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Ein süßer Mund

Schauriges · Kurzgeschichten
„Was machst du da, häh? Was wird das? Was wird das? Häh, häh? Häh? Was machst du da, warum dauert das so lang? Ich kann nichts sehen. Was wird das? Was wird das? Häh? Häh?“
Schweiß rann über ihr schlankes Gesicht, die Haare fest zusammengebunden zu einem kurzen Zopf, in ihre nussbraunen Augen. Nussbraun? Kein schönes nussbraun. Nein, fahl war es, umrandet von hässlichen roten Fädchen im Weiß. Kokain hatte sie soweit gebracht. Nervös zappelte sie, ihre fahl nussbraunen Augen konnten sich kein Sekunde auf einen Gegenstand konzentrieren. Außerdem waren sie glasig und angeschwollen. Ich blickte nur kurz auf. Der Mund – er war klein und schmal, spitzlippig und wunderschön. Die Augen – sie widerten mich an.
Der Blick schien sie noch nervöser zu machen.
„Was machst du denn da? Zeigs mir mal!“, und sie gab mir einen Stoß. Ich hatte keine Ahnung, wie mit Kokainsüchtigen umzugehen war. Lieber nichts riskieren. Nichts unüberlegtes sagen, keine schnellen Bewegungen.
„Ich drehe mir eine Zigarette“, sagte ich ruhig, extra betont. „Willst du auch eine?“ – „Ich rauche doch gar nicht, du Vollidiot. Ha!! Stinkender, nach Zigaretten stinkender Mongo. Stinkender Vollidiot!“
Ich versuchte sie nur ganz ruhig zu ignorieren, während das Zippo aufsprang und ich in die Flamme starrte. Nichts mehr war zu sehen, nur das Hel leuchten in meinen Augen. Für einen kurzen Moment war alles ganz still, keine Bewegung, kein Geräusch. Und die Flamme beleuchtete ihren süßen Mund und ließ die Augen im Schatten. Oh, dieser Mund ... Blut floss durch ihn und machte die dünnen Lippen feurig rot. Oh, wie gerne würde ich einmal den Mund nur küssen dürfen. Einen Kuss. Auf diese zärtlichen Lippen.
„Hahah ! Stinkender Vollidiot!“
BAM! Auf einmal war wieder alles da. Ihre Augen quollen wieder gierig und nervös hervor, der erlösende Schatten war wie weggewischt. Meine Hand zitterte, als ich die Zigarette anzündete.
„Du impotentes, rauchendes Viech! Hah, magst es, wenn ich dich schimpfe, nicht wahr? Macht dich geil, dreckiger, stinkender Bastard! Gib mir so eine Zigarette! Ich will auch so eine. Nein, ich will deine! Gib mir deine Zigarette!“
Aus dem wunderschönen Traum von ihren verführerischen Lippen gerissen, hielt ich ihr perplex meine Hand hin, die die Zigarette hielt. Sie schlug nur darauf ein, und der glühende Trostspender fiel in eine Pfütze.
„Haha!“, lachte sie, „Glaubst wohl, ich lasse mich von dir anstecken, was? Mit deinen scheiß Zigaretten kannst du scheißen gehen, stinkender Impotenzler, du!!“
„Jetzt halte endlich dein gottverdammtes Schandmaul!!!!!!!!“
Ich schrie ihr ins Gesicht. Es wurde lang und weiß und erschrocken. Die Augen zogen sich zurück. Der Mund stand lasziv, aber überrascht offen. Ich gab ihr eine Ohrfeige, dass sie auf den schmutzigen Boden neben meine Zigarette kippte. Ich schoss ihr mit meinem Revolver dreimal in die Augen. Dann war Ruhe.

Ich blickte sie an, wie sie da lag. Der Mund - er war so süß, zuckersüß - stand noch immer offen, war noch immer feurig rot. Darüber, keine hervorquellenden Augen mehr, kein hässlich fahles Mussbraun. Ihr Gesicht hörte etwa bei der Hälfte des Nasenbeins auf, und es quoll nur mehr süßlich dampfendes Rot. Die Haare, zu dem kurzen Zopf fest zusammengebunden, lagen in der roten Lache und tränkten sich. Aber nichts gegen das feurig volle Rot ihrer süßen, spitzen Lippen. Es war, als sprächen sie unbeweglich meinen Namen, als riefen sie nach mir, jetzt, wo die aufdringlichen Augen irgendwo an der Wand oder am Boden klebten und nicht mehr im Weg waren.
Ja, ich komme. Ich komme zu dir!
Ich kniete mich nieder und beugte mich nach vor. Ich schloss meine Augen. Ich ließ mir ganz viel Zeit, wie beim aller ersten Kuss. Ich wollte ihn genießen, wie ich noch nie etwas auf dieser Welt genossen habe.
Oh, du süßer, blutig roter Mund. Schmal, spitz, zart und verführerisch.
Ich presste meine Lippen auf die ihren.
 
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Kommentare  

wow...intensiv...
hab gänsehaut bekommen
jetzt noch aufgeregt und erregt

du benutzt die sprache wie eine hand, die über meinen körper streicht-mal ganz leicht, dann fordernd-fest, schmerzvoll, mal kitzlig, mal feucht+schmierig
aber immer spür ichs...

danke!


schreibfeder (09.01.2007)

wow !!!! kommentare !

Dorian Cantele (22.01.2006)

"Sin City" für Arme?

Middel (21.01.2006)

speziel...fängt harmlos an aber dann ...

elfe (21.01.2006)

was ist daran amüsant?????

rosmarin (21.01.2006)

dann ist es großer schit... genieß mal schön weiter.

rosmarin (21.01.2006)

nein, kein traum ...
eine kurze, aus dem zusammenhang gerissene episode


Dorian Cantele (21.01.2006)

na, ich weiß ja nicht. soll das ein traum sein?

rosmarin (19.01.2006)

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