaten gesagt hätte und die heile Welt über dir zusammen gebrochen wäre.“ Aris nahm ihre Hand in seine und Winona spürte, dass in der Hand noch Kraft steckte, die sich nur vage vermuten ließ. „Ich bitte dich das alles in deinem Herzen zu bewahren. Es ist wichtig, dass nichts nach außen dringt, denn offene Ohren gibt es überall und böse Münder ebenfalls.“ Winona nickt hastig. „Du kannst mir vollkommen vertrauen.“, sicherte sie ihm zu. Aris Augen bohrten sich in seine, denn Winona konnte seinen harten Blick durch seine Brille durch spüren. „Gut.“, sagte Aris langsam und stand auf. „Kommen wir nun zu dem organisatorischen Teil, den ich vorhin schon angesprochen habe.“
Etwas quiekte in der Ecke und ein gelbbräunlicher Blitz schoss auf Aris zu und seine Kleidung hoch. Winona war vor Schreck auf ihrem Stuhl zurück gezuckt, doch nun sah sie, dass sich ein kleines Streifenhörnchen auf Aris Schulter niedergelassen hatte und sein Ohrläppchen ableckte. „Lyrzsik, lass das!“, lachte Aris und packte das Streifenhörnchen vorsichtig am Fell. Sofort rollte es sich zu einer Kugel zusammen und kuschelte sich in Aris große Hand. „Wie..?“, begann Winona, doch Aris winkte ab. „Das wollte ich dir gerade erklären. Doch Lyrzsik besitzt ein außergewöhnliches Gespür dafür sich zu inszenieren und sie hat mir die größte Arbeit abgenommen.“ Behutsam nahm er das Streifenhörnchen in beide Hände und trug es zu einem kleinen Körbchen, das nun auf der Fensterbank stand und eben noch nicht da gewesen war. „Ich brauchte unbedingt ein Körbchen“, meinte Aris lächelnd und setzte Lyrzsik vorsichtig ab. Diese machte es sich dort gemütlich und war dann eingeschlafen. Aris lehnte sich an die Fensterbank und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das sind die so genannten Geheimniswahrer. Jeder Amorph bekommt einen geschenkt. Geheimniswahrer sind dazu da, wie der Name schon sagt, Geheimnisse zu wahren. Sie können sie nicht preis geben, auch unter Folter oder magischer Einwirkung. Ein Amorph braucht einen Geheimniswahrer um ihm schlimme Erlebnisse, Schmerz, Ängste und Trauer anzuvertrauen. Wenn ein Amorph nicht einmal im Monat alles an seinen Geheimniswahrer weitergibt, ist er nicht mehr in der Lage zu morphen. Um morphen zu können müssen nämlich die positiven Gefühle überwiegen. Und ein negatives Gefühl fällt ab, wenn man es seinem Geheimniswahrer anvertraut.“ „Wie bekomme ich denn so einen Geheimniswahrer?“, fragte Winona. Das süße Streifenhörnchen hatte es ihr angetan. „Kenya nimmt die nachher mit in die Stadt um dort alles nötige mit dir zu besorgen. Sie zeigt dir dort alle Örtlichkeiten, unter anderem die Bank. Und hier....“ Aris stieß sich von dem Fensterbrett ab und ging an seinen Schreibtisch, riss eine Schublade auf und wühlte darin herum. „Hier, ist der Schlüssel zu deinem Schließfach.“ Ein kleiner goldener Schlüssel in Elefantenform lag in seiner Hand. Er reichte ihn Winona, die ihn in ihre Hosentasche schob. „Normalerweise war der Geheimniswahrer immer das Wappentier der Amorphfamilien und euer Wappentier ist der Elefant. Aber ein Elefant ist wohl doch etwas zu anspruchsvoll.“ Aris hatte nun hinter seinem Schreibtisch Platz genommen und Winona hatte den Eindruck, dass ihm ihre Anwesenheit nun unangenehm war. „Euer Wappen steht für eure Weisheit, selbst im hohen Alter, Starrköpfigkeit und die Kraft. Vergiss das nie.“ Winona lächelte. Starrköpfig, ja, das könnte hinkommen.


~~~more coming soon~~~[so alle 3-4 Wochen]
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

Habe es jetzt auch ganz gelesen und es gefällt mir. "Der schwarze Graf" interessiert mich von der Person her, ich hoffe, dass diese sich im Verlauf der Geschichte bestätigt.
Die Geheimniswahrer kommen mir jetzt irgendwie so vor, wie Hauspsychologen, mit Erfolgsgarantie, also irgendwie schon sehr praktisch, allerdings würde ich so einen nicht haben wollen.
Bin gespannt wie es weiter geht.
-Benjamin


-Spirthahrm- (27.07.2005)

Juchhu, es geht weiter :)
Ha, Winonas Vater könnte also irgendwann einmal wieder ins Spiel kommen, na, da bin ich mal gespannt. Der Schwarze Graf als ein an der Liebe zerbrochenes Geschöpf gefällt mir, hoffentlich tritt er bald in Erscheinung.
Hübsche Idee, die Geheimniswahrer, mal schauen, was sich Winona für ein Tier aussucht.


ISA (03.07.2005)

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Einer, geht immer! - Inhaltsangabe  
Das sechste Gebot - Inhaltsangabe  
Emotion~Feuer - Inhaltsangabe  
Die Scherbe  
Emotion~Feuer~/6.Teil  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De